C2.2 Attraktive Fachkräfterekrutierung
Die Dynamik technologischer Entwicklungen und des internationalen Wettbewerbs wird den Anpassungsdruck an Betriebe weiter aufrechterhalten, für ihre Fachkräfte die dafür geeigneten technologischen, organisatorischen und sozialen Infrastrukturen bereitzustellen. In wenigen Jahren werden Auszubildende aller Berufe zu der Generation gehören, die mit dem durch das Internet eröffneten umfassenden und selbstorganisierten Zugriff auf Informationen und Wissen sozialisiert wurden, die mit IT-gestützten sozialen Netzwerken und all ihren Möglichkeiten der unmittelbaren Kommunikation aufgewachsen sind und in Kürze in die Betriebe drängen. Angesichts der demografischen Entwicklung ist abzusehen, dass betriebliche Lern- und Arbeitsumgebungen, die dieses Informations- und Kommunikationsverhalten Jugendlicher widerspiegeln, u. a. zu einem weiteren Auswahlkriterium für oder gegen einen Ausbildungsbetrieb gehören werden.
E TechForce
Um Jugendlichen in der Berufsfindungsphase die Möglichkeit zu geben, sich auf spielerische Art und Weise umfassend über die Berufe der Metall- und Elektroindustrie zu informieren und einen Beruf zu finden, der zu den eigenen Fähigkeiten und Stärken passt, hat der Gesamtverband der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie e. V. zusammen mit dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln Medien GmbH und der Zone 2 Connect GmbH das interaktive Abenteuer- und Lernspiel TechForce entwickelt. Bei TechForce ist der Spieler/die Spielerin Teil eines Teams mit der Aufgabe, den futuristischen Glider X2100 zu konstruieren und zu montieren. Dabei helfen ihm/ihr alle notwendigen Infos aus den verschiedensten Bereichen der M+E-Industrie, wie beispielsweise Elektrotechnik, Mechanik oder Hydraulik, Steuerungstechnik und Qualitätssicherung, die Aufgabe zu meistern. Konzentration und Ausdauer sind ebenso erforderlich wie analytisches Denken, Kombinationsvermögen und gutes räumliches Vorstellungsvermögen. Nur wenn diese Fähigkeiten erfolgreich eingesetzt werden, kann der Gleiter abheben und am Rennen der Besten teilnehmen. Ziel ist es, mit dem besten Gleiter das große TechForce- Rennen zu gewinnen. TechForce macht auf innovative, spannende und lehrreiche Weise erfahrbar, wie Technik und deren Anwendung in der Praxis funktioniert. Die Informationen werden zielgruppengerecht, übersichtlich, zum Ausdrucken und mit weiterführenden Links präsentiert und ermöglichen so einen guten Einblick in die moderne Arbeitswelt einer Zukunftsindustrie mit vielen interessanten Berufen.
Weitere Informationen unter: http://www.zone2connect.de/.
Der Nutzungsgrad digitaler Medien in betrieblichen Aus- und Weiterbildungsprozessen wird daher einen weiteren Standortvorteil im bevorstehenden Wettbewerb um Fachkräftenachwuchs bilden. Der Druck auf Betriebe, für die Fachkräfterekrutierung, die betriebliche Aus- und Weiterbildung sowie für die Gestaltung netzgestützter Arbeitsumgebungen digitale Medien bereitzustellen und mithilfe qualifizierten Ausbildungspersonals angemessen einsetzen zu können, wird auch vor diesem Hintergrund weiter zunehmen.
E Think ING.
Think ING. ist eine Initiative der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie mit dem Ziel, umfassend über das Ingenieurstudium und den Ingenieurberuf zu informieren. Mädchen und junge Frauen werden besonders angesprochen. Darüber hinaus fördert die Initiative den Mathematik-, Informatik-, Naturwissenschafts- und Technikunterricht vom Kindergarten bis zur Hochschule durch Projektarbeit und Sponsoring. Das Internetportal Think ING. bietet jungen Menschen, die vor der Studien- und Berufswahl stehen, sowie Lehrern und Eltern vielfältige Informationen, Videos und interaktive Anwendungen sowie zahlreiche Dokumente und Studien zum Download an. Tagesaktuelle Pressemitteilungen und ein bundesweiter Veranstaltungskalender ergänzen das Angebot. Eine lebendige Community kann sich über ein Diskussionsforum zu verschiedenen Themenbereichen der Ingenieur- und MINT- Berufe austauschen. Über ein Shopsystem können verschiedene Informationsmaterialien und Medien kostenlos bestellt werden. 10 Jahre nach Gründung der Initiative ist Think ING. damit mittlerweile zum Markenzeichen für umfassende Information über eines der attraktivsten Studien- und Berufsfelder überhaupt geworden.
Weitere Informationen:http://www.think-ing.de./.
Der vielfach diskutierte Generationenbegriff, der im Zusammenhang mit der Nutzung digitaler Medien gebraucht wird, um die sogenannten „Digital Natives“ als diejenigen zu charakterisieren, die den souveränen Umgang mit allen Varianten netzgestützter Medienformate im Sinne selbstorganisierter und selbstbestimmter Nutzer/-innen pflegen, ist in diesem Kontext allerdings nicht tragfähig. Kinder und Jugendliche, die mit dem Internet aufgewachsen sind, erfahren es mit seinen Anwendungsmöglichkeiten als selbstverständlichen Teil ihres Alltags, mit dem sie dementsprechend unbefangen umgehen. Sie erschließen sich den Umgang i. d. R. selbsterkundend und sammeln Erfahrungen, sie erlernen die Nutzung dieser Infrastruktur individuell und zusammen mit ihrer Peergroup.
„Fast alle 13- bis 17-Jährigen nutzen das Internet. 92 % sind täglich beziehungsweise mehrmals in der Woche online, wobei Jungen häufiger im Internet surfen als Mädchen. Nur 8 % sind einmal in der Woche oder seltener online … Zu den wichtigsten Bereichen des Internets für Jugendliche zählen heute die Social Communities. Facebook – das führende soziale Netzwerk im Internet – wurde im Jahr 2004 gegründet und zählt im Jahr 2012 bereits 22,1 Millionen Mitglieder in Deutschland, wovon 17 % im Alter von 13 bis 17 Jahren sind“ (Grgic/Holzmayer 2012, S. 20).
Sie besitzen umfangreiches Wissen im Umgang mit ihren Smartphones und initiieren ihren (sozialen) Alltag, ihre Freizeit und um sich mit Freunden zu treffen, Sportaktivitäten zu verabreden oder gemeinsam Musik zu hören. Diese Aktivitäten gehören nach wie vor zum wichtigsten und überwiegenden Teil der Freizeitaktivitäten von Kindern und Jugendlichen (Grgic/Holzmayer 2012). Das Neue: Die Aktivitäten werden technikvermittelt organisiert.314 Medienhandeln ist nicht mit Medienkompetenz zu verwechseln.
E JIM-Studie (Jugend, Information, Multimedia)
Die Ende November 2012 erschienene repräsentative JIM-Studie des mpfs (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest) analysierte die Mediennutzung und das Freizeitverhalten Jugendlicher zwischen 12 und 19 Jahren. Auf Grundlage einer repräsentativen Befragung zum Medienverhalten Jugendlicher in Deutschland erfolgt die Erhebung von Daten zu Fernsehen, Radio, Internet, Büchern und Computerspielen. Im Vergleich zur JIM-Sudie 2011 haben sich Besitz und Nutzung von Handys und Smartphones weiter erhöht. 96 % der befragten Jugendlichen besitzen ein eigenes Handy, über 80 % nutzen es täglich. Der mobile Zugang zum Internet und sozialen Netzwerken dominiert zusehends. Die Zahl der Jugendlichen, die mobil das Internet nutzen, hat sich auf 40 % erhöht und damit im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Fast doppelt so viele Jugendliche wie im Vorjahr besitzen inzwischen ein Smartphone. Sie nutzen die Möglichkeiten orts- und zeitunabhängiger Information sowie Kommunikation, indem sie sich regelmäßig in ihre Online- Community einloggen. Foto- und Filmfunktionen, die Installation von Apps und auch Handyspiele gehören zu den wichtigen Diensten, die genutzt werden. Insgesamt stellt die Nutzung der mobilen Geräte für Telefongespräche und den Austausch mittels SMS noch die häufigsten Anwendungsformate dar.
