A4.5 Alter der Auszubildenden und Ausbildungsbeteiligung der Jugendlichen im dualen System
In der Berufsbildungsstatistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder wird zu den neu abgeschlossenen Verträgen im dualen System auch das Geburtsjahr der Auszubildenden erfasst. Darüber hinaus liegen Altersangaben seit der Revision der Berufsbildungsstatistik auch für Auszubildende in weiteren Differenzierungen vor. Sie werden im ersten Abschnitt dieses Kapitels für die neu abgeschlossenen Verträge, Ausbildungsanfänger / -innen und Absolventen und Absolventinnen ausgewiesen. Mithilfe der Altersangaben lässt sich zudem die Ausbildungsbeteiligung der Jugendlichen im dualen System berechnen. Die vom Bundesinstitut für Berufsbildung hierzu ausgewiesenen Indikatoren werden im zweiten Abschnitt des Kapitels behandelt.
Das Alter der Auszubildenden
Altersangaben für die neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge liegen seit 1993 vor. In der längerfristigen Betrachtung ist festzustellen, dass das Durchschnittsalter der Auszubildenden seit der Erfassung des Merkmals stetig angestiegen ist. 1993 betrug es durchschnittlich noch 18,5 Jahre, in 2010 dagegen waren die Auszubildenden bei Vertragsabschluss bereits 20,0 Jahre alt. Während zu Beginn der 1990er- Jahre noch über die Hälfte der Auszubildenden aus 16- und 17-Jährigen bestand, hat sich die Verteilung immer stärker ausgeweitet. Heute machen diese beiden Altersgruppen nur noch 27,1 % aus, zunehmend sind Jugendliche in höherem Alter unter den Neuabschlüssen Tabelle A4.5-1. Damit haben sich die verlängerte Schulzeit im Sekundarbereich I, die zunehmend höheren Schulabschlüsse unter den Auszubildenden im dualen System sowie die schwierigen Eintritte in die Berufsausbildung vergangener Jahre deutlich auf die Altersstruktur der Auszubildenden ausgewirkt.118
Durch die Revision der Berufsbildungsstatistik in 2007 lassen sich Altersangaben erstmals auch für Ausbildungsanfänger / -innen (vgl. Kapitel A4.3) und Absolventen/-innen der dualen Ausbildung ausweisen Tabelle A4.5-2. Im Berichtsjahr 2010 waren 87,8 % der Auszubildenden mit Neuabschluss Ausbildungsanfänger / -innen. Ihr Durchschnittsalter lag bei 19,8 Jahren. Die 17- und 18-Jährigen bildeten die größten Altersgruppen und machten zusammen mit den 19-Jährigen fast die Hälfte der Ausbildungsanfänger / -innen aus. Nur 11,7 % waren 16 Jahre oder jünger, rund 40 % dagegen hatten bereits mindestens das 20. Lebensjahr erreicht. Da Frauen im dualen System über höhere Schulabschlüsse verfügen (vgl. Kapitel A4.6.2), lag ihr Durchschnittsalter bei Ausbildungsbeginn mit 19,9 Jahren etwas höher als bei männlichen Ausbildungsanfängern (19,7 Jahre). Dass die Männer trotz des höheren Hauptschüleranteils nicht sehr viel jünger waren, deutet auf Schwierigkeiten beim Übergang in die duale Ausbildung hin. So hatte bei den Männern ein größerer Anteil zuvor an einer berufsvorbereitenden oder grundbildenden Maßnahme teilgenommen (vgl. Kapitel A4.6.1). Auch bezüglich der Staatsangehörigkeit deuten die Ergebnisse auf einen erschwerten Übergang hin. Obwohl über die Hälfte der ausländischen Auszubildenden einen Hauptschulabschluss besitzt (vgl. Kapitel A4.6.2), lag das Durchschnittsalter unter den Ausbildungsanfängern bei 20,3 Jahren. Die deutsche Vergleichsgruppe war deutlich jünger (19,7).
