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DATENREPORT ZUM BERUFSBILDUNGSBERICHT 2013

A8.1 Entwicklung der Ausbildungsvergütungen

Jeder Ausbildungsbetrieb in Deutschland ist gesetzlich verpflichtet, seinen Auszubildenden eine angemessene und mit jedem Ausbildungsjahr ansteigende Vergütung zu zahlen (§ 17 Berufsbildungsgesetz). Die Ausbildungsvergütungen sind daher in der dualen Berufsausbildung sowohl für Auszubildende als auch für Betriebe von erheblicher finanzieller Bedeutung. Für die Auszubildenden sollen die Vergütungen spürbar zur Deckung der Lebenshaltungskosten beitragen und zugleich eine Entlohnung für ihre im Betrieb geleistete produktive Arbeit darstellen. Für die Betriebe sind die Ausbildungsvergütungen der größte Kostenfaktor bei der Durchführung der Berufsausbildung, denn auf sie entfallen 46 % der Bruttoausbildungskosten (vgl. Schönfeld u. a. 2010).

In den meisten Wirtschaftszweigen schließen die Tarifpartner (Arbeitgeber und Gewerkschaften) im Rahmen von Tarifverhandlungen Vereinbarungen über die Höhe der Ausbildungsvergütungen.218 Tarifgebundene Betriebe219 müssen ihren Auszubildenden mindestens die tariflich festgelegten Vergütungssätze zahlen, d. h., niedrigere Vergütungsbeträge sind unzulässig, übertarifliche Zuschläge aber erlaubt. Nicht tarifgebundene Betriebe können dagegen die in ihrer Branche und Region geltenden tariflichen Ausbildungsvergütungen deutlich unterschreiten, und zwar nach derzeitiger Rechtsprechung um bis zu 20 %. Dennoch halten sich auch diese Betriebe häufig freiwillig an die tariflichen Vergütungssätze.

Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) beobachtet und analysiert die Entwicklung der tariflichen Ausbildungsvergütungen  in den alten Ländern seit 1976 und in den neuen Ländern seit 1992 . Obwohl die Tarifbindung der Betriebe seit Mitte der 1990er-Jahre deutlich abgenommen hat (vgl. Kohaut/Ellguth 2008), werden die Vergütungszahlungen in der betrieblichen Berufsausbildung nach wie vor sehr stark durch die Tarife geprägt. Nach der BIBB-Kosten-Nutzen- Erhebung 2007 waren die Ausbildungsvergütungen in 54 % der Ausbildungsbetriebe verbindlich durch einen Tarifvertrag festgelegt (vgl. Beicht/Walden 2012). 65 % der Auszubildenden wurden in diesen tarifgebundenen Betrieben ausgebildet. 27 % der Ausbildungsbetriebe waren zwar nicht an einen Tarifvertrag gebunden, zahlten aber die Ausbildungsvergütungen in Anlehnung an einen Tarif; 22 % der Auszubildenden waren in diesen Betrieben vertreten. Insgesamt wurde somit die Vergütungshöhe in 81 % der Ausbildungsbetriebe – mit 87 % der Auszubildenden – durch Tarife bestimmt. Nur 19 % der Ausbildungsbetriebe – mit 13 % der Auszubildenden – waren ohne Tarifbindung und zahlten auch nicht nach Tarif. In den neuen Ländern war die Tarifbindung bzw. die Anlehnung an einen Tarif allerdings weit weniger verbreitet als in den alten Ländern. Während in den alten Ländern 84 % der Ausbildungsbetriebe (mit 91 % der Auszubildenden) tarifgebunden waren oder sich an einem Tarif orientierten, traf dies in den neuen Ländern nur auf 70 % der Betriebe (mit 72 % der Auszubildenden) zu. 30 % der ostdeutschen Betriebe (mit 28 % der Auszubildenden) nutzten somit den Flexibilitätsspielraum bei den Ausbildungsvergütungen, den eine fehlende Tarifbindung ermöglicht.

