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DATENREPORT ZUM BERUFSBILDUNGSBERICHT 2010

A5.5.2 Studienberechtigte im dualen System

Im Jahr 2009 nahm eine Rekordzahl von 423.400 Studienanfängern ein Studium an deutschen Hochschulen auf. Andererseits bleibt weiterhin auch die praxisnahe berufliche Ausbildung im dualen System bei Studienberechtigten146 wie seit den 1980er-Jahren recht attraktiv (vgl. BIBB-Datenreport 2009, Kapitel A5.4.2 sowie Herget 1997). Tabelle A5.5.2-1 zeigt die Entwicklung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge von Studienberechtigten für den Zeitraum 1993 bis 2008;147 Grundlage ist die Berufsbildungsstatistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder.148 Danach stiegen Anzahl und Anteil der Hochschulberechtigten an den Neuabschlüssen zunächst von 78.500 im Jahr 1993 (Anteil: 14,1 %) um rund 20.000 Abiturienten auf jeweils knapp über 100.000 in den Jahren 1998 (16,7 %) und 1999 (16,0 %). Einem vergleichbaren Rückgang auf rund 77.400 im Jahr 2002 (13,9 %) folgte erneut ein Anstieg auf über 90.000 Neuverträge mit Studienberechtigten in den Jahren 2006 (16,1 %) bzw. 2005.

Im Ausbildungsjahr 2008 unterschrieben rund 115.800 junge Leute mit einer Fachhochschul- oder Hochschulreife einen Ausbildungsvertrag; im Vorjahr waren es rund 117.000 gewesen. Darunter sind auch rund 3.300 studienberechtigte Ausländer / -innen (11,9 %), die eine betriebliche Ausbildung in 2008 begonnen haben. Somit verfügt ein Fünftel aller Ausbildungsanfänger / -innen des Jahres 2008 des dualen Systems (20,7 %) über eine Berechtigung zum Studium an Hochschulen oder Fachhochschulen. Der Anteil liegt damit über dem des Jahres 2007 von 19,4 %. Weiterhin vorne in der Gunst der Abiturientinnen und Abiturienten liegen im Jahr 2008 kaufmännische Berufe und Dienstleistungsberufe. Der Beruf Fachinformatiker / Fachinformatikerin findet sich inzwischen auf Rang 5 der stark besetzten Abiturientenberufe: Rund 5.000 Studienberechtigte hatten in 2008 diese Ausbildung aufgenommen; zunehmend gefragt sind auch neue Medien- und informationstechnische Berufe vgl. Kapitel A5.5.1.

Erfolgreich ins duale System eingemündet sind im Berichtsjahr 2008 in den alten Ländern rund 93.300 Studienberechtigte sowie 22.500 in den neuen Ländern Tabelle A5.5.2-2. Die Anteile an den Neuverträgen liegen mit 21,5 % in den alten und 20,5 % in den neuen Ländern nahe zusammen. Recht deutlich unterscheidet sich dagegen dieser Anteilswert für die rund 53.300 studienberechtigten Männer (14,9 %) bzw. fast 62.500 Frauen (24,3 %) mit aufgenommener Lehre. Je nach Ausbildungsbereich gibt es dabei Unterschiede bei Anteil und Zahl der von Studienberechtigten im Jahr 2008 neu begonnenen Ausbildungsverhältnisse. Überdurchschnittlich viele haben eine Ausbildung in den Bereichen öffentlicher Dienst, Industrie und Handel und freie Berufe angetreten und somit (vorerst) auf die Studienoption verzichtet.

Im Bereich Industrie und Handel149 verfügen rund 3 von 10 oder fast 90.000 der dort neuen Auszubildenden über eine Studienberechtigung (28,0 %). Mit 28,8 % in den alten Ländern (73.308) übertrifft deren Anteil an den Neuverträgen des Bereichs den der neuen Länder von 24,8 % (16.014). Außerdem sind häufiger weibliche als männliche Studierberechtigte in duale Ausbildungen im Bereich Industrie und Handel eingemündet (34,0 % vs. 23,6 %). Im Handwerk schlossen Ausbildungsbetriebe mit rund 10.200 Abiturienten und Abiturientinnen neue Verträge ab, was einen Anteil Studienberechtigter von 6,1 % ausmacht. Der Bereich freie Berufe meldete mit rund 9.600 Neuverträgen fast gleich viele Ausbildungsverhältnisse mit Studienberechtigten; allerdings liegt hier der entsprechende Anteil bei 23,0 %. Eine Studienoption hatten in den neuen Ländern 43,8 % der Ausbildungsanfänger / -innen, aber nur 20,2 % in den alten Ländern. Außerdem besitzt mehr als die Hälfte der männlichen Auszubildenden (1.233) in freien Berufen bereits die Studienberechtigung; Gleiches gilt nur für ein Fünftel der rund 8.400 Frauen in Ausbildung (21,2 %).

