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DATENREPORT ZUM BERUFSBILDUNGSBERICHT 2012

A
A Indikatoren zur beruflichen Ausbildung

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A4.10.4 Betriebliche Ausbildungsbeteiligung, unbesetzte Ausbildungsplätze und Fachkräftebedarf - Ergebnisse aus dem BIBB-Qualifizierungspanel

In einer Vielzahl empirischer Studien (z. B. Bellmann / Hartung 2005; Gericke / Krupp / Troltsch 2009; Zika / Helmrich 2011; Fuchs / Söhnlein / Weber 2011; Deutscher Industrie- und Handelskammertag 2012; Ausbildungspakt 2012; Deutscher Gewerkschaftsbund 2012) wird seit Jahren auf die zunehmenden Probleme von Betrieben verwiesen, qualifizierte Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt zu rekrutieren und Jugendliche für eine Ausbildung im eigenen Betrieb zu gewinnen. Als primäre Gründe werden bei Schwierigkeiten auf dem Ausbildungsstellenmarkt insbesondere der demografische Wandel und sinkende Schulabsolventenzahlen193 genannt. Bei Problemen auf dem Arbeitsmarkt wird angesichts des Beschäftigungs- und Wirtschaftswachstums vor allem auf den Mangel an qualifizierten Fachkräften hingewiesen.

Im Folgenden wird auf Grundlage des BIBB-Qualifizierungspanels untersucht, welche Betriebe bei der Deckung ihres Fachkräftebedarfs und bei der Besetzung ihrer Ausbildungsstellen besondere Probleme hatten und ob sich die betriebliche Ausbildungsbeteiligung als Folge dieser Schwierigkeiten mittelfristig verändern könnte. Ausgegangen wird in diesem Zusammenhang von der Vermutung, dass Betriebe aufgrund von Schwierigkeiten bei der Besetzung ihrer Ausbildungsstellen verstärkt aus der Ausbildung aussteigen.194 In der Folge würde die betriebliche Ausbildungsbeteiligung in den nächsten Jahren weiter zurückgehen (vgl. Kapitel A4.10.1).

E BIBB-Qualifizierungspanel195

Das BIBB-Betriebspanel zu Qualifizierung und Kompetenzentwicklung ist eine jährliche Wiederholungsbefragung, mit der repräsentative Längsschnittdaten zum Qualifizierungsgeschehen von Betrieben in Deutschland erhoben werden. Das BIBB-Qualifizierungspanel wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert und vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Zusammenarbeit mit TNS Infratest Sozialforschung durchgeführt.

Bei der ersten Erhebungswelle im Frühjahr 2011 nahmen über 2.000 Betriebe teil. Dies entspricht einer Ausschöpfungsquote von 30 %. Die Auswahl der Betriebe erfolgte über eine disproportional geschichtete Zufallsstichprobe aus der Grundgesamtheit aller Betriebe mit mindestens einem sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Die Betriebsadressen wurden von der Bundesagentur für Arbeit (BA) und vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) zur Verfügung gestellt. Die Daten werden über computergestützte persönlich-mündliche Interviews (CAPI) vom Interviewerstab von TNS Infratest Sozialforschung erhoben.

Zur Untersuchung der aktuellen Situation von Betrieben, die Ausbildungs- und Arbeitsstellen für externe Arbeitskräfte angeboten haben und bei denen Probleme mit der Besetzung aufgetreten sind, werden im Folgenden 4 Indikatoren verwendet und nach ausgewählten Strukturmerkmalen dargestellt. Bei diesen Indikatoren handelt es sich um den

  • Anteil an Betrieben mit Ausbildungsstellenangeboten,
  • Anteil an Betrieben mit unbesetzten Ausbildungsstellen,
  • Anteil an Betrieben mit Arbeitsstellenangeboten,
  • Anteil an Betrieben mit unbesetzten Arbeitsstellen.

E Verwendete Indikatoren

Anteil an Betrieben mit Ausbildungsstellenangeboten

Anteil von Betrieben mit Ausbildungsstellenangeboten für das Ausbildungsjahr 2011 / 2012 an allen Ausbildungsbetrieben, d. h. Betrieben, die zum Stichtag Auszubildende beschäftigten.

Anteil an Betrieben mit unbesetzten Ausbildungsstellen

Anteil von Betrieben mit unbesetzten Ausbildungsstellen an allen Betrieben mit neuen Ausbildungsstellenangeboten für das Ausbildungsjahr 2011 / 2012.

Anteil an Betrieben mit Stellenangeboten

Anteil von Betrieben, die im Kalenderjahr 2010 Arbeitsstellen für Mitarbeiter angeboten haben, an allen Betrieben.

Anteil an Betrieben mit unbesetzten Arbeitsstellen

Anteil von Betrieben, die im Kalenderjahr 2010 Arbeitsstellen nicht besetzen konnten, an allen Betrieben, die Arbeitsstellen in diesem Zeitraum angeboten haben.

Strukturmerkmale von Betrieben mit Angeboten an Ausbildungsstellen

Im Durchschnitt bildet zum Stichtag 31. Dezember 2010 mit 23,8 % knapp jeder vierte der befragten Betriebe Jugendliche im eigenen Betrieb aus. Dies entspricht in etwa der Ausbildungsbetriebsquote in Höhe von 22,5 %, die im Dezember 2010 für die Gesamtheit aller Betriebe mit sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland gemessen wurde (vgl. Kapitel A4.10.1, Tabellen 1–18 im Internet).

Von den ausbildenden Betrieben haben insgesamt 53,0 % für das Ausbildungsjahr 2010 / 2011 Ausbildungsstellen nach BBiG oder HwO angeboten Schaubild A4.10.4-1. Auch von den zum Stichtag nicht ausbildenden Betrieben – worunter auch ehemals ausbildende Betriebe fallen, die nach eigenen Angaben in den letzten 5 Jahren Jugendliche ausgebildet haben – versuchen insgesamt 8,0 % erstmalig oder wieder in die Ausbildung Jugendlicher einzusteigen.196

Bei den Ausbildungsbetrieben zeigen sich im Ausbildungsstellenangebot keine besonderen Unterschiede zwischen alten und neuen Ländern. Im Osten liegt der Anteil von Ausbildungsbetrieben mit neuen Ausbildungsstellenangeboten für das Ausbildungsjahr 2010 / 2011 bei 50,8 % und somit auf einem Niveau wie im Westen, wo im Jahr 2010 mit durchschnittlich 53,4 % ebenfalls jeder zweite ausbildende Betrieb mit sozialversicherungspflichtig Beschäftigten Ausbildungsstellen für Jugendliche angeboten hat.

Nach Wirtschaftssektoren betrachtet bieten vor allem Ausbildungsbetriebe aus dem Bereich der sonstigen Dienstleistungen mit 59,4 % weit überdurchschnittlich viele Ausbildungsstellen an. Demgegenüber liegen die Prozentanteile im produzierenden bzw. verarbeitenden Gewerbe und im Handels- bzw. Reparaturgewerbe relativ nahe am Durchschnitt. Bei Betrieben mit unternehmensnahen Dienstleistungen und im Bereich öffentliche Verwaltung, Erziehung und Unterricht ergeben sich Angebotsquoten von 49,7 % und 50,8 %.

E Klassifikation der Wirtschaftssektoren im BIBB-Qualifizierungspanel

  • Produzierendes und verarbeitendes Gewerbe (Land- / Forstwirtschaft, Bergbau, Energie- / Wasserversorgung, Abfallwirtschaft, verarbeitendes Gewerbe, Baugewerbe)
  • Handel und Reparatur (Kfz-Handel, Groß- / Einzelhandel)
  • Unternehmensnahe Dienstleistungen (Finanz- / Versicherungsdienstleistungen, wirtschaftliche, wissenschaftliche und freiberufliche Dienstleistungen)
  • Sonstige Dienstleistungen (Verkehrs- / Lagergewerbe, Informations- / Kommunikationsgewerbe, Beherbergungs- / Gastronomiegewerbe)
  • Öffentliche Verwaltung, Erziehung, Unterricht (Gesundheits- / Sozialwesen, Organisationen ohne Erwerbscharakter)

