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A4.4 Berufsstrukturelle Entwicklungen in der dualen Berufsausbildung

108 Im Rahmen der Dauerbeobachtungen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) werden auch berufsstrukturelle Analysen vorgenommen. Sie geben Aufschluss über Entwicklungsperspektiven im dualen System und ermöglichen u. a. die Abschätzung von Chancen für unterschiedliche Gruppen von Jugendlichen (vgl. Uhly 2010, Uhly/Troltsch 2009).109 Betrachtet werden im Folgenden Produktions- und Dienstleistungsberufe, technische Ausbildungsberufe, neue Ausbildungsberufe, zweijährige Ausbildungsberufe und Berufe nach Ausbildungsregelungen für Menschen mit Behinderung. Die Analysen erfolgen auf Basis der Berufsbildungsstatistik (Erhebung zum 31. Dezember vgl. in Kapitel A4.2.1), die sich besonders für langfristige Entwicklungen eignet. Die Statistik erfasst zudem weitere Merkmale wie die allgemeinbildenden Schulabschlüsse unter den Auszubildenden, die mit den Daten verknüpft werden können. Als Grundlage der Analysen dienen die neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge (vgl. in Kapitel A4.3). Aktuelle Entwicklungen schlagen sich darin deutlicher nieder als in den Bestandszahlen. Bestandszahlen haben zudem den Nachteil, dass in ihnen Berufe je nach Ausbildungsdauer unterschiedlich stark vertreten sind und damit die quantitative Bedeutung verzerrt wird (zweijährige Ausbildungsberufe sind i. d. R. unterrepräsentiert, dreieinhalbjährige sind eher überrepräsentiert).

Tertiarisierung der dualen Berufsausbildung

Wie im Beschäftigungssystem ist auch in der dualen Berufsausbildung der wachsende Stellenwert der Dienstleistungsberufe zu beobachten (Walden 2007). Der Anteil der Dienstleistungsberufe in der dualen Berufsausbildung liegt allerdings noch deutlich unter dem entsprechenden Wert von 70 % im Beschäftigungssystem. Dies ist z. T. bedingt durch Spezifika in der Berufsklassifikation der KldB 1992.

Außerdem erfolgt die Berufsausbildung im Bereich der mittleren Qualifikationsebene gerade im Bereich von Dienstleistungsberufen nicht nach BBiG/HwO, sondern („vollzeitschulisch“) an Berufsfachschulen, v. a. an Schulen des Gesundheitswesens.

Die Gesamtzahl der Neuabschlüsse in den Dienstleistungsberufen betrug 2011 rund 334.965. Sie unterlag im Zeitverlauf stets Schwankungen, der prozentuale Anteil ist seit 1995 jedoch von 50,1 % auf 59,2 % gestiegen. 2011 setzte dieser Anstieg erstmals aus (2010: 59,4 %) Tabelle A4.4-1.

Die gewachsene Bedeutung der Dienstleistungsberufe geht fast ausschließlich auf die Zunahme der Neuabschlüsse in den primären Dienstleistungsberufen zurück. Ihre Zahl wuchs gegenüber 1993 um rund 19 % (+19,3 %). Unter den 10 am stärksten besetzten Ausbildungsberufen des dualen Systems sind 6 primäre Dienstleistungsberufe, 2 sekundäre Dienstleistungsberufe und 2 Produktionsberufe.110

Vergleichsweise gering gegenüber den Beschäftigtenanteilen ist der Anteil der Neuabschlüsse in den sekundären Dienstleistungsberufen. 2011 beträgt er 17,6 % an allen neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen. Dieser Wert ist seit 1993 praktisch unverändert (zu Entwicklungen einzelner Berufe und Branchen innerhalb dieser Gruppe siehe Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2012, Kapitel A4.4). Mit der Modernisierung der Berufsausbildung durch Neuordnung von Ausbildungsberufen sind Erfolge erzielt worden, die auch den Bereich der sekundären Dienstleistungsberufe betreffen. So konnte sich der Anteil der Auszubildenden in den sekundären Dienstleistungsberufen insgesamt stabilisieren.

