A4.2.1 Entwicklungen nach Zuständigkeitsbereichen
Die Berufsbildungsstatistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder (Erhebung zum 31. Dezember) erfasst Auszubildenden-, Vertrags- und Prüfungsdaten im dualen System. Im Folgenden werden hieraus die Bestandszahlen der Auszubildenden nach Zuständigkeitsbereich betrachtet. Anhand dieser lässt sich der Umfang der gesamten Ausbildungsleistung von Betrieben und Berufsschulen bemessen. Analysen zu berufsstrukturellen Entwicklungen (vgl. Kapitel A4.4) und zur Vorbildung (vgl. Kapitel A4.6.1 und A4.6.2) erfolgen auf Basis der Neuabschlussdaten.
E Die Berufsbildungsstatistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder
Die Berufsbildungsstatistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder (kurz: Berufsbildungsstatistik) ist eine Totalerhebung von Auszubildenden-, Vertrags- und Prüfungsdaten zu staatlich anerkannten Ausbildungsberufen (§ 4 Absatz 1 Berufsbildungsgesetz [BBiG] bzw. § 25 Absatz 1 Handwerksordnung [HwO]) sowie dualen Ausbildungsberufen in Erprobung nach § 6 BBiG bzw. § 27 HwO. Auch Ausbildungsregelungen für Menschen mit Behinderung nach § 66 BBiG bzw. § 42m HwO sind hierin enthalten.65 Vollzeitschulische Berufsausbildungen und sonstige Berufsausbildungen, die nicht nach BBiG bzw. HwO geregelt sind, werden nicht erfasst.
Mit Artikel 2a des Berufsbildungsreformgesetzes (BerBiRefG) vom 23. März 2005 (Bundesgesetzblatt 2005, 5.931)66, der zum 1. April 2007 in Kraft getreten ist, sind weitreichende Änderungen der Berufsbildungsstatistik eingeleitet worden. Die Erhebung der statistischen Ämter ist in § 88 BBiG geregelt. Die frühere Aggregatdatenerhebung wurde in 2007 auf eine Individualdatenerfassung umgestellt und erhielt einen ausgeweiteten Merkmalskatalog.
Diese Umstellung zog bedeutende Analysevorteile nach sich. Bis 2006 waren die Daten der Berufsbildungsstatistik als Tabellendaten erfasst worden. Je Ausbildungsberuf wurde so etwa eine Tabelle mit der Zahl der Auszubildenden (Bestandszahlen) nach Ausbildungsjahren und weiter die Zahl der ausländischen Auszubildenden je Ausbildungsberuf erhoben, außerdem die Zahl der Neuabschlüsse insgesamt sowie nach den einzelnen Kategorien der schulischen Vorbildung. Die Aggregatdatenerfassung bedeutete eine erhebliche Einschränkung der Analysemöglichkeiten, da sie sich ausschließlich auf die Merkmalskombinationen, die die jeweilige Erfassungstabelle enthält, begrenzt. Mit der Individualdatenerfassung wird für jedes Ausbildungsverhältnis, das in das von den zuständigen Stellen geführte Verzeichnis eingetragen ist, ein Datensatz mit allen in § 88 BBiG festgelegten Merkmalen erhoben. Die Individualdaten ermöglichen bei der Auswertung der Daten eine freie Kombination der erfassten Merkmale.
Derlei umfangreiche Statistikumstellungen gehen in der Praxis der Datenmeldung und -erfassung in den ersten Jahren mit Umsetzungsproblemen einher (vgl. Schmidt 2008 und Statistisches Bundesamt 2009 und 2010), sodass die grundsätzlich erweiterten Analysemöglichkeiten (siehe Uhly 2006; Schaubild 10 in Uhly u. a. 2010; Bundesministerium für Bildung und Forschung 2008, S. 112 ff.) anfangs noch nicht voll ausgeschöpft werden können. Zunehmend hat sich dieser Zustand jedoch gebessert. Zudem können die neuen Merkmale zunächst nur für die Neuabschlüsse ausgewertet werden (vgl. Kapitel A4.3 und A4.6), da für Auszubildende, die bereits vor April 2007 in die Verzeichnisse der zuständigen Stellen eingetragen waren, neue Merkmale nicht rückwirkend erfasst werden.