E Tarifliche Ausbildungsvergütungen

Tarifliche Vereinbarungen zu den Ausbildungsvergütungen werden meistens für einen bestimmten Wirtschaftszweig in einer bestimmten Region (Tarifbereich) geschlossen. Innerhalb eines Tarifbereichs werden in der Regel für alle Auszubildenden – unabhängig vom Ausbildungsberuf – einheitliche Vergütungssätze festgelegt. Zwischen den verschiedenen Wirtschaftszweigen gibt es jedoch beträchtliche Abweichungen im Vergütungsniveau, und auch zwischen den einzelnen Tarifregionen innerhalb eines Wirtschaftszweigs variieren die Vergütungen.

Jährlich zum Stand 1. Oktober wird im BIBB eine Auswertung tariflicher Ausbildungsvergütungen durchgeführt. Die Grundlage bilden dabei rund 500 Vergütungsverein barungen aus den gemessen an den Beschäftigtenzahlen größten Tarifbereichen Deutschlands. Die Angaben werden jeweils vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zur Verfügung gestellt. Getrennt nach alten und neuen Ländern werden die Vergütungsdurchschnitte für stärker besetzte Ausbildungsberufe ermittelt. Derzeit sind 184 Berufe in den alten und 149 Berufe in den neuen Ländern einbezogen. In diesen werden 89 % aller Auszubildenden in den alten und 79 % in den neuen Ländern ausgebildet. Im Rahmen der Auswertungen wird zunächst pro Ausbildungsberuf ein Vergütungsdurchschnitt über die Wirtschaftszweige bzw. Tarifbereiche berechnet, in denen der betreffende Beruf schwerpunktmäßig bzw. typischerweise ausgebildet wird (vgl. Beicht 2011). Anschließend werden auf Basis der ermittelten berufsspezifischen Vergütungen weitere Durchschnittswerte gebildet, wobei die einzelnen Berufe jeweils mit dem Gewicht ihrer Auszubildendenzahlen berücksichtigt werden.

Aktuelle Vergütungsstrukturen 2012

In den alten Ländern betrugen die tariflichen Ausbildungsvergütungen 2012 im Durchschnitt 737 € pro Monat.220 Sie erhöhten sich damit um 4,1 % gegenüber dem Vorjahreswert von 708 €.221 In den neuen Ländern stieg der monatliche Vergütungsdurchschnitt auf 674 € an, also um 5,0 % gegenüber dem Jahr zuvor (642 €). Während der prozentuale Vergütungsanstieg 2012 in den alten Ländern damit deutlich höher ausfiel als im vorangegangenen Jahr (2,9 %), hatte es in den neuen Ländern bereits im Vorjahr einen fast ebenso starken Zuwachs gegeben (4,9 %) Schaubild A8.1-1. In den neuen Ländern erreichten die Vergütungen 2012 wiederum 91 % der westlichen Höhe, d. h., der Abstand zum Tarifniveau der alten Länder blieb gegenüber 2011 unverändert. Bezogen auf das gesamte Bundesgebiet war 2012 ein Durchschnitt der tariflichen Ausbildungsvergütungen von 730 € pro Monat zu verzeichnen. Dies entsprach einem Anstieg um 4,3 % gegenüber dem Vorjahr (700 €).

Zwischen den einzelnen Ausbildungsberufen bestanden 2012 beträchtliche Vergütungsunterschiede.222 Sehr hoch lagen die tariflichen Vergütungsdurchschnitte beispielsweise in den Berufen Mechatroniker/Mechatronikerin (alte Länder: 909 €, neue Länder: 885 €), Medientechnologe/ Medientechnologin Druck (alte Länder und neue Länder: 905 €) sowie Kaufmann/Kauffrau für Versicherungen und Finanzen (alte Länder und neue Länder: 896 €). In den alten Ländern waren auch in den Berufen des Bauhauptgewerbes (z. B. Maurer/ Maurerin) sehr hohe Ausbildungsvergütungen tariflich vereinbart: Sie betrugen dort durchschnittlich 968 € im Monat, während sie in den neuen Ländern mit 772 € deutlich geringer ausfielen. Eher niedrig waren die tariflichen Vergütungsdurchschnitte z. B. in den Berufen Maler und Lackierer/Malerin und Lackiererin (alte und neue Länder: 528 €), Bäcker/ Bäckerin (alte und neue Länder: 500 €), Florist/Floristin (alte Länder: 460 €, neue Länder: 312 €) und Friseur/Friseurin (alte Länder: 454 €, neue Länder: 269 €).