Langfristig zurückgegangen ist dagegen die Zahl der Neuabschlüsse in den Produktionsberufen. 1995 machten diese noch die Hälfte aller Neuabschlüsse aus (49,9 %). Danach fiel ihr Anteil stetig ab. Im Jahr 2011 erreichte er nur noch 40,8 %. Abgeschlossen wurden 230.856 Verträge. Gegenüber 1993 (272.907) waren dies 15,4 % Neuabschlüsse weniger Tabelle A4.4-1.

E Klassifizierung der Produktions- und Dienstleistungsberufe

Die Berufsbildungsstatistik verwendet für die Erhebung nach Einzelberufen die Klassifikation der Berufe (KldB) des Jahres 1992 (Statistisches Bundesamt 1992) (Erst ab dem Berichtsjahr 2012 erfolgt diese auf Basis der KldB 2010); die oberste Gliederungseinheit unterscheidet neben der Kategorie „sonstige Arbeitskräfte“ 5 „Berufsbereiche“. Entsprechend der Konzeption des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)111 werden in Anlehnung an Bells Konzept eines quartären Sektors (Informationsgesellschaft) nicht die 3 Bereiche Landwirtschaft, Produktion und Dienstleistung unterschieden, sondern Produktionsberufe (Landwirtschaft, Bergbau und Fertigungsberufe) von den primären und sekundären Dienstleistungsberufen abgegrenzt (vgl. Wolff 1990, S. 64).

Im Folgenden werden auf der Basis der Berufskennziffern (KldB 1992) Produktions- von primären und sekundären Dienstleistungsberufen unterschieden:

Produktionsberufe

  • I Berufe in der Land-, Tier-, Forstwirtschaft und im Gartenbau
  • II Bergleute, Mineralgewinner
  • III Fertigungsberufe ohne Berufsgruppe 52 „Warenprüfer/ Versandfertigmacher“

Primäre Dienstleistungsberufe

  • Berufsgruppe 52 „Warenprüfer/Versandfertigmacher“
  • aus V Dienstleistungsberufe: Berufsgruppen 66–68 (Warenkaufleute), 71–74 (Verkehrsberufe), 771–773 (Buchhalter; Kassenfachleute), 78–81 (Büroberufe; Ordnungs- und Sicherheitsberufe), 90–93 (Berufe der Körperpflege; Hotel- und Gaststättenberufe; Haus- und ernährungswirtschaftliche Berufe; Reinigungs- und Entsorgungsberufe)

Sekundäre Dienstleistungsberufe

  • IV Technische Berufe
  • aus V Dienstleistungsberufe: Berufsgruppen 69 und 70 (Dienstleistungskaufleute), 75 und 76 (Berufe in der Unternehmensleitung, -beratung und -prüfung), 774–776 (Fachinformatiker/-in und Mathematisch- technische/-r Softwareentwickler/-in), 7791 (IT-Kaufleute), 82–89 (Schriftwerkschaffende, -ordnende und künstlerische Berufe; Gesundheitsdienstberufe; Sozial- und Erziehungsberufe)112

Eine vollständige Liste der Produktions- und Dienstleistungsberufe findet sich unterListe der Produktions- und Dienstleistungsberufe im dualen System (BBiG bzw. HwO), Deutschland 2011

Unter sekundären Dienstleistungstätigkeiten werden Tätigkeiten zusammengefasst, die auch als „Kopf-“ oder „Wissensarbeit“ bezeichnet werden; es handelt sich um Berufe mit den Tätigkeitsschwerpunkten Forschen, Entwickeln, Organisieren, Managen, Betreuen, Pflegen, Beraten, Lehren und Publizieren (vgl. Kupka/Biersack 2005). Unter die primären Dienstleistungsberufe fallen Berufe mit den Tätigkeitsschwerpunkten: Handels- und Bürotätigkeiten sowie allgemeine Dienste wie Reinigen, Bewirten, Lagern, Transportieren. Aufgrund von Plausibilitätsüberlegungen, Analysen auf Basis der Berufsbildungsstatistik (Uhly 2007) und Analysen der BIBB/ BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2006 (Hall 2007), die eine Modifikation der Berufszuordnung ergeben haben, weicht die Abgrenzung teilweise von der IAB-Einteilung113 ab (vgl. Uhly/Troltsch 2009). Diese Berufsgruppe entspricht nicht der Berufsgruppe der wissensintensiven Berufe nach Tiemann (2010), der sowohl unter den Dienstleistungsberufen als auch den Produktionsberufen wissensintensive Berufe abgrenzt.

