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DATENREPORT ZUM BERUFSBILDUNGSBERICHT 2010

A
A Indikatoren zur beruflichen Ausbildung

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A5.10.2 Verlauf und Nachhaltigkeit betrieblicher Ausbildungsbeteiligungen zwischen 1999 und 2008

Bei Untersuchungen zur betrieblichen Ausbildungsbeteiligung und bei Analysen zum Bildungsangebot von Betrieben und Unternehmen stehen – wie in Kapitel A5.10.1 dargestellt – meistens Fragen im Vordergrund, ob sich nach ausgewählten Strukturmerkmalen Veränderungen im Gesamtverhalten der an Ausbildung beteiligten Betriebe ergeben haben. Bei diesen sogenannten Aggregatdatenanalysen werden im Stichtagsvergleich ausschließlich Betriebsgruppen in ihrem Ausbildungsverhalten untersucht. Jedes Jahr engagieren sich durchschnittlich etwa 0,5 Mio. von insgesamt 2 Mio. Betrieben in der Ausbildung Jugendlicher. Wird aber der Zeitraum zwischen 1999 und 2008 insgesamt betrachtet, so bildeten knapp 1,1 Mio. bzw. 27 % von den 3,9 Mio. im Untersuchungszeitraum registrierten Betrieben mit sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus.

Im Folgenden sollen auf Basis der Betriebsdatei der Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) weitere Indikatoren entwickelt werden, die sich stärker auf die einzelbetriebliche Dynamik der Ausbildungsbeteiligung beziehen. Dabei geht es um die Frage der zeitlichen Konstanz einer Beteiligung an der Ausbildung, die Abfolge der Beteiligungen sowie die Nachhaltigkeit betrieblicher Einstiege in Ausbildung.

Beteiligung an der betrieblichen Ausbildung

Je nach betrieblichen Rahmenbedingungen beteiligen sich Betriebe in sehr unterschiedlicher Weise an der Ausbildung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen oder verzichten vollständig auf die Rekrutierung von Fachkräften über eine eigene Ausbildung. Beispielsweise zeigt die Abfolge betrieblicher Ausbildungsbeteiligungen anhand ausgewählter Betriebe Schaubild A5.10.2-1, dass bei Betrieb A im Jahr 2001 eine dreijährige Phase beginnt, in der Jugendliche ausgebildet werden. Nach einer kurzen einjährigen Unterbrechung schließt sich eine weitere dreijährige Ausbildungsbeteiligung an.202 Betrieb B hat insgesamt 6 Jahre lang und Betrieb D den gesamten Untersuchungszeitraum über Auszubildende unter seinen Beschäftigten. Eine Besonderheit bildet Betrieb C, der auf maximal zweijährige Ausbildungszeiten kommt, und dies mehrfach. An diesen Betriebsbeispielen zeigt sich eine erste Einschränkung der Auswertungsmöglichkeiten, da über den weiteren Verlauf der Ausbildungsbeteiligung bzw. Nichtbeteiligung nach dem letzten Stichtag im Jahr 2008 (noch) keine Aussagen gemacht werden können.203 Insgesamt existieren genau 1.013 unterschiedliche Verlaufsmuster der betrieblichen Ausbildungsbeteiligung nach der obigen Defini tion.204 Zur Vereinfachung der folgenden Darstellung wurden diese unterschiedlichen Beteiligungsmuster zu etwas größeren Gruppen zusammengefasst. Kriterium hierfür war als Erstes die Festlegung, welches die längste zusammenhängende Phase der Ausbildungsbeteiligung des Betriebs war. Darunter subsumiert wurden dann weitere Beteiligungsphasen, die entweder gleich lange dauerten oder kürzer ausgefallen waren, bis hin zu einmaligen einjährigen Ausbildungseinstiegen Tabelle A5.10.2-1.

In Schaubild A5.10.2-2 ist die U-förmige Verteilung der Betriebe nach betrieblichen Beteiligungsmustern zwischen 1999 und 2008 dargestellt. Eine größere Gruppe an Betrieben, die mit über 200.000 Betrieben etwa 20 % aller im Untersuchungszeitraum registrierten Ausbildungsbetriebe ausmacht, weist ausschließlich kurzfristige einjährige Einstiege in Ausbildung auf. Zu dieser Gruppe zählen vermutlich Betriebe, die entweder einen Jugendlichen von einem anderen Betrieb übernommen haben oder – und dies ist angesichts der Ergebnisse der Berufsbildungsstatistik zu Vertragslösungsquoten der wahrscheinlichere Fall vgl. Kapitel A5.7 – bei denen der Ausbildungsvertrag im Verlauf des Kalenderjahres bis zum nächsten Stichtag wieder gelöst worden ist. Zwei weitere zahlenmäßig starke Betriebsgruppen bilden maximal über zwei bzw. drei Jahre aus. Diesen Kohorten gegenüber steht eine Betriebsgruppe, die über den gesamten Zeitraum Jugendliche in Ausbildung unter ihren Beschäftigten hatte und insgesamt 135.000 Ausbildungsbetriebe umfasst. Dies sind insgesamt 27 % der jährlichen an der Ausbildung beteiligten Betriebe, 12,6 % der zwischen 1999 und 2008 insgesamt registrierten Ausbildungsbetriebe und nur 3,4 % der im Untersuchungszeitraum insgesamt registrierten Betriebe mit sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Dennoch bilden diese Betriebe den eigentlichen Kernbereich des dualen Systems.

