A6.2 Quantitative Entwicklung der vollqualifizierenden Berufsausbildung an Schulen (Schuljahr 2008/09)
An den Berufsfachschulen (BFS), die Schüler/-innen in Ausbildungsgängen für Berufe außerhalb des Geltungsbereiches von Berufsbildungsgesetz (BBiG) und Handwerksordnung (HwO) zu einem Berufsabschluss führen, ist die Schülerzahl zum zweiten Mal in Folge mit rund -2 % um absolut -4.900 leicht rückläufig und liegt jetzt bei insgesamt 227.700.230 Da die Zahl der Abgänger aus allgemeinbildenden Schulen demografisch bedingt aber um -3,4 %, absolut -32.300, gesunken ist und die Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt sich etwas verändert hat, scheint die Attraktivität dieses Bildungsgangs ungebrochen Tabelle A6.2-1. Weit deutlicher fällt der Rückgang an den BFS aus, die gemäß BBiG / HwO ausbilden, denn die Gesamtschülerzahl liegt dort mit -3.500 um rund -9 % niedriger als im Vorjahr und beträgt nun nur noch rund 35.800 Tabelle A6.2-2. Da die Zahl der Schüler mit Ausbildungsvertrag in Teilzeitberufsschulen gleichzeitig insgesamt noch einmal um +1,7 % oder rund 27.300 gestiegen ist, haben sich auch die Relationen zwischen dualer und schulischer Berufsausbildung zugunsten der dualen wieder etwas verschoben. In den Ausbildungsgängen zeigen sich jedoch zwischen Ländern und Berufen starke Unterschiede in der quantitativen Entwicklung (s. u.).
Bei den Anfängern stellen sich die Entwicklungen etwas anders dar. An den BFS, die einen Ausbildungsabschluss außerhalb BBiG / HwO vermitteln, wurden im ersten Schuljahr rund 113.700 Schüler / -innen gemeldet; das sind -2.900 oder -2,5 % weniger als im Vorjahr; an den BFS gemäß BBiG / HwO ging die Schülerzahl um -1.900 oder -12,7 % auf 12.900 zurück. Aber auch die Zahl neu abgeschlossener Ausbildungsverträge sank im Schuljahr 2008 / 09 um -9.700 oder -1,5 % gegenüber dem Vorjahr. Zu den Ausbildungswegen mit Berufsabschluss im Sekundarbereich gehören neben BFS und Berufsschulen noch weitere Schul- und Ausbildungsformen. In einigen Ländern ist die Ausbildung für Sozial- und Gesundheitsdienstberufe den BFS zugeordnet; sie sind also in der Gesamtzahl von 227.700 enthalten. Davon entfallen auf diese Berufe insgesamt 77.300 Schüler / -innen. Es gibt auch Länder, in denen die Ausbildung für Sozial- und Gesundheitsdienstberufe an Fachschulen durchgeführt wird. Insgesamt wurden 2008 / 2009 an Fachschulen rund 21.600 Schüler / -innen in Sozial- und Gesundheitsdienstberufen gemeldet vgl. Kapitel A6.3.
Zu den Berufen mit Ausbildungen in verschiedenen Schulformen gehören auch die Erzieher / -innen. An Fachschulen beträgt ihre Schülerzahl insgesamt rund 27.900 und ist damit gegenüber dem Vorjahr erneut deutlich um 10,3 % gestiegen; im ersten Schuljahr stieg sie um 13,0 % auf rund 11.700. Außerdem werden Erzieher / -innen in Bayern an Fachakademien ausgebildet. Im Schuljahr 2008 / 09 befanden sich dort insgesamt rund 4.100 Schülerinnen und Schüler, davon 2.100 im ersten Ausbildungsjahr Tabelle A6.2-3.
In schulischen Ausbildungen sind Mädchen und junge Frauen traditionell überproportional vertreten. Der Frauenanteil an den BFS außerhalb BBiG / HwO hat sich 2008 / 09 kaum verändert (68,6 %; Vorjahr 68,5 %), im ersten Schuljahr beträgt er wie im Vorjahr 67,3 %. Der Anteil der Schülerinnen in vollschulischen Ausbildungen nach BBiG / HwO ist von 58,4 % im Vorjahr auf 56,8 % gesunken.
Bei den Absolventen sind die Schülerzahlen jetzt ebenfalls rückläufig. In 2008 haben 83.200 Absolventen die BFS außerhalb BBiG / HwO mit einem Berufsabschluss verlassen; das waren -2,1 % weniger als im Jahr davor.232 Von privaten BFS außerhalb BBiG / HwO gab es mit rund 35.300 Schüler / -innen noch einmal +0,4 % mehr Absolventen als im Vorjahr. Während der Anteil der Absolventen aus privaten BFS außerhalb BBiG / HwO damit jetzt auf 42,4 % der Gesamtzahl der Absolventen gestiegen ist, liegt er mit 21,3 % an BFS gemäß BBiG / HwO nur halb so hoch und noch -4,2 % niedriger als im Vorjahr. Die Hälfte der Absolventen 2008 von diesen Privatschulen sind Kosmetikerinnen.
