A9.2 Erlernter Beruf und Niedriglohn bei Männern und Frauen
Als Niedriglohn gilt nach der Definition der OECD ein Bruttoeinkommen, das weniger als zwei Drittel des mittleren Bruttolohns (Median) beträgt.236 2010 lag das Medianbruttomonatseinkommen von sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten in Westdeutschland bei 2.835 € und bei 2.068 € in Ostdeutschland (Entgeltstatistik der Bundesagentur für Arbeit).237 Die Niedriglohnschwellen lagen bei 1.890 € (West) bzw. 1.379 € (Ost). Für einen Niedriglohn, also unterhalb dieser Niedriglohnschwellen, arbeiteten in Westdeutschland 2010 20,8 % aller sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten und in Ostdeutschland 21,1 % (vgl. Garloff/Machnig 2011). Informationen über die gearbeiteten Stunden liegen in der Entgeltstatistik nicht vor, weshalb keine Bruttostundenlöhne berechnet werden können. Auf Basis des Sozioökonomischen Panels (SOEP) lassen sich aus den Bruttomonatslöhnen und der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit hingegen solche Stundenlöhne berechnen, weshalb auch Teilzeit- und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse mit einbezogen werden können. Die Niedriglohnschwellen liegen 2010 bei 9,5 € pro Stunde für Westdeutschland und 7,0 € für Ostdeutschland. 21,4 % aller abhängig Beschäftigten arbeiteten 2010 unterhalb dieser Niedriglohnschwellen, dies sind rund ein Drittel mehr als noch Mitte der 1990er- Jahre (vgl. Kalina/Weinkopf 2012).238
Unter abhängig Beschäftigten in Minijobs (85,5 %), befristeten Beschäftigungsverhältnissen (41,4 %), Teilzeitbeschäftigungen (24,9 %) und unter Frauen (28,0 %) ist das Niedriglohnrisiko besonders hoch. Beschäftigte ohne Berufsausbildung haben erwartungsgemäß das höchste Niedriglohnrisiko (39,9 %). Bei Beschäftigten mit Berufsausbildung liegt es bei 22,5 % und bei Beschäftigten mit Hochschulabschluss bei 8,8 % (Kalina/Weinkopf 2012, S. 8). Allerdings haben Gruppen mit einem hohen Niedriglohnrisiko nicht zwingend einen großen Anteil im Niedriglohnsektor. Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung ist der Niedriglohnsektor nämlich kein besonderes Arbeitsmarktsegment für Personen ohne Berufsausbildung. Deren Anteil beträgt 2010 bezogen auf alle Niedriglohnbezieher lediglich 20,3 %. Die Mehrheit der Niedriglohnbeschäftigten (70,3 %) hat eine abgeschlossene Berufsausbildung, der Anteil bei Personen mit Hochschulabschluss liegt bei 9,3 %. Für Personen mit Berufsausbildung sollte eine Vollzeitbeschäftigung jedoch eine eigene Existenzsicherung239 ermöglichen, unabhängig von der Debatte, ob Niedriglohnbeschäftigung aus arbeitsmarktpolitischer Sicht positiv oder negativ zu werten ist.
Aus den Daten der Entgeltstatistik der Bundesagentur für Arbeit und des SOEP geht nicht hervor, ob sich das Niedriglohnrisiko zwischen betrieblich und schulisch ausgebildeten Personen unterscheidet und mit welchen Ausbildungsberufen ein besonders geringes bzw. ein besonders hohes Niedriglohnrisiko verbunden ist. Eine Differenzierung nach Berufen erfordert gleichermaßen eine Differenzierung nach Geschlecht, da beide Merkmale konfundiert sind. Zum einen werden Frauen mehrheitlich in anderen Berufen als Männer ausgebildet, und sie qualifizieren sich auch häufiger für Berufe, die im Schulberufssystem ausgebildet werden, zum Beispiel zur Erzieherin oder zur Krankenpflegerin. Zum anderen verdienen Frauen nach wie vor weniger als Männer (Gartner/Hinz 2009, S. 7), und die Niedriglohnquote liegt folglich höher als bei Männern. Ein hoher Niedriglohnanteil in einem Beruf kann daher auch durch einen hohen Frauenanteil bedingt sein. Für eine differenzierte Analyse des Niedriglohnrisikos nach dem erlernten Beruf wird nachfolgend die BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2012 herangezogen.
E BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2012
Die BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2012 ist eine telefonische, computerunterstützte Repräsentativbefragung von 20.000 Erwerbstätigen in Deutschland, die gemeinsam vom BIBB und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) durchgeführt wurde (siehe http://www.bibb.de/arbeit-im-wandel). Die Daten wurden von Oktober 2011 bis März 2012 von TNS Infratest Sozialforschung München erhoben. Grundgesamtheit sind Erwerbstätige ab 15 Jahren (ohne Auszubildende). Als Erwerbstätigkeit gilt eine Tätigkeit von regelmäßig mindestens 10 Stunden pro Woche gegen Bezahlung („Kernerwerbstätige“). Der Median des monatlichen Bruttoarbeitsentgeltes aller sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten (ab 35 Stunden/Woche) liegt in der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2012 bei 2.700 € (und bei 2.800 € ab 40 Stunden/Woche). Zum Vergleich: Der Median des monatlichen Bruttoarbeitsentgeltes aller sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten (ohne Auszubildende) lag auf Basis der Entgeltstatistik am 31. Dezember 2011 bei 2.800 € (Bundesagentur für Arbeit 2012j, S. 7).
Die Niedriglohnquote variiert nicht nur mit der Wahl des Schwellenwertes und der Abgrenzung der Grundgesamtheit, sondern auch mit der Messung des Einkommens und der Arbeitszeit . Der Niedriglohnanteil liegt in der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2012 für abhängig Beschäftigte (Kernerwerbstätige) bei 15,5 %.
E Berechnung des Niedriglohnanteils in der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2012
Die Definition von Niedriglohn basiert auf den auf Basis des SOEP referierten Niedriglohnschwellen, die für Westdeutschland 9,5 € pro Stunde und für Ostdeutschland 7,0 € pro Stunde betragen. Der individuelle Bruttostundenlohn wurde in der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2012 auf Basis des Bruttomonatsverdienstes, geteilt durch die tatsächlich geleistete Wochenarbeitszeit, berechnet. Dabei wurden die Wochenstunden auf Monatsstunden mit dem Faktor 4,35 umgerechnet. Der Niedriglohnanteil in der gesamten Stichprobe liegt so bei 19,4 %.240 Da rund 20 % der Befragten keine Angabe zum Einkommen gemacht haben, wurden die fehlenden Einkommensangaben auf Basis eines MNAR-Ausfallmechanismus imputiert (vgl. Alda/Rohrbach-Schmidt 2011). Der Niedriglohnanteil sinkt durch die Lohnimputation auf 16,8 %, da „Einkommensverweigerer“ überdurchschnittliche Einkommen erzielen. Für die Berechnung der Niedriglohnquote ist des Weiteren die Definition der Arbeitszeit entscheidend. Teilt man das Bruttoeinkommen im Falle einer Abgeltung der Überstunden durch Freizeitausgleich durch die vereinbarte Arbeitszeit statt durch die tatsächlich geleistete Wochenarbeitszeit, dann liegt die Niedriglohnquote bei 15,5 %.