Am Ende der Ausbildung im dualen System waren die Absolventen/-innen 2010 im Durchschnitt 21,9 Jahre alt Tabelle A4.5-2. Über die Hälfte der Auszubildenden war beim erfolgreichen Abschluss der Ausbildung 20 bis 22 Jahre alt. 11,7 % waren 19 Jahre oder jünger. Männliche und weibliche Auszubildende waren bei Abschluss ihrer Ausbildung im Durchschnitt exakt gleich alt. Unterschiede ergeben sich nur bei der Differenzierung nach Staatsangehörigkeit. Absolvierende mit ausländischer Staatsangehörigkeit waren mit 22,5 Jahren etwas älter als jene mit deutscher Staatsangehörigkeit (21,9 Jahre). Gegenüber Absolventen/-innen, die erstmals ihre Ausbildung im dualen System abschlossen, gab es beim Durchschnittsalter keinen Unterschied.
Tabelle A4.5-1: Auszubildende mit neu abgeschlossenem Ausbildungsvertrag nach Alter, Bundesgebiet 1993 bis 2010 (in %)1
Tabelle A4.5-1 (barrierefrei)
Tabelle A4.5-2: Auszubildende mit neu abgeschlossenem Ausbildungsvertrag, Ausbildungsanfänger / -innen und Absolventen/-innen nach Alter, Bundesgebiet 2010
Tabelle A4.5-2 (barrierefrei)
Ausbildungsbeteiligung der Jugendlichen im dualen System
Quoten zur Ausbildungsbeteiligung der Jugendlichen werden als Indikator für die quantitative Bedeutung des dualen Systems sowie als Maß der Integration verschiedener Personengruppen interpretiert. Sie geben den Anteil der Jugendlichen in der Wohnbevölkerung an, die eine duale Berufsausbildung nach BBiG bzw. HwO beginnen oder erfolgreich abschließen. Wie lange die Übergangsphase von der allgemeinbildenden Schule bis zu dem beobachteten Ereignis dauert, bleibt dabei unberücksichtigt. Generell dient die Quote vor allem dem Vergleich im Zeitverlauf und vergleichenden Analysen verschiedener Personengruppen. Zur Berechnung werden Daten aus der Berufsbildungsstatistik und der Bevölkerungsfortschreibung der statistischen Ämter des Bundes und der Länder verwendet.
Lange bildeten die neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge die Grundlage für die Berechnung der Ausbildungsbeteiligung. Denn nur für diese lagen Altersangaben vor. Da aber einige Personen im Verlaufe ihres Lebens wiederholt Ausbildungsverträge abschließen119, überschätzt die Ausbildungsbeteiligungsquote (basierend auf Neuabschlüssen) den Anteil der Jugendlichen, die in ihrer Biografie irgendwann eine Ausbildung beginnen. Durch die frühere Aggregatdatenerhebung der Berufsbildungsstatistik war eine bessere Berechnungsweise jedoch nicht möglich. Die Neuerungen der Berufsbildungsstatistik erlauben jetzt die Abgrenzung von Ausbildungsanfängern und -anfängerinnen als Teilgruppe der Neuabschlüsse (vgl. Kapitel A4.3), sodass eine Ausbildungsanfängerquote berechnet und die Überschätzung vermieden werden kann. Die notwendigen Altersangaben können, wie im vorangegangenen Abschnitt dargelegt, nun entsprechend differenziert werden.
E Ausbildungsbeteiligungsquote der Jugendlichen (AQ)
Die Ausbildungsbeteiligungsquote gibt den rechnerischen Anteil einer synthetischen Alterskohorte in der Wohnbevölkerung wieder, der einen Ausbildungsvertrag im dualen System abschließt. Die Zahl der Jugendlichen mit neu abgeschlossenem Ausbildungsvertrag wird der Wohnbevölkerung im entsprechenden Alter gegenübergestellt (Uhly/Gericke 2010; zu Bildungsindikatoren im Vergleich vgl. Gericke/Uhly 2012).