Mit 39,1 % hat der öffentliche Dienst im Jahr 2008 den höchsten Anteil Studienberechtigter der Ausbildungsbereiche; insgesamt knapp 5.000 Neuverträge mit Studienberechtigten sind hier von den zuständigen Stellen gemeldet worden.150 Im Besitz einer Studienberechtigung sind in den neuen Ländern über die Hälfte (55,0 %)151, in den alten Ländern dagegen ein Drittel (34,2 %) derjenigen, die 2008 eine Ausbildung im öffentlichen Sektor begonnen haben. Etwas weniger weit liegen die Anteilswerte bei den Neuverträgen 2008 zwischen studienberechtigten Männern bzw. Frauen auseinander (33,1 % bzw. 42,4 %). In geringem Maß traten junge Frauen und Männer mit Fachhochreife oder Hochschulreife im Jahr 2008 eine betriebliche Ausbildungsstelle an in den Bereichen Landwirtschaft (1.671 Verträge bzw. 10,4 %) oder Hauswirtschaft (51 Verträge bzw. 1,3 %).

Tabelle A5.5.2-1: Anzahl und Anteil von Studienberechtigten mit neu abgeschlossenem Ausbildungsvertrag im jeweiligen Jahr1

Tabelle A5.5.2-1

Tabelle A5.5.2-2: Studienberechtigte mit neu abgeschlossenem Ausbildungsvertrag 2008 nach Ausbildungsbereichen, alten und neuen Ländern1 und Geschlecht – Anzahl und Anteil (in %) an den Neuverträgen2

Tabelle A5.5.2-2

Ausbildungsverhalten von Studienberechtigten des Entlassjahrgangs 2008 und Bedeutung des dualen Systems

Einblick in das aktuelle Studien- und Ausbildungsverhalten von Studienberechtigten des Entlassjahrgangs 2008 gibt eine Repräsentativerhebung des Hochschul-Informations-System (HIS) .152 Befragt worden sind zu Jahresbeginn 2009 fast 6.000 junge Männer und Frauen, die im Schuljahr 2007 / 2008 mit Fachhochschulreife oder Hochschulreife von allgemeinbildenden und beruflichen Schulen abgegangen sind (441.700). Die Studie erfasste auch die bis 6 Monate nach Schulabgang begonnenen Ausbildungen und anderen Tätigkeiten. Dieselben Personen waren bereits Anfang 2008 ein erstes Mal rund ein halbes Jahr vor ihrem Reifeerwerb befragt worden: so zum Entscheidungsprozess oder ihren weiteren Ausbildungsplänen.153 Nicht immer jedoch ließen sich oder wurden die damaligen Pläne später auch realisiert, wie die zweite Befragungsrunde ergab. Tabelle A5.5.2-3 zeigt als ein Ergebnis des Ausbildungs- und Berufswahlprozesses die ersten Ausbildungsschritte und Tätigkeiten von Studienberechtigten des Jahres 2008 zum Zeitpunkt 6 Monate nach dem Schulabgang.154 Danach haben 44 % der insgesamt 441.700 Studienberechtigten des Jahrgangs 2008 noch im selben Jahr ein Studium an Fachhochschulen und wissenschaftlichen Hochschulen angetreten. Im Wintersemester 2008 / 2009 sind dort 46 % der weiblichen und 41 % der männlichen Studienberechtigten eingeschrieben. Zusätzlich absolvieren rund 2 % der Studienberechtigten eine Ausbildung an Berufsakademien oder Verwaltungsfachhochschulen (Beamtenausbildung); Männer und Frauen unterscheiden sich in den Anteilswerten kaum.