Grundsätzlich ist aufgrund der erhebungstechnischen Umstellung der Vergleich der Daten ab 2007 mit denen der Vorjahre nicht uneingeschränkt möglich.
Die Daten der Berufsbildungsstatistik werden mit der Fachserie 11, Reihe 3 des Statistischen Bundesamtes (Destatis) veröffentlicht und können im Publikationsservice von Destatis kostenfrei heruntergeladen werden (https://www.destatis.de). Außerdem stellt das BIBB Auszubildenden- Daten der Berufsbildungsstatistik auch in dem Online-Datensystem Auszubildende (DAZUBI) bereit, das eine Ergänzung zum Datenreport darstellt (http://www.bibb.de/dazubi). Dort können Daten, Berechnungen und ergänzende Berufsmerkmale für alle einzelnen Ausbildungsberufe und alle Länder abgerufen werden. Umfangreiche Erläuterungen zu den Daten sind dort bereitgestellt.
Aus Datenschutzgründen veröffentlicht das BIBB alle Daten der Berufsbildungsstatistik nur noch als gerundete Werte (Vielfaches von 3; der Datenfehler beträgt dadurch je ausgewiesener Zahl maximal 1; detaillierte Erläuterungen siehe unter http://www.bibb.de/dokumente/pdf/a21_dazubi_daten.pdf).
Gesamtbestand 2010 und langfristige Entwicklung
Am 31. Dezember 2010 waren 1.508.328 Personen als Auszubildende in einer dualen Berufsausbildung nach BBiG bzw. HwO gemeldet. Der Großteil wurde im westlichen Bundesgebiet (83,0 %; 1.252.665) beschäftigt, 17,0 % entfielen auf das östliche Bundesgebiet (255.663) Tabelle A4.2.1-1. Der Bestand ist damit, wie im Vorjahr, gesunken. Auf Bundesebene betrug der Rückgang mit -63.129 Auszubildenden -4,0 %. Sowohl insgesamt als auch in beiden Landesteilen verstärkte sich der Trend leicht. Im Westen lag die Veränderung bei -2,4 % (Vorjahr: -1,1 %), im Osten erreichte sie -11,1 % (Vorjahr: -8,8 %).
E Erfassung von Auszubildenden
Bei der Zählung der Auszubildenden erfolgt im Rahmen der Berufsbildungsstatistik eine stichtagsbezogene Abgrenzung. Bei den Neuabschlüssen und Prüfungsdaten ist sie hingegen zeitraumbezogen. Zum Auszubildendenbestand zählen alle Personen, die jeweils zum 31. Dezember in einem Ausbildungsverhältnis mit einem Ausbildungsvertrag nach BBiG bzw. HwO stehen.67
Die Berufsbildungsstatistik wurde mit dem Ausbildungsplatzförderungsgesetz vom 7. September 1976 als Bundesstatistik eingeführt, die die Auszubildendenzahl differenziert nach Geschlecht ab 1977 erfasst.68 Ausländische Auszubildende wurden erst ab 1982 gesondert erfasst.