Ausgehend von der Annahme, dass sich das betriebliche Bildungsangebot entsprechend der Häufigkeit der Beteiligungsmuster verteilt, wurde für alle Betriebe das durchschnittliche Ausbildungsstellenangebot berechnet.205 In Schaubild A5.10.2-2 zeigt sich aber, dass kurzfristige Einstiege in die Ausbildung Jugendlicher kaum etwas zur ausreichenden Versorgung des dualen Systems mit betrieblichen Ausbildungsstellen beitragen. 63 % des durchschnittlichen Ausbildungsstellenangebots bzw. knapp 1 Mio. Ausbildungsplätze werden von Betrieben bereitge stellt, die sich über den gesamten Untersuchungszeitraum an der Ausbildung Jugendlicher beteiligten. Ansonsten gilt der Zusammenhang: Je länger die Beteiligung an Ausbildung dauert, desto höher fällt das durchschnittliche Ausbildungsstellenangebot der Betriebe aus, auch wenn dies im Vergleich zu den kontinuierlich ausbildenden Betrieben kaum ins Gewicht fällt.

Schaubild A5.10.2-1: Ausgewählte Beispiele für den Verlauf betrieblicher Ausbildungsbeteiligungen zwischen 1999 und 2008 in Deutschland

Schaubild A5.10.2-1

Tabelle A5.10.2-1: Anzahl der Betriebe nach Art der Beteiligung an Ausbildung zwischen 1999 und 2008 in Deutschland

Tabelle A5.10.2-1

Nachhaltigkeit von Einstiegen in Ausbildung insgesamt

Auch wenn kontinuierlich ausbildende Betriebe – gemessen am Bildungsangebot – den eigentlichen Kernbereich des dualen Ausbildungssystems darstellen, so bleibt die Zahl der Betriebe, die erstmalig oder nach einer Unterbrechung wieder in die Ausbildung Jugendlicher einsteigen, ein weiteres wichtiges Kriterium für die Beurteilung der Ausbildungsleistung der Wirtschaft. Welchen zahlenmäßigen Beitrag leisten diese Betriebskohorten zur Versorgung des dualen Ausbildungssystems mit Ausbildungsstellen und – soweit sich dies auf Basis einer amtlichen Statistik beantworten lässt – aus welchen Gründen sind diese Betriebe in die Ausbildung eingestiegen?

Aus den in Schaubild A5.10.2-3 dargestellten Ergebnissen lässt sich ablesen, dass in der Zeit zwischen 1999 und 2008 im Durchschnitt etwa 88.000 Betriebe Auszubildende erstmalig oder erneut gemeldet haben. Im Zeitverlauf lagen diese Einsteigerzahlen zu Beginn noch relativ hoch und stellten im Jahr 2000 mit knapp 140.000 neuen betrieblichen Bildungsangeboten für Jugendliche das bisherige Maximum dar. Nach zwischenzeitlichen Rückgängen hat sich das Einstiegsverhalten der Betriebe seit 2004 wieder stabilisiert. Im Schnitt mobilisieren diese Einsteigerbetriebe jährlich 130.000 neue Ausbildungsstellen. Im Jahr 2008 schlossen diese Ausbildungseinsteiger beispielsweise 20 % aller neuen Ausbildungsverträge mit Jugendlichen ab.

Von besonderem Interesse sind die neu bzw. wieder einsteigenden Betriebe der Jahre 2003 und 2004 Schaubild A5.10.2-4. Zum einen waren in diesen beiden Jahren besondere Zuwächse bei den neu einsteigenden Ausbildungsbetrieben und bei betrieblichen Ausbildungsstellen zu verzeichnen. Zum anderen wurden zur Stützung des Ausbildungsstellenmarktes die Ausbilder-Eignungsverordnung ausgesetzt (vgl. Ulmer / Jablonka 2008) sowie Vereinbarungen zum Ausbildungspakt getroffen – Maßnahmen, mit denen neue Betriebe für die Ausbildung gewonnen werden sollten. Da sich gerade Ende des Jahres 2003 die Zahl der ausbildenden Betriebe gegenüber dem Vorjahr um 4.800 Ausbildungsbetriebe (Zuwachs an Ausbildungsstellen 3.500) erhöht hat und Ende 2004 ein nochmaliger Zuwachs um 4.700 Ausbildungsbetriebe (Zuwachs um 4.500 Ausbildungsstellen) erfolgte, sind Effekte aufgrund dieser beiden Unterstützungsmaßnahmen nicht auszuschließen.206