E Berufsfachschulen (BFS)231 Außerhalb Berufsbildungsgesetz (BBiG) bzw. Handwerksordnung (HwO)
BFS, die einen beruflichen Abschluss in einem Beruf vermitteln, der kein Ausbildungsberuf ist – Ausbildungsgang außerhalb des Geltungsbereiches von BBiG / HwO, oft auch als „Schulberuf nach Landesrecht bezeichnet“. In einigen neuen Ländern werden Gesundheitsdienstberufe nicht an Schulen des Gesundheitswesens, sondern an BFS außerhalb BBiG / HwO, d. h. unter Aufsicht der Kultusministerien, ausgebildet.
BFS gemäß BBiG / HwO
BFS, die einen beruflichen Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf gemäß Berufsbildungsgesetz bzw. Handwerksordnung vermitteln (Statistisches Bundesamt 2008, S. 10 ff).
Tabelle A6.2-1: Schüler / -innen an Berufsfachschulen außerhalb BBiG / HwO
Tabelle A6.2-2: Schüler / -innen an Berufsfachschulen gemäß BBiG / HwO
Entwicklungen bei einzelnen Berufen
Bei den einzelnen stark besetzten Berufen (mit mehr als 1.000 Schülerinnen und Schülern im ersten Schuljahr) an BFS außerhalb BBiG / HwO überwiegen 2008 / 09 die Rückgänge Tabelle A6.2-3. Nur bei Sozialbetreuern / Sozialbetreuerinnen und Sozialhelfern / Sozialhelferinnen gibt es 18,4 % mehr Anfänger; damit sind sie jetzt zu einem der 10 quantitativ stärksten Berufe geworden. Unter den Top Ten gibt es bei Technischer Assistenz für Informatik und Wirtschaftsinformatik erneut einen starken Rückgang um -9,2 %; auch die Technische Assistenz für Automatisierungs- und Computertechnik hat 2008 / 09 -17,7 % weniger Anfänger.233
Weitere Rückgänge um mehr als 10 % gibt es im Hotel-, Gaststätten- und Touristikgewerbe (-17,8 %), in der Ergotherapie (-15,8 %), in der Physiotherapie (-13,5 %), in der Altenpflegehilfe (-15,4 %) und in der Chemisch-technischen Assistenz (-11,7 %). Die Rangfolge der 10 Berufe mit den meisten Schülern / Schülerinnen im ersten Schuljahr an BFS außerhalb BBiG / HwO ist der des Vorjahres gleich bis auf die Altenpflegehilfe, die durch die Hauswirtschaftsberufe abgelöst wird.
Bei 2 weiteren, vor einigen Jahren noch stark besetzten Berufen ist ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen: Masseure / medizinische Bademeister bzw. Masseurinnen / medizinische Bademeisterinnen haben -25,6 % weniger und damit nur noch 723 Anfänger; in der Diätassistenz ging die Schülerzahl im ersten Schuljahr gegenüber 2007 / 08 noch einmal um -23,5 % auf nunmehr nur 439 Anfänger zurück. Zusammengenommen zeigt sich eine Entwicklung, bei der schulischen Ausbildung außer in hochwertigen IT-Berufen auch in ebensolchen Gesundheitsund Pflegeberufen, die häufig mit öffentlichem Dienst verknüpft sind, zurückgeht zugunsten einfacherer Helfer- und personenbezogener Dienstleistungsberufe.
Erzieher / -innen gehören mit 2.855 Anfängern weiterhin zu den Top Ten, obwohl sie nur noch in Baden-Württemberg den BFS außerhalb BBiG / HwO zugerechnet werden. Die meisten Erzieher / -innen werden an Fachschulen ausgebildet (s. o.), darunter weitere aus Baden-Württemberg. Für Nordrhein- Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saarland sind gar keine Erzieher / -innen gemeldet; in diesen Ländern gibt es aber eine beträchtliche Anzahl von Schülern / Schülerinnen an Fachschulen für Sozialarbeit und -pädagogik, an denen im ersten Schuljahr 6.320 und insgesamt 15.657 Personen ausgebildet werden. In Bayern findet die Erzieherausbildung an Fachakademien statt (s. o.). Auch ohne die Sozial pädagogik mitzurechnen ist Erzieher / -in (mit zusammen 16.700 Schülerinnen und Schülern im ersten Schuljahr) damit nach Gesundheits- und Krankenpfleger / -in (mit insgesamt 19.400 im ersten Schuljahr) der quantitativ zweitstärkste Beruf außerhalb des Geltungsbereiches von BBiG / HwO. Nach der Altenpflege (mit zusammen 15.500 Schülerinnen und Schülern im ersten Schuljahr) folgt dann als reiner Schulberuf nach Landesrecht die Kaufmännische / Wirtschaftsassistenz (mit 14.000 Schülerinnen und Schülern im ersten Schuljahr).
