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DATENREPORT ZUM BERUFSBILDUNGSBERICHT 2013

A1.1 Ausbildungsplatzangebot und -nachfrage

Ausgangslage der Ausbildungsmarktentwicklung 2012

Angebotsseite (ausbildungsinteressierte Betriebe und sonstige Anbieter)

Die Ausbildungsplätze innerhalb des dualen Berufsausbildungssystems werden im Wesentlichen von Betrieben und Praxen bereitgestellt, die ihre Waren und Dienstleistungen auf Märkten anbieten und sich auf diesen Märkten behaupten müssen. Die Wirtschaftskonjunktur nimmt somit nicht nur auf den Umsatz dieser Unternehmen Einfluss, sondern auch auf ihren Personalbedarf und – damit verbunden – auf die Höhe ihres Ausbildungsangebots (vgl. hierzu Kapitel A4.11.4, Troltsch/Walden 2010, Troltsch/ Gerhards/Mohr 2012). Im Laufe des Jahres 2012 schwächte sich die Konjunktur ab. Wurde für das erste Quartal noch eine Steigerung des Bruttoinlandsprodukts um 1,7 % registriert (Anstieg im ersten Quartal 2011: +5,2 %), verflachte der Zuwachs im zweiten (0,5 %) und dritten Quartal (0,4 %).4 Zugleich sanken, wie die monatlichen ifo-Geschäftsklimaindizes zeigten, das Geschäftsklima und die Geschäftserwartungen der gewerblichen Wirtschaft ab Mitte des Jahres deutlich.5

Die nachlassende Konjunktur dürfte dazu beigetragen haben, dass die Zahlen der betrieblichen Berufsausbildungsstellen, die die Unternehmen, Praxen und der öffentliche Dienst der Arbeitsverwaltung6 zwischen März und September zur Vermittlung meldeten, gegen Ende des Berichtsjahres immer deutlicher gegenüber den entsprechenden Vorjahreszahlen zurückblieben. So wurden im Juni 2012 im Vergleich zum Vorjahresmonat 2.200 Stellen weniger gemeldet, im Juli waren es 1.800 Plätze, im August 10.200 und im September 700 Stellen weniger. Hatte sich das Plus bei den Stellenmeldungen seit Oktober 2011 über die Monate hinweg bis Ende Mai auf rund 24.500 summiert, lag es Ende September nur noch bei 9.700 (Bundesagentur für Arbeit 2012e).7

Ein kleinerer Teil der dualen Berufsausbildung wird im Zusammenhang mit der Ausbildung von Jugendlichen mit spezifischem Förderbedarf – u. a. sozial benachteiligte Jugendliche, Jugendliche mit Lernbeeinträchtigungen, Jugendliche mit Behinderungen – überwiegend öffentlich finanziert (vgl. §§ 73–78, 115–117 SGB III). Sie wird umgangssprachlich häufig auch als „außerbetriebliche Berufsausbildung“ bezeichnet. Im Zuge der aus demografischen Gründen stark sinkenden Zahl der ausbildungsinteressierten Jugendlichen und – damit einhergehend – der verbesserten Ausbildungsmarktlage für die Jugendlichen wurde die Zahl der außerbetrieblichen Ausbildungsstellen in den letzten Jahren jedoch stark verringert (Bundesagentur für Arbeit 2012b).

Dieser Abbau wurde 2012 fortgesetzt und betraf wiederum insbesondere den Osten Deutschlands. In den neuen Ländern und Berlin sank die Zahl der der Arbeitsverwaltung zur Vermittlung bereitgestellten außerbetrieblichen Berufsausbildungsstellen auf nur noch 10.200 (Bundesagentur für Arbeit 2012c).8 Im Jahr 2007 waren es noch 49.300 Stellen gewesen; damals war im Osten die Zahl der registrierten Ausbildungsstellenbewerber allerdings auch noch mehr als doppelt so hoch wie 2011 (2007: 186.400, 2012: 92.400). Maßgeblich für den starken Abbau war vor allem das Auslaufen des Bund-Länder-Ausbildungsplatzprogramms Ost, mit dem die bis vor einigen Jahren noch deutlich geringeren Ausbildungsmarktchancen ostdeutscher Jugendlicher kompensiert werden sollten. Dieses Programm richtete sich an marktbenachteiligte Jugendliche (vgl. Berger/Braun/ Schöngen 2007). Doch auch im Westen sank die Zahl der von der Arbeitsverwaltung registrierten außerbetrieblichen Ausbildungsstellen, wenn auch nicht so stark wie im Osten. 2012 belief sich ihr Umfang auf 28.300 (Bundesagentur für Arbeit 2012d); 2007 waren es noch 38.800 gewesen.

Die oben dargestellten Entwicklungen führten dazu, dass sich das Ausbildungsplatzangebot im Jahr 2012 nicht so positiv entwickelte, wie noch im Frühjahr vonseiten der Wirtschaft und Forschung erhofft worden war. So hatte der Deutsche Industrie- und Handelskammertag aus der Auswertung seiner Frühjahrsumfrage den Schluss gezogen, es sei mit einer Steigerung des betrieblichen Ausbildungsangebots zu rechnen. Denn während 21 % der 14.500 befragten Unternehmen beabsichtigten, mehr Ausbildungsplätze als 2011 anzubieten, wollten nur 18 % ihr Angebot reduzieren (Deutscher Industrie- und Handelskammertag 2012, S. 7). PROSIMA, das „Ökonometrische Prognose- und Simulationsmodell des Ausbildungssystems“ des BIBB zur Vorbereitung des jährlichen Berufsbildungsberichts, hatte bei seiner Vorausschätzung der Ausbildungsangebotsentwicklung für 2012 eine Wachstumsrate des realen Bruttoinlandsprodukts von 1,0 % angenommen (vgl. BIBB-Datenreport 2012, Kapitel A2) und rechnete mit einem Ausbildungsplatzangebot in 2012 zwischen 587.000 und 625.000 (Mittelwert: 606.000).9 Tatsächlich aber fiel das Ausbildungsplatzangebot in 2012 noch etwas niedriger als der untere Wert des Schätzintervalls aus (vgl. Kapitel A2).

Nachfrageseite (ausbildungsinteressierte Jugendliche)

Ausbildungsinteressierte Jugendliche stammen aus verschiedenen Gruppen:

  • aus dem Kreis der aktuellen Abgänger und Absolventen aus allgemeinbildenden Schulen,
  • aus dem Kreis der aktuellen Abgänger und Absolventen aus (teilqualifizierenden) beruflichen Schulen sowie
  • aus Bewerbern, welche ihre Schulzeit bereits in früheren Jahren beendet hatten (sogenannte „Altbewerber“).

2012 nahm die Zahl der Personen in allen Gruppen ab Tabelle A1.1-1. Die Zahl der nicht studienberechtigten Abgänger und Absolventen aus allgemeinbildenden Schulen, Hauptklientel der dualen Berufsausbildung, sank nach den jüngsten Schätzungen um 8.500 bzw. 1,6 %. Die Zahl der studienberechtigten Absolventen stagnierte auf dem hohen Niveau des Vorjahres.

Bei den Abgängern und Absolventen aus den teilqualifizierenden beruflichen Schulen ging insbesondere die Zahl derjenigen zurück, die ein Berufsvorbereitungs- (BVJ), ein Berufsgrundbildungsjahr (BGJ) bzw. eine Berufsfachschule (BFS) besucht hatten (-5.800 bzw. -2,3 %), während die Absolventen- und Abgängerzahl aus Fachgymnasien (FGYM) und Fachoberschulen (FOS) nur marginal sank (-900 bzw. -0,7 %). Rückläufig waren auch die Altbewerberzahlen, also die Zahlen der registrierten Ausbildungsstellenbewerber, die ihre Schulzeit bereits vor einem Jahr (-4.500 bzw. -4,4 %) oder noch früher (-2.000 bzw. -1,5 %) beendet hatten.

Die Entwicklung verlief jedoch unterschiedlich in West und Ost. So nahm im Osten die Zahl der Abgänger und Absolventen aus allgemeinbildenden Schulen zu, nicht nur bei den Studienberechtigten (+11.800 bzw. +33,1 %) insbesondere als Folge doppelter Abiturientenjahrgänge in Berlin und Brandenburg, sondern auch bei den nicht studienberechtigten Abgängern und Absolventen (+3.300 bzw. +5,1 %). Die demografischen Effekte aus der Wendezeit, die in den letzten Jahren den großen Einbruch der Ausbildungsplatznachfrage verursacht hatten, wirkten 2012 im Osten nur noch bei den Abgängern und Absolventen aus den beruflichen Schulen (BVJ, BGJ, und BFS: -2.400 bzw. -12,0 %; FOS und FGYM: -1.900 bzw. -11,3 %) bzw. bei den registrierten Ausbildungsstellenbewerbern nach, die die Schulen schon ein Jahr zuvor (-1.400 bzw. -8,1 %) oder aber noch früher (-700 bzw. -2,4 %) verlassen hatten.

Im Westen ging die Zahl der nicht studienberechtigten Abgänger und Absolventen aus allgemeinbildenden Schulen um 11.800 bzw. 2,5 % zurück, die Zahl der Studienberechtigten ungeachtet der doppelten Abiturientenjahrgänge in Bremen und Baden-Württemberg um 11.900 bzw. 4,2 %.10 Die Abgänger- und Absolventenzahl aus dem BVJ, BGJ bzw. den berufsfachschulischen Bildungsgängen fiel um 3.300 bzw. 1,5 % niedriger aus als im Vorjahr. Dagegen stieg die Zahl der Jugendlichen, die eine Fachoberschule bzw. ein Fachgymnasium verließen, um 1.000 bzw. 1,0 %. Wie im Osten waren auch im Westen die Altbewerberzahlen rückläufig. Die Zahl der registrierten Ausbildungsstellenbewerber, die ihre Schulzeit bereits vor einem Jahr beendet hatten, sank um 3.100 bzw. 3,6 %, die Zahl der Altbewerber mit noch früherem Schulentlassjahr um 1.200 bzw. 1,2 %.

Nicht alle Personen aus den oben genannten Kreisen streben eine duale Berufsausbildung an. Die Zahl der ausbildungsinteressierten Personen, die sich im Laufe eines Berichtsjahres als Ausbildungsplatznachfrager bzw. Ausbildungsstellenbewerber zu erkennen geben , liegt deutlich niedriger. Sie sank bundesweit um 8.600 bzw. 1,0 % auf 824.600. Vom Rückgang waren sowohl der Westen (-5.000 bzw. -0,7 %) als auch der Osten (-3.600 bzw. -2,9 %) betroffen Tabelle A1.1-1. Die im Osten wieder steigenden Schulabgängerzahlen aus den allgemeinbildenden Schulen vermochten somit die negativen Effekte auf das Ausbildungsinteresse, die aus den sinkenden Absolventenzahlen der beruflichen Schulen und aus sinkenden Altbewerberzahlen resultieren, nicht vollständig auszugleichen.

Die Zahl der institutionell erfassten, ausbildungsinteressierten Personen stellt eine wichtige Größe dar, um das Nachfragepotenzial nach dualer Berufsausbildung abzubilden (Ulrich 2012a; Ulrich 2013). Sie ist allerdings rechnerisch nicht mit der Ausbildungsplatznachfrage identisch. Die Ausbildungsplatznachfrage bildet lediglich eine Teilmenge. Denn bei der Ermittlung des Umfangs der Ausbildungsplatznachfrage werden zu den erfolglosen Ausbildungsplatznachfragern nicht alle registrierten Ausbildungsstellenbewerber hinzugerechnet, für die bis zum Stichtag 30. September kein Eintritt in eine Berufsausbildungsstelle festgestellt werden konnte. Berücksichtigt werden lediglich jene Bewerber ohne Einmündung in Berufsausbildungsstellen, die auch noch zum Stichtag 30. September auf Ausbildungsplatzsuche sind und für die auch noch zu diesem Zeitpunkt die Vermittlungsbemühungen weiterlaufen . Zu diesem Zeitpunkt hat jedoch schon ein Teil der Bewerber seinen Vermittlungswunsch aufgegeben bzw. auf ein späteres Ausbildungsjahr verschoben (Ulrich u. a. 2012, S. 17).

Im Rahmen der offiziellen Bilanzierung des Ausbildungsmarktes werden somit nur jene erfolglosen Marktteilnehmer berücksichtigt, die auch noch zum Stichtag 30. September aktive Marktteilnehmer sind.

Tabelle A1.1-1: Entwicklung der Zahl der Abgänger und Absolventen aus allgemeinbildenden und beruflichen Schulen, der registrierten Ausbildungsstellenbewerber aus früheren Schulentlassjahrgängen und der institutionell erfassten ausbildungsinteressierten Personen
Tabelle A1.1-1 (barrierefrei)


Tabelle A1.1-1

Angebot und Nachfrage zum Stichtag 30. September

Ausbildungsplatzangebot

Nach der offiziellen Ausbildungsmarktbilanzierung mit Stichtag 30. September wurden 2012 in Deutschland 584.500 Ausbildungsplätze innerhalb des dualen Berufsausbildungssystems angeboten, 14.500 bzw. 2,4 % weniger als im Jahr zuvor. Im Vergleich zu früheren Jahren lag das Angebot damit auf einem relativ niedrigen Niveau Tabelle A1.1-2. Das betriebliche Angebot sank um knapp 10.000 Plätze bzw. 1,8 % auf 558.600. Die Zahl der überwiegend öffentlich geförderten „außerbetrieblichen“ Plätze verringerte sich um 4.600 bzw. 15,1 % auf nunmehr 25.900. Über Hintergründe der Entwicklung wurde oben bereits berichtet.

Vom Rückgang des Ausbildungsangebots waren alle 16 Länder betroffen Tabelle A1.1-3; die relativen Veränderungsraten bewegten sich zwischen -0,7 % in Bayern und -7,8 % in Sachsen-Anhalt. Dabei fielen die relativen Rückgänge im Osten Deutschlands (insgesamt -5,1 %) deutlicher als im Westen (-1,9 %) aus. Dies hängt mit dem besonders starken Abbau der überwiegend öffentlich geförderten „außerbetrieblichen“ Plätze in den neuen Ländern und Berlin zusammen (-29,2 % gegenüber -6,0 % im Westen). Was die betrieblichen Ausbildungsplatzangebote betrifft, so fiel der relative Rückgang im Osten mit -1,5 % sogar kleiner als in den alten Ländern (-1,8 %) aus.

Ausbildungsplatznachfrage

Die Ausbildungsplatznachfrage – zugrunde gelegt wird im Folgenden ausschließlich die neue, erweiterte Berechnung, die in dieser Form seit 2007 möglich ist – sank 2012 bundesweit um 14.200 Personen bzw. 2,2 % auf nunmehr 627.300. Gegenüber 2007, als noch 756.800 Nachfrager gezählt wurden, beträgt der Rückgang sogar 129.500 bzw. 17,1 %. Über die Hintergründe des Negativtrends, die letzten Endes demografischen Ursprungs sind, wurde oben berichtet.

Rückgänge der Ausbildungsplatznachfrage mussten jedoch nicht von allen Ländern hingenommen werden. In Berlin, wo ein doppelter Abiturientenjahr gang verabschiedet wurde, stieg die Nachfrage um 800 Personen (+3,9 %), in Hamburg um 400 (+2,8 %) und in Schleswig-Holstein um knapp 100 (+0,2 %).

Die steigenden Nachfragezahlen haben zum Teil auch statistische Gründe. So gelang es in Hamburg, den Kreis der registrierten Ausbildungsstellenbewerber, die den Kontakt zur Arbeitsverwaltung abbrechen und über deren Verbleib somit nichts bekannt ist, spürbar zu verkleinern (-200 bzw. -13,9 %) – und dies, obwohl die Gesamtzahl der Ausbildungsstellenbewerber sogar noch zugenommen hatte (+800 bzw. +11,3 %). Es ist davon auszugehen, dass infolge der verbesserten Informationslage nun ein Teil der Bewerber, die früher unbekannt verblieben wären, als (erfolglose) Bewerber identifiziert werden konnten und damit rechnerisch bei der Ermittlung der Ausbildungsplatznachfrage (siehe oben) Berücksichtigung fanden.

Angebots-Nachfrage-Relation

Da bundesweit nicht nur das Ausbildungsplatzangebot, sondern auch die Ausbildungsplatznachfrage zurückging, veränderte sich die rechnerische Relation zwischen Angebot und Nachfrage (ANR) nur wenig. 2012 entfielen 93,2 Angebote auf 100 Nachfrager und damit nur unwesentlich weniger als im Jahr zuvor (93,4 Angebote). Ein Blick auf die seit 2007 mögliche ANR-Berechnung auf Basis der erweiterten Nachfragedefinition zeigt, dass das Ergebnis für 2012 zwar leicht niedriger als 2011 ausfiel, aber besser als in allen übrigen Vorjahren (2007: 85,1; 2008: 89,2; 2009: 89,1; 2010: 90,5) Tabelle A1.1-2. Zudem kam es nur im Osten zu einem Rückgang der ANR (2012: 95,1; 2011: 96,6). Im Westen blieb sie mit einem Wert von 92,8 konstant. In den westdeutschen Ländern Baden-Württemberg, Bayern und Bremen verbesserte sich die ANR sogar, ebenso in den ostdeutschen Ländern Thüringen und Mecklenburg- Vorpommern Tabelle A1.1-3.

Die bundesweit höchsten Angebots-Nachfrage-Relationen wurden 2012 wie im Vorjahr in Mecklenburg- Vorpommern (ANR = 107,1), in Bayern (ANR = 102,3) und in Thüringen (ANR = 101,2) gemessen. In allen 3 Ländern wurden demnach mehr Ausbildungsplatzangebote als Ausbildungsplatznachfrager registriert. Relativ niedrige Werte wurden dagegen für Berlin (ANR = 85,4), Niedersachsen (ANR = 87,5), Nordrhein- Westfalen (ANR = 88,5) und Hamburg (ANR = 89,9) ermittelt.

Seit einigen Jahren ist es möglich, den Wert der ANR in eine betriebliche und eine außerbetriebliche Komponente aufzusplitten (Ulrich 2012a, S. 53 f.). Die Berechnung einer betrieblichen ANR ist insofern angebracht, als allein das betriebliche Angebot den genuinen Kern des Marktgeschehens bildet. Die außerbetrieblichen Plätze sind dagegen eher kompensatorischer Natur und werden aufgrund von Verwaltungsentscheidungen geschaffen.

Wie nun Tabelle A1.1-2 zeigt, hat sich die betriebliche ANR 2012 weiter verbessert. Mit ANRb = 89,1 lag sie um 0,5 Prozentpunkte höher als ein Jahr zuvor. Im Westen erreichte die ANRb einen Wert von 89,6 (+0,2 Prozentpunkte gegenüber 2012). Dabei erzielte Bayern mit ANRb = 100,0 sogar einen ausgeglichenen Wert Tabelle A1.1-3. Im Osten fiel die Quote mit ANRb = 85,8 spürbar niedriger aus als im Westen, doch kam es hier gegenüber dem Vorjahr (ANRb = 83,9) zu einem recht deutlichen Zuwachs von 1,9 Prozentpunkten.

Seit 2009 ist die betriebliche ANR in den neuen Ländern und Berlin sogar um 14 Prozentpunkte angestiegen, damals lag die Quote noch bei ANRb = 71,8 Tabelle A1.1-2. Dementsprechend konnte, an der außerbetrieblichen ANR ablesbar, die relative Bedeutung der kompensatorisch bereitgestellten, überwiegend öffentlich geförderten Berufsausbildung stark zurückgefahren werden (2007: ANRa = 20,9 und 2012: ANRa = 9,3). Der weitere Abbau im Jahr 2012 (-3,4 Prozentpunkte) war allerdings stärker, als er durch den Zuwachs der betrieblichen Seite (+1,9 Prozentpunkte) ausgeglichen werden konnte. Dies erklärt, warum die Angebots-Nachfrage-Relation insgesamt im Jahr 2012 sowohl im Osten als auch im Bundesgebiet leicht zurückging.

Tabelle A1.1-2: Entwicklung von Ausbildungsplatzangebot und -nachfrage 2007 bis 2012
Tabelle A1.1-2  (barrierefrei)


Tabelle A1.1-2

Tabelle A1.1-3: Entwicklung der Ausbildungsmarktverhältnisse 2011 bis 2012 in den Ländern
Tabelle A1.1-3 (barrierefrei)


Tabelle A1.1-3

Erfolglose Ausbildungsmarktteilnehmer

Im Gegensatz zum Hochschulzugang ist der Zugang in die duale Berufsausbildung überwiegend marktförmig organisiert und zugleich eng mit der betrieblichen Arbeitswelt verbunden. Die Vermittelbarkeit eines Bewerbers hängt nicht nur von seiner Ausbildungsreife und berufsspezifischen Eignung ab, er muss auch in die spezifische Kultur des Ausbildungsbetriebes „passen“ (vgl. Nationaler Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in Deutschland 2006, Hilke 2007, Schober 2007, Imdorf 2012). Die Zugangskriterien reichen damit weit über formale Aspekte wie Bildungsabschlüsse und Zeugnisnoten hinaus. Fragen der Passung sind dabei nicht nur aus der Interessenperspektive des Betriebes relevant, sondern ebenso aus der Perspektive des Jugendlichen. Ein Ausbildungsplatz ist für den Jugendlichen nur dann „geeignet“, wenn er dem Jugendlichen Zugang in eine Arbeitswelt gewährt, die ihm ein Mindestmaß an Arbeitszufriedenheit und eine zufriedenstellende soziale Identität ermöglicht (vgl. Hilke 2008; Ratschinski 2009). So wie der Jugendliche dem Betrieb und Beruf entsprechen muss, müssen Betrieb und Beruf zum Jugendlichen passen. Ist dies nicht der Fall, droht eine Vertragslösung, deren Kosten hoch anzusetzen sind (vgl. Wenzelmann/ Lemmermann 2012). Zwar finden Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungsmarkt in der Mehrzahl der Fälle zueinander. Dennoch gibt es einen beträchtlichen Teil der Marktteilnehmer – seien es Betriebe oder Jugendliche –, die ihren Ausbildungswunsch nicht realisieren können. Halten sie ihren Ausbildungswunsch auch noch am 30. September aufrecht, zählen sie auch statistisch zu den erfolglosen Ausbildungsnachfragern bzw. zu den unbesetzten Ausbildungsplätzen.

Unbesetzte Ausbildungsplatzangebote

Die Zahl der am 30. September noch unbesetzten Ausbildungsplätze hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Belief sie sich 2005 noch auf 12.600, waren es 2012 bereits 33.300. Eine höhere Zahl gab es zuletzt im Jahr 1996. Der Anteil der unbesetzten Ausbildungsplätze, bezogen auf das betriebliche Ausbildungsangebot, bezifferte sich 2012 auf 6,0 %.11 Er fiel im Osten mit 8,0 % höher aus als im Westen (5,6 %). Im Osten hat sich die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze seit 2005 (damals waren es nur 850 Plätze) mehr als versiebenfacht. 2012 wurden insgesamt 6.200 unbesetzte Stellen gemeldet. Im Westen bezifferte sich ihre Zahl auf 27.000. Dies ist fast das Zweieinhalbfache des Volumens von 2005, als nur 11.800 unbesetzte Plätze gezählt wurden. Hohe Anteile an unbesetzten Plätze wurden 2012 vor allem aus Bayern (9,3 %), Thüringen (10,0 %) und Mecklenburg-Vorpommern (15,1 %) gemeldet Tabelle A1.1-3, besonders niedrige Quoten hatten die beiden Stadtstaaten Hamburg (1,3 %) und Berlin (2,8 %).

Die Ursache für die steigende Zahl unbesetzter Plätze ist vor allem in der aus demografischen Gründen sinkenden Zahl ausbildungsinteressierter Jugendlicher zu suchen. Insbesondere Ausbildungsberufe, die in der Beliebtheitsskala der Jugendlichen nicht oben stehen, haben es in diesem Fall schwer, noch ausreichend Bewerber zu finden (Eberhard/Scholz/Ulrich 2009, Flemming/Granath/Ulrich 2012, S. 25). Hierzu zählten bislang vor allem Berufe wie Fleischer/-in, Bäcker/-in, Gebäudereiniger/-in, Klempner/-in, Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk, Restaurantfachmann/-frau und Fachmann/-frau für Systemgastronomie. Relativ wenige Besetzungsprobleme gab es bislang dagegen in den Berufen Bürokaufmann/-frau, Mediengestalter/-in Digital und Print, Veranstaltungskaufmann/-frau, IT-System- Elektroniker/-in und Tierpfleger/-in.12

Unter den Zuständigkeitsbereichen ist insbesondere das Handwerk von dem Problem betroffen, einen Teil der Ausbildungsplätze nicht besetzen zu können Tabelle A1.1-4. Die Zahl der gemeldeten, zum 30. September unbesetzten Stellen belief sich im Handwerk bundesweit auf 10.500, dies waren mehr als doppelt so viele wie 2009.

Im ostdeutschen Handwerk lag der Anteil der offenen Stellen am betrieblichen Ausbildungsplatzangebot bei 9,0 %, im westdeutschen Handwerk bei 6,9 %. Die Anteile der unbesetzten Plätze waren in Industrie und Handel nicht ganz so hoch (7,9 % in Ostdeutschland und 5,1 % in Westdeutschland). Sie fielen allerdings ebenfalls deutlich höher als in den Vorjahren aus, und auch in Industrie und Handel hat sich die bundesweite Zahl der gemeldeten, zum 30. September unbesetzten Ausbildungsstellen von 9.900 im Jahr 2009 auf nunmehr 18.800 verdoppelt. Relativ geringe Besetzungsprobleme gab es weiterhin bei den Ausbildungsberufen des öffentlichen Dienstes; die Quoten lagen 2012 bei 0,7 % in den neuen Ländern und Berlin bzw. bei 1,5 % in den alten Ländern.

Erfolglose Ausbildungsplatznachfrager

Die Zahl der Ausbildungsplatznachfrager, die am 30. September noch eine Berufsausbildungsstelle suchten und deshalb als erfolglose Ausbildungsplatznachfrager gelten, bezifferte sich in 2012 bundesweit auf 76.000 Personen, 3.900 bzw. 5,4 % mehr als im Vorjahr 2011. Im Westen waren es 65.500 (+1.700 bzw. +2,7 %), im Osten 10.500 (+2.200 bzw. +25,8 %). Zwar stieg die Zahl der noch suchenden Bewerber im Osten deutlich stärker an, doch fällt ihr relativer Anteil – bezogen auf alle offiziell erfassten Ausbildungsplatznachfrager – im Osten mit 11,8 % noch etwas niedriger als im Westen aus, wo er 2012 bei 12,2 % lag.

Die höchsten Anteile erfolgloser Ausbildungsplatznachfrager wurden 2012 in den Ländern Berlin (16,7 %), Niedersachsen (16,2 %), Nordrhein-Westfalen (14,7 %) und Brandenburg (14,4 %) gemessen. Die niedrigsten Anteile wurden in Bayern (7,0 %), Mecklenburg-Vorpommern (7,4 %), Thüringen (8,1 %) und im Saarland (9,4 %) beobachtet Tabelle A1.1-3.

Ungeachtet der Tatsache, dass die Zahl der erfolglosen Ausbildungsplatznachfrager 2012 wieder anstieg, spiegelt sich im langfristigen Trend der letzten Jahre ein deutlicher Rückgang wider, der durch die demografische Entwicklung, aber auch durch die insgesamt verbesserte Ausbildungsmarktlage für die Jugendlichen bewirkt wurde. So lag die Gesamtzahl aller noch suchende Bewerber zum Stichtag 30. September im Jahr 2007 noch bei 130.900 und damit um 54.800 Personen höher als im Jahr 2012. Die Quote der erfolglosen Nachfrager fiel 2007 mit 17,3 % um 5,2 Prozentpunkte höher aus als 2012 Tabelle A1.1-2.