Frauen sind in den Dienstleistungsberufen mit 60,2 % (2011) deutlich überrepräsentiert, Männer hingegen sind es mit einem Anteil von 88,0 %, in den Produktionsberufen. Die Tertiarisierung verläuft jedoch keinesfalls zuungunsten der Männer. Vielmehr ist der Männeranteil innerhalb der Dienstleistungsberufe zwischen 1993 und 2011 von 28,3 % auf 39,8 % deutlich gestiegen. Schlossen 1993 noch 84.402 Männer einen neuen Ausbildungsvertrag in einem Dienstleistungsberuf ab, so waren es 2011 133.272. Während die Neuabschlüsse in den sekundären Dienstleistungsberufen bei den Frauen sinkende Tendenzen aufweisen, steigt ihre Zahl bei den Männern Tabelle A4.4-1. Dies gilt auch in den primären Dienstleistungsberufen: Die Neuabschlusszahlen der Frauen schwanken, liegen 2011 aber kaum höher als zu Beginn der 1990er-Jahre. Die Zahl der Männer dagegen erhöhte sich im gleichen Zeitraum merklich Schaubild A4.4-1. Ihre zwischen 1993 und 2011 gestiegenen Neuabschlusszahlen in den Dienstleistungsberufen (+48.870) haben den Rückgang in den Produktionsberufen (-38.169) mehr als kompensiert. So sind trotz der Tertiarisierung die Frauen- und Männeranteile im dualen System seit 1993 kaum verändert (vgl. Kapitel A4.2.1).

Tabelle A4.4-1: Neu abgeschlossene Ausbildungsverträge in Produktions- und Dienstleistungsberufen1, Bundesgebiet 19802 und 1993 bis 20113
Tabelle A4.4-1 (barrierefrei)


Tabelle A4.4-1

Schaubild A4.4-1: Neu abgeschlossene Ausbildungsverträge in Produktions- und Dienstleistungsberufen1 nach Geschlecht, Bundesgebiet 1993 bis 2011

Schaubild A4.4-1

Duale Berufsausbildung in technischen Ausbildungsberufen

Mit rund 145.686 Verträgen wurde bei den Technikberufen gegenüber dem Vorjahr ein Zuwachs von 9,2 % registriert. Ihr Anteil an den Neuabschlüssen liegt 2011 bei 25,7 %. Modernisierungsbemühungen der dualen Berufsausbildung haben seit Mitte der 1990er-Jahre dazu geführt, dass die stark zurückgegangenen Neuabschlusszahlen wieder angestiegen sind. Dies zeigte sich insbesondere in den Technikberufen Tabelle A4.4-2. Der prozentuale Anteil der Technikberufe an den Neuabschlüssen bewegt sich seit 1998 zwischen 24 % und 26 %.

E Technische Ausbildungsberufe

Hier wird eine breiter gefasste Abgrenzung von technischen Ausbildungsberufen als die des Berufsbereichs IV der Klassifikation der Berufe des Statistischen Bundesamtes herangezogen, denn diese ist eng begrenzt auf Ingenieure, Chemiker, Physiker, Mathematiker sowie Techniker und technische Sonderfachkräfte. Technische Berufe des Berufsbereichs der Fertigungsberufe sind dort nicht enthalten. Auch in der Fachliteratur findet sich keine konkrete Definition der technischen Berufe des gewerblich-technischen Bereichs. Die hier verwendete Berufsauswahl basiert auf der im Bericht zur technologischen Leistungsfähigkeit des Jahres 2002 (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2003, S. 12 ff.) zugrunde gelegten Abgrenzung (vgl. auch Troltsch 2004), die in 2 Einzelstudien (Uhly 2005 und 2007b) fortgeführt wurde. Technische Ausbildungsberufe sind demnach solche, deren Tätigkeits- und Kenntnisprofile hohe Technikanteile (z. B. hohe Anteile von Überwachen, Steuern von Maschinen, Anlagen, technischen Prozessen etc.) ergeben haben.

