A4.7 Vorzeitige Lösung von Ausbildungsverträgen
Begonnene Ausbildungsverhältnisse werden nicht immer erfolgreich abgeschlossen. Endgültig nicht bestandene Abschlussprüfungen oder vorzeitige Vertragslösungen können zu einem Ende des Ausbildungsverhältnisses ohne erworbenen Berufsabschluss führen. Zu einer Lösung des Vertrags kann es sowohl seitens des Auszubildenden als auch des Ausbildungsbetriebes oder in beiderseitigem Einvernehmen kommen. Die Gründe für Vertragslösungen sind vielfältig und mitunter komplex. Sie reichen von Betriebsschließungen und gesundheitlichen Gründen, revidierten Berufswahlentscheidungen bis hin zu Konflikten zwischen Ausbildern und Auszubildenden (vgl. Bohlinger 2003; Schöngen 2003). Nach § 22 BBiG kann ein Ausbildungsverhältnis während der Probezeit (maximal 4 Monate) von beiden Seiten jederzeit und ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Nach der Probezeit ist eine ordentliche Kündigung nur noch seitens der Auszubildenden möglich; will der Ausbildungsbetrieb den Vertrag auflösen, muss dieser – in Anbetracht der besonderen Bedeutung des Ausbildungsverhältnisses für die berufliche Entwicklung – erst einen „wichtigen Grund“ vorbringen. An diesen sind umso strengere Anforderungen zu stellen, je länger das Ausbildungsverhältnis bereits bestanden hat (Bundesarbeitsgericht v. 10.05.1973, 2 AZR 328 / 72).
Vorzeitig gelöste Verträge sind dabei jedoch keinesfalls mit einem endgültigen Ausbildungsabbruch gleichzusetzen. Etwa die Hälfte der Auszubildenden mit gelöstem Ausbildungsvertrag, so ergab eine Studie zu Vertragslösungen und Ausbildungsabbrüchen aus dem Jahre 2002, schließt erneut einen Ausbildungsvertrag ab und bleibt dem dualen System damit erhalten (vgl. Schöngen 2003, S. 37).
Zwar sind Vertragslösungen nicht gänzlich vermeidbar und können durchaus notwendig und sinnvoll sein (vgl. Bessey / Backes-Gellner 2008), dennoch erscheinen Bemühungen zur Vermeidung von vorzeitigen Vertragslösungen aus verschiedenen Gründen erforderlich.146 Vertragslösungen bedeuten immer auch einen Ressourcenverlust und können stark demotivierende Effekte zur Folge haben, im schlimmsten Fall führen sie zum Ausstieg aus der Bildungsbeteiligung sowohl des Jugendlichen als auch des Ausbildungsbetriebs (vgl. Jasper u. a. 2009). Auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung wird eine Senkung der Lösungsquote als strategischer Ansatz für eine bessere Ausschöpfung des Ausbildungspotenzials diskutiert (vgl. Ulmer / Ulrich 2008).
E Vorzeitig gelöste Ausbildungsverträge (kurz: Vertragslösungen) der Berufsbildungsstatistik
Vorzeitig gelöste Ausbildungsverträge sind definiert als vor Ablauf der im Berufsausbildungsvertrag genannten Ausbildungszeit gelöste Ausbildungsverträge. Eine Form147 der vorzeitigen Auflösung eines Berufsausbildungsverhältnisses stellt dabei die Kündigung von Ausbildungsverträgen dar. Sie wird im Berufsbildungsgesetz explizit geregelt:
„§ 22 BBiG Kündigung
(1) Während der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden.
(2) Nach der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis nur gekündigt werden
- aus einem wichtigen Grund ohne Einhalten einer Kündigungsfrist,
- von Auszubildenden mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen, wenn sie die Berufsausbildung aufgeben oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen wollen.
(3) Die Kündigung muss schriftlich und in den Fällen des Absatzes 2 unter Angabe der Kündigungsgründe erfolgen.
(4) Eine Kündigung aus einem wichtigen Grund ist unwirksam, wenn die ihr zugrunde liegenden Tatsachen dem zur Kündigung Berechtigten länger als zwei Wochen bekannt sind. Ist ein vorgesehenes Güteverfahren vor einer außergerichtlichen Stelle eingeleitet, so wird bis zu dessen Beendigung der Lauf dieser Frist gehemmt.“
In der Berufsbildungsstatistik (siehe in Kapitel A4.2.1 und in Kapitel A4.3) werden als Vertragslösungen grundsätzlich nur solche Verträge erfasst, die tatsächlich angetreten wurden. Bereits vor dem Beginn der Ausbildung gelöste Ausbildungsverträge gehen somit nicht in die Meldungen ein.
Revision der Berufsbildungsstatistik ab Berichtsjahr 2007
Seit der Umstellung auf eine Individualdatenerfassung wird für jeden gemeldeten Ausbildungsvertrag erhoben, ob er gelöst wurde oder nicht. Das jeweilige Ausbildungsjahr sowie der Zeitraum zwischen Vertragsbeginn und -lösung kann auf Basis der gemeldeten Variablen berechnet werden. Erst die Individualdaten ermöglichen überdies, die Zahl der gelösten Verträge und die Vertragslösungsquote nach allen in der Berufsbildungsstatistik erhobenen Variablen auszuwerten (z. B. Lösungsquoten differenziert nach Geschlecht, Staatsangehörigkeit und Schulabschluss der Auszubildenden). Außerdem können Kohortendatensätze gebildet werden, auf deren Basis man den Ausbildungsverlauf einer Anfängerkohorte analysieren kann; bislang können die ersten 24 Monate nach Ausbildungsbeginn (maximal bis zur Vertragslösung oder einem sonstigen Ende des Ausbildungsvertrages) für die Anfängerkohorte 2008 betrachtet werden (vgl. Uhly 2012).
Die Umsetzung der umfassenden Neuerungen der Berufsbildungsstatistik ist in den ersten Jahren nicht ohne größere Meldeprobleme erfolgt148, die insbesondere auch die Lösungsdaten betrafen. Deshalb wurden im Jahr 2007 keine Lösungsdaten veröffentlicht, und auch für die Daten des Berichtsjahres 2008 wurden die neuen Auswertungsmöglichkeiten der Berufsbildungsstatistik noch nicht genutzt. Seit dem Berichtsjahr 2009 sind zwar noch nicht alle Meldeprobleme behoben (siehe hierzu Tabelle A4.7-1), die Datenlage hat sich jedoch deutlich verbessert.
Zu beachten ist weiterhin, dass Vertragslösungen nicht mit Ausbildungsabbrüchen gleichzusetzen sind. Ein Großteil der Jugendlichen mit gelöstem Ausbildungsvertrag schließt erneut einen Ausbildungsvertrag im dualen System ab. Da im Rahmen der Berufsbildungsstatistik keine feste Personennummer (die über alle Jahre und auch bei Vertragswechsel hinweg gleichbleibend ist) erfasst wird, liegen leider auch nach der Revision der Berufsbildungsstatistik keine echten Verlaufsdaten vor; der Verbleib der Auszubildenden mit gelöstem Vertrag kann auf Basis der Berufsbildungsstatistik nicht nachgezeichnet werden (vgl. Uhly 2006, S. 58). Allerdings kann der Ausbildungsverlauf bis zur Vertragslösung betrachtet werden.
Im Folgenden wird das Vertragslösungsgeschehen 2010 auf Basis der Daten der Berufsbildungsstatistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder (vgl. in Kapitel A4.2.1 und in Kapitel A4.3) dargestellt. Auf eine Betrachtung der Vertragslösungen im längerfristigen Zeitverlauf wird hier verzichtet (siehe hierzu BIBB-Datenreport 2010, Kapitel A5.7 und Uhly 2012a), zum einen, da seit der Umstellung der Berufsbildungsstatistik Meldeprobleme insbesondere auch bezüglich der Vertragslösungsdaten aufgetreten sind, die eine Vergleichbarkeit der Daten im Zeitverlauf mindern; zum anderen, da hier der Schwerpunkt auf neue Möglichkeiten der Auswertung auf Basis der Individualdaten der Berufsbildungsstatistik gelegt wird. Die Umstellung der Berufsbildungsstatistik auf eine Individualdatenerfassung ermöglicht eine exaktere Berechnung der Vertragslösungsquote nach dem Schichtenmodell . Zudem können Lösungsquoten nun auch getrennt für verschiedene Personengruppen von Auszubildenden berechnet werden. Außerdem lässt sich die monatsgenaue Dauer zwischen Vertragsbeginn und vorzeitiger Lösung ermitteln. Und schließlich kann für eine Anfängerkohorte der Ausbildungsverlauf in den ersten 24 Monaten nach Vertragsbeginn (bis zum Zeitpunkt der Lösung oder einem sonstigen Ende des Ausbildungsvertrages) betrachtet werden.
Vertragslösungsquote nach dem Schichtenmodell
Die Vertragslösungsquote gibt den Anteil der Vertragslösungen an den begonnenen Ausbildungsverhältnissen wieder. Die Berechnung der Lösungsquote durch das BIBB erfolgt nach einem sogenannten Schichtenmodell ; die so berechnete Quote kann als Näherungswert für den Anteil der gelösten Ausbildungsverträge an den im Berichtsjahr begonnenen Ausbildungsverträgen interpretiert werden. Auf Basis der früheren Aggregatdaten der Berufsbildungsstatistik konnte die Lösungsquote nur suboptimal berechnet werden. Seit der Revision der Berufsbildungsstatistik werden die erforderlichen Angaben erfasst, sodass sich nun die Lösungsquote exakter berechnen lässt. Nachdem bei den Auszubildendendaten schwerwiegendere Umsetzungsprobleme der revidierten Berufsbildungsstatistik überwunden sind, wird die Neuberechnung der Vertragslösungsquote seit dem Berichtsjahr 2009 umgesetzt. Die im Folgenden dargestellten Lösungsquoten wurden alle nach der neuen Berechnungsweise des Schichtenmodells berechnet.149
Im Berichtsjahr 2010 wurden bundesweit 142.242 Ausbildungsverträge vorzeitig gelöst. Damit lag die Lösungsquote bei 23,0 % und ist gegenüber dem Vorjahr (22,1 %) leicht gestiegen Tabelle A4.7-1. Im Vergleich zur Studienabbruchquote von Studierenden deutscher Hochschulen, die für den Absolventenjahrgang 2010 für Diplomstudiengänge 23 % und für Bachelorstudiengänge 28 % (Heublein u. a. 2012), fällt die Quote vorzeitig gelöster Ausbildungsverträge im dualen System vergleichsweise moderat aus. Insbesondere da auch zu berücksichtigen ist, dass ein Großteil der Auszubildenden mit gelöstem Vertrag die duale Ausbildung noch fortsetzt (also keine endgültigen Ausbildungsabbrecher / -innen darstellen) und dass die Studienabbruchquote dagegen nur den Anteil der deutschen Studienanfänger / -innen angibt, die überhaupt kein Studium abschließen.150 Dennoch muss konstatiert werden, dass die Lösungsquote trotz Maßnahmen zur Vermeidung von Vertragslösungen und Ausbildungsabbrüchen151 und trotz einer Verbesserung der Ausbildungsstellenmarktlage in 2010 (vgl. BIBB-Datenreport 2011, Kapitel A1) auch im Berichtsjahr 2010 nicht gesenkt werden konnte. Aufgrund noch bestehender partieller Unregelmäßigkeiten hinsichtlich der Datenmeldungen ist zwar auch hinsichtlich des Vorjahresvergleichs der Lösungsquoten Vorsicht geboten, doch kann man feststellen, dass nahezu in allen Zuständigkeitsbereichen und Ländern152 die Lösungsquote gestiegen ist. Was die Ursachen hierfür sind, kann allein auf Basis der Daten der Berufsbildungsstatistik nicht beurteilt werden. Allerdings war auch schon in der Vergangenheit zu beobachten, dass sich die Lösungsquote in Zeiten einer Entspannung am Ausbildungsstellenmarkt erhöht und bei zunehmendem Ausbildungsplatzmangel abnimmt (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2006, Teil II, Kapitel 2.2.4, S. 121).
Die Lösungsquote variiert deutlich zwischen den Zuständigkeitsbereichen und Ländern Tabelle A4.7-1. In den Berufen des Handwerks zeigt sich mit 28,6 % im Bundesdurchschnitt die höchste Lösungsquote, gefolgt von den Berufen der Hauswirtschaft mit 24,5 %. Eine extrem niedrige durchschnittliche Lösungsquote von nur 6,2 % ergibt sich lediglich in den Berufen des Zuständigkeitsbereichs öffentlicher Dienst. In allen anderen Zuständigkeitsbereichen liegt sie bei 20 % bis 23 %. Auch zwischen den Ländern unterscheiden sich die Lösungsquoten, sie reichen von durchschnittlich 19,5 % in Baden-Württemberg bis hin zu 31,5 % in Mecklenburg-Vorpommern. Insgesamt fallen die Lösungsquoten in Ostdeutschland eher höher aus153; allerdings liegen sie auch in Schleswig-Holstein, im Saarland, in Rheinland-Pfalz und Hamburg bei 25 % bis 28 %. Die auffallend niedrigen Werte in der Landund / oder Hauswirtschaft in den Ländern Bremen, Hamburg und Sachsen sind mit großer Wahrscheinlichkeit auf Meldefehler zurückzuführen und stellen eine deutliche Untererfassung dar. Da beide Bereiche, gemessen an allen begonnenen Ausbildungsverträgen, vergleichsweise klein ausfallen, verzerren diese Fehlmeldungen die Lösungsdaten insgesamt in nur geringem Maße.
Tabelle A4.7-1: Vertragslösungsquote in % der begonnenen Ausbildungsverträge1 nach Zuständigkeitsbereichen2 und Ländern 2010, Bundesgebiet 2009 sowie 2010
Tabelle A4.7-1 (barrierefrei)
E Lösungsquote (Schichtenmodell, neue Berechnungsweise) des BIBB
Das BIBB berechnet die Lösungsquote als Anteil der vorzeitigen Vertragslösungen an allen begonnenen Ausbildungsverträgen. Zu Letzteren werden dabei nicht nur die Neuabschlüsse, sondern auch jene im Kalenderjahr begonnenen Ausbildungsverträge gezählt, die bis zum 31. Dezember des betreffenden Jahres wieder gelöst wurden. Zwar werden für das jeweilige Berichtsjahr alle gelösten Ausbildungsverträge einbezogen (nicht nur die im Berichtsjahr begonnenen Verträge), dennoch wird die Lösungsquote nicht als Anteil an dem gesamten Bestand an Ausbildungsverträgen berechnet. Denn die Berechnung bezogen auf die Bestandszahl an Auszubildenden würde das faktische Ausmaß an Lösungen unterschätzen. Im Bestand sind aus den in den Vorjahren begonnenen Ausbildungsverträgen nur noch die Verträge enthalten, die nicht gelöst wurden, es sind Verträge mit geringerer Lösungswahrscheinlichkeit.
Berechnet man die Lösungsquote als Anteil an den begonnenen Verträgen, kann die Lösungszahl eines Jahres jedoch nicht alleine in Relation zur Zahl der begonnenen Verträge des betrachteten Jahres gesetzt werden. Denn die gelösten Verträge stammen aus unterschiedlichen Beginnjahrgängen. Insbesondere wenn man die Lösungsquote für einzelne Berufe oder Berufsgruppen berechnet, ist zu beachten, dass die Größe der Beginnjahrgänge von Jahr zu Jahr deutlich schwanken kann.