Ergebnisse der Nachvermittlung

Die rechnerische Lücke zwischen der Zahl der Ende September noch suchenden Ausbildungsplatznachfrager (76.000) und den noch unbesetzten Ausbildungsplätzen (33.300) betrug 2012 42.800 und war damit etwas höher als im Vorjahr (42.500). Somit wurden die Nachvermittlungsbedingungen für die Agenturen für Arbeit, ARGEn und zkT nicht leichter. Die Zahl der Jugendlichen, für die zwischen Oktober und Dezember 2012 ein Vermittlungsauftrag (zeitweise oder dauerhaft) bestand, um in das bereits begonnene Ausbildungsjahr einzusteigen, betrug bundesweit 65.500 Personen; im Vorjahr waren es nur 62.600 (Bundesagentur für Arbeit 2012a). Diese Zahl setzte sich zusammen aus 47.500 Jugendlichen, die bereits im vergangenen Berichtsjahr 2011/2012 als Ausbildungsstellenbewerber registriert worden waren, sowie 18.000, auf die dies nicht zutraf Tabelle A1.1-5.

Zu den 47.500 Bewerbern aus dem letzten Berichtsjahr zählten:

  • 6.600 bzw. 2,3 % der 286.500 Bewerber, die ursprünglich in eine Berufsausbildungsstelle eingemündet waren,
  • 15.600 bzw. 99,5 % der 15.700 Bewerber, die am 30. September ohne Alternative auf Ausbildungsplatzsuche waren („unversorgte Bewerber“),
  • 18.300 bzw. 30,4 % der 60.400 Bewerber, die bis Ende September aus einer bestehenden Alternative heraus noch weiter nach einer Ausbildungsstelle gesucht hatten13, sowie
  • 6.900 bzw. 3,5 % der 197.300 Bewerber, die am 30. September zunächst anderweitig verblieben und zu diesem Zeitpunkt auch nicht mehr auf Ausbildungsplatzsuche waren.

Tabelle A1.1-5 informiert des Weiteren darüber, welche Ergebnisse die Nachvermittlung bis Dezember 2012 für die 65.500 Bewerber mit Interesse an einem nachträglichen Einstieg in das bereits begonnene Ausbildungsjahr erbracht hatte. Die Zahl der Bewerber, die bis Ende 2012 in die angestrebte Berufsausbildung einmündeten, lag bei 5.500 bzw. 8,4 % und fiel demnach relativ niedrig aus. 50.600 bzw. 77,2 % der Bewerber waren dagegen weiter auf Ausbildungsplatzsuche, darunter 24.700 ohne und 25.900 mit alternativer Verbleibsmöglichkeit.14 Die restlichen 9.400 bzw. 14,3 % Bewerber waren alternativ (4.200) oder unbekannt (5.200) verblieben und hatten den Vermittlungsauftrag beendet.

Die Ausbildungschancen der ostdeutschen Bewerber, von denen insgesamt 10,4 % in eine Berufsausbildungsstelle einmündeten (ungeförderte Stellen: 7,5 %, geförderte Stellen: 2,9 %), waren dabei leicht höher als die ihrer westdeutschen Altersgenossen. Von diesen waren 8,0 % in eine Berufsausbildungsstelle eingemündet (ungeförderte Stellen: 6,3 %, geförderte Stellen: 1,7 %).

Die relativ geringen Einmündungsquoten im Nachvermittlungsgeschäft resultieren zum Teil daraus, dass eine Vermittlung mehrere Wochen und Monate nach Beginn eines neuen Ausbildungsjahres grundsätzlich schwierig ist.

Sie weisen aber auch darauf hin, dass das Verhältnis zwischen Ausbildungsplatzangebot und -nachfrage auch im Jahr 2012 nicht ausgeglichen war und dass ein Teil der Jugendlichen nach wie vor große Schwierigkeiten hatte, einen Platz im dualen Berufsausbildungssystem zu finden. Zwar gelingt es, den Anteil der unversorgten Bewerber und damit auch die Jugendarbeitslosigkeit niedrig zu halten. Doch tragen hierzu auch lediglich teilqualifizierende Bildungsgänge und sonstige Tätigkeiten bei, die Ausbildungsstellenbewerber ersatzweise aufnehmen. Die Beteiligung ausbildungsinteressierter Jugendlicher an dualer Berufsbildung (vgl. Kapitel A4.5) erfolgt immer noch nicht so rasch, wie dies aus bildungspolitischer Perspektive wünschenswert erscheint und wie dies zu Beginn der 1990er-Jahre auch bereits einmal realisiert werden konnte.

Tabelle A1.1-4: Entwicklung des Ausbildungsplatzangebots nach Zuständigkeitsbereichen 2009 bis 2012
Tabelle A1.1-4 (barrierefrei)


Tabelle A1.1-4

Tabelle A1.1-5: Herkunft und Verbleib der Ausbildungsstellenbewerber, für die im 4. Quartal des Kalenderjahres 2012 zeitweise oder dauerhaft ein Vermittlungsauftrag für den Beginn einer Berufsausbildung bis Ende 2012 bestand

Tabelle A1.1-5

Beteiligung ausbildungsinteressierter Personen an dualer Berufsausbildung

In Schaubild A1.1-1 wird wiedergegeben, wie sich seit den 1990er-Jahren der Anteil unter den ausbildungsinteressierten Personen entwickelte, der bis zum Bilanzierungsstichtag 30. September auch tatsächlich einen neuen Berufsausbildungsvertrag unterschreiben und mit einer dualen Berufsausbildung beginnen konnte.15

Dabei wird ein u-förmiger Verlauf sichtbar: Nach sehr hohen Einmündungsquoten zu Beginn der 1990er-Jahre mit Werten über 70 % verringerte sich die Einmündungsquote bis Mitte des letzten Jahrzehntes deutlich und fiel bis 2005 auf nur noch 59,2 %. Nach der Überwindung der Ausbildungsmarktkrise stieg sie kräftig an und erreichte 2011 mit 68,3 % den höchsten Wert seit 1994. 2012 sank sie jedoch wiederum leicht um 1,4 Prozentpunkte und lag nun bei 66,9 %. Sie fiel damit höher aus als in allen Jahren zwischen 1995 und 2010, doch geriet der seit 2007 durchgehend positive Trend erstmalig ins Stocken.