Eine nachschulische Berufsausbildung außerhalb der Hochschulen haben rund 16 % der befragten Studien berechtigten bis zum Dezember 2008 angetreten. Für Frauen (22 %) gilt das mehr als doppelt so oft wie für Männer (9 %). Attraktiv ist darunter besonders die betriebliche Ausbildung in anerkannten Ausbildungsberufen. Insgesamt sind fast 11 % der Studienberechtigten 2008 schon im Entlassjahr ins duale System eingemündet und verzichteten damit (vorerst) darauf, die Studienoption einzulösen. Frauen haben mit 13 % häufiger schon im Abgangsjahr eine Lehre begonnen als Männer (7 %). Eine feste Studienabsicht äußerten zum Befragungszeitpunkt lediglich 14 % der jungen Leute in dualer Ausbildung Tabelle A5.5.2-3.155 Demnach ist das Interesse von Abiturienten des Jahres 2008 also eher gering, den Lehrabschluss noch um das Zertifikat einer Fachhochschule oder Hochschule zu ergänzen (sog. Doppelqualifizierung) – anders als etwa in den 1980er- oder 1990er-Jahren (vgl. Herget 1997; Heine / Quast 2009b, S. 34). Andererseits gibt es ein gewisses Potenzial Interessierter, die unter gewissen Umständen nach der betrieblichen Ausbildung (doch) noch ein Studium in Betracht ziehen.156 Weiterhin befinden sich 5 % der Studienberechtigten Ende 2008 in schulischer Berufsausbildung, etwa an einer Berufsfachschule, Fachakademie oder Schule des Gesundheitswesens (Frauen: 8 %, Männer: 1 %). Auch von ihnen äußerten 14 % eine solche feste Studienabsicht.

Eine Erwerbstätigkeit aufgenommen haben im Dezember 2008 nahezu 5 % der befragten Studienberechtigten; als arbeitslos bezeichneten sich dagegen nur wenige (1 %). Ein angetretenes Praktikum oder Volontariat (4 %) geht teils einer (weiteren) Ausbildung voraus, besonders häufig aber sind es Zwischenschritte zum Studium: Denn 66 % aus der Gruppe der Praktikanten / Volontäre äußerten in der Befragung feste Studienpläne. Ein Drittel der Männer (31 %) befindet sich im Wehr- oder Zivildienst; dadurch verzögert sich zuvorderst die Studienaufnahme, da 83 % von ihnen anschließend studieren möchten. Etwas niedriger liegt mit 69 % der Anteil derer mit fester Studienabsicht bei Personen in sogenannten „Sonstigen Tätigkeiten“. Immerhin 14,5 % der Studienberechtigten des Jahrgangs 2008 (Frauen: 19 %, Männer: 9,5 %) gehen 6 Monate nach Schulabgang einer solchen Übergangstätigkeit nach wie: freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr, Jobben, Haushalts- oder Familienarbeit, Au-pair- Tätigkeit oder Auslandsaufenthalte.

Insgesamt lässt sich mit Blick auf die Rolle des dualen Systems für die Qualifizierung von Studienberechtigten feststellen: Unmittelbar ins duale System eingemündet sind hochgerechnet rund 47.000 Studienberechtige des Entlassjahres 2008. Zusätzlich streben weitere der noch nicht in Studium oder Aus bildung befindlichen Befragten eine betriebliche Ausbildung für die Folgezeit an. Zusammen möchten danach rund 66.000 oder fast 15 % der Studienberechtigten des Jahrgangs 2008 nach Schulabgang im dualen System ausgebildet werden. Die Bedeutung des dualen Systems reicht sogar noch darüber hinaus: Denn weitere 11 % der Studienberechtigten des Entlassjahrgangs 2008 sagten, dass sie bereits vor dem Schulbesuch zum Erwerb der Hochschulreife eine Lehre abgeschlossen hätten.157 Für Männer traf dies mit 16 % nach wie vor deutlich öfter zu als für Frauen (6,5 %). Ebenso typisch sind Unterschiede nach der Art der erworbenen Studienberechtigung. So hatte fast ein Drittel (31 %) der Studienberechtigten schon vor dem Erwerb der Fachhochschulreife eine Lehre abgeschlossen; bei denen mit Hochschulreife waren es nur 4,5 %.

Zusammenfassend gilt somit: Das duale System bleibt weiterhin attraktiv für junge Leute mit Studienoption als praxisnahe Qualifizierung für den Beruf neben den Hochschulen; zudem erschließt es zusätzliche Potenziale für eine Höherqualifizierung. Darüber hinaus fördert das System offenbar den sozialen Aufstieg und Durchlässigkeit und fungiert als wichtige Brücke zwischen Berufsbildungs- und Hochschulbereich.

E Befragung deutscher Studienanfänger / -innen

Die Ergebnisse basieren auf einer vom Hochschul-Informations- System (HIS) durchgeführten Befragung von Studienberechtigten des Entlassjahrgangs 2008, die in Form einer Panelstudie als mehrmalige Befragung derselben Personen erfolgt.