vollständige Liste der technischen Ausbildungsberufe

Die Geschlechterverteilung in den technischen Ausbildungsberufen weist wenige Veränderungen auf. Der Frauenanteil schwankt seit 1993 zwischen 10 % und 12 %. 2011 lag er bei 11,5 %. Trotz vielfältiger Maßnahmen zur Förderung der Ausbildung von Frauen in technischen Berufen konnte ihr Anteil nicht erhöht werden (vgl. hierzu auch Uhly 2007b, S. 22 ff.). Insgesamt zeigen sich seit Mitte der 1980er- Jahre nahezu unveränderte berufsstrukturelle Unterschiede bei weiblichen und männlichen Auszubildenden (von wenigen Ausnahmen in einzelnen Ausbildungsberufen abgesehen). Es lässt sich folglich von geschlechtsspezifischer Segregation sprechen (vgl. Kapitel A4.2.1).

Tabelle A4.4-2: Neu abgeschlossene Ausbildungsverträge in technischen Ausbildungsberufen1,Bundesgebiet 19802 und 1993 bis 20113
Tabelle A4.4-2 (barrierefrei)


Tabelle A4.4-2

Modernisierung der dualen Berufsausbildung

Als neue duale Ausbildungsberufe werden nachfolgend die Berufe des dualen Systems betrachtet, die seit 1996 neu geschaffen wurden. Seit 1996 wurde die Modernisierung der dualen Berufsausbildung durch die Neuordnung von Ausbildungsberufen intensiviert. Hintergrund war die „Diskussion um die qualifikatorischen Konsequenzen aus den Entwicklungen in strategisch bedeutsamen Technologien, dem Sprung von der Industrie- zur Informations- und Wissensgesellschaft, der Globalisierung des Wirtschaftens und der damit verbundenen Umgestaltung der Arbeitsorganisation“ (Bundesinstitut für Berufsbildung 1998, S. 1). Im Jahr 1999 einigten sich die Sozialpartner auf eine Fortführung dieser Modernisierungsoffensive. Seit 1996 wurden 82 Ausbildungsberufe neu geschaffen. In diesen Berufen wurden im Jahr 2011 65.676 Ausbildungsverträge neu abgeschlossen Tabelle A4.4-3. Dies entspricht einem prozentualen Anteil von 11,6 % an allen Neuabschlüssen. Der Anteil war bis 2008 stetig gestiegen. Mit dem aktuellen Wert setzt sich der nur in 2009 und 2010 unterbrochene Anstieg nun weiter fort.

Der Beruf Fachinformatiker/-in ist mit 9.843 Neuabschlüssen auch 2011 der am stärksten besetzte neue Ausbildungsberuf, gefolgt vom Beruf Mechatroniker/-in mit 7.653 Neuabschlüssen. Mit deutlichem Abstand folgen die Ausbildungsberufe Automobilkaufmann/-kauffrau mit 4.353 Neuabschlüssen und Mediengestalter/-in Digital und Print (3.828). Insgesamt bleibt ein Großteil der neuen Ausbildungsberufe auch nach einigen Jahren vergleichsweise gering besetzt. Eine Konzentration auf wenige Ausbildungsberufe ist jedoch nicht allein bei den neuen Ausbildungsberufen, sondern in der dualen Berufsausbildung insgesamt zu beobachten. In ca. zwei Drittel aller staatlich anerkannten Ausbildungsberufe bzw. dualen Ausbildungsberufe in Erprobung werden jeweils weniger als 500 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen; in den 20 am stärksten besetzten Berufen finden sich mehr als die Hälfte aller Jugendlichen mit neu abgeschlossenem Ausbildungsvertrag.

