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DATENREPORT ZUM BERUFSBILDUNGSBERICHT 2010

D2.4 Förderung der Berufsorientierung in überbetrieblichen und vergleichbaren Berufsbildungsstätten

Am 1. April 2008 startete das Programm „Berufsorientierung in überbetrieblichen und vergleichbaren Berufsbildungsstätten“, welches Schülerinnen und Schülern allgemeinbildender Schulen einen ersten Einblick in verschiedene Berufe ermöglicht. Während eines Zeitraumes von 80 Stunden können die Teilnehmenden in mindestens drei Berufsbereichen ihre Fähigkeiten und Stärken praktisch erproben. Das BIBB führt die Förderung für das BMBF durch und bewilligte seit Programmstart 193 Projekte. Ein Fördervolumen von derzeit knapp 21 Mio. € ermöglicht fast 70.000 Schülern und Schülerinnen die Teilnahme an der Berufsorientierung.

Das Programm wird extern und intern evaluiert. Eine qualitative Umfrage unter den Trägern der „Berufsorientierung in überbetrieblichen und vergleichbaren Berufsbildungsstätten“ ergab eine hohe Motivation bei den teilnehmenden Jugendlichen. Zusammen mit einer verhältnismäßig geringen Abbruchquote (4,3 %) deutet dieses Ergebnis darauf hin, dass das Programm erfolgreich ist. Dies ist bemerkenswert, weil Ursachen für Probleme beim Übergang von der Schule in die Ausbildung bzw. bei der passgenauen Besetzung von Lehrstellen vielfach in der mangelnden „Ausbildungsreife351 der Jugendlichen gesehen werden. Aus Sicht von Betrieben wird häufig angeführt, dass die Leistungen im schulischen Bereich sowie das allgemeine Auftreten der Bewerber nachließe und Kompetenzen wie Leistungsbereitschaft und Frustrationstoleranz nur noch selten vorhanden seien. Eine problematische Folge derartiger Bewertungen ist, dass viele Jugendliche, und zwar besonders Hauptschüler, sich abqualifiziert vorkommen und dieses negative Fremdbild ins Selbstbild übernehmen. Resignation und mangelnde schulische Motivation können Folgen sein (vgl. Knigge 2009, S. 176). Zudem tun sich gerade nicht zu den privilegierten Gruppen gehörende Schüler / -innen bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz oft sehr schwer, wenn ein diagnostizierter Mangel an (sozialen) Kompetenzen als Ausschlusskriterium fungiert (vgl. Heikkinen / Niemeyer 2005).

Maßnahmen zur Berufsorientierung sollen frühzeitig mit den Möglichkeiten praktischer Berufe vertraut machen, die Berufswahl vorbereiten und Ausbildungsreife fördern. Wichtig für das Gelingen sind Engagement und Motivation der Schüler / -innen. Basis für eine gelungene Berufswahl sind Selbstbewusstsein, Wissen um Stärken, Vertrauen und die Chance, Interessen zu entwickeln. Exemplarisch werden nachfolgend zwei Faktoren, die zur Förderung der Motivation der Jugendlichen beitragen, sowie beispielhaft deren praktische Umsetzung durch Berufsbildungsstätten dargestellt.

Motivation stärken durch Ressourcen- statt Defizitorientierung

Obwohl der Gedanke, an Ressourcen und Potenzialen statt an Defiziten anzusetzen, in der pädagogischen Arbeit nicht neu ist, scheint er selten konsequent praktiziert zu werden. Einen Beitrag zur Ressourcenorientierung leisten jene Berufsbildungsstätten, die von den Vorerfahrungen und vom Leistungsstand der Schüler / -innen ausgehen und das Aufgabenniveau in den Werkstätten oder Lernbüros entsprechend anpassen. Im Berufsbildungs- und Technologie zentrum Düsseldorf wechseln sich darüber hinaus die berufsübergreifende Kompetenzfeststellung, theoretische Unterweisungen (u. a. allgemeine Informationen zu den Berufsfeldern, Werkzeug- und Materialkunde, Alternativen für Ausbildungsberufe) und praktische Erprobung ab. Die theoretischen Unterweisungen sind in „Bausteine“ gegliedert und können je nach Konzentrationsfähigkeit und Arbeitstempo der Schüler / -innen flexibel in den praktischen Ablauf integriert werden. Einer Über- oder Unterforderung einzelner Jugendlicher wird so entgegengesteuert und Frustration oder gar Resignation vorgebeugt. Individuelle Potenziale können freigesetzt werden, und insbesondere Schüler / -innen mit Schwierig keiten beim schulischen Lernen können Erfolgserlebnisse sammeln, von denen sie auch im Schulunterricht profitieren.

Motivation schaffen durch individuelle Angebote und Vielfalt

Berufsorientierung ist ein individueller Prozess, dem die bisher bestehenden Angebote oft nicht gerecht werden. Für Schüler / -innen, die nicht die benötigte Unterstützung bekommen, besteht ein hohes Frustrationspotenzial. Die Jugendlichen sollten deshalb Maßnahmen wählen können, die zum jeweiligen Stand ihres Berufsorientierungsprozesses passen. Angebote müssen stärker individualisiert und mehr auf freiwilliger Basis erfolgen, als das bisher der Fall ist. Zudem sollte eine möglichst breite Palette an Berufsfeldern zur Verfügung stehen, aus der die Schülerinnen und Schüler auswählen können. Das Teutloff Bildungszentrum Wernigerode kooperiert mit drei weiteren Berufsbildungsstätten und bot im Schuljahr 2008 / 2009 bis zu elf Berufsfelder zur Wahl an, die handwerkliche Berufe, Berufe im Gesundheitsbereich, in der Informationstechnologie, in Handel und Wirtschaft, im Hotel- und Gaststättengewerbe sowie grüne Berufe abdeckten.

Um die Wirkung des Programmes genauer beurteilen zu können und um weitere Hinweise für eine erfolgreiche Berufsorientierung zu erhalten, sind leitfadengestützte Interviews mit den Lehrkräften und den Jugendlichen geplant.

(Renate Lauterbach, Heike Niemann)

Fußnoten

351 Der Begriff Ausbildungsreife wird nach wie vor nicht einheitlich gebraucht. Definitionen und ein Kriterienkatalog zur Ausbildungsreife finden sich unter www.arbeitsagentur.de/nn_27986/zentraler-Content/A03-Berufsberatung/A031-Berufseinsteiger/Allgemein/Ausbildungsreife-Kriterienkatalog.html.

Bibliographischer Hinweis

Internetversion des BIBB-Datenreports zum Berufsbildungsbericht 2010 - Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Hrsg.: Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn (2010).

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