Die Verteilung der Auszubildenden nach Höhe der berufsspezifischen Ausbildungsvergütungen stellte sich 2012 wie folgt dar: In den alten Ländern kamen 30 % der Auszubildenden auf hohe monatliche Beträge von 850 € und mehr. Für 62 % bewegten sich die Vergütungen zwischen 550 € und 849 €. Relativ gering waren die Beträge für 8 % der Auszubildenden mit weniger als 550 €. In den neuen Ländern gab es für 21 % der Auszubildenden eine Vergütung von 850 € und mehr. Für 46 % der Auszubildenden lagen die Vergütungen zwischen 550 € und 849 €. 33 % der Auszubildenden hatten Vergütungen von weniger als 550 €.

Nach Ausbildungsbereichen unterschied sich das Niveau der tariflichen Ausbildungsvergütungen 2012 erheblich. In den alten Ländern wurde in Industrie und Handel mit 813 € pro Monat ein relativ hoher Durchschnitt erreicht, ebenso im öffentlichen Dienst mit 792 €. Weit darunter lagen die durchschnittlichen Beträge im Handwerk (606 €), bei den freien Berufen (624 €) und in der Landwirtschaft (624 €). Noch größere Unterschiede gab es in den neuen Ländern: Hier war der Vergütungsdurchschnitt im öffentlichen Dienst mit 792 € mit Abstand am höchsten, gefolgt von Industrie und Handel mit 730 €. Erheblich niedriger fielen auch hier die Durchschnittswerte im Handwerk (504 €), in der Landwirtschaft (509 €) und bei den freien Berufen (639 €) aus.223 Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass vor allem innerhalb der Ausbildungsbereiche Industrie und Handel sowie Handwerk die Vergütungen der einzelnen Berufe sehr stark differieren.

Es waren 2012 auch deutliche Vergütungsunterschiede zwischen männlichen und weiblichen Auszubildenden festzustellen. In den alten Ländern betrug der durchschnittliche Monatsbetrag für männliche Auszubildende 751 € und für weibliche 715 €. In den neuen Ländern kamen männliche Auszubildende auf 692 € und weibliche auf 642 €. Die abweichenden Vergütungsdurchschnitte resultierten ausschließlich aus der unterschiedlichen Verteilung von männlichen und weiblichen Auszubildenden auf die Berufe. In Berufen, in denen weit überwiegend junge Männer ausgebildet wurden, waren die Ausbildungsvergütungen teilweise sehr hoch. Umgekehrt wurden in den Berufen, in denen sehr stark junge Frauen vertreten waren, häufig relativ niedrige Vergütungen gezahlt.

Bei den bisherigen Angaben handelte es sich immer um Durchschnittswerte über die gesamte Ausbildungsdauer der Berufe. Für die einzelnen Ausbildungsjahre wurden 2012 folgende Durchschnittswerte ermittelt: In den alten Ländern betrugen die monatlichen Vergütungen im 1. Ausbildungsjahr 664 €, im 2. Jahr 731 €, im 3. Jahr 812 € und im 4. Jahr 851 €. In den neuen Ländern ergaben sich im 1. Ausbildungsjahr durchschnittlich 606 €, im 2. Jahr 670 €, im 3. Jahr 736 € und im 4. Jahr 827 € pro Monat.224

Schaubild A8.1-1: Entwicklung der tariflichen Ausbildungsvergütungen von 1992 bis 2012

Schaubild A8.1-1

Der Vergütungsanstieg 2005 bis 2011 vor dem Hintergrund der Preissteigerung sowie der Lohn- und Gehaltsentwicklung

In den alten Ländern erhöhten sich die tariflichen Ