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DATENREPORT ZUM BERUFSBILDUNGSBERICHT 2009

A5.1.3 Zukünftige Entwicklungen hinsichtlich der Neuordnung anerkannter Ausbildungsberufe nach BBiG/HwO

Bei der Neuordnung von anerkannten Ausbildungsberufen wird besonders auf die zukunftsorientierte Gestaltung von Aus- und Fortbildungsregelungen geachtet.81 Dabei gilt es, in der Ordnungsarbeit der wachsenden Komplexität beruflicher Anforderungen Rechnung zu tragen. Dabei kann z. B. die Einbeziehung von Wahlqualifikationen in die Ordnungsmittel der nötigen Flexibilisierung und Differenzierung dienen. In der beruflichen Aus- und Weiterbildung stehen darüber hinaus Fragen der kompetenzorientierten Weiterentwicklung von Ordnungsmitteln, der Durchlässigkeit der verschiedenen Bildungsbereiche sowie der Anschlussfähigkeit an europäische Entwicklungen im Mittelpunkt.

Kompetenzstandards in der Berufsausbildung

Vor dem Hintergrund der Einführung von kompetenzbasierten Curricula im allgemeinbildenden Bereich und der Entwicklung eines an Kompetenzen ausgerichteten deutschen und europäischen Qualifikationsrahmens gewinnen Fragen der Kompetenzorientierung im beruflichen Bereich an Bedeutung. Das BIBB-Forschungsprojekt „Kompetenzstandards in der Berufsausbildung“ hat sich zum Ziel gesetzt, Ausbildungsordnungen kompetenzbasiert weiterzuentwickeln und eine Empfehlung zur Gestaltung kompetenzbasierter Ausbildungsordnungen zu erarbeiten.

Zu diesem Zweck wurde im Forschungsprojekt unter Einbezug theoretischer, konzeptioneller und bildungspolitischer Aspekte ein Kompetenzmodell entwickelt, das auf alle Berufe des dualen Systems anwendbar sein soll. Das Kompetenzmodell wird zurzeit anhand von 4 ausgewählten Ausbildungsordnungen aus dem kaufmännischen, gewerblichtechnischen und dem Dienstleistungsbereich erprobt und in kompetenzbasierte Ausbildungsordnungen exemplarisch umgesetzt.

Die Ergebnisse der Erprobung werden im Rahmen von Expertengesprächen und -workshops diskutiert und fließen in die Empfehlung zur Gestaltung kompetenzbasierter Ausbildungsordnungen ein. Ziel ist es, am Ende des Projekts ein ebenso wissenschaftlich fundiertes wie praxistaugliches Konzept für die Gestaltung kompetenzbasierter Ausbildungsordnungen vorstellen zu können.

Zusatzqualifikationen

Nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 BBiG kann in einer Ausbildungsordnung vorgesehen sein, dass zusätzliche berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden können. Sie gehen über das beschriebene Ausbildungsberufsbild hinaus, um die berufliche Handlungsfähigkeit zu ergänzen oder zu erweitern. Ergänzend wird in § 49 festgelegt, dass diese „Zusatzqualifikationen“ gesondert geprüft und bescheinigt werden. Die als Bausteine zu konzipierenden ergänzenden Ausbildungsinhalte können als zu zertifizierende Teilqualifikationen verstanden werden. Kennzeichen der Zusatzqualifikationen ist ihre Wahlfreiheit mit der Möglichkeit zur Verstärkung der individuellen beruflichen Profilbildung. Die erste Ausbildungsordnung, in der von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, ist die für den Ausbildungsberuf Musikfachhändler/-in. Diese Ausbildungsordnung soll zum 1. August 2009 in Kraft treten.

Wahlqualifikationen

Der wachsenden Spezialisierung von Ausbildungsberufen wird durch die Schaffung von Wahlqualifikationen Rechnung getragen. Beispielsweise wurden bei der Neuordnung der Berufsausbildung zum Friseur/ zur Friseurin Wahlqualifikationsmöglichkeiten eingeführt, die sich an den veränderten Anforderungen des Marktes orientieren. Zu den bisherigen Kernqualifikationen auf dem Gebiet der Friseur- und Kosmetikdienstleistungen, die nach wie vor den Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit bilden, sind neue Arbeitsaufgaben hinzugekommen.