An den BFS gemäß BBiG / HwO hat sich die Liste der am stärksten besetzten Berufe nicht verändert Tabelle A6.2-4. Die Veränderungen zum Vorjahr bestehen in einer Umkehrung der Rangfolge der ersten drei Berufsgruppen und kleineren Platzwechseln. In der quantitativen Entwicklung gibt es allerdings Unterschiede. Während an den BFS außerhalb BBiG / HwO für die Hauswirtschaft ein leichter Aufwuchs auf insgesamt 4.963 zu verzeichnen ist, hat deren Schülerzahl an BFS gemäß BBiG / HwO um -12,8 % auf insgesamt 4.937 abgenommen. Bis auf die Bank- und Versicherungskaufleute, deren Zahl um 14,8 % auf insgesamt 2.303 zugenommen hat, sind in allen stark besetzten Gruppen Rückgänge zu verzeichnen, die bis auf zwei Ausnahmen (Büro- und Maschinenbauberufe) bei mehr als -10 % liegen. Am deutlichsten ist er im Bereich der Körperpflegeberufe einschließlich Kosmetik, wo die Schülerzahl um ein Viertel (-25,6 %) gesunken ist.
Tabelle A6.2-3: Am stärksten besetzte Berufe an Berufsfachschulen außerhalb BBiG / HwO – 2008 / 2009
Tabelle A6.2-4: Die 10 am stärksten besetzten Berufsgruppen an Berufsfachschulen gemäß BBiG / HwO – Schuljahr 2008 / 2009
Regionale Entwicklungen bei Schulformen und Berufen
An den BFS gemäß BBiG/HwO ist eine dynamische Entwicklung zu beobachten. Neben der schwankenden quantitativen Entwicklung hat sich auch die Verteilung auf alte und neue Länder verändert. Nach der Wende war 1993/94 ein Drittel der Schülerzahl den neuen, zwei Drittel den alten Ländern zuzurechnen. Bis 1999/2000 kehrte sich das Verhältnis exakt um: zwei Drittel der Schüler / -innen kamen aus den neuen Ländern, bei insgesamt mehr als vierfacher Schülerzahl. Mit dem Geburtenrückgang und damit niedrigeren Schulabgängerzahlen insbesondere in den neuen Ländern konnten die vollschulischen Ausbildungsförderungsprogramme reduziert werden. In allen fünf neuen Flächenstaaten liegt der Rückgang daher auch 2008/2009 gegenüber dem Vorjahr bei rund -10 % und mehr Tabelle A6.2-5. Damit ist der Anteil der neuen Länder an dieser Schulform jetzt auf 52 % gegenüber 48 % in den alten Ländern zurückgegangen; aber immer noch gehen in den neuen Ländern überproportional viele Schüler / -innen in BFS gemäß BBiG/HwO.
In den alten Ländern ist in Bayern mit -16,4 % ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen; in Hamburg beträgt er sogar -42,6 % bei jedoch insgesamt geringer Schülerzahl. Zuwächse gegenüber dem Vorjahr haben allein Nordrhein-Westfalen mit 11,7 % und Baden-Württemberg mit 9,4 %. Dabei dürfte es sich in Baden-Württemberg nach wie vor überwiegend um Auszubildende mit Zusatzunterricht handeln, denn 86 %, verteilt über fast alle Berufe, sind laut Statistischem Bundesamt Teilzeitschüler. Ließe man diese 6.710 Schüler/-innen bei diesem Bildungsgang unberücksichtigt, hätte er mit rund 29.000 Schüler/-innen lediglich noch einen Anteil von 1,5 % neben den BFS außerhalb BBiG / HwO (11,9 %) und dem dualen System (86,6 %).
Brandenburg ist das zweite Land mit einem noch höheren Teilzeitschüleranteil von 89 % an BFS gemäß BBiG / HwO, der dort alle Berufe (außer die der Körperpflege) vollständig umfasst. In Brandenburg wird seit Jahren nach dem „Brandenburger Modell“ zusammen mit den Schulträgern außerbetrieblich ausgebildet.
An den BFS außerhalb BBiG/HwO ist der Rückgang vor allem in den neuen Flächenstaaten stärker und liegt zwischen rund -9 % in Mecklenburg-Vorpommern und -12 % in Brandenburg Y Tabelle A6.2-6, während in den alten Ländern insgesamt noch ein kleiner Zuwachs von 1,5 % zu verzeichnen ist.
(Gisela Feller)
Tabelle A6.2-5: Schüler / -innen an Berufsfachschulen gemäß BBiG / HwO nach Ländern – Schuljahr 2008 / 2009
Tabelle A6.2-6 Schüler / -innen an Berufsfachschulen außerhalb BBiG / HwO nach Ländern – Schuljahr 2008 / 2009