Niedriglohnquote nach Geschlecht und Qualifikationsniveau
Analog zu den bisher vorliegenden Ergebnissen ist der Anteil der Niedriglohnbezieher unter Beschäftigten ohne Berufsausbildung mit 40,7 % am höchsten Tabelle A9.2-1. Beschäftigte mit Universitäts- oder Fachhochschulabschluss (4,5 %) und Beschäftigte mit Aufstiegsfortbildung (4,8 %) haben das geringste Niedriglohnrisiko. Personen mit dualer Berufsausbildung liegen mit 17,6 % etwas über dem Gesamtdurchschnitt auf der mittleren Qualifikationsebene (16,9 %). Die Chance, einen Bruttostundenlohn oberhalb der Niedriglohnschwelle zu beziehen, ist für Erwerbstätige mit einer dualen Berufsausbildung um das Dreifache höher als für nicht formal Qualifizierte (vgl. Kapitel A9.3). Eine abgeschlossene Berufsausbildung senkt somit das Niedriglohnrisiko immens. Ändert man den Blickwinkel und fragt, wer von Niedriglohn betroffen ist, dann stellen Personen mit dualer Berufsausbildung den Großteil der Beschäftigten im Niedriglohnsektor: Rund 1,7 Millionen Frauen und rund eine Million Männer mit dualer Berufsausbildung beziehen Niedriglohn.
Die Analysen bestätigen auch den bekannten Befund, dass Niedriglohnbeschäftigung eine Domäne von Frauen ist. Fast ein Viertel (22,2 %) aller abhängig beschäftigten Frauen bezieht Niedriglohn, 12,4 Prozentpunkte mehr als bei Männern (9,8 %). Starke Geschlechterunterschiede auf der mittleren Qualifikationsebene zeigen sich insbesondere im dualen System der Berufsausbildung: Der Anteil der Frauen, die Niedriglohn erhalten (26,8 %), ist um rund 16 Prozentpunkte höher als bei Männern (11,0 %). Mit anderen Worten: Das Risiko, Niedriglohn zu beziehen, ist für Frauen dreimal so groß wie für Männer. Bezogen auf Vollzeitbeschäftigte mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden und mehr, reduziert sich zwar der Geschlechterunterschied, das Risiko, Niedriglohn zu beziehen, ist aber immer noch rund doppelt so hoch. Der Niedriglohnanteil liegt bei Frauen mit 18,9 % um rund 10 Prozentpunkte höher als bei Männern (9,5 %). Eine Ursache für die Geschlechterunterschiede liegt somit in der hohen Teilzeitquote von Frauen begründet. Denn Teilzeit ist, wie eingangs berichtet, mit einem höheren Niedriglohnrisiko verbunden.
Für Personen mit schulischer Berufsausbildung ist das Niedriglohnrisiko geringer als für Personen mit dualer Berufsausbildung. Signifikante Unterschiede zwischen beiden Ausbildungsformen zeigen sich allerdings nur für Frauen: 15,7 % der Frauen mit schulischer Berufsausbildung beziehen einen Niedriglohn, bei Frauen mit dualer Berufsausbildung liegt die Quote bei 26,8 %. Für Männer liegt die Quote mit 11,4 % bzw. 11,0 % ähnlich hoch. Ein Vergleich beider Ausbildungssysteme ist allerdings in zweifacher Hinsicht nicht gerechtfertigt. Zum einen ist für den Zugang zu Schulberufen überwiegend ein mittlerer Schulabschluss erforderlich. Dadurch kommt es zu einer Positivauswahl der Absolventen/Absolventinnen im Vergleich zum dualen System, in dem grundsätzlich keine schulischen Abschlüsse vorausgesetzt werden (vgl. Hall/Schade 2005). Zum anderen qualifizieren duale und berufsfachschulische Ausbildungsgänge für unterschiedliche Teilarbeitsmärkte mit unterschiedlichen Beschäftigungsaussichten. Die für das Schulberufssystem typischen Sozial- und Gesundheitsberufe, wie Krankenpflegerin oder Erzieherin, qualifizieren für wachsende Beschäftigungsfelder, und sie weisen geringe Arbeitslosenquoten auf. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Berufsfeld „Pflege- und Gesundheitsberufe ohne Approbation“ hat sich zwischen 1999 und 2011 um rund 30 % erhöht, die Arbeitslosenquote hat sich von 6,9 % auf 4,3 % reduziert.241