Bis zur Revision der Berufsbildungsstatistik konnten aus der Berufsbildungsstatistik nur Neuabschlüsse bzw. Bestandsangaben zur Quantifizierung der Ausbildungsbeteiligung verwendet werden (vgl. BIBB-Datenreport 2009, Kapitel A5.7). Die Verwendung der Neuabschlussangaben führte wegen Mehrfachzählungen von Verträgen aber zu einer Überhöhung der Quote. Da mit Einführung der Ausbildungsanfängerquote eine genauere Bemessung des Anfängeranteils möglich ist, mit der Mehrfachzählungen vermieden werden, wird die Ausbildungsbeteiligungsquote nun vor allem für Vergleiche im längerfristigen Zeitverlauf genutzt, für die noch keine Ausbildungsanfängerquoten vorliegen.
E Ausbildungsanfängerquote der Jugendlichen (AAQ)
Nicht alle Jugendlichen mit neu abgeschlossenem Ausbildungsvertrag sind Ausbildungsanfänger / -innen (vgl. Kapitel A4.3). Die auf Basis der Neuabschlüsse berechnete Ausbildungsbeteiligungsquote überschätzt den Anteil der Ausbildungsanfänger / -innen, weil u. a. auch bei Betriebs- oder Berufswechsel ein Neuabschluss erfolgt (zu Einschränkungen bei der Berechnung vgl. Uhly 2006 und Althoff 1997).
Anhand der Angaben zur vorherigen Berufsausbildung der Auszubildenden und zur faktischen Ausbildungsdauer sowie der Daten zu Schulqualifikationen und Alter lassen sich seit der Revision der Berufsbildungsstatistik zumindest näherungsweise die Ausbildungsanfänger / -innen unter den Neuabschlüssen im dualen System identifizieren. Bei der Berechnung der AAQ werden anstelle der Neuabschlüsse die Anfänger / -innen nach Alter auf die Wohnbevölkerung bezogen (vgl. Gericke / Uhly 2012; Gericke / Uhly / Ulrich 2011). Die AAQ gibt den rechnerischen Anteil einer synthetischen Alterskohorte in der Wohnbevölkerung wieder, der erstmals eine Ausbildung mit Ausbildungsvertrag im dualen System beginnt.
Doch nicht nur der Anteil der Jugendlichen, die eine duale Ausbildung beginnen, ist von Interesse, sondern auch der Anteil derer, die sie mit bestandener Abschlussprüfung beenden. So kann durch die Revision der Berufsbildungsstatistik nun auch eine entsprechende Ausbildungsabsolventenquote berechnet werden (Gericke / Uhly 2012).
E Ausbildungsabsolventenquote der Jugendlichen (AbsQ)
Nicht nur der Umfang der Anfänger / -innen, sondern auch der Anteil der Absolventen / Absolventinnen gibt Auskunft über die Bedeutung des dualen Systems. Um Mehrfachzählungen zu vermeiden, werden hierzu nur jene Absolventen / Absolventinnen betrachtet, die zuvor nicht bereits eine duale Ausbildung mit Vertrag erfolgreich abgeschlossen haben. Seit der Revision der Berufsbildungsstatistik können diese Erstabsolventen nach Alter differenziert werden. Die Ausbildungsabsolventenquote gibt den rechnerischen Anteil einer synthetischen Alterskohorte in der Wohnbevölkerung wieder, der eine duale Berufsausbildung mit Ausbildungsvertrag erfolgreich absolviert. Die Quote berechnet sich auf Basis der Berufsbildungsstatistik und der Bevölkerungsfortschreibung der statistischen Ämter des Bundes und der Länder, jeweils zum Stichtag 31. Dezember. Auszubildende mit bestandener Abschlussprüfung, die zuvor noch keine duale Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben, werden der Wohnbevölkerung im entsprechenden Alter gegenübergestellt (vgl. Gericke / Uhly 2012).