Die deutlichsten Unterschiede zwischen den Betrieben zeigen sich, wenn nach Betriebsgrößenklassen unterschieden wird: Mit steigender Betriebsgröße nimmt der Anteil an Ausbildungsbetrieben mit Neuangeboten an Ausbildungsstellen deutlich zu: von 45,2 % bei den Kleinstbetrieben mit bis zu 19 Beschäftigten bis hin zu 91,2 % bei den Großbetrieben mit 200 und mehr Beschäftigten. Auch nach der Kammerzugehörigkeit zeigt sich ein unterschiedliches Angebotsverhalten: 56,6 % der Ausbildungsbetriebe mit einer IHK-Mitgliedschaft stellen Ausbildungsstellen zur Verfügung, bei den ausbildenden Betrieben mit einer Zugehörigkeit zur Handwerkskammer sind dies 50,7 %. Den geringsten Anteil an Neuangeboten bieten mit 39,6 % Betriebe, die Mitglied in einer sonstigen Kammer der freien Berufe, einer Landwirtschaftskammer o. a. sind.

Schaubild A4.10.4-1: Anteil an Ausbildungsbetrieben mit Angebot an Ausbildungsstellen für das Ausbildungsjahr 2010 / 2011 an allen Ausbildungsbetrieben nach ausgewählten Strukturmerkmalen (in %)
Schaubild A4.10.4-1 (barrierefrei)


Schaubild A4.10.4-1: Anteil an Ausbildungsbetrieben mit Angebot an Ausbildungsstellen für das Ausbildungsjahr 2010 / 2011 an allen Ausbildungsbetrieben nach ausgewählten Strukturmerkmalen (in %)

Strukturmerkmale von ausbildenden Betrieben mit unbesetzten Ausbildungsstellen

Von den Ausbildungsbetrieben mit Ausbildungsangeboten konnte mit 34,8 % jeder dritte Betrieb seine neu angebotenen Ausbildungsstellen teilweise oder vollständig nicht besetzen Schaubild A4.10.4-2.197 Dieser Anteil an Betrieben mit unbesetzten Ausbildungsstellen beträgt im Osten Deutschlands 48,1 %, während in den alten Bundesländern nur 32,7 % der Betriebe Schwierigkeiten bei der Besetzung der Ausbildungsstellen hatten.198 Bei der Besetzung von Ausbildungsstellen zeichnet sich nach Wirtschaftsbereichen ein sehr heterogenes Bild ab: Während das produzierende und verarbeitende Gewerbe sowie das Handels- und Reparaturgewerbe auf durchschnittliche Anteile kommen, sieht es bei den unternehmensnahen Dienstleistungsbetrieben und bei Behörden und Betrieben aus dem Bereich öffentliche Verwaltung, Erziehung und Unterricht deutlich besser aus. Hier können nur 22,2 % bzw. 25,3 % der ausbildenden Betriebe ihre angebotenen Stellen nicht vollständig mit Ausbildungsstellenbewerbern besetzen. Die größten Probleme entstehen für Betriebe aus dem Bereich der sonstigen Dienstleistungen, bei denen zu 44,4 % Rekrutierungsprobleme bestehen.

Der Anteil derjenigen Ausbildungsbetriebe, die Probleme mit der Besetzung von Ausbildungsstellen haben, sinkt mit steigender Betriebsgröße: Bei Großbetrieben mit 200 und mehr Beschäftigten beträgt beispielsweise der Anteil von Betrieben mit unbesetzten Ausbildungsstellen nur 19,0 %, während er bei den Kleinstbetrieben bei 40,1 % liegt. Damit bestehen vor allem bei Kleinstbetrieben mit bis zu 19 Beschäftigten besondere Probleme, ihre Ausbildungsangebote vollständig zu besetzen.

Dies spiegelt sich auch bei der Kammerzugehörigkeit der Betriebe wider. Hier zeigen sich zwischen Handwerks- und IHK-Bereich sehr unterschiedliche Erfolgschancen bei der Besetzung ihrer Ausbildungsstellen. Handwerksbetriebe haben mit einem Anteil von 43,5 % deutlich größere Schwierigkeiten, Ausbildungsstellen zu besetzen, Industrie- und Handelsunternehmen liegen bei 31,0 %.