Befragt wurde von HIS in der ersten Befragungsrunde zum Jahresbeginn 2007 eine repräsentative Stichprobe (Bundesund Landesebene, besuchte Schulart, Art der Hochschulreife und Geschlecht) von angehenden Studienberechtigten ein halbes Jahr vor dem Erwerb der Hochschulreife, so unter anderem zu ihren nachschulischen Studien- und Berufsausbildungsplänen und schon erworbenen Berufsausbildungsabschlüssen. Dazu wurden zuerst rund 57.700 Fragebogen an Schülerinnen und Schüler von 696 Schulen versandt. Einbezogen worden sind dabei Schüler / -innen allgemeinbildender oder beruflicher Schulen, die im Schulentlassjahr 2007 / 2008 die Berechtigung zum Studium angestrebt haben (allgemeine, fachgebundene Hochschulreife oder Fachhochschulreife). Befragt wurden damit auch Personen, die mit dem schulischen Teil der Fachhochschulreife die Schule verlassen. Die volle Fachhochschulreife erhalten diese jedoch erst ein bis drei Jahre später: d. h. etwa nach einem gelenkten Praktikum mit bestimmter Mindestdauer oder einer abgeschlossenen Berufsausbildung; sie gehören somit nicht zum Kreis der „Studienberechtigten 2008“. Diese Befragtengruppe ist deshalb bei den hier vorgelegten Analysen ausgeschlossen worden.

Die zweite Folgebefragung (schriftlich-postalisch) wurde dann am Jahresende 2008 / Anfang 2009 etwa ein halbes Jahr nach dem Verlassen der Schule bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Erstbefragung durchgeführt. Auswertungsbasis für die hier vorgestellten Ergebnisse sind somit jene 5.931 auswertbaren Fragebogen von Studienberechtigten des Entlassjahrgangs 2008, die jeweils an der ersten wie auch der zweiten Befragungsrunde teilgenommen haben.

Tabelle A5.5.2-3: Tätigkeit ein halbes Jahr nach Schulabgang und Studienabsicht von Studienberechtigten1 des Entlassjahrgangs 2008 (in %)

Tabelle A5.5.2-3

Ausbildungswahl, Berufsaussichten und Gründe des Studienverzichts von Studienberechtigten in betrieblicher Ausbildung

Die Befragungsbefunde bestätigten weiterhin die stark arbeitsmarktbezogene Ausbildungs- und Berufswahl der Abiturienten.158 Sie reflektieren die Veränderungen in der Arbeitswelt und ziehen, wie oben dargestellt, nicht akademische berufliche Ausbildungsgänge als Alternative zu einem Hochschulstudium in Betracht. So gaben insgesamt 56 % der Befragten des Entlassjahrgangs 2008 an, dass Arbeitsmarkterwägungen für ihre Studien- und Ausbildungswahl eine große oder sehr große Rolle gespielt hätten.159 Besonders ausgeprägt gilt dies für die Gruppe (63 %), die schon vor dem Erwerb der Studienberechtigung einen Lehrabschluss erreicht hatte. Überhaupt keine Rolle spielten dagegen Arbeitsmarktüberlegungen nach eigenen Angaben nur bei 8 % der befragten Studienberechtigten. Den Ausbildungsschritt „betriebliche Ausbildung“ begründeten die jungen Leute in einer Lehre in erster Linie mit persönlichen und fachlichen Interessen sowie der Übereinstimmung mit Eignung und Neigungen. Die Befragten hatten dazu 25 vorgegebene Gründe danach beurteilt, wie bedeutsam diese für ihre Ausbildungswahl gewesen seien.160 Ergebnis war: Ganz vorne steht für Studienberechtigte mit 96 % der Wunsch nach sicherer beruflicher Zukunft, 57 % von ihnen gaben hier sogar als Wert „1 = sehr bedeutend“ an. Ebenso wichtig für ihre Entscheidung war mit 91 % der Wunsch nach baldiger finanzieller Unabhängigkeit; 37 % in betrieblicher Ausbildung bezeichneten das Motiv sogar als „sehr bedeutend“ (Antwortwert 1). Besonders für Frauen spielt die finanzielle Unabhängigkeit eine entscheidungsrelevante Rolle („sehr bedeutend“: 42 %; Männer: 28 %). Es folgen als weitere bedeutsame Motive für die aufgenommene Lehre: den angestrebten Beruf ergreifen können, gute Passung mit eigener Leistungsfähigkeit bzw. Neigung zu praktischer Tätigkeit, das Interesse am vermittelten Sachwissen, das breite spätere Berufsspektrum oder vermutete günstige Berufs- und Einkommenschancen. Diese Motive beurteilten mehr als vier Fünftel in einer Lehre als bedeutsam für ihre Ausbildungswahl. Karrierebezogene Gründe dagegen wurden für die gewählte duale Ausbildung nicht in dem Maße angeführt: z. B. wurden die Motive, in leitende Positionen zu gelangen, von 27 % oder einen hohen sozialen Status erreichen von nur 19 % der Auszubildenden mit Studienberechtigung als „sehr bedeutend“ genannt.