Ausbildungsbeteiligung in West- und Ostdeutschland

Dabei sank die Einmündungsquote der ausbildungsinteressierten Jugendlichen im Jahr 2012 in Ostdeutschland mit einem Minus von 2,5 Prozentpunkten noch deutlich stärker als in den alten Ländern, wo das Minus 1,3 Prozentpunkte betrug Schaubild A1.1-2. Im Osten war es bereits 2011 zu einem Rückgang gekommen. Fielen zwischen 2009 und 2010 die Einmündungsquoten im Osten sogar höher als im Westen aus, verkehrte sich dieser Vorsprung nun wieder in sein Gegenteil.

Die Entwicklung im Osten hängt mit dem relativ deutlichen Abbau der kompensatorisch bereitgestellten, überwiegend öffentlich geförderten Ausbildungsplätze (außerbetriebliche Ausbildung) zusammen. Die Einmündungsquote der ausbildungsinteressierten Personen in außerbetriebliche Berufsausbildung sank in den letzten 3 Jahren von 13,9 % (2010) über 9,4 % (2011) auf nur noch 6,9 % (2012). Zwar stieg im selben Zeitraum die Einmündungsquote in betriebliche Berufsausbildung an (2010: 54,8 %, 2011: 58,4 %, 2012: 58,4 %), doch konnte der Rückgang bei den überwiegend öffentlich geförderten Plätzen damit nicht vollständig kompensiert werden

Ausbildungsbeteiligung nach Geschlecht

Für den Zeitraum ab 2002 lässt sich die Einmündungsquote der ausbildungsinteressierten Personen auch geschlechtsspezifisch berechnen. Demnach fällt die Einmündungsquote der männlichen Ausbildungsinteressierten kontinuierlich um mehrere Prozentpunkte höher aus als die der weiblichen Ausbildungsinteressierten Schaubild A1.1-3.

Bei der Interpretation der über die Jahre hinweg verfestigten Geschlechterdifferenz der Einmündungsquote ist zunächst zu berücksichtigen, dass sich die statistische Eingrenzung des Kreises ausbildungsinteressierter Personen bei beiden Geschlechtern auf die Interessenten an einer dualen Berufsausbildung bezieht. In dieser Hinsicht besteht zwischen den Geschlechtern kein Unterschied. Allerdings ziehen junge Frauen, die eine Ausbildung im dualen System anstreben, häufiger als junge Männer zugleich auch eine schulische Berufsausbildung in Erwägung.16 Zudem konzentrieren sie sich auch innerhalb des dualen Berufsausbildungssystems stark auf die Dienstleistungsberufe, in denen sie 2012 61,5 % aller Ausbildungsanfänger stellten. In den Fertigungsberufen sind sie dagegen kaum vertreten; ihr Anteil unter den Ausbildungsanfängern betrug 2012 10,9 %.

Die unterschiedlichen Berufswahlpräferenzen erklären zu einem großen Teil die Differenz zwischen den Einmündungsquoten junger Frauen und Männer (vgl. dazu auch Beicht/Walden 2012). Denn für junge Frauen sind die Ausbildungsmärkte überall dort besonders schwierig, in denen der Tertiarisierungsgrad relativ gering ausfällt. Dies zeigen regionale Querschnittsanalysen für 2012: Die ausbildungsinteressierten jungen Frauen mündeten in all jenen Arbeitsagenturbezirken seltener als junge Männer in eine duale Berufsausbildungsstelle ein, in denen die Ausbildung in Dienstleistungsberufen nur eine relativ geringe Rolle spielte.

Wie Schaubild A1.1-4 zeigt, glichen sich die Einmündungsquoten ausbildungsinteressierter junger Frauen und Männer in den verschiedenen Regionen erst ab einem Ausbildungsanteil in den Dienstleistungsberufen von 65 % an. Ab einem Anteil von rd. 70 % mündeten junge Frauen sogar mit einer höheren Wahrscheinlichkeit in eine duale Berufsausbildung ein als junge Männer.17

Angesichts der stetig sinkenden Zahl von Jugendlichen stellt die Minderung des geschlechtsspezifischen Berufswahlverhaltens einen der Ansatzpunkte dar, um den Nachwuchsmangel an Fachkräften zu begrenzen. Denn je breiter das Interesse ist, das Berufe wecken, desto leichter ist es, Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungsmarkt zusammenzuführen. Berufe, die dagegen nur von einem Geschlecht in Erwägung gezogen werden, müssen von vornherein auf die Hälfte aller potenziellen Bewerber verzichten. Die Minimierung von Passungsproblemen zwischen Angebot und Nachfrage dürfte eine der wesentlichen bildungspolitischen Herausforderungen der kommenden Jahre bilden. Passungsprobleme trugen bereits 2012 dazu bei, dass die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge bundesweit auf den niedrigsten Stand seit dem Jahr 2005 fiel (vgl. Kapitel A1.2).