Blickt man auf die Entwicklung der Auszubildendenzahlen in den alten Ländern (inkl. Berlin) seit 1977 Schaubild A4.2.1-1, zeichnen sich verschiedene Phasen ab. Zunächst prägte v. a. die demografische Entwicklung die Zahl der Auszubildenden im dualen System. Die Entwicklung der Auszubildenden und die der Abgänger / -innen allgemeinbildender Schulen verliefen parallel. Mitte der 1970er-Jahre drängten die geburtenstarken Jahrgänge der 1960er-Jahre auf den Markt und fragten Berufsausbildungsplätze nach. Entsprechend kam es zu einem deutlichen Anstieg der Zahl der Ausbildungsplätze. Mitte der 1980er-Jahre bis Anfang der 1990er-Jahre ging die Zahl der Auszubildenden dann wieder stark zurück. Zunehmend löste sich die Entwicklung im dualen System von der demografischen Lage und wurde von wirtschaftlichen Effekten überlagert. Ab Mitte der 1990er-Jahre bis zum Jahr 2000 stieg die Zahl der Auszubildenden erneut, aber nicht in dem Maße wie die Zahl der Abgänger / -innen aus allgemeinbildenden Schulen. Während die Zahl der Schulabgänger / -innen zudem besonders in den alten Ländern nach 2001 weiter anstieg, sank die Zahl der Auszubildenden ab (vgl. Schaubilder 1.1 bis 1.5 in Uhly u. a. 2010). Nach Analysen von Troltsch und Walden (2007) scheint die Zahl der Auszubildenden seit den 1990er-Jahren verstärkt angebotsinduziert, also merklich durch Aufschwünge oder Krisen im Wirtschafts- und Beschäftigungssystem bestimmt.
In den letzten Jahren gewinnt allerdings der demografische Wandel zunehmend an Dynamik. Demzufolge ist der Rückgang des Auszubildendenbestands, der bundesweit seit dem Berichtsjahr 2009 feststellbar ist, neben der Wirtschafts- und Finanzkrise auch auf den starken demografischen Einbruch in der jugendlichen Wohnbevölkerung zurückzuführen. Dies gilt insbesondere für Ostdeutschland, wo die Bestandszahlen bereits seit Ende der 1990er- Jahre sinken. Zur Analyse der Entwicklungen am Ausbildungsstellenmarkt für das Berichtsjahr 2010 siehe BIBB-Datenreport 2010, Kapitel A1.1; zur Ausbildungsmarktbilanz 2011 vgl. Kapitel A1.
Tabelle A4.2.1-1: Auszubildende am 31.12. nach Zuständigkeitsbereichen1, Bundesgebiet sowie West- und Ostdeutschland 1992 bis 2010
Tabelle A4.2.1-1 (barrierefrei)
Bestandsentwicklung in den Zuständigkeitsbereichen
Die Bestandsentwicklung unterscheidet sich in den Zuständigkeitsbereichen (vgl. Erläuterung in Kapitel A1.1). Im Zuständigkeitsbereich Industrie und Handel waren am 31. Dezember 2010 873.402 Auszubildende gemeldet. Er bleibt deutlich der größte Zuständigkeitsbereich. Allerdings umfasste der Bestand rund 35.670 Personen weniger als im Vorjahr (-3,9 %). 1995 hatte die Zahl der Auszubildenden in Industrie und Handel auf einem Tiefstwert von 702.867 Auszubildenden gelegen. Maßgeblich bedingte ein zurückgehendes Ausbildungsplatzangebot in Westdeutschland, etwa in den Metall- und Elektroberufen, den Rückgang. Seitdem war die Zahl der Auszubildenden mit kurzer Unterbrechung zwischen 2001 bis 2004 stetig angestiegen. Das Berichtsjahr 2010 ist nun das zweite Jahr in Folge, in dem die Zahl der Auszubildenden wieder sinkt. Über die Hälfte des Rückgangs geht auf die gesunkenen Bestandszahlen im östlichen Bundesgebiet zurück. Im Vorjahr war der Rückgang im Osten noch stärker ins Gewicht gefallen.
Im Handwerk umfasste der Auszubildendenbestand 434.907 Personen. Gegenüber 2009 ergibt sich hier ein Rückgang von 20.661 Personen bzw. 4,5 %. Tabelle A4.2.1-1. Die längerfristige Betrachtung zeigt, dass auch hier zunehmend demografische Faktoren Einfluss üben. Seit Anfang der 1990er-Jahre war die Zahl der Auszubildenden insbesondere durch den Aufbau handwerklicher Wirtschaftsstrukturen in Ostdeutschland angestiegen. 1998 begann die Zahl der Auszubildenden allerdings kontinuierlich zu sinken. Nach einem gemäßigten Rückgang in den Jahren 2005 bis 2008 scheint sich der Trend seit 2009 zu beschleunigen. In Ostdeutschland erreicht die negative Entwicklung inzwischen -12,2 % (-9.207). In Westdeutschland fällt sie mit -3,0 % (-11.457) bislang noch gemäßigt aus.