Bezüglich ihrer persönlichen beruflichen Zukunft äußerten sich die jungen Leute in einer Lehre bzw. mit dualer Ausbildungsabsicht recht zuversichtlich161: Zwei Drittel der Befragten schätzen die eigenen Berufsaussichten als „sehr gut“ oder „gut“ ein (68 %), weitere 22 % vergaben als Urteil „teils – teils“, während jeweils nur 5 % für sich von eher schlechten Aussichten ausgehen oder aber „weiß nicht“ (5 %) antworteten. Signifikante Unterschiede gibt es andererseits zwischen den Auszubildenden, die sofort nach der Ausbildung berufstätig werden wollen, und jenen, die nach der Lehre noch ein Studium anschließen möchten: Gute oder sehr gute Berufsperspektiven erwarten für sich 66 % aus der Gruppe der späteren Soforteinsteiger. Aus der Gruppe, die einen Lehrabschluss und akademischen Abschluss anstreben (sog. Doppelqualifizierer), gehen sogar 81 % von solch positiven Berufsaussichten aus. Zugleich zeigte sich die untersuchte Gruppe etwas verhaltener in Bezug auf die Perspektiven von Akademikern: Die Berufsaussichten von Absolventen eines Studiums ganz allgemein bewerteten 53 % der Befragten in einer Lehre / Lehrabsicht als „sehr gut“ oder „gut“, gefolgt von der Alternative „teils – teils“ (32 %); seltener haben sie ungünstige Einschätzungen (7 %) oder „weiß nicht“ (8 %) angekreuzt.

Aufschlussreich sind zudem die Motive der Studienberechtigten, die ausschließlich auf die betriebliche Ausbildung setzen und ihre Studienoption nicht einlösen wollen (Studienverzichter). Diese Gruppe bewertete vorgegebene 14 Aspekte danach, wie stark diese gegen eine Aufnahme eines Studiums an einer Fachhochschule oder Hochschule sprechen Tabelle A5.5.2-4. Es zeigt sich, dass sie vorrangig aus finanziellen Gründen auf ein Studium verzichten; die Befragten können sich nach eigener Einschätzung ein Studium nicht leisten oder möchten schnell eigenes Geld verdienen. Danach folgen berufspraktische Berufsziele und Interessen, oder sie wollen früh ins Berufsleben einsteigen. Auch die vermutete fehlende Studieneignung spricht aus ihrer Sicht oft gegen die Aufnahme eines Studiums. Auffällig sind deutliche Geschlechtsunterschiede: Für Frauen sind es häufiger als für Männer finanzielle Erwägungen, die gegen ein Studium sprechen: So gaben 80 % der Frauen (Männer: 74 %) die Sorge um fehlende „nötige finanzielle Voraussetzungen“ an, die sie „sehr stark“ von einem Studium abhielten. Stattdessen möchten 75 % der Frauen und 66 % der Männer lieber „möglichst bald selbst Geld verdienen“. Weitere 77 % der Frauen antworteten, es widerstrebe ihnen besonders, sich für einen Studien kredit oder das BAföG zu verschulden (Männer: 63 %). Drei Viertel der Frauen und knapp zwei Drittel der Männer (63 %) in betrieblicher Ausbildung wollen nicht an eine Hochschule, weil die Studiengebühren ihre finanziel len Möglichkeiten überstiegen. Weiterhin hat über die Hälfte der befragten Frauen (58 %) ein festes Berufsziel, das kein Studium voraussetzt (Männer: 50 %). Auch die Studiendauer oder die fehlende persön liche Studieneignung wird von Männern und Frauen nahezu gleich oft als Grund für den Studienverzicht genannt. Ein gering eingeschätzter Praxisbezug wiederum hält Frauen im Vergleich zu Männern (48 % vs. 36 %) stärker vom Hochschulbesuch ab.