Deshalb berechnet das BIBB die Lösungsquote als Schichtenmodell, indem die Lösungen des aktuellen Berichtsjahres differenziert werden nach dem jeweiligen Jahr des Beginns des gelösten Ausbildungsvertrages. Es werden Teilquoten für die einzelnen Beginnjahre berechnet, die dann zur Lösungsquote summiert werden. Die so berechnete Quote kann interpretiert werden als die näherungsweise Berechnung des Anteils der gelösten Ausbildungsverträge an den im Berichtsjahr begonnenen Ausbildungsverträgen. 154 Auf Basis der Individualdaten der Berufsbildungsstatistik lassen sich jetzt auch Kohortendatensätze bilden, die die Analyse des Ausbildungsverlaufs (bis zur Vertragslösung oder einem sonstigen Ende des Ausbildungsvertrages) erlauben. Auf Basis dieser Kohortendatensätze kann ex post der genaue Anteil der gelösten Verträge berechnet werden (man muss also nicht auf eine näherungsweise Berechnung zurückgreifen), allerdings lässt sich dies bislang nur für die Anfängerkohorte des Jahres 2008 berechnen, und für diese können auch nur 24 Monate nach Beginn des Vertrages beobachtet werden (also ist bislang auch nicht der Anteil der Lösungen im gesamten Ausbildungsverlauf der Anfängerkohorte zu ermitteln). Deshalb wird weiterhin das Schichtenmodell angewandt. Die ex post berechneten Lösungsquoten der Anfängerkohorte 2008 zeigen jedoch, dass die mittels Schichtenmodell berechneten Lösungsquoten plausible Werte darstellen (vgl. Uhly 2012).
Die Lösungsquote wird entsprechend folgender Formel auf Basis der Individualdaten der Berufsbildungsstatistik berechnet:
Begonnene Ausbildungsverträge: Ausbildungsvertrag mit Beginnjahr = Berichtsjahr (Neuabschlüsse + begonnene Ausbildungsverträge, die bis zum 31. Dezember des Berichtsjahres wieder gelöst wurden)
Die Lösungen werden nach dem Vertragsbeginn differenziert und auf die Anzahl der begonnenen Ausbildungsverträge mit entsprechendem Beginndatum bezogen. Die Lösungsdaten stammen aus dem aktuellen Berichtsjahr, die Zahl der begonnenen Ausbildungsverträge aus den letzten 4 Berichtsjahren. Da vor 2007 noch keine Individualdaten mit entsprechenden Differenzierungsmöglichkeiten vorlagen, können erst seit dem Berichtsjahr 2010 4 Teilquoten berechnet werden.
Zum Vergleich der neuen Berechnungsweise (LQneu) mit der früheren (LQalt) des Schichtenmodells siehe BIBB-Datenreport 2011, Kapitel A4.8.
Berechnet man die Lösungsquoten für Teilgruppen, werden die einzelnen Bestandteile der Lösungsquotenformel entsprechend für diese Teilgruppen berechnet. Die Lösungsquoten können grundsätzlich nach allen erhobenen Merkmalen differenziert werden (Geschlecht, Vorbildung etc.); allerdings ist dabei zu beachten, dass einige neuen Variablen in den ersten Jahren untererfasst sind, was zur Verzerrung der Lösungsquote führen kann, da hierbei Basisdaten aus 4 Berichtsjahren verwendet werden (denn dann ist auch die Anzahl der begonnenen Ausbildungsverträge, die das entsprechende Merkmal aufweisen, untererfasst). Da insbesondere im Jahr 2008 relativ viele Ausbildungsverträge ohne den allgemeinbildenden Schulabschluss gemeldet wurden, führt dies zu einer Überschätzung der Lösungsquoten nach Schulabschluss bei den Lösungsquoten 2009 (es wird durch eine zu geringe Anzahl von in 2008 begonnenen Verträgen dividiert). BIBB-Hochrechnungen für das Berichtsjahr 2009 haben jedoch ergeben, dass die Überschätzung der Lösungsquoten nach Schulabschlüssen gering ausfällt (maximal ein Prozentpunkt) und die Ergebnisse zu den Lösungsquoten ansonsten auch nicht verändert werden. Für die Lösungsquoten des Berichtsjahres 2010 fällt diese Verzerrung noch geringer aus. Für die Verträge, die mit der Kategorie „im Ausland erworbener Abschluss, der nicht zuordenbar ist“ gemeldet wurden, ist die Berechnung einer Lösungsquote derzeit nicht sinnvoll (vgl. hierzu http://www.bibb.de/dokumente/pdf/a21_dazubi_daten.pdf).