Länder, jeweils zum Stichtag 31. Dezember. Auszubildende mit bestandener Abschlussprüfung, die zuvor noch keine duale Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben, werden der Wohnbevölkerung im entsprechenden Alter gegenübergestellt (vgl. Gericke / Uhly 2012).
Längerfristige Entwicklung der Ausbildungsbeteiligung
Eine Analyse langfristiger Entwicklungen kann auf Basis der neuen Indikatoren noch nicht erfolgen, da sie für die Jahre vor 2009 nicht berechnet werden können. An dieser Stelle muss auf die Ausbildungsbeteiligungsquote basierend auf Neuabschlusszahlen zurückgegriffen werden (auch wenn diese eine Überschätzung darstellt). Zu Beginn der 1990er- Jahre betrug die Ausbildungsbeteiligungsquote rund 66 % Tabelle A4.5-3. Im Laufe des Jahrzehnts stieg die Ausbildungsbeteiligung und erreichte zum Ende gar einen Wert von 68,7 %. Die Integrationskraft des dualen Systems ging danach jedoch zurück. Ein Auseinanderklaffen von Angebot und Nachfrage bedingt durch sinkende Neuabschlüsse und gleichzeitig ansteigende Bevölkerungszahlen führte in den Folgejahren zu Lehrstellenmangel, steigenden Altbewerberbeständen und der Ausweitung des Übergangssystems. Zwischen den Jahren 2000 und 2005 ging die Ausbildungsbeteiligung der Jugendlichen immer weiter zurück. Die Quote betrug schließlich nur noch 57,8 %. Seitdem ist ein Aufwärtstrend zu erkennen, der allerdings nicht stetig verläuft. Zwar begann die Zahl der Neuabschlüsse schon in 2006 wieder leicht zu steigen, doch auch die Bevölkerung erhöhte sich weiter. Hier kam es erst 2007 zum Wendepunkt. Nach Jahren geburtenstarker Jahrgänge unter den Schulabgängern sinkt die Zahl der Jugendlichen zwischen 16 und 24 Jahren seitdem. Im Ergebnis konnte in 2007 ein Anstieg der Ausbildungsbeteiligung auf einen Wert von 64,9 % beobachtet werden. Da die Neuabschlusszahlen in 2009 jedoch nicht zuletzt aufgrund der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise abermals einbrachen und deutlich stärker zurückgingen als die Wohnbevölkerung, sank die Ausbildungsbeteiligung kurzfristig noch einmal auf 61,0 %. In 2010 stagniert die Zahl der Neuabschlüsse, die Wohnbevölkerung sinkt weiterhin ab. Entsprechend stieg der Anteil der Jugendlichen, der in 2010 einen Ausbildungsvertrag abschloss (die Quote erreichte 62,1 %). Zu bemerken ist dabei, dass zu diesem Zeitpunkt eine ähnlich niedrige Neuabschlusszahl vorlag wie im Krisenjahr 2005. Durch den zwischenzeitlichen Rückgang der Wohnbevölkerung wirkt sich diese jedoch nicht so stark auf die Quote aus wie im Jahr 2005. Vor diesem Hintergrund führte 2010 die quantitative Entlastung des Ausbildungsstellenmarktes (siehe auch Ulrich 2010) zu einer höheren Integration der Wohnbevölkerung in die duale Ausbildung.