(Joachim Gerd Ulrich, Simone Flemming, Friederike Frieling, Ralf-Olaf Granath)

Schaubild A1.1-1: Bundesweite Entwicklung der Einmündungsquote ausbildungsinteressierter Personen in duale Berufsausbildung (in %)

Schaubild A1.1-1

Schaubild A1.1-2: Entwicklung der Einmündungsquote ausbildungsinteressierter Personen in West- und Ostdeutschland (in %)

Schaubild A1.1-2

Schaubild A1.1-3: Entwicklung der Einmündungsquote ausbildungsinteressierter Frauen und Männer (in %)

Schaubild A1.1-3

Schaubild A1.1-4: Abweichungen in den Einmündungsquoten ausbildungsinteressierter Frauen und Männer als Folge unterschiedlich hoher Ausbildungsanteile in den Dienstleistungsberufen (n = 176 Regionen)

Schaubild A1.1-4

Fußnoten

4 Vgl. die entsprechenden vorläufigen Daten auf den Internetseiten des Statistischen Bundesamtes  (letzter Zugriff: 05.12.2012).

5 Vgl. hierzu die Zeitreihe des ifo-Instituts (letzter Zugriff: 12.12.2012).

6 Unter dem Begriff der „Arbeitsverwaltung“ werden hier die Beratungs- und Vermittlungsstellen der Bundesagentur für Arbeit und der zugelassenen kommunalen Träger (zkT) zusammengefasst.

7 Eine weitere Rolle für die deutlich geringeren Stellenmeldungen im Lauf des Sommers dürfte jedoch auch der Umstand gespielt haben, dass die Unternehmen ihre Ausbildungsstellen infolge der zunehmenden Rekrutierungsprobleme der letzten Jahre häufiger und zugleich auch frühzeitiger der Arbeitsverwaltung meldeten.

8 Bei dieser Zahl handelt es sich um die gemeldeten außerbetrieblichen Stellen und nicht um den Umfang des besetzten „außerbetrieblichen“ Ausbildungsplatzangebots, wie er im Rahmen der BIBB-Erhebung über neue Ausbildungsverträge ermittelt wurde.

9 Bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 %.

10 Im Vorjahr 2011 hatte es in Bayern und Niedersachsen doppelte Abiturientenjahrgänge gegeben. Der dortige Rückgang der Abiturientenzahlen auf Normalniveau konnte durch die doppelten Abiturientenjahrgänge in Baden-Württemberg und Bremen nicht kompensiert werden.

11 Bei den unbesetzten Plätzen handelt es sich i. d. R. um betriebliche Ausbildungsplätze. Dementsprechend wird hier das erfolglose Ausbildungsplatzangebot auch nur auf das betriebliche Ausbildungsplatzangebot bezogen.

12 Aktuelle Daten für 2012 liegen zurzeit noch nicht vor.

13 Die relativ niedrige Quote ist darauf zurückzuführen, dass ihre erneute Berücksichtigung im Vermittlungsjahr 2012/2013 eine aktive Rückmeldung durch die Betroffenen erforderlich machte (für die Bewerber ohne Alternative war dies nicht der Fall).

14 Von den insgesamt 25.900 noch suchenden Bewerbern, die über eine den Beratungs- und Vermittlungsdiensten bekannte alternative Verbleibsmöglichkeit verfügten, befanden sich 4.300 in einer vollqualifizierenden Ausbildung (aus der sie sich für eine neue Berufsausbildungsstelle bewarben), weitere 500 in einem Studium. 5.600 besuchten eine Schule (inkl. Berufsvorbereitungs- bzw. Berufsgrundbildungsjahr), 1.300 absolvierten ein Praktikum, 4.400 waren erwerbstätig, 600 leisteten gemeinnützige oder soziale Dienste, und 9.000 befanden sich in Fördermaßnahmen (Bundesagentur für Arbeit 2012a, S. 5).

15 Nähere Hinweise zur Berechnung der Einmündungsquote ausbildungsinteressierter Personen finden sich oben in den Erläuterungen zu den Indikatoren der Ausbildungsmarktbilanzierung.

16 Nach den Ergebnissen der BIBB-Übergangsstudie 2011 suchten 21 % der nicht studienberechtigten Schulabgänger, die prioritär eine duale Berufsausbildung wünschten, ungeachtet dessen (zugleich auch) nach einer schulischen Berufsausbildungsmöglichkeit (Eberhard u. a. 2013). Unter den weiblichen Schulabgängern fiel dieser Anteil mit 29 % jedoch deutlich höher aus als unter den männlichen (17 %). Wie die BA/BIBB-Bewerberbefragung 2010 zeigte, verblieben junge Frauen, die sich als Bewerber für eine Berufsausbildungsstelle im dualen System hatten registrieren lassen, zwar seltener in den Ausbildungsberufen nach Berufsbildungsgesetz bzw. Handwerksordnung (44,7 % gegenüber 50,9 %). Allerdings befanden sie sich zugleich häufiger in einer schulischen bzw. nicht betrieblichen Berufsausbildung oder in einem Studium (8,4 % gegenüber 4,9 %). Eine vollständige Kompensation der geringeren Beteiligung an dualer Berufsausbildung wurde damit jedoch nicht erzielt.

17 Bei diesen Berechnungen erfolgte die regionale Gliederung nach Maßgabe der Gliederung der Arbeitsagenturbezirke mit Gebietsstand vom 30. Juni 2012, also noch vor der 2012 eingeleiteten und im Laufe des Jahres 2013 abgeschlossenen Restrukturierung der Arbeitsagenturbezirke. Die Identifikation der Dienstleistungsberufe wurde hier anhand der Berufsklassifikation des Statistischen Bundesamtes von 1992 vorgenommen. Zu den Dienstleistungsberufen innerhalb des dualen Berufsausbildungssystems zählen dabei die Berufsgruppen 66 bis 93. Die Fertigungsberufe umfassen die Berufsgruppen 10 bis 55.

Bibliografischer Hinweis

Internetversion des BIBB-Datenreports zum Berufsbildungsbericht 2013 - Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Hrsg.: Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn (2013).

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