Die Neuabschlusszahlen in den einzelnen neuen Ausbildungsberufen entwickeln sich nach Inkrafttreten unterschiedlich. Im Beruf Mechatroniker/-in ist die Zahl der Neuabschlüsse seit 1998 nahezu stetig gestiegen. 2009 ging die Zahl der Neuabschlüsse zeitweise zurück, knüpft 2011 aber wieder an hohe Werte an. Die Neuabschlusszahlen der beiden Berufe Automobilkaufmann/ -kauffrau und Fahrzeuglackierer/-in sind bis 2007 gleichermaßen auf einem relativ hohen Niveau verblieben und gingen beide in den Jahren 2008 und 2009 zurück. In den Jahren 2010 und 2011 steigt die Zahl bei Automobilkaufmann/-kauffrau, bei Fahrzeuglackierer/-in sinkt sie hingegen. In den Berufen Fachinformatiker/-in (neu seit 1997) sowie Mediengestalter/-in Digital und Print (Vorgängerberuf Mediengestalter/-in für Digital- und Printmedien) (neu seit 1998) ist die Neuabschlusszahl nach einem anfänglich starken Anstieg bis auf 10.506 bzw. 5.484 neu abgeschlossene Ausbildungsverträge in den Jahren 2002 bis 2005 stark eingebrochen; seither schwanken sie deutlich stärker als die Neuabschlusszahlen in den dualen Ausbildungsberufen insgesamt. Auch bei den anderen IT-Berufen sind seit 2002 starke Rückgänge zu verzeichnen, die bis 2010 anhalten und lediglich durch vergleichsweise geringe Zuwächse in einzelnen Jahren gemindert werden. 2011 ist hier unter den meisten IT-Berufen nur ein leichter Anstieg zu beobachten. Der stärkere Zuwachs bei den Fachinformatikern hebt aber den Schnitt der Gruppe insgesamt. Eine positive Entwicklung der Zahl neu abgeschlossener Ausbildungsverträge (allenfalls unterbrochen durch Rückgänge in einzelnen Jahren) kann in folgenden relativ stark besetzten neuen Berufen beobachtet werden: Sport- und Fitnesskaufleute, Veranstaltungskaufleute, Kaufleute im Gesundheitswesen, Maschinen- und Anlagenführer/-in sowie Kraftfahrzeugservicemechaniker/-in. Allerdings sanken zuletzt die Neuabschlusszahlen im Beruf Kraftfahrzeugservicemechaniker/-in.

Tabelle A4.4-3: Neu abgeschlossene Ausbildungsverträge in den seit 1996 neu geschaffenen dualen Ausbildungsberufen1, Bundesgebiet 1996 bis 2011 (Teil 1)
Tabelle A4.4-3 (barrierefrei)


Tabelle A4.4-3 (Teil1)

Tabelle A4.4-3: Neu abgeschlossene Ausbildungsverträge in den seit 1996 neu geschaffenen dualen Ausbildungsberufen1, Bundesgebiet 1996 bis 2011 (Teil 2)


Tabelle A4.4-3 (Teil 2)

Tabelle A4.4-3: Tabelle A4.4-3: Neu abgeschlossene Ausbildungsverträge in den seit 1996 neu geschaffenen dualen Ausbildungsberufen1, Bundesgebiet 1996 bis 2011 (Teil 3)


Tabelle A4.4-3 (Teil 3)

Die Entwicklung zweijähriger Ausbildungsberufe

In den letzten 10 Jahren wurde verstärkt das Ziel verfolgt, zweijährige114 („theoriegeminderte“) Ausbildungsberufe speziell für Jugendliche mit schlechten Startchancen zu schaffen (Kath 2005, Bundesministerium für Bildung und Forschung 2005). Das Potenzial dieser Berufe zur Verbesserung der Chancen der Jugendlichen wird allerdings kontrovers diskutiert (vgl. Uhly/Kroll/Krekel 2011, S. 5 f.). Seit 2003 sind 12 neue Ausbildungsordnungen für zweijährige Ausbildungsberufe in Kraft getreten, 6 weitere wurden modernisiert. Staatlich anerkannte Ausbildungsberufe oder Ausbildungsberufe in Erprobung, deren Ausbildungsordnung eine zweijährige Ausbildungsdauer vorsieht, umfassten im Jahr 2011 51.660 Neuabschlüsse und bildeten damit einen Anteil von 9,3 % Tabelle A4.4-4.115 

In den 1980er-Jahren lag der Anteil zweijähriger Ausbildungsberufe in den alten Ländern noch höher (1980: 13,8 %). Mit dem Wegfall sogenannter gestufter Ausbildungen bei den Elektroberufen im Jahr 1987 ging ihr Anteil bis Mitte der 1990er-Jahre auf unter 3 % stark zurück (siehe auch Musekamp 2009, S. 152). Seit 1995 steigt der Anteil der zweijährigen Ausbildungsberufe des dualen Systems wieder, v. a. in den Jahren 2003 bis 2006. In Westdeutschland fällt er mit 8,8 % (2011) aber deutlich geringer aus als in Ostdeutschland (12,6 %). Der am stärksten besetzte zweijährige Ausbildungsberuf ist mit 27.543 Neuabschlüssen der Beruf Verkäufer/-in. Es folgen mit deutlichem Abstand die Berufe Fachlagerist/-in (6.081), Maschinen- und Anlagenführer/-in (3.615), Fachkraft im Gastgewerbe (3.195), Kraftfahrzeug-Servicemechaniker/-in (1.722), Hochbaufacharbeiter/-in (1.263), Fachkraft für Kurier-, Express- und Postdienstleistungen (1.233), Teilezurichter/-in (1.221), Tiefbaufacharbeiter/-in (1.218) und Bauten- und Objektbeschichter/-in (1.167).

Die überwiegende Mehrheit (ca. 97 %) der Jugendlichen, die im Jahr 2011 in einem zweijährigen Ausbildungsberuf einen Ausbildungsvertrag abgeschlossen haben, befindet sich in einem Beruf, dessen Ausbildungsordnung die Möglichkeit der Anrechnung der Ausbildung in einem i. d. R. dreibzw. dreieinhalbjährigen Ausbildungsberuf vorsieht.116 Allerdings ist hierbei zu beachten, dass die Berufsbildungsstatistik nicht erfasst, ob die Ausbildung nach Abschluss der zweijährigen Berufsausbildung auch wirklich fortgeführt wird. Um echte Ausbildungsverläufe zu ermitteln, wäre eine feste Personennummer notwendig. Seit dem Berichtsjahr 2008 wird aber die Zahl der Anschlussverträge ermittelt.117 Eine exakte Zahl lässt sich auf Basis der Berufsbildungsstatistik allerdings nicht berechnen. Der ermittelte Wert kann lediglich als Höchstwert betrachtet werden und eine Überschätzung darstellen (vgl. Uhly 2011). Von allen Neuabschlüssen des Jahres 2011 lassen sich maximal 9.684118 Verträge als Anschlussverträge ausmachen. 2011 sind es demnach maximal 27 % der Absolventen zweijähriger Ausbildungsberufe mit Fortführungsmöglichkeit, die ihre Ausbildung tatsächlich fortführen. Dieser Anteil fällt relativ gering aus. Vertiefende Analysen der zweijährigen Berufe auf Basis der Berufsbildungsstatistik sowie der BIBB-Erhebung über neu abgeschlossene Ausbildungsverträge zum 30. September für das Berichtsjahr 2009 ergaben, dass der Fortführungsanteil innerhalb der einzelnen zweijährigen Berufe deutlich variiert, jedoch in keinem Beruf über 50 % liegt (vgl. Uhly/Kroll/ Krekel 2011). Trotz neuer und differenzierterer Analysemöglichkeiten können anhand der beiden genannten Erhebungen viele der z. T. kontrovers geführten Argumente in der Diskussion um zweijährige Ausbildungsberufe nicht abschließend geklärt werden.119

Tabelle A4.4-4: Anteil der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge in zweijährigen Ausbildungsberufen1 an allen Neuabschlüssen, Westdeutschland 1980 und 1993 bis 2011, Ostdeutschland und Bundesgebiet 1993 bis 20112
Tabelle A4.4-4 (barrierefrei)


Tabelle A4.4-4

Die Entwicklung der Ausbildungsberufe für Menschen mit Behinderung

Im Jahr 2011 wurden in Berufen für Menschen mit Behinderung (§ 66 BBiG und § 42m HwO) 11.625 Ausbildungsverträge neu abgeschlossen (Bestand am 31. Dezember 2011: 32.031 Auszubildende). Der Anteil an den Neuabschlüssen lag bei 2,1 % Tabelle A4.4-5.