Ähnliche Auswirkungen zeigen sich auch im Hinblick auf die Bildungsbeteiligung der Ausländer / -innen. Mitte der 1980er-Jahre bis Mitte der 1990er-Jahre war ein enger Zusammenhang zwischen der generellen Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt und der Ausbildungsbeteiligung ausländischer Jugendlicher beobachtet worden, bei dem Verdrängungstendenzen ausländischer Jugendlicher auftraten, sobald sich relativ viele Jugendliche um ein knappes Ausbildungsplatzangebot bewarben. Bei rückläufigen Bewerberzahlen aber griffen Betriebe wieder stärker auf das Bewerberangebot ausländischer Jugendlicher zurück (vgl. BIBB-Datenreport 2010, Kapitel A5.8; Uhly / Granato 2006; Granato / Werner 1999). Angesichts des starken Bewerberrückgangs scheint die aktuell steigende Ausbildungsbeteiligung unter den Ausländern und Ausländerinnen diese Zusammenhänge zu bestätigen. Obwohl in 2010 erstmals seit 5 Jahren wieder ein Zuwachs in der ausländischen Wohnbevölkerung konstatiert wurde, stieg die Ausbildungsbeteiligung auf 33,5 %, weil der Anstieg der Neuabschlüsse noch stärker erfolgte als in der Bevölkerung. Mögliche Gründe sind auch erfolgreiche Aktivitäten zur Verbesserung der Integration bestimmter Personengruppen.
Im östlichen Bundesgebiet, das schon seit einigen Jahren von demografischen Veränderungen geprägt ist (vgl. BIBB-Datenreport 2011, Kapitel A4.5; Ebbinghaus / Loter 2010; Gericke / Krupp / Troltsch 2009; Ulmer / Ulrich 2008), lässt sich eine demografisch bedingte Zunahme der Bildungsbeteiligung allerdings nicht beobachten. Dort sinkt die Zahl der Neuabschlüsse weiterhin stärker als die Wohnbevölkerung, sodass die Ausbildungsbeteiligungsquote in 2010 bei 61,3 % verharrte. Dabei ist zu bemerken, dass in den östlichen Bundesländern immer noch jeder fünfte Neuabschluss überwiegend öffentlich finanziert wurde. Ohne diese Förderung läge die Ausbildungsbeteiligung in Ostdeutschland nur bei 49,9 %.
Tabelle A4.5-3: Ausbildungsbeteiligungsquote 1993 bis 2010
Tabelle A4.5-3 (barrierefrei)
Tabelle A4.5-4: Ausbildungsanfängerquote nach Personenmerkmal und Region1, 2009 bis 2010 (in %)2
Tabelle A4.5-4 (barrierefrei)
Anteil der Jugendlichen, die 2010 eine Ausbildung beginnen
Wie zuvor erläutert, ist die Ausbildungsanfängerquote der geeignetste Indikator, um den Anteil der Jugendlichen zu bemessen, die eine duale Berufsausbildung beginnen. Denn sie vermeidet die Überschätzung durch Mehrfachzählungen von Verträgen. Sie kann allerdings erst ab 2009 berechnet werden. Die Quote fällt deutlich niedriger aus als die entsprechende Ausbildungsbeteiligungsquote. Für das Berichtsjahr 2010 ergibt sich ein rechnerischer Anteil von 54,9 %120. Rund 55 % der Wohnbevölkerung beginnen demnach irgendwann im Laufe der Biografie eine duale Berufsausbildung Tabelle A4.5-4. Im Vergleich zum Vorjahr (53,5 %)121 ist die Ausbildungsanfängerquote gestiegen. Die Unterschiede zwischen West (55,1 %) und Ost (54,4 %) sind gering. Zwischen den Personengruppen variieren die Quoten deutlicher, und es ergeben sich vergleichbare Muster wie bei der Ausbildungsbeteiligungsquote (vgl. BIBB-Datenreport 2011, Kapitel A4.5): So ist bei Männern der Anteil, der eine Ausbildung im dualen System beginnt, mit 62,6 % deutlich größer als bei Frauen (46,7 %). Hier spielen geschlechtsspezifische Bildungsorientierungen und die höheren schulischen Qualifikationen der Frauen eine Rolle, die diesen neben dem dualen System auch schulische Berufsausbildungen oder akademische Wege eröffnen. Chancen auf einen Neuabschluss hängen aber auch mit Zugangsbedingungen im dualen System zusammen. So ist empirisch belegt, dass Frauen, die eine betriebliche Ausbildung anstreben, gegenüber ihren männlichen Bewerbern trotz besserer Schulqualifikationen geringere Realisierungschancen haben (vgl. Beicht / Friedrich / Ulrich 2007). Da sich Frauen auf ein engeres Berufsspektrum mit personenbezogenen Dienstleistungsberufen und Büroberufen konzentrieren, sind sie zudem einer erhöhten Wettbewerbssituation in diesen Ausbildungsberufen ausgesetzt.