Die als Langzeitprojekt seit 1998 jährlich durchgeführte JIM-Studie gilt als Basisinstrument zur Analyse des Umgangs von Jugendlichen der o. a. Altersgruppe mit Medien und Informationen. Aus den gewonnenen Daten lassen sich Szenarien für zeitgemäße Konzepte zur Nutzung dieses Medienverhaltens auch für die Berufsbildung und die Facharbeit ableiten. Der universale Charakter digitaler Medien, der im Berufs- und Privatleben generationenübergreifend neue Kommunikations- und Informationswege zu gesellschaftlichen Standards macht, dokumentiert sich in den ebenfalls regelmäßig durchgeführten KIM-Studien (Kinder + Medien, Computer + Internet. Medienumgang der 6- bis 13-Jährigen) des mpfs (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2011) sowie der jährlichen ARD/ZDF-Online-Studien. Laut der Studie des Jahres 2012 sind inzwischen 75,9 % der Deutschen oder 53,4 Mio. „online“, mobile Geräte und die Nutzung sog. „Social Communities verzeichnen deutliche Zuwachsraten (siehe: http://www.ard-zdf-onlinestudie.de/).
Aufmerksam sollte eher der unbekümmerte Umgang der sogenannten „Digital Natives“ mit persönlichen Daten verfolgt werden, der die eher bekümmerten „Digital Immigrants“ (Eltern) zu Recht aus datenund jugendschutzrechtlicher Sicht beunruhigt.
"Die Annahme, alle könnten, wenn sie nur wollten, alle wollten, wenn sie nur wüssten, scheint nicht zu stimmen. Die von manchen E-Learning-Enthusiasten gehegte Erwartung, dass alle mitmachen werden, kann nur enttäuscht werden. Die Gruppe proaktiver Nutzer/-innen wird einen minimalen Anteil nicht übersteigen, weil die zur Partizipation erforderliche Selbstorganisation nicht jedem jederzeit möglich ist. … Diese Aussage sollte man nicht als pessimistische Einschätzung betrachten. Menschen machen unterschiedliche Erfahrungen, haben unterschiedliche Interessen und gehen sozial und politisch unterschiedliche Engagements ein. Sie handeln vielleicht in anderen Bereichen wie Sport, Kultur, Politik oder im Sozialwesen selbstbestimmt, nur im Lernen nicht. Die Diversität der Lernenden ist ein hohes Gut. Dem muss Bildung Rechnung tragen“ (Schulmeister 2012, S. 45).
Der Erwerb eines strukturellen Verständnisses und von Funktionsweisen digitaler Medien, das vermittelt, wie eine Datenbank oder Wikipedia organisiert ist, wie ein Trojaner (Virus) arbeitet, wie Ergebnisse von Suchanfragen priorisiert werden können, folgt anderen Parametern. Reflektiertes (netzgestütztes) Lernen von Inhalten, die ergebnisorientierte Suche nach Inhalten und deren Bewertung, die der Ausübung einer Ausbildungs- oder Unterrichtsaufgabe oder zur Erbringung einer (technischen) Kundendienstleistung dient, ist auf qualifizierte Lernbegleiter angewiesen.
„Die Mehrzahl der Jugendlichen nutzt das Internet rezeptiv und kommunikativ, sehr viel seltener produktiv gestaltend“ (May 2012, S. 74).
Das Ausbildungspersonal erfährt in diesem Kontext neue Verantwortung. Qualifizierte Ausbilder und Ausbilderinnen in den Betrieben und qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer in den Berufsschulen sind diejenigen, die Auszubildende für einen reflektierten Umgang mit digitalen Medien sensibilisieren müssen.