In den dualen Ausbildungsberufen des Zuständigkeitsbereichs öffentlicher Dienst bestanden am 31. Dezember 2010 37.587 Ausbildungsverhältnisse. Von allen Zuständigkeitsbereichen wies dieser Bereich, der nach der Hauswirtschaft der kleinste ist, die geringsten Veränderungsraten auf. Im Vergleich zum Vorjahr gab es einen Rückgang von nur 393 Personen bzw. 1 %. Allerdings verstärkt sich die abnehmende Entwicklung. Denn während die Zahl der Auszubildenden in Westdeutschland um 1,1 % bzw. 312 zunahm, sank sie 2010 in Ostdeutschland, wo der Bestand noch im Vorjahr leicht anstieg (+0,8 %), mit 7,5 % und 705 Auszubildenden deutlich ab.
Insgesamt ging der Auszubildendenbestand in den Ausbildungsberufen des öffentlichen Dienstes seit Anfang der 1990er-Jahre stetig zurück. 2010 beträgt er gegenüber 1992 fast nur noch die Hälfte. Dabei ging der Einbruch der Zahlen nach 1994 v. a. auf Privatisierungen im Post- und Bahnbereich und den Wechsel der entsprechenden Ausbildungsberufe in den Zuständigkeitsbereich von Industrie und Handel zurück. Bis 2006 schwächte sich die sinkende Tendenz in den Berufen des öffentlichen Dienstes ab. Der in 2007 wieder stärkere Rückgang kann teilweise durch die Umstellungen in der Berufsbildungsstatistik bedingt sein.69 Zumindest in Teilen geht dieser Rückgang aber auch auf ein verändertes Ausbildungsverhalten im öffentlichen Dienst zurück (vgl. BIBB-Datenreport 2009, Kapitel A5.3.1). Schließlich ist auch hier von demografischen Effekten auszugehen.
Seit 2007 erfasst die Berufsbildungsstatistik auch das Betriebsmerkmal „Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst“. Im Jahre 2010 kommen zu den 37.587 Auszubildenden des öffentlichen Dienstes mindestens 17.940 Auszubildende hinzu, die in Betrieben des öffentlichen Dienstes in Berufen der anderen Zuständigkeitsbereiche ausgebildet werden. Es gibt allerdings Hinweise darauf, dass das Merkmal „Zugehörigkeit der Ausbildungsstätte zum öffentlichen Dienst“ im Rahmen der Berufsbildungsstatistik untererfasst ist. Ein Vergleich mit den Daten der Personalstandsstatistik der statistischen Ämter (vgl. Kapitel A4.2.3) ergibt eine Untererfassung von ca. 20 %.70
Am 31. Dezember 2010 befanden sich 113.682 Personen in einer dualen Berufsausbildung in den freien Berufen. Nach dem kurzzeitigen Anstieg in 2008 und 2009 sinkt die Bestandszahl damit wieder und verzeichnet 3.333 Auszubildende bzw. 2,8 % weniger. Die in Ostdeutschland bereits im Vorjahr sinkende Tendenz verstärkt sich und beträgt -4,2 %. Insgesamt gehen die Zahlen schon längerfristig zurück. 1996 war mit 160.593 Auszubildenden die höchste Zahl an Auszubildenden erreicht worden. Der anschließend einsetzende Rückgang kann mit kleineren Unterbrechungen bis heute nachverfolgt werden.
In den Berufen der Landwirtschaft waren 38.667 Auszubildende gemeldet. Gegenüber dem Vorjahr waren dies 5,8 % (2.361) weniger. Längerfristig kann insgesamt festgestellt werden, dass der Bestand an Auszubildenden in diesem Zuständigkeitsbereich zugenommen hat. Er stieg von 32.604 zu Beginn der 1990er-Jahre zunächst auf 40.386 in 1999 und erhöhte sich noch einmal auf 42.894 in 2007. Seit 2008 sinken die Zahlen nun. Während im Vorjahr nur in Ostdeutschland die Bestände zurückgingen, sind sinkende Zahlen nun in beiden Landesteilen zu verzeichnen. In Ostdeutschland betrug die Veränderung zum Vorjahr -12,4 %, im Westen -3,4 %.