Der eigentliche Grund aber, warum diese Betriebe verstärkt in die Ausbildung Jugendlicher eingestiegen waren, lag am Fachkräfte- und Personalbedarf. In den Vorjahren ergaben sich gerade bei beiden Einsteigerkohorten überproportionale Zuwächse in den Beschäftigtenbeständen.207 Dieser gerade in den letzten Jahren stärker gewordene Zusammenhang zwischen Beschäftigungsentwicklung und betrieblichem Bildungsangebot wird auch durch eine längerfristige Betrachtung des dualen Ausbildungssystems bestätigt (Troltsch / Walden 2007), wobei sich in Zukunft aufgrund des demografischen Wandels und der nachlassenden Nachfrage Jugendlicher Änderungen in diesem Zusammenhang ergeben werden vgl. Kapitel A2.

(Klaus Troltsch)

Schaubild A5.10.2-2: Anzahl der Betriebe nach maximaler Dauer der Beteiligung an Ausbildung (= linke Skala) und durchschnittliches betriebliches Bildungsangebot (= rechte Skala) zwischen 1999 und 2008 in Deutschland (absolut)

Schaubild A5.10.2-2

Schaubild A5.10.2-3: Erstmalige oder erneute Einstiege von Betrieben in Ausbildung und neu angebotene Ausbildungsstellen zwischen 2000 und 2008 in Deutschland (absolut)

Schaubild A5.10.2-3:

Schaubild A5.10.2-4: Erstmalige oder erneute Einstiege von Betrieben in Ausbildung in den Jahren 2003 und 2004 und deren Beschäftigungsentwicklung (ohne Auszubildende) (absolut)

Schaubild A5.10.2-4

Fußnoten

202 In Auswertungen des Betriebspanels des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) werden diese Betriebe dann als sogenannte Ausbildungspausierer bezeichnet (Fischer et al. 2007, S. 67 ff.; Bochahova / Sporkmann 2007).

203 Die in weiteren Veröffentlichungen geplanten Verlaufsdatenanalysen sehen hierfür spezielle Schätzverfahren für diese sogenannte Rechtszensierung von Verlaufsdaten vor. Bei einer einfachen Rückrechnung für das Jahr 2007 stellt sich beispielsweise heraus, dass diejenigen Betriebe, die im Jahr 2007 eingestiegen waren, zu 80 % auch im Folgejahr 2008 weiter ausgebildet haben, während 20 % dieser Betriebe wieder aus der Ausbildung ausgestiegen sind.

204 Nicht weiter unterschieden wurde in diesem Zusammenhang, ob an den Stichtagen, an denen keine Auszubildenden registriert wurden, Betriebe Beschäftigte gemeldet hatten oder nicht. Zwar ist dies eine wichtige zusätzliche Information zur Beurteilung der Ausbildungsbeteiligung, hätte aber die Zahl der zu untersuchenden Verlaufsmuster vervielfacht. Ebenso vernachlässigt wird der Aspekt, dass Betriebe in einer beträchtlichen Zahl Ausbildungsstellen anbieten, die sie aus unterschiedlichen Gründen nicht besetzen können. Derartige Untersuchungen sind nur im Rahmen von Stichprobenerhebungen möglich (Gericke / Krupp / Troltsch 2009).

205 Nicht weiter beachtet wurden unterjährige Veränderungen in der Beteiligung der Betriebe an Ausbildung, da die verwendeten Betriebsdaten der Bundesagentur für Arbeit nur zum jeweiligen Stichtag 31. Dezember zur Verfügung standen.

206 Im Vergleich dazu zeigt die Entwicklung für das Jahr 2008, in dem vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales ein Sonderprogramm aufgelegt wurde, bei dem über einen sogenannten Ausbildungsbonus jährlich 30.000 neue Ausbildungsstellen gewonnen werden sollten, eher einen Rückgang der betrieblichen Ausbildungsbeteiligung (Troltsch / Gericke / Saxer 2008; Troltsch / Gericke / Huber 2009).

207 Dies entspricht auch den Ergebnissen einer Analyse auf Basis einer Stichprobenerhebung bei Betrieben, bei denen Ausbildungseinstiege und eine Aufstockung des Bildungsangebots erst erfolgten, nachdem Betriebe Fachkräfte vom externen Arbeitsmarkt rekrutiert hatten und in der Nachfolge zusätzlich Jugendliche ausgebildet hatten (Troltsch 2008).

Bibliographischer Hinweis

Internetversion des BIBB-Datenreports zum Berufsbildungsbericht 2010 - Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Hrsg.: Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn (2010).

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