E Duale Ausbildungsberufe für Menschen mit Behinderung

Im Regelfall sollen „behinderte Menschen … in anerkannten Ausbildungsberufen ausgebildet werden“ (§ 64 BBiG). Nur wenn aufgrund der Behinderung eine Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf nicht infrage kommt, sollen Menschen mit Behinderung nach besonderen Regelungen ausgebildet werden. Bei diesen Ausbildungsberufen handelt es sich um Berufe mit speziellen Ausbildungsregelungen der zuständigen Stellen (§ 66 BBiG bzw. § 42m HwO) (vgl. Kapitel A4.10).

Bei den Daten der Berufsbildungsstatistik ist zu beachten, dass kein personenbezogenes Merkmal zur Behinderung erhoben wird. Erfasst wird lediglich, ob es sich bei den jeweiligen Meldungen der Ausbildungsverträge um staatlich anerkannte Ausbildungsberufe (bzw. duale Ausbildungsberufe in Erprobung) oder um Ausbildungsgänge gemäß einer Regelung der zuständigen Stellen für Menschen mit Behinderung handelt.

In Ostdeutschland liegt der Anteil der Neuabschlüsse in den Berufen für Menschen mit Behinderung seit 1993 mehr als doppelt so hoch wie in Westdeutschland. Er stieg insbesondere in den Jahren 1993 bis 1996 und 1998 bis 2003 auf Höchstwerte von bis zu 5,5 %. Seit 2005 geht der Anteil dieser Berufsgruppe wieder zurück, 2011 beträgt er 4,4 %. In Westdeutschland stieg der Anteil bis 2004 an und liegt seither bei ca. 2 % (2011: 1,7 %).

Die Ausbildungssituation von Menschen mit Behinderung im dualen System kann auf Basis der Berufsbildungsstatistik nicht analysiert werden, da diese lediglich eine berufsbezogene Betrachtung ermöglicht. Ein personenbezogenes Merkmal zur Behinderung wird nicht erfasst. Menschen mit Behinderung werden auch in den staatlich anerkannten Ausbildungsberufen ausgebildet, das BBiG sieht dies sogar als Regelfall vor (§ 64 BBiG).

(Naomi Gericke)

Tabelle A4.4-5: Anteil der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge in Berufen für Menschen mit Behinderung1, Bundesgebiet, Westdeutschland und Ostdeutschland 1993 bis 20112,
in % der Neuabschlüsse


Tabelle A4.4-5

Fußnoten

108 Dieses Kapitel ist eine Fortschreibung des Kapitels A4.4 von Alexandra Uhly im Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2012.

109 Dies Die Besetzung dualer Ausbildungsberufe, die traditionell mit überwiegend Frauen oder Männern besetzt werden, erfolgt auf Basis der Bestandszahlen an Auszubildenden in Kapitel A4.2.1. In den ersten Jahren der Berufsbildungsstatistik lagen Angaben zum Geschlecht nur für Bestandszahlen vor.

110 Dies Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel, Verkäufer/-in, Bürokaufmann/-kauffrau, Industriekaufmann/-kauffrau, Kaufmann/Kauffrau im Groß- und Außenhandel, Friseur/-in sind primäre Dienstleistungsberufe; Medizinische/-r Fachangestellte/-r und Bankkaufmann/-kauffrau sind den sekundären Dienstleistungsberufen zugeordnet; Industriemechaniker/-in und Kraftfahrzeugmechatroniker/-in zählen zu den Produktionsberufen.

111 Dies Siehe Berufsgliederung des IAB

112 Dies 3 Ausbildungsberufe für Menschen mit Behinderung werden trotz einer Berufskennziffer entsprechend den sekundären Dienstleistungsberufen aufgrund der Tätigkeitsbeschreibungen den primären Dienstleistungsberufen zugeordnet (Assistent/-in in sozialen Einrichtungen, Fachhelfer/-in für personale Dienstleistungen und Fachkraft für Medien- und Informationsdienste).

113 Dies Dienstleistungskaufleute werden dort den primären Dienstleistungsberufen zugerechnet. Außerdem werden in der Zuordnung des IAB die Berufe der Körperpflege (Friseur/-in und Kosmetiker/-in) unter den sekundären und Datenverarbeitungsfachleute/ Informatiker unter den primären Dienstleistungsberufen erfasst.

114 Dies Innerhalb des dualen Systems machen die dreijährigen Ausbildungsberufe den größten Anteil aus. Neben den zweijährigen Ausbildungsberufen bestehen – insbesondere im Bereich der Metall- und Elektroberufe – auch Ausbildungsberufe, deren Ausbildungsordnung eine Ausbildungsdauer von 42 Monaten vorsehen (dreieinhalbjährige Ausbildungsberufe). Das BIBB hat auch zu den dreieinhalbjährigen Ausbildungsberufen Sonderanalysen auf Basis verschiedener Statistiken und Erhebungen durchgeführt (siehe Frank/Walden 2012).

115 Dies Alle Werte zu den zweijährigen Ausbildungsberufen beziehen sich ausschließlich auf die staatlich anerkannten dualen Ausbildungsberufe und die dualen Ausbildungsberufe in Erprobung; die Berufe nach Ausbildungsregelungen für Menschen mit Behinderung (nach § 66 BBiG bzw. § 42m HwO) sind nicht einbezogen.

116 Dies Neben den dualen Berufen für Menschen mit Behinderung sind hierbei auch die Neuabschlüsse des Ausbildungsberufs Teilezurichter/-in nicht einbezogen, obwohl für diesen in der Praxis auch Fortführungsregelungen bestehen, z. B. das 1999 entwickelte Projekt Südwestmetall gemeinsam mit der Arbeitsagentur, dem DGB, der Industrie- und Handelskammer und der Jugendhilfe Ortenau e. V.. Es liegt für den aus dem Jahr 1939 stammenden Beruf jedoch keine bundeseinheitliche Ausbildungsordnung vor. Es handelt sich hierbei um einen Beruf nach § 104 Absatz 1 BBiG bzw. § 122 Absatz 4 HwO.

117 Dies Sie wird als Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge in potenziellen Fortführungsberufen mit einer entsprechend kürzeren Vertragsdauer und dem Vorliegen einer vorherigen abgeschlossenen dualen Berufsausbildung der Auszubildenden berechnet (vgl. Kapitel A4.3). Somit kann der rechnerische Anteil der Anschlussverträge an den Ausbildungsabsolventen in zweijährigen Ausbildungsberufen als näherungsweise Berechnung des Anteils derer herangezogen werden, die eine zweijährige Ausbildung in einem dualen Ausbildungsberuf fortführen.

118 Dies Im Rahmen der BIBB-Erhebung über neu abgeschlossene Ausbildungsverträge werden deutlich weniger Anschlussverträge gemeldet; allerdings gibt es Hinweise darauf, dass dort die Anzahl der Anschlussverträge untererfasst ist (vgl. Kapitel A4.3 sowie Uhly 2011).

119 Dies Zur Einschätzung der Zukunftschancen zweijähriger Ausbildungsberufe und der genauen Bildungs- und Erwerbschancen der Auszubildenden dieser Berufe sind berufsspezifische Evaluationsstudien erforderlich (vgl. Becker u. a. 2012, Musekamp/Spöttl/Becker 2011, Weber 2009, Gruber/Weber 2007). Eine vom BIBB in Auftrag gegebene Evaluationsstudie des Berufsbildungsinstituts Arbeit und Technik der Universität Flensburg (biat) und des Instituts Technik und Bildung der Universität Bremen (ITB) für den Beruf Kraftfahrzeugservicemechaniker/-in kommt zu der Schlussfolgerung, dass „vonseiten der Betriebe in der Branche kaum Zukunftschancen eingeräumt [werden]. Deshalb sollte er als eigenständiger Ausbildungsberuf nicht weiter fortbestehen und in den dreieinhalbjährigen Ausbildungsberuf des Kfz-Mechatronikers integriert werden“ (BIBB-Pressemitteilung 48/2011, vgl. Becker u. a. 2012).

Bibliografischer Hinweis

Internetversion des BIBB-Datenreports zum Berufsbildungsbericht 2013 - Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Hrsg.: Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn (2013).

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