(Hermann Herget) 

Tabelle A5.5.2-4: Aspekte, die für Studienberechtigte (Entlassjahr 2008) mit betrieblicher Ausbildung und ohne Studienabsicht gegen ein Hochschulstudium sprechen (in %)1

Tabelle A5.5.2-4

Fußnoten

146 Die Begriffe „Studienberechtigte” und „Abiturienten“ werden hier synonym gebraucht für Schulabgängerinnen und Schulabgänger der Sekundarstufe II, die eine allgemeine bzw. fachgebundene Hochschulreife oder die Fachhochschulreife erworben haben.

147 Ab dem Berichtsjahr 2007 (vgl. Schmidt 2008) ist aufgrund der Umstellung der Berufsbildungsstatistik von einer Aggregat- auf eine Individualstatistik bei gleichzeitig geänderter Erfassung der Vorbildung die vollständige Vergleichbarkeit zu den Vorjahren nicht mehr gegeben; vgl. in Kapitel A5.2.1 und A5.3.

148 Quelle: Berufsbildungsstatistik, Erhebung zum 31. Dezember des Jahres. Prozentberechnungen des Bundesinstituts für Berufsbildung: bis Berichtsjahr 2006 unter Ausschluss der Kategorie „ohne Angabe zur schulischen Vorbildung“.

149 Einschließlich Bank-, Versicherungs-, Gast- und Verkehrsgewerbe.

150 Ohne diejenigen Auszubildenden, deren Vertrag gemäß Berufsbildungsgesetz (BBiG) bei anderen zuständigen Stellen außerhalb dieses Ausbildungsbereichs erfasst wird.

151 Im Jahr 2007 lag dieser Wert bei 46,8 % in den neuen Ländern; vgl. BIBB-Datenreport 2009, Kapitel A5.4.2.

152 Vgl. auch Heine / Quast 2009b; die dort berichteten vorläufigen Ergebnisse können nach den Autoren um plus / minus 2 Prozentpunkte von den hier vorgestellten abweichen, da ihnen nur eine Teilauswahl zugrunde lag.

153 Zu den Befunden vgl. BIBB-Datenreport 2009, Kapitel A5.4.2 sowie Heine / Quast 2009a. Grundsätzlich handelt es sich bei Angaben zum angestrebten Bildungsweg stets um Absichten zum jeweiligen Befragungszeitpunkt; nicht selten werden diese in der Folgezeit abgeändert; vgl. Heine / Spangenberg / Willich 2008, S. 52 ff. für Studienberechtigte 2006. Für Ergebnisse früherer Entlassjahrgänge (2006, 2005) siehe Heine / Spangenberg / Willich 2007 und Heine / Willich 2006.

154 Je nach individueller Lebensplanung handelt es sich hier oft um mehrjährige Prozesse: So schreiben sich viele Studienberechtigte erst mehrere Jahre nach Schulabschluss an Hochschulen ein, bedingt etwa durch Ableisten eines Wehroder Ersatzdienstes, vorhergehende Berufsausbildung, etwaige Zulassungsbeschränkungen oder Unentschlossenheit beim Schulabgang, Geldverdienen zwecks Studienfinanzierung und Ähnliches.

155 Männer planen dies etwas öfter als Frauen (17 % bzw. 13 %).

156 Angaben: 28 % „ja, wahrscheinlich“ bzw. 30 % „eventuell“.

157 Deren Anteil lag allerdings bei den Entlassjahrgängen bis 1999 noch bei etwa einem Fünftel aller Studienberechtigten; vgl. Heine / Spangenberg/Sommer 2006.

158 Für frühere Entlassjahrgänge siehe Heine / Willich 2006.

159 Addierte Anteilswerte der Antwortkategorien 1 und 2 auf einer fünfstufigen Skala von 1 = „sehr große Rolle“ bis 5 = „überhaupt keine Rolle“. Den höchsten Wert erzielen hier mit 80 % die Personen in Verwaltungsfachhochschulen und Berufsakademien.

160 Auf einer Einstufungsskala von 1 = sehr bedeutend bis 6 = bedeutungslos werden hier zusammengefasst die Prozentanteile für die Antwortwerte 1 bis 3 berichtet.

161 Die möglichen Einschätzungen reichten von 1 = sehr gut bis 5 = sehr schlecht, außerdem war als Antwort „weiß nicht“ möglich.

Bibliographischer Hinweis

Internetversion des BIBB-Datenreports zum Berufsbildungsbericht 2010 - Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Hrsg.: Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn (2010).

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