Tabelle A9.2-1: Niedriglohnbeschäftigung nach Geschlecht und höchstem Ausbildungsabschluss (in %)
Tabelle A9.2-1 (barrierefrei)
Niedriglohnquote nach dem erlernten Beruf
Um zu zeigen, wie sich das Niedriglohnrisiko nach dem erlernten Beruf differenziert, werden die Quoten für stark besetzte Berufsfelder ausgewiesen. Die Berufsfelder sind so definiert, dass sich die dort zusammengefassten Berufsordnungen in ihren ausgeübten Tätigkeiten ähnlich sind.242 Für Männer mit dualer Ausbildung sind die Berufsfelder „Land- , Tier-, Forstwirtschaft, Gartenbau“ (27,0 %) und „Köche/Köchinnen“ (22,2 %) mit einem besonders hohen Niedriglohnrisiko behaftet Tabelle A9.2-2. Anteilsmäßig sind diese beiden Berufsfelder allerdings nur gering besetzt (3,3 % bzw. 1,8 %). Ein stark unterdurchschnittliches Risiko weisen die Berufsfelder „Verwaltungsberufe im ÖD“ (2,2 %), „Elektroberufe“ (4,3 %) und „Industrie-, Werkzeugmechaniker“ (4,4 %) auf. Letztere sind große Berufsfelder (11,6 % bzw. 13,4 %), die letztlich zu dem niedrigen Durchschnittswert der Männer beitragen.
Bei Frauen zeigen sich ebenfalls starke Unterschiede nach dem erlernten Beruf Tabelle A9.2-3. Die geringsten Niedriglohnquoten weisen Frauen in den Berufsfeldern „Verwaltungsberufe“ (5,5 %) und „Bank- und Versicherungsfachleute“ (5,8 %) auf. Unter den „Bank- und Versicherungsfachleuten“ haben Frauen zudem ein leicht geringeres Niedriglohnrisiko als Männer (5,8 % vs. 8,0 %).243 Die höchsten Niedriglohnquoten finden sich in den frauentypischen Berufsfeldern „Körperpflege“ (51,5 %), „Verkaufsberufe“ (42,9 %) und „Hotel-, Gaststättenberufe, Hauswirtschaft“ (39,4 %) sowie bei „Köche/Köchinnen“ (43,0 %). Dies sind auch jene 4 Berufsfelder, die besonders stark von prekärer Beschäftigung betroffen sind (vgl. BIBB-Datenreport 2010, Kapitel C2.3). Die große Gruppe der Verkäuferinnen – 11,7 % aller abhängig beschäftigten Frauen haben den Beruf der Verkäuferin erlernt – hat somit einen starken Einfluss auf den Gesamtwert der Frauen.
Um zu prüfen, ob die Unterschiede zwischen den Berufsfeldern mit der schulischen Vorbildung oder einer Tätigkeit außerhalb des erlernten Berufs zusammenhängen, wurden multivariate logistische Regressionsmodelle geschätzt (hier nicht dargestellt). Als Referenzgruppe werden jeweils „Groß- und Einzelhandelskaufleute“ gewählt, zum einen, da dieses Berufsfeld für Männer und Frauen ausreichend besetzt ist, zum anderen, weil die Niedriglohnquote dieses Berufsfeldes der mittleren Niedriglohnquote aller Männer bzw. Frauen entspricht. Für Frauen aus den Berufsfeldern „Körperpflege“, „Verkaufsberufe“ und „Hotel-, Gaststättenberufe, Hauswirtschaft“ ist das Niedriglohnrisiko zunächst rund doppelt so hoch wie für „Groß- und Einzelhandelskaufleute“. Für Frauen aus dem Berufsfeld „Körperpflege“ (Friseurinnen) ist es rund dreimal so hoch. Wird im Modell außerdem berücksichtigt, welche schulische Vorbildung vorliegt und ob überhaupt eine Tätigkeit im erlernten Beruf ausgeübt wird, bleibt das Niedriglohnrisiko auf ähnlich hohem Niveau. Bei den Männern zeigt sich nur für das Berufsfeld „Land-, Tier-, Forstwirtschaft, Gartenbau“ ein im Vergleich zu „Groß- und Einzelhandelskaufleuten“ signifikant höheres Niedriglohnrisiko, das auch unter Berücksichtigung der schulischen Vorbildung und eines eventuellen Berufswechsels bestehen bleibt.