Trotz der positiven Entwicklungen der Neuabschlussund Anfängerzahlen in jüngerer Zeit liegt die Ausbildungsanfängerquote der Jugendlichen ausländischer Staatsangehörigkeit mit 29,5 % nur halb so hoch wie die der Jugendlichen deutscher Staatsangehörigkeit (57,8 %). Die Vertragsabschlüsse mit ausländischen Jugendlichen konzentrieren sich dabei ebenfalls auf ein deutlich engeres Berufsspektrum. Auch hier spielen sowohl nachfrage- als auch angebotsseitige Gründe eine Rolle. Einerseits schränken die niedrigeren Schulabschlüsse ausländischer Jugendlicher ihre Chancen im dualen System ein. Andererseits deutet sich aufgrund von Studien zu Migranten an (vgl. Kapitel A4.9), dass auch bei Kontrolle der schulischen Leistung und des Wunsches nach einer betrieblichen Ausbildung deutlich geringere Chancen auf einen Ausbildungsplatz bestehen als in der entsprechenden Vergleichsgruppe (Beicht 2011a; Friedrich 2009).122 Die Befunde sind kritisch, da den betreffenden Personen aufgrund der tendenziell niedrigeren Schulabschlüsse ohnehin weniger alternative (schulische oder akademische) Bildungswege offenstehen.
Anteil der Jugendlichen, die einen Abschluss im dualen System machen
Entscheidend für das Individuum und angesichts des sich abzeichnenden Fachkräftemangels auch für den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft ist nicht allein das Einmünden in eine Berufsausbildung und der Vertragsabschluss, sondern auch das erfolgreiche Absolvieren und Erlangen eines qualifizierten Berufsabschlusses. Im Berichtsjahr 2010 bestanden 479.031 Auszubildende im dualen System ihre Abschlussprüfung (vgl. Kapitel A4.8). Rund 95 % darunter schlossen erstmals erfolgreich eine duale Ausbildung ab. Um Mehrfachzählungen zu vermeiden, werden diese Erstabsolventen und nicht sämtliche Absolventen in Bezug gesetzt zur entsprechenden Wohnbevölkerung. Daraus ergab sich für das Berichtsjahr 2010 eine Ausbildungsabsolventenquote von 46,3 %123 Tabelle A4.5-5. Gegenüber dem Vorjahr (45,6 %)124 ist eine steigende Tendenz zu beobachten.
Die Absolventenquote 2010 lag bei Männern mit 52,0 % deutlich höher als bei Frauen (40,2 %). In der deutschen Bevölkerung betrug sie 50,0 %, unter den Ausländern / Ausländerinnen lediglich 17,1 %. Da sich die Ausbildungsbeteiligungsquoten zwischen Ost und West vor wenigen Jahren noch deutlicher unterschieden (vgl. BIBB-Datenreport 2011, Kapitel A4.5), ergeben sich 2010 bei der Absolventenquote entsprechend größere regionale Unterschiede. So schlossen in der westlichen Wohnbevölkerung 47,4 %, in der östlichen nur 42,0 % erfolgreich eine duale Ausbildung ab.
(Naomi Gericke)
Tabelle A4.5-5: Ausbildungsabsolventenquote1 nach Personenmerkmal und Region2, 2009 bis 2010 (in %)
Tabelle A4.5-5 (barrierefrei)