Neues Prüfungskonzept

Die gestreckte Abschlussprüfung (GAP) kann als Richtungswechsel – im Vergleich zur traditionellen Prüfung mit Zwischen- und Abschlussprüfung – gesehen werden. Die neuen Prüfungsregelungen fußen auf einem ganzheitlichen Ansatz und haben den Vorteil, dass sie der Arbeitsrealität mehr entsprechen. Nachdem die Ausbildungsberufe im Einzelhandel82 im Jahre 2004 grundlegend modernisiert wurden, soll nun die gestreckte Abschlussprüfung83 für den Ausbildungsberuf „Kaufmann/frau im Einzelhandel“ zum 1. Juli 2009 eingeführt werden.84 Ein Ziel der GAP ist es, doppelte Prüfungen zu vermeiden. Der Ausbildungsberuf „Verkäufer/-in“ kann auf den Ausbildungsberuf „Kaufmann/frau im Einzelhandel“ angerechnet werden. Die Abschlussprüfung für Verkäufer/-innen entspricht Teil 1 der gestreckten Abschlussprüfung bei Kaufleuten im Einzelhandel. Die Abschlussprüfung des Verkäufers/der Verkäuferin bleibt in Form und Inhalt erhalten. Die gestreckte Abschlussprüfung der Kaufleute im Einzelhandel soll einer Erprobung und Evaluation unterzogen werden, um über die Umsetzung im kaufmännischen Bereich Erkenntnisse zu gewinnen.

Verzahnung von Aus- und Fortbildungsregelungen

Eine enge Verbindung von Aus- und Fortbildungsregelung kann die Grundlage für eine Fortschreibung des Berufskonzepts im deutschen Berufsbildungssystem sein. Solche Konzepte des lebenslangen Lernens stärken die Attraktivität des Berufsbildungssystems, weil sie Facharbeitern Karrierewege eröffnen und Unternehmen die Möglichkeit geben, ihr Personal arbeitsprozessbezogen aus- und weiterzubilden. Erstmals fand die Ordnungsarbeit für die Neuordnung eines Ausbildungsberufs – Produktionstechnologe/- technologin – und der entsprechenden Fortbildungsregelung – Geprüfter Prozessmanager – Produktionstechnologie/Geprüfte Prozessmanagerin – Produktionstechnologie – zeitgleich und aufeinander abgestimmt statt.

Mit der Berufsausbildung zum Produktionstechnologen/ zur Produktionstechnologin kann auf der Facharbeiterebene qualifizierter Nachwuchs ausgebildet werden, der die Stabilität der Produktionsprozesse und die Qualität der Produkte sicherstellt. Bereits in der Ausbildung wird die Grundlage für die Weiterbildung gelegt, sodass sich die Kompetenz der Mitarbeiter gemeinsam mit den Technologie- und Prozessinnovationen in den Unternehmen entwickeln kann. Zur Unterstützung dieses lebenslangen Lernens dient auch die entsprechende Fortbildungsordnung. Auf der Grundlage dieser Verordnung können sich Fachkräfte weiterentwickeln und durch eine Prüfung vor einer IHK den Abschluss Geprüfter Prozessmanager – Produktionstechnologie/Geprüfte Prozessmanagerin – Produktionstechnologie erwerben.

Eine ähnliche Entwicklung ist in der Versicherungswirtschaft zu beobachten. Die am 26. August 2008 erlassene Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluss Geprüfter Fachwirt/Geprüfte Fachwirtin für Versicherungen und Finanzen ist fachlich mit der Erstausbildung zum Kaufmann/zur Kauffrau für Versicherungen und Finanzen verzahnt und bringt durch den neuen Titel85 die stärkere Betonung finanzwirtschaftlicher Inhalte zum Ausdruck. Fachthemen werden in die wesentlich handlungsorientierter formulierten, an ganzheitlichen Arbeitsprozessen ausgerichteten Anforderungen der neuen Regelung integriert.

Fußnoten

81 Siehe auch: 10 Leitlinien zur Modernisierung der beruflichen Bildung – Ergebnisse des Innovationskreises berufliche Bildung.
82 Vgl. Berufsbildungsbericht 2005, Kapitel 3.1.1, S. 157 ff.
83 Siehe § 5 Abs. 2 Nr. 2 BBiG.
84 Im kaufmännischen Bereich sind die Ausbildungsberufe „Kaufmann/frau im Einzelhandel“ und „Musikfachhändler/-in“, die zum 1. August 2009 in Kraft treten sollen, die ersten Berufe, für die die gestreckte Abschlussprüfung vorgesehen ist.

Bibliographischer Hinweis

Internetversion des BIBB Datenreports zum Berufsbildungsbericht 2009 - Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Hrsg.: Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn (2009).

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