Im Zuständigkeitsbereich der Hauswirtschaft mit dem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf Hauswirtschafter / -in sowie den beiden Berufen für Menschen mit Behinderung Hauswirtschaftshelfer / -in und Hauswirtschaftstechnische / -r Betriebshelfer / -in sind bundesweit vergleichsweise wenige Auszubildende zu finden. Die Zahl beträgt am 31. Dezember 2010 10.086. Sie ist bereits seit Ende der 1990er Jahre mit kurzer Unterbrechung in 2002 und 2003 rückläufig.71
Unter den Zuständigkeitsbereich Seeschifffahrt fällt der Ausbildungsberuf Schiffsmechaniker / -in. Der Bereich ist entsprechend klein. Insbesondere ab dem Jahre 2004 war er zuletzt allerdings deutlich angewachsen und erreichte 963 Auszubildende. Seit 2008 wird er nicht mehr für die Berufsbildungsstatistik gemeldet.72
Schaubild A4.2.1-1: Zahl der Auszubildenden am 31.12., alte Länder inklusive Berlin (vor 1991 nur Berlin-West), 1977–2010
Schaubild A4.2.1-1 (barrierefrei)
Frauen in den dualen Ausbildungsberufen
599.565 Frauen waren am 31. Dezember 2010 Auszubildende im dualen System, dies entspricht einem Anteil von 39,8 % Tabelle A4.2.1-2. Gegenüber dem Vorjahr blieb dieser Anteil nahezu unverändert. Er schwankt seit 1992 ohnehin nur geringfügig zwischen 39 % und 41 %. Insgesamt sind Frauen im dualen System gegenüber ihrem Anteil in der Wohnbevölkerung im entsprechenden Alter unterrepräsentiert (48,8 %) (vgl. auch Kapitel A4.5). Sie sind häufiger in vollzeitschulischen Berufsausbildungsgängen zu finden (vgl. Kapitel A5.2). Auch innerhalb des dualen Systems zeigen sich deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede. So variiert der Frauenanteil etwa in den verschiedenen Zuständigkeitsbereichen deutlich. Am höchsten liegt er im Bereich der freien Berufe (94,7 %) und in der Hauswirtschaft (92,5 %). In den Berufen des öffentlichen Dienstes ist er gegenüber Anfang der 1990er-Jahre (1992: 50,7 %) deutlich gestiegen und liegt seit 1998 bei mindestens 63 %. In 2010 betrug er 65,3 %. Durchschnittlich sind Frauen mit 39,6 % in den Berufen des Zuständigkeitsbereichs Industrie und Handel vertreten. Der Wert liegt seit Jahren gleichbleibend zwischen 39 % und 43 %. Im Handwerk sind Frauen mit nur 23,8 % deutlich seltener unter den Auszubildenden. Die Anteile sind gegenüber Anfang der 1990er-Jahre auch nur geringfügig gestiegen (1992: 22,1 %). Dass sich die Zahlen ab 1995 erhöhten, geht auf die starken Rückgänge bei den männlich dominierten Berufen im Bau- und Ausbaugewerbe zurück. Deutlich unterproportional ist der Frauenanteil zudem auch in der Landwirtschaft mit 22,7 %. Seit 1992 (35,7 %) ist er hier fast stetig zurückgegangen.