Schaubild A4.10.4-2: Anteil an Ausbildungsbetrieben mit unbesetzten Ausbildungsstellen an allen Betrieben mit Ausbildungsstellenangeboten für das Ausbildungsjahr 2010 / 2011 nach ausgewählten Strukturmerkmalen (in %)
Schaubild A4.10.4-2 (barrierefrei)


Schaubild A4.10.4-2: Anteil an Ausbildungsbetrieben mit unbesetzten Ausbildungsstellen an allen Betrieben mit Ausbildungsstellenangeboten für das Ausbildungsjahr 2010 / 2011 nach ausgewählten Strukturmerkmalen (in %)

Strukturmerkmale von Betrieben mit Arbeitsstellenangeboten

Von den insgesamt über 2 Mio. Betrieben, die in Deutschland im Jahr 2010 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse an die Rentenversicherungsträger zum Stichtag 31. Dezember gemeldet haben, sucht im Verlauf des Jahres 2010 mit insgesamt 50,3 % die Hälfte aller Betriebe nach geeigneten Fach- und Arbeitskräften, wobei ostdeutsche Betriebe mit 37,6 % deutlich weniger Neueinstellungen vornehmen wollen bzw. können als westdeutsche Unternehmen, von denen mit 53,6 % über die Hälfte der Betriebe nach einem oder mehreren geeigneten Arbeitskräften sucht Schaubild A4.10.4-3. Besonders das produzierende und verarbeitende Gewerbe sowie die öffentliche Verwaltung, worunter auch das Gesundheits- und Sozialwesen gezählt wird, zeichnen sich durch einen hohen Bedarf an Fach- und Arbeitskräften aus (55,9 % bzw. 61,0 %). Alle anderen Wirtschaftsbereiche liegen etwas unter dem Durchschnitt. Je größer der Betrieb, desto höher wird der Anteil an Betrieben, die offene Stellen zu besetzen hatten. Von den Großbetrieben sind dies z. B. 9 von 10 Betrieben.

Schaubild A4.10.4-3: Anteil an Betrieben mit Angebot an Arbeitsstellen im Jahr 2010 an allen Betrieben nach ausgewählten Strukturmerkmalen (in %)
Schaubild A4.10.4-3 (barrierefrei)


Schaubild A4.10.4-3: Anteil an Betrieben mit Angebot an Arbeitsstellen im Jahr 2010 an allen Betrieben nach ausgewählten Strukturmerkmalen (in %)

Strukturmerkmale von Betrieben mit Problemen bei der Besetzung von Arbeitsstellen

Im Durchschnitt fallen Probleme bei der Besetzung von Arbeitsstellen mit Arbeits- oder Fachkräften199 deutlich niedriger aus als bei der Besetzung von Ausbildungsstellen Schaubild A4.10.4-4. Jeder dritte Betrieb findet keine oder nicht ausreichend qualifizierte Arbeitskräfte auf dem freien Arbeitsmarkt. Betriebe mit diesen Problemen bei der Rekrutierung erreichen dabei einen durchschnittlichen Anteil von 32,1 %, in Ost- und Westdeutschland vergleichbar hoch.

Vor allem Betriebe aus dem produzierenden bzw. verarbeitenden Gewerbe und Betriebe mit unternehmensnahen Dienstleistungen suchen mit 43,7 % bzw. 42,9 % zum Teil vergeblich nach Arbeitskräften, um alle angebotenen Arbeitsstellen besetzen zu können. In den anderen Wirtschaftssektoren – und hier vor allem im Bereich der öffentlichen Verwaltung, Erziehung, Unterricht sowie im Handel bzw. Reparaturgewerbe – fallen Probleme bei der Personalrekrutierung deutlich unterdurchschnittlich aus. Unter den Groß- und Kleinstbetrieben versucht nach eigenen Angaben fast jeder dritte Betrieb vergeblich, sein Neuangebot an Arbeitsstellen vollständig zu besetzen. Besonders betroffen sind zudem Handwerksbetriebe, die mit 40,7 % weit über dem allgemeinen Durchschnitt liegen.

Schaubild A4.10.4-4: Anteil an Betrieben mit unbesetzten Arbeitsstellen im Jahr 2010 an allen Betrieben nach ausgewählten Strukturmerkmalen (in %)
Schaubild A4.10.4-4 (barrierefrei)


Schaubild A4.10.4-4: Anteil an Betrieben mit unbesetzten Arbeitsstellen im Jahr 2010 an allen Betrieben nach ausgewählten Strukturmerkmalen (in %)

Zusammenhang zwischen den Problemen bei der Besetzung von Ausbildungs- und Arbeitsstellen

Aufgrund der derzeitigen Auswertungsmöglichkeiten des BIBB-Qualifizierungspanels kann noch nicht eindeutig geklärt werden, in welchem Zusammenhang die beiden Rekrutierungsstrategien – Besetzung von Stellen durch externes Personal und betriebsinterne Ausbildung – stehen, da es sich bei der ersten Befragungswelle des BIBB-Qualifizierungspanels um eine erste Querschnitterhebung handelt und erst in den nächsten Jahren genaue Aussagen darüber getroffen werden können, wie Betriebe ihre Rekrutierungsstrategien aufeinander abstimmen und welche Konsequenzen sie beispielsweise bei Besetzungsproblemen im Ausbildungsbereich für die Personalbeschaffung ziehen.

Um dennoch Aussagen darüber treffen zu können, in welchen Bereichen Betriebe derzeit unter einem höheren Problemdruck stehen, kann der Quotient aus den Anteilen an Betrieben mit Problemen bei der Besetzung von Ausbildungs- und Arbeitsstellen herangezogen werden . Dadurch erhält man ein relatives Maß für das Verhältnis der Rekrutierungsprobleme. Daran gemessen ergeben sich bei ostdeutschen Betrieben, bei Kleinstbetrieben bzw. kleineren mittelständischen Unternehmen und vor allem bei den Betrieben aus den Wirtschaftsbereichen Handel und Reparatur, sonstige Dienstleistungen und öffentliche Verwaltung überdurchschnittliche Probleme bei der Besetzung ihrer Ausbildungsstellen Schaubild A4.10.4-5. Hier liegen die Quotienten um bis zu zweifach höher als im Durchschnitt. Dies ist ein Zeichen dafür, dass es im Vergleich zur Besetzung von Arbeitsstellen und bei der Deckung des Arbeits- und Fachkräftebedarfs mehr Probleme bei der Suche nach Ausbildungsstellenbewerbern gibt. Probleme, auf dem freien Arbeitsmarkt im Vergleich zur Ausbildung entsprechend qualifizierte Arbeitsund Fachkräfte zu finden, bestehen nach Angaben der Betriebe eher bei größeren mittelständischen Betrieben und bei Großunternehmen, generell aber auch im produzierenden und verarbeitenden Gewerbe, deren Quotienten zum Teil deutlich unter dem Durchschnitt liegen und eher für vergleichsweise hohe Schwierigkeiten bei der Neueinstellung von Arbeitskräften sprechen.

Schaubild A4.10.4-5: Quotienten aus den Prozentanteilen der Betriebe mit unbesetzten Arbeitsstellen und den Prozentanteilen der Betriebe mit unbesetzten Ausbildungsstellen im Jahr 2010 nach ausgewählten Strukturmerkmalen
Schaubild A4.10.4-5 (barrierefrei)


Schaubild A4.10.4-5: Quotienten aus den Prozentanteilen der Betriebe mit unbesetzten Arbeitsstellen und den Prozentanteilen der Betriebe mit unbesetzten Ausbildungsstellen im Jahr 2010 nach ausgewählten Strukturmerkmalen

E Quotient aus den Prozentanteilen von Betrieben mit unbesetzten Ausbildungs- und mit unbesetzten Arbeitsstellen

Grafik: Formel Berechnung Quotient

Werte, die etwa bei 1 liegen, zeigen an, dass bei beiden Rekrutierungsstrategien ähnlich gelagerte Probleme für Betriebe bestehen, Stellen zu besetzen. Liegen Werte über 1, so bestehen relativ gesehen vor allem Besetzungsprobleme bei den angebotenen Ausbildungsstellen, Werte unter 1 weisen vor allem auf Probleme bei der Besetzung von Arbeitsstellen hin. Ein Wert von 2 bedeutet beispielsweise, dass relative Probleme bei der Besetzung von Ausbildungsstellen um das Doppelte höher liegen als im Beschäftigungsbereich.

Mittelfristige Folgen unbesetzter Ausbildungsstellen aus Sicht der Betriebe

Die Betriebe wurden zu ihren Planungen in Bezug auf ihr Ausbildungsstellenangebot und zu den aus ihrer Sicht kommenden Schwierigkeiten bei der Besetzung ihrer Ausbildungsstellen befragt. Ausgegangen wurde von der Überlegung, dass Stellenbesetzungsprobleme im Ausbildungsbereich zwangsläufig zu einer Reduzierung der Ausbildungsangebote und mittelfristig zu einem Rückgang der betrieblichen Ausbildungsbeteiligung führen werden.

Den Angaben zufolge sind aus Sicht der Betriebe in Zukunft zunehmende Schwierigkeiten auf dem Ausbildungsstellenmarkt zu erwarten. Betrachtet man zunächst die Planungen der Ausbildungsbetriebe zu ihren Stellenangeboten in den kommenden 3 Jahren, so zeigt sich, dass entgegen der Ausgangsvermutung mit 75,3 % die Mehrheit ihre Ausbildungsaktivitäten unverändert beibehalten wollen Schaubild A4.10.4-6. Allerdings sehen sich 7,4 % der Betriebe gezwungen, ihre Ausbildungsangebote in den kommenden 3 Jahren zu reduzieren. Weitere 1,4 % planen, ihre Ausbildung sogar vollständig einzustellen. Demgegenüber planen 16,0 % eine Ausweitung ihres Angebots an Ausbildungsstellen. Erstaunlicherweise ist festzustellen, dass gerade Betriebe mit schlechten Erfahrungen bei der Suche nach Ausbildungsstellenbewerbern ihre Angebotsplanung durchaus optimistisch gestalten. Von denjenigen Betrieben, die überhaupt keine Bewerber / -innen für ihre Stellen gefunden haben, planen nur 6,8 %, ihr Angebot zu senken, während mit 78,0 % die Mehrheit von einem unveränderten Stellenangebot in ihrem Betrieb ausgeht. Jeder sechste Betrieb geht hier sogar von einer Angebotserhöhung aus. Diese Strategie ähnelt derjenigen von Betrieben, die keine unbesetzten Ausbildungsstellen zu verzeichnen haben. Verstärkte Bemühungen in den kommenden Jahren finden sich bei Betrieben, deren Angebot nur teilweise besetzt werden konnte.

Diese Ergebnisse sind umso erstaunlicher, als die befragten Betriebe durchaus von zunehmenden Problemen ausgehen, in den kommenden Jahren ausreichend viele und geeignete Bewerber / -innen für ihre Ausbildungsstellen zu finden; damit rechnen durchschnittlich 74,2 % Schaubild A4.10.4-7. Jeder vierte Betrieb sieht dagegen keine Unterschiede zur augenblicklichen Situation. Bei den Betrieben, die aktuell Stellenbesetzungsprobleme haben, sagen 83,8 % bzw. 81,0 %, also jeweils mehr als 4 von 5 Betrieben, dass sie hier zukünftig mit größeren Schwierigkeiten rechnen. Ergaben sich für das Ausbildungsjahr 2010 / 2011 keine Stellenbesetzungsprobleme, so sehen dagegen nur 2 von 3 Betrieben einen kommenden Mangel an geeigneten Bewerbern.

(Christian Gerhards, Sabine Mohr, Klaus Troltsch)

Schaubild A4.10.4-6: Angebotsplanungen von Betrieben mit und ohne unbesetzte Ausbildungsstellen in den kommenden 3 Jahren (in %)
Schaubild A4.10.4-6 (barrierefrei)


Schaubild A4.10.4-6: Angebotsplanungen von Betrieben mit und ohne unbesetzte Ausbildungsstellen in den kommenden 3 Jahren (in %)

Schaubild A4.10.4-7: Einschätzungen von Betrieben mit und ohne unbesetzte Ausbildungsstellen zu den künftigen Schwierigkeiten, geeignete Bewerber/-innen zu finden (in %)
Schaubild A4.10.4-7 (barrierefrei)


Schaubild A4.10.4-7: Einschätzungen von Betrieben mit und ohne unbesetzte Ausbildungsstellen zu den künftigen Schwierigkeiten, geeignete Bewerber/-innen zu finden (in %)

Fußnoten

193 Entgegen anderslautenden Einschätzungen zur Entwicklung der Nachfrageseite auf dem Ausbildungsstellenmarkt stehen Prognosen zufolge auch in den nächsten Jahren genügend Ausbildungsstellenbewerber/-innen dem Ausbildungsmarkt zur Verfügung (vgl. z. B. Maier / Troltsch / Walden 2011).

194 Zum Zusammenhang zwischen der Ausbildung eigener Fachkräfte und der Einstellung qualifizierter Fachkräfte vom Arbeitsmarkt als die beiden zentralen Rekrutierungsstrategien zur Deckung des Qualifikationsbedarfs von Betrieben vgl. Bellmann / Janik 2007.

195 Die teilnehmenden Betriebe am BIBB-Qualifizierungspanel wurden in der Erhebung 2011 schwerpunktmäßig zu ihren Aktivitäten im Bereich der betrieblichen Ausbildung und der Personalrekrutierung befragt. Im Mittelpunkt stand insbesondere die Erfassung
(a) der Leistungs-, Produktivitätsgrade und Kompetenzniveaus der Auszubildenden,
(b) der Probleme bei der Besetzung neu angebotener Ausbildungsstellen,
(c) des betrieblichen Übernahmeverhaltens nach Abschluss der Ausbildung und
(d) der Ausbildungsplanung für die kommenden Jahre.
Weiterhin wurden die Betriebe zur Personal- und Qualifikationsstruktur der Beschäftigten, zur Arbeitsorganisation sowie zu wichtigen ökonomischen Kennzahlen und anderen betrieblichen Handlungsfeldern befragt. In den nächsten Erhebungswellen sind als Schwerpunktsetzungen die betriebliche Weiterbildung und Kompetenzentwicklung der Beschäftigten vorgesehen.

196 Aufgrund niedriger Fallzahlen dieser Betriebsgruppe kann eine genauere statistische Auswertung der Angaben – ähnlich wie sie bei den Ausbildungsbetrieben erfolgt – nicht durchgeführt werden. Die Erfolgschancen dieser Betriebe, für ihre Ausbildungsstellen Jugendliche zu finden, sind im Übrigen sehr gering. Nach eigenen Angaben konnten 93,8 % der bisher nicht ausbildenden Betriebe mit Ausbildungsangeboten ihre Ausbildungsstellen nicht besetzen.

197 Vergleiche mit anderen Studien sind aufgrund unterschiedlicher Stichproben, Frageformulierungen, Bezugsgrößen und Stichtage nur bedingt möglich. Eine genauere Darstellung dieser Unterschiede wird in einer gesonderten Publikation erfolgen.

198 Zur unverändert schwierigen Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt in den neuen Bundesländern vgl. Troltsch / Walden / Zopf 2009; BIBB-Datenreport 2010, Kapitel A1.3.

199 In der ersten Erhebungswelle des BIBB-Qualifizierungspanels wurden die Betriebe im Falle von Neueinstellungen danach gefragt, ob diese neuen Beschäftigten für einfache oder für qualifizierte Tätigkeiten vorgesehen waren. Diese differenzierteren Angaben sollen zusammen mit anderen Indikatoren in weiteren Veröffentlichungen entsprechend ausgewertet werden.

Bibliografischer Hinweis

Internetversion des BIBB-Datenreports zum Berufsbildungsbericht 2012 - Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Hrsg.: Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn (2012).

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