Tabelle A9.2-2: Niedriglohnanteil bei Männern nach dem erlernten Beruf (in %)
Tabelle A9.2-2 (barrierefrei)
Tabelle A9.2-3: Niedriglohnanteil bei Frauen nach dem erlernten Beruf (in %)
Fazit
Eine abgeschlossene Berufsausbildung senkt das Niedriglohnrisiko deutlich: Die Chance, einen Bruttostundenlohn oberhalb der Niedriglohnschwelle zu beziehen, ist für Männer und Frauen mit dualer Berufsausbildung um rund das Dreifache höher als für nicht formal Qualifizierte. Eine Differenzierung nach dem erlernten Beruf lässt für Männer nur geringe Unterschiede nach Berufen erkennen. In den Berufsfeldern mit dem höchsten Niedriglohnrisiko „Land-, Tier-, Forstwirtschaft, Gartenbau“ und „Köche/Köchinnen“ arbeiten zudem vergleichsweise wenige Männer, weshalb das durchschnittliche Niedriglohnrisiko deutlich geringer ausfällt. Anders verhält es sich in der Gruppe der Frauen. Das stark besetzte Berufsfeld „Verkaufsberufe“ weist eine der höchsten Niedriglohnquoten auf. Daneben werden in den Berufsfeldern „Körperpflege“, „Köche/Köchinnen” sowie „Hotel-, Gaststätten- und Hauswirtschaftsberufe“ überdurchschnittlich häufig Niedriglöhne gezahlt. Es ist zu vermuten, dass das geringe Einkommen in diesen Berufen auch mit einer kulturellen Abwertung dieser typisch weiblichen Tätigkeiten zusammenhängt (vgl. Liebeskind 2004), was sich auch in einer geringeren Tarifbindung und tarifvertraglichen Entlohnung von Frauenberufen zeigt (vgl. Ziegler/Gartner/ Tondorf 2010). In Wirtschaftszweigen mit geringer Tarifbindung ist der Niedriglohnanteil besonders hoch (Kalina/Weinkopf 2008, S. 452). Zudem ist die berufliche Schließung in diesen vergleichsweise „einfachen“ Dienstleistungsberufen geringer als in anderen Berufen, da auch Personen ohne Formalqualifikation Zugang zu diesen Tätigkeiten haben.
Zugunsten von Niedriglohnbeschäftigung wird häufig argumentiert, dass sie ein Sprungbrett in besser bezahlte Beschäftigung sei. Diese Behauptung ist empirisch allerdings nicht haltbar, denn die Chance, aus einer Niedriglohnbeschäftigung in eine besser bezahlte Beschäftigung zu kommen, ist in Deutschland besonders gering (Bosch/Kalina 2007, S. 43 ff.). Dennoch wäre die Schlussfolgerung, dass sich eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht immer lohnt, zu kurz gedacht. Denn das hier dargestellte Niedriglohnrisiko bezieht sich lediglich auf die aktuell ausgeübte Tätigkeit. Betrachtet man den gesamten bisherigen Berufsverlauf244, dann zeigt sich, dass Frauen in den betroffenen Berufen mit ihrem bisherigen Berufsleben signifikant häufiger zufrieden sind als Frauen ohne eine abgeschlossene Berufsausbildung.
(Anja Hall)