Lösungsquoten in Ausbildungsberufen
Die Lösungsquoten variieren auch deutlich zwischen den einzelnen Ausbildungsberufen Tabelle A4.7-2. Betrachtet man die Berufe155 mit den jeweils höchsten und niedrigsten Lösungsquoten, ergeben sich weitgehend übereinstimmende Ergebnisse gegenüber den Vorjahren. Unter den Berufen mit sehr hohen Lösungsquoten von 40 % bis 48 % sind vor allem die Berufe des Hotel- und Gaststättengewerbes (Restaurantfachmann / -fachfrau, Koch / Köchin, Fachkraft im Gastgewerbe, Fachmann / Fachfrau für Systemgastronomie) sowie weitere primäre Dienstleistungsberufe156 (Servicekraft für Schutz und Sicherheit sowie Fachkraft für Schutz und Sicherheit, Gerüstbauer / -in, Berufskraftfahrer / -in und Fachkraft für Möbel-, Küchenund Umzugsservice, Friseur / -in) vertreten. Dagegen weisen neben den Ausbildungsberufen des Zuständigkeitsbereichs öffentlicher Dienst (Verwaltungsfachangestellte / -r, Justizfachangestellte / -r und Fachangestellte / -r für Medien- und Informationsdienste) vor allem sekundäre Dienstleistungsberufe (Kaufmann / Kauffrau für Verkehrsservice, Bankkaufmann / -kauffrau, Schifffahrtskaufmann / -kauffrau) mit 3 % bis 7 % sehr niedrige Lösungsquoten auf. Aber auch bei einigen Produktionsberufen war der Anteil vorzeitig gelöster Ausbildungsverträge sehr gering. Unter die 10 Berufe mit den geringsten Lösungsquoten fallen auch die Produktionsberufe Elektroniker / -in für Automatisierungstechnik, Fluggerätmechaniker / -in sowie Verfahrensmechaniker / -in in der Hütten- und Halbzeugindustrie. Auch der Landwirtschaftsberuf Forstwirt / -in weist mit 5,5 % eine sehr geringe Lösungsquote auf.
Betrachtet man die 20 am stärksten besetzten Ausbildungsberufe des dualen Systems Tabelle A4.7-3, die zusammen mehr als die Hälfte aller neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge umfassen, so zeigt sich auch hier die große Bandbreite an Lösungsquoten von 6 % bis 46 %. Seit der Revision der Berufsbildungsstatistik ist eine Differenzierung von Lösungen und Lösungsquoten nach allen erfassten Merkmalen der Berufsbildungsstatistik möglich. Erstmals lassen sich damit neben berufsspezifischen und regionalen Lösungsquoten auch personengruppenspezifische Quoten berechnen. Zudem können multivariate Zusammenhänge zwischen verschiedenen berufs-, personenbezogenen und regionalen Variablen einerseits sowie der „Lösungswahrscheinlichkeit“ andererseits betrachtet werden.
Tabelle A4.7-2: Ausbildungsberufe1 mit den höchsten und niedrigsten Vertragslösungsquoten in %2, Bundesgebiet 2010
Tabelle A4.7-2 (barrierefrei)
Lösungsquoten nach Geschlecht und Staatsangehörigkeit
In den meisten der 20 am stärksten besetzten Ausbildungsberufe ist zwar die Lösungsquote der Verträge von Frauen geringer als die der Männer Tabelle A4.7-3. Im Gesamtdurchschnitt zeigt sich jedoch – wie auch nach der näherungsweisen Berechnung früherer Berichtsjahre – auch im Berichtsjahr 2010, dass die Lösungsquote der mit Frauen abgeschlossenen Ausbildungsverträge mit durchschnittlich 23,6 % insgesamt etwas höher ausfällt als die der Männer (22,6 %) Tabelle A4.7-4. Bei den Frauen finden die Lösungen häufiger zu einem früheren Zeitpunkt statt (während der Probezeit bzw. im ersten Jahr nach Ausbildungsbeginn) als bei den Männern. Höhere Lösungsquoten der Frauen ergeben sich in den Zuständigkeitsbereichen Industrie und Handel sowie insbesondere in der Landwirtschaft und im Handwerk. In den Ausbildungsberufen der Hauswirtschaft, der freien Berufe und des öffentlichen Dienstes fallen die Lösungsquoten der Frauen niedriger aus als die der Männer. Auffallend ist, dass die Lösungsquoten der Frauen in jenen Zuständigkeitsbereichen besonders hoch ausfallen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind; umgekehrt fallen die Lösungsquoten der Männer in den Zuständigkeitsbereichen vergleichsweise hoch aus, in denen der Männeranteil an den Auszubildenden geringer ist.157
Deutliche Unterschiede in den Lösungsquoten zeigen sich auch bei den Verträgen der Auszubildenden mit deutscher und ausländischer Staatsangehörigkeit Tabelle A4.7-4. Von den Ausbildungsverträgen der ausländischen Auszubildenden werden im Durchschnitt 29,2 % vorzeitig gelöst, von den Ausbildungsverträgen der Auszubildenden mit deutschem Pass nur 22,6 %; höhere Lösungsquoten bei den ausländischen Auszubildenden ergeben sich in nahezu allen Zuständigkeitsbereichen; Ausnahme ist der Zuständigkeitsbereich öffentlicher Dienst, in diesen dualen Berufen befindet sich allerdings nur ein sehr geringer Anteil an ausländischen Jugendlichen in Ausbildung. Die Abstände fallen in der Landwirtschaft, in Industrie und Handel sowie im Handwerk am höchsten aus. Bei den freien Berufen fällt der Abstand der Lösungsquoten von Ausbildungsverträgen mit ausländischen und deutschen Jugendlichen nur gering aus. Auch bei den 20 am stärksten besetzten Ausbildungsberufen des dualen Systems ergeben sich in nahezu allen dieser Berufe größere Lösungsquoten bei den Ausbildungsverträgen ausländischer Auszubildender Tabelle A4.7-3. Teilweise sind die Unterschiede in den Lösungsquoten zwischen deutschen und ausländischen Auszubildenden auch auf Unterschiede hinsichtlich des höchsten allgemeinbildenden Schulabschlusses zurückzuführen.