Insgesamt existiert unter den Ausbildungsberufen des dualen Systems eine deutliche Geschlechtersegregation. Die berufsstrukturellen Unterschiede zwischen Männern und Frauen sind seit Mitte der 1980er-Jahre nahezu unverändert (vgl. Uhly 2007). Ein Großteil der Ausbildungsberufe ist jeweils überwiegend mit Frauen oder mit Männern besetzt, entsprechend variieren die Frauenanteile deutlich. Diese strukturelle Beständigkeit lässt sich anhand von Daten für Westdeutschland darlegen73 Tabelle A4.2.1-3. Unterteilt man die dualen Ausbildungsberufe auf Basis des jeweiligen Frauenanteils am Auszubildendenbestand im Jahr 1977 bzw. des ersten Jahres des Auftretens eines Berufs (oder seines Vorgängerberufs), zeigt sich, dass die Mehrheit der Frauen eine Ausbildung in einem weiblich dominierten Beruf absolviert, also in einem Beruf mit mindestens 80 % Frauenanteil. In 2010 waren in Westdeutschland fast 40 % aller weiblichen Auszubildenden des dualen Systems in weiblich dominierten Berufen. Gegenüber 1980 hat sich dieser Anteil nur um -5,5 Prozentpunkte verändert. Weitere 17,9 % der Frauen befinden sich 2010 in einer Ausbildung in einem überwiegend weiblich besetzten Beruf, d. h. mit einem Frauenanteil von 60–80 %. Im Vergleich zu 1980 (23,4 %) ist der Wert nur wenig abgesunken. In den männlich dominierten und überwiegend männlich besetzten Ausbildungsberufen (Frauenanteil 0–20 % bzw. 20–40 %) befinden sich 2010 zwar mit 10,5 % und 8,2 % anteilig fast doppelt so viele Frauen wie noch 1980. Insgesamt erscheinen die Anteile jedoch gering. Die gemischt besetzten Berufe integrieren rund ein Viertel der weiblichen Auszubildenden im dualen System (24,2 %). Nicht so stark fällt die Geschlechtersegregation in Ostdeutschland aus. So befand sich dort in 2010 mit 18,5 % fast jede fünfte Frau in einem männlich dominierten Beruf. Umgekehrt besetzten die ostdeutschen Frauen mit 34,5 % weniger häufig einen weiblich dominierten Ausbildungsberuf als im Westen. Zu bemerken ist allerdings, dass sich die Verteilung in Ostdeutschland in den vergangenen Jahren zunehmend an Westdeutschland anpasst. Denn der Anteil der ostdeutschen Frauen, die einen weiblich dominierten Ausbildungsberuf erlernen, lag im Berichtsjahr 1991 sogar nur bei 26,3 % und damit noch deutlich niedriger als heute (vgl. Uhly u. a. 2010).
Tabelle A4.2.1-2: Frauenanteil an allen Auszubildenden nach Zuständigkeitsbereichen1, Bundesgebiet 1992 bis 2010 (in %)
Tabelle A4.2.1-2 (barrierefrei)
Tabelle A4.2.1-3: Weibliche Auszubildende (Bestände) in männlich und weiblich besetzten Ausbildungsberufen, Westdeutschland 1980, 1995 und 2010, Ostdeutschland 2010
Tabelle A4.2.1-3 (barrierefrei)
Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit in den dualen Ausbildungsberufen
In der Berufsbildungsstatistik wird zu den Auszubildenden auch die Staatsangehörigkeit erfasst, ein möglicher Migrationshintergrund kann jedoch nicht ausgewiesen werden. Der Anteil der Personen mit ausschließlich ausländischer Staatsangehörigkeit74 unter den Auszubildenden ist seit Anfang der 1990er- Jahre stark zurückgegangen. 2010 beträgt er 5,1 % Tabelle A4.2.1-4. Um das Ausmaß der Integration in die duale Berufsausbildung abzuschätzen, muss allerdings Bezug zum Ausländeranteil in der Wohnbevölkerung genommen werden. Der Ausländeranteil unter den Auszubildenden ist hierzu nicht geeignet. Beispielsweise sank der Ausländeranteil unter den Auszubildenden allein des dualen Systems seit Mitte der 1990er-Jahre stark; dies war jedoch teilweise durch verstärkte Einbürgerungen bedingt. In der Wohnbevölkerung ging der Ausländeranteil folglich ebenfalls zurück.75 Ob die Entwicklung im dualen System der der Wohnbevölkerung entspricht oder auf andere Faktoren zurückzuführen ist, lässt sich auf Basis der Ausbildungsbeteiligungsquote bzw. Ausbildungsanfängerquote betrachten (vgl. Kapitel A4.5). Der Ausländeranteil unter den Auszubildenden eignet sich jedoch für einen Vergleich der Zuständigkeitsbereiche oder die Analyse berufsspezifischer Besonderheiten.