Tabelle A4.7-3: Vertragslösungsquote (in %)1 in den 20 am stärksten besetzten dualen Ausbildungsberufen, Bundesgebiet 2010
Tabelle A4.7-3 (barrierefrei)
Lösungsquoten nach allgemeinbildendem Schulabschluss
Bei der Betrachtung der Lösungsquoten nach dem zuvor erworbenen allgemeinbildenden Schulabschluss Tabelle A4.7-4 zeigt sich deutlich, dass die Lösungsquote umso höher ausfällt, je niedriger der allgemeinbildende Schulabschluss der Auszubildenden ist (vgl. Kapitel A4.6.2). So weisen Auszubildende ohne Hauptschulabschluss mit 37,4 % eine nahezu dreimal höhere Lösungsquote auf als Studienberechtigte (13,2 %). Bei den Verträgen der Auszubildenden mit Hauptschulabschluss beträgt die Lösungsquote 32,2 %, die Verträge von Auszubildenden mit Realschulabschluss werden zu 20,2 % vorzeitig gelöst. Diese Rangfolge der Abschlussgruppen ergibt sich in fast allen Zuständigkeitsbereichen; lediglich in den Ausbildungsberufen der Hauswirtschaft fällt die Lösungsquote bei den Ausbildungsverträgen der Studienberechtigten höher aus als die der Auszubildenden mit Realschulabschluss.
Obwohl die Lösungsquoten im Zuständigkeitsbereich Industrie und Handel insgesamt leicht unterdurchschnittlich ausfallen, ergeben sich hier bei den Verträgen der Auszubildenden mit maximal Hauptschulabschluss sogar etwas höhere Quoten als im Zuständigkeitsbereich Handwerk. Für die Ausbildungsverträge der Jugendlichen mit mindestens Realschulabschluss gilt jedoch, dass die Lösungsquoten jeweils im Handwerk und in den freien Berufen am höchsten ausfallen. In den Ausbildungsberufen des öffentlichen Dienstes fallen die Lösungsquoten in allen Schulabschlussgruppen deutlich unterdurchschnittlich aus.
Insgesamt ist bei all diesen bivariaten Befunden jedoch zu beachten, dass eine höhere Lösungsquote bei einer bestimmten Personengruppe nicht bedeutet, dass diese Personen in stärkerem Maße Verträge lösen, die Ausbildung oder den Ausbildungsbetrieb wechseln oder gar gänzlich die Berufsausbildung abbrechen. Ebenso wenig kann man schlussfolgern, dass Ausbildungsbetriebe grundsätzlich eher die Ausbildungsverträge mit diesen Jugendlichen lösen. Zum einen erfasst die Berufsbildungsstatistik nicht, von welcher Seite der Vertragspartner die Lösung ausging und was der Grund für die Lösung war. Zum anderen sind die Zusammenhänge komplex. Lösungen können bei einer Personengruppe hoch ausfallen, weil sie stärker in Ausbildungsberufen, Betrieben oder Regionen mit hohen Lösungsquoten zu finden sind. Zum anderen können die Lösungsquoten in Berufen höher oder niedriger ausfallen, weil Personen mit geringerer Lösungswahrscheinlichkeit in diesen Berufen zu finden sind oder weil sie in Betrieben, Branchen oder Regionen mit geringeren Lösungsquoten vorzufinden sind.
Zur Klärung dieser komplexen Zusammenhänge, die zu höheren oder niedrigeren Vertragslösungsquoten führen, besteht noch ein erheblicher Forschungsbedarf (vgl. Jasper u. a. 2009). Teilweise sind hierzu Forschungsprojekte mit eigenen Datenerhebungen zu den spezifischen Fragestellungen (Primärerhebungen) erforderlich. Teilweise können nun – nach verbesserter Datenlage – die Individualdaten der Berufsbildungsstatistik ausgewertet werden. Erste multivariate Zusammenhangsanalysen auf Basis des Kohortendatensatzes der Anfänger / -innen des Berichtsjahres 2008158 bestätigen eine höhere relative Lösungswahrscheinlichkeit („Odds“) innerhalb der ersten 24 Monate nach Ausbildungsbeginn bei Ausbildungsverträgen von Auszubildenden mit maximal Hauptschulabschluss, in Handwerksberufen, bei überwiegend öffentlich finanzierten Ausbildungsverträgen, bei Ausbildungsverträgen von Frauen sowie von ausländischen Auszubildenden, in primären Dienstleistungsberufen sowie in geringem Maße in den freien Berufen; die Variablen sind hier in der Reihenfolge einer abnehmenden Effektstärke sortiert. In diesen Modellen wurden verschiedene berufs-, personenbezogene und regionale Variablen aufgenommen, sodass die soeben genannten Effekte unter Kontrolle aller aufgenommenen Variablen bestätigt sind. Die Einflussgröße der Staatsangehörigkeit (Effektkoeffizient) geht im multivariaten Modell im Vergleich zum bivariaten Modell jedoch stark zurück.
Neben der Höhe der Lösungsquote kann auf Basis der Individualdaten auch der zeitliche Verlauf des Lösungsgeschehens genauer analysiert werden. Zum einen können die Lösungen des aktuellen Berichtsjahres nach der Zeitdauer, mit der der Beginn des Ausbildungsvertrages zurückliegt, differenziert werden. Zum anderen kann auf Basis des soeben angesprochenen Kohortendatensatzes der Anfänger / -innen des Jahres 2008 monatsgenau das Lösungsgeschehen nach Ausbildungsbeginn betrachtet werden. Im Folgenden werden die Befunde dieser Analysen dargestellt.
Tabelle A4.7-4: Vertragslösungsquoten (LQneu in %)1 nach Personenmerkmalen und Zuständigkeitsbereichen2, Bundesgebiet 2010
Tabelle A4.7-4 (barrierefrei)
Lösungsgeschehen im Zeitverlauf
Betrachtet man den Anteil der Lösungen an allen Lösungen differenziert nach der Dauer seit Beginn des Ausbildungsvertrages (hierbei handelt es sich nicht um Vertragslösungsquoten) Tabelle A4.7-5, so zeigt sich, dass der größte Teil der gelösten Ausbildungsverträge des Berichtsjahres 2010 Lösungen waren, die innerhalb des ersten Jahres nach Beginn des Ausbildungsvertrages erfolgten.159 62,7 % aller Vertragslösungen fielen 2010 in den Zeitraum der ersten 12 Monate nach Vertragsbeginn, 32 % wurden noch während der ersten 4 Monate (Probezeit) gelöst und 30,7 % zwischen dem fünften und zwölften Monat. Auch in das zweite Jahr nach Vertragsbeginn fällt mit 26,0 % noch ein großer Anteil der Lösungen; bei 11,3 % der Lösungen lag der Vertragsbeginn weiter als 24 Monate zurück. Im Zuständigkeitsbereich freie Berufe finden die Lösungen überproportional häufig in der Probezeit statt (43,2 %). In den Ausbildungsberufen der Hauswirtschaft treten Lösungen noch in vergleichsweise starkem Maße zu späteren Zeitpunkten der Ausbildung auf; 21,6 % der Lösungen erfolgten später als 2 Jahre nach Beginn des Ausbildungsvertrages.
Die soeben beschriebenen Anteile ergeben sich bei der Betrachtung der gemeldeten Vertragslösungen des Berichtsjahres 2010. Will man den zeitlichen Ablauf des Vertragslösungsgeschehens analysieren, so ist aufgrund methodischer Überlegungen eine andere Vorgehensweise zu präferieren, nämlich die Betrachtung einer Anfängerkohorte. Für diese Kohorte kann der Anteil gelöster Verträge nach Beginn des Ausbildungsvertrages im Zeitverlauf betrachtet werden. Auf Basis der Individualdaten der Berufsbildungsstatistik können solche Datensätze aus den Meldungen verschiedener Berichtsjahre gebildet werden (obwohl die Meldungen der verschiedenen Berichtsjahre für die einzelnen Auszubildenden nicht verknüpft werden können). Eine ausführliche Erläuterung der Konstruktion und Analyse dieses Kohortendatensatzes findet man in Uhly (2012). Derzeit kann auf Basis der Berufsbildungsstatistik der Berichtsjahre 2008 bis 2010 erstmals für die Anfängerkohorte 2008 ein solcher Datensatz gebildet werden, der es erlaubt, die Vertragslösungen innerhalb der ersten 24 Monate nach Vertragsbeginn monatsgenau zu betrachten.
Schaubild A4.7-1 zeigt für verschiedene Berufsund Personengruppen unterschiedliche Lösungsverläufe der Anfängerkohorte 2008 in den ersten 24 Monaten nach Ausbildungsbeginn. Hierbei ist erkennbar, dass sich die Lösungsquoten nicht nur in der Höhe unterscheiden, sondern auch im Verlauf. In den ersten 4 Monaten verläuft der Anstieg des Anteils gelöster Verträge insgesamt steiler und flacht nach der Probezeit ab. Im Zuständigkeitsbereich öffentlicher Dienst verläuft die Kurve gelöster Verträge auch schon in den ersten 4 Monaten sehr flach, d. h., dass in den Berufen des öffentlichen Dienstes auch in der Probezeit ein relativ geringer Anteil an Ausbildungsverträgen vorzeitig gelöst wird. Bei den dualen Ausbildungsberufen der freien Berufe ist der Anteil der gelösten Verträge in den ersten 4 Monaten relativ hoch, danach flacht die Kurve deutlich ab, d. h., der je Monat hinzukommende Anteil an gelösten Verträgen nimmt dort nach der Probezeit deutlich ab. In den freien Berufen ist der Anteil gelöster Verträge in den ersten Monaten im Vergleich zu den Berufen der anderen Zuständigkeitsbereiche am höchsten, 24 Monate nach Ausbildungsbeginn fällt der Anteil der vorzeitig gelösten Verträge in den Ausbildungsberufen der freien Berufe (17,6 %) jedoch geringer aus als in den Zuständigkeitsbereichen Industrie und Handel (18,4 %) sowie Handwerk (23,6 %).
Gruppiert man die dualen Ausbildungsberufe in Produktions- und Dienstleistungsberufe (zu dieser Berufsgruppierung vgl. Kapitel A4.4), so zeigt sich, dass der Anteil gelöster Ausbildungsverträge innerhalb der Probezeit in den primären Dienstleistungsberufen (also in den Berufen mit den Tätigkeitsschwerpunkten: Handels- und Bürotätigkeiten sowie allgemeine Dienste wie Reinigen, Bewirten, Lagern, Transportieren) besonders stark ansteigt. In diesem Zeitraum liegen die beiden Kurven gelöster Verträge in den Produktionsberufen und in den sekundären Dienstleistungsberufen (den sogenannten Wissensberufen) dicht beieinander, erst nach der Probezeit flacht die Kurve für die sekundären Dienstleistungsberufe stärker ab, sodass sie nach dem sechsten Monat unterhalb der Lösungskurve der Produktionsberufe liegt. 24 Monate nach Ausbildungsbeginn ist die Lösungsquote in den 3 Berufsgruppen deutlich auseinandergedriftet und reicht von 23,3 % in den primären Dienstleistungsberufen bis hin zu 14,3 % in den sekundären Dienstleistungsberufen, in den Produktionsberufen liegt sie mit 18,5 % dazwischen.
Die Lösungskurve der Ausbildungsverträge von Frauen steigt innerhalb der Probezeit in etwas stärkerem Maße an als die der Männer; danach verlaufen die Kurven nahezu parallel, wobei die Kurve der Frauen oberhalb der Kurve der Männer liegt. Deutlicher unterscheiden sich die Lösungsverläufe, wenn man die Auszubildenden nach dem zuvor erzielten allgemeinbildenden Schulabschluss gruppiert. In allen Vorbildungsgruppen steigt der Anteil vorzeitig gelöster Verträge innerhalb der Probezeit im Vergleich zu den späteren Monaten relativ stark an. Bei den Auszubildenden mit höheren Schulabschlüssen fällt der Anstieg jedoch geringer aus als bei den Auszubildenden mit maximal Hauptschulabschluss. Hinsichtlich des Lösungsverlaufs nach der Probezeit zeigt sich, dass bei den Verträgen der Auszubildenden ohne Hauptschulabschluss der monatliche Zuwachs an gelösten Verträgen auch nach der Probezeit noch sehr hoch bleibt. Innerhalb der ersten 24 Monate driften die Lösungsquoten der Vorbildungsgruppen deutlich auseinander. 2 Jahre nach Ausbildungsbeginn sind nur 11,4 % der Verträge der Studienberechtigten gelöst; bei den Auszubildenden ohne Hauptschulabschluss sind es 30,0 %.160
Da auf Basis eines Kohortendatensatzes die aktuellen Ausbildungsanfänger / -innen noch nicht betrachtet werden können und auch für die gesamte Anfängerkohorte 2008 bislang nur 24 Monate des Ausbildungsverlaufs und nicht die volle Vertragsdauer beobachtbar sind, berechnet das BIBB auch weiterhin die oben dargestellten Lösungsquoten nach dem Schichtenmodell. Analysen auf Basis des Kohortendatensatzes stehen noch in den Anfängen und werden künftig weiter ausgebaut. Hinsichtlich der Vertragslösungen haben sich die Analysemöglichkeiten der Berufsbildungsstatistik erheblich erweitert. Als Totalerhebung bietet die Berufsbildungsstatistik umfassendes Datenmaterial, das bis zur Ebene der Einzelberufe und auch in tiefer regionaler Gliederung analysiert werden kann. Will man allerdings Kausalzusammenhänge oder gar der Frage nach den Ursachen für Vertragslösungen nachgehen, liegt eine erhebliche Beschränkung allein schon deshalb vor, weil die Berufsbildungsstatistik nicht erhebt, von welcher Seite die Lösung initiiert wurde oder was der Grund für die Vertragslösung war. Die Möglichkeiten zu multivariaten Analysen sind durch die fehlende Möglichkeit der Differenzierung verschiedener Vertragslösungsarten nur eingeschränkt möglich. Deshalb sind trotz der erweiterten Analysemöglichkeiten auf Basis der Individualdaten der Berufsbildungsstatistik zusätzliche Datenerhebungen zu Vertragslösungen und Ausbildungsabbruch dringend erforderlich.
(Alexandra Uhly)
Tabelle A4.7-5: Vorzeitige Vertragslösungen nach Zuständigkeitsbereichen1 und Zeitpunkt der Lösung2 (absolut und in %3), Bundesgebiet 2010
Tabelle A4.7-5 (barrierefrei)
Schaubild A4.7-1: Vertragslösungen der Anfängerkohorte 2008 in den ersten 24 Monaten nach Ausbildungsbeginn (kumulierter Anteil der gelösten Verträge in %)
Schaubild A4.7-1 (barrierefrei)