Der in 2010 gestiegene Ausländeranteil unter den Auszubildenden ist in fast allen Zuständigkeitsbereichen zu beobachten. Allerdings bleibt er fast überall unterhalb des Ausländeranteils in der entsprechenden Altersgruppe der Wohnbevölkerung. Am stärksten besetzen ausländische Personen mit 9,1 % den Bereich der freien Berufe. Hier lag der Anteil schon immer höher und schwankte seit Anfang der 1990er-Jahre nur geringfügig zwischen 7 % und 9 %. Der aktuelle Anteil ist jedoch bislang der höchste Wert. Einzelne Berufe dieses Zuständigkeitsbereichs wie die Berufe Pharmazeutisch-kaufmännische / -r Angestellte / -r (18,3 %) oder Zahnmedizinische / -r Fachangestellte / -r (12,7 %) sind sogar überproportional mit ausländischen Auszubildenden besetzt. In beiden Berufen findet man fast ausschließlich weibliche Auszubildende (96,7 % bzw. 99,4 %), sowohl unter Auszubildenden mit deutscher als auch ausländischer Staatsangehörigkeit.
Auch im Handwerk und im Zuständigkeitsbereich Industrie und Handel ist der Ausländeranteil im Jahr 2010 wieder gestiegen. Im Handwerk beträgt der Anteil 5,9 %. Der Zuwachs fällt mit 7,3 % leicht überproportional aus. In Industrie und Handel liegt der Anteil bei 4,5 %, die Steigerung gegenüber dem Vorjahr ist etwas schwächer ausgeprägt.
Unterdurchschnittlich ist der Ausländeranteil auch in der Hauswirtschaft mit 4,6 %, er hat sich jedoch seit 1992 (2,4 %) deutlich erhöht. Mit Abstand am niedrigsten liegt der Anteil von Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit in den Berufen des öffentlichen Dienstes und der Landwirtschaft. Im Jahr 2010 lag er dort nur bei 1,7 % und 0,7 %. Diese beiden kleinen Zuständigkeitsbereiche waren die einzigen Bereiche, in denen 2010 sinkende Ausländeranteile beobachtet werden konnten. 1992 hatten die Anteile in den Ausbildungsberufen im öffentlichen Dienst wenig höher gelegen. Nach Höchstwerten Mitte der 1990er-Jahre waren sie kontinuierlich abgesunken.
Generell sind Ausbildungsberufe im dualen System76, die zu 10 % oder mehr von Auszubildenden mit ausländischer Staatsangehörigkeit besetzt sind, nur in geringem Maße zu finden. Von den Berufen mit mindestens 100 Auszubildenden sind dies lediglich die Berufe Verkäufer / -in (10,4 %), Friseur / -in (15,3 %), Zahnmedizinische / -r Fachangestellte / -r (12,7 %), Fachmann / Fachfrau für Systemgastronomie (10,2 %), Fachkraft im Gastgewerbe (12,4 %), Pharmazeutisch-kaufmännische / -r Angestellte / -r (18,3 %), Fliesen-, Platten- und Mosaikleger / -in (10,2 %), Stuckateur / -in (14,0 %), Tankwart / -in (11.0 %), Änderungsschneider / -in (19,3 %), Industrie- Isolierer / -in (12,0 %), Chirurgiemechaniker / -in (10,9 %) und Estrichleger / -in (11,4 %).
Einen Überblick über die Ausbildungssituation von ausländischen Jugendlichen bzw. Jugendlichen mit Migrationshintergrund gibt Kapitel A4.9.
(Naomi Gericke)
Tabelle A4.2.1-4: Ausländeranteil an allen Auszubildenden nach Zuständigkeitsbereichen1, Bundesgebiet 1992 bis 2010 (in %)
Tabelle A4.2.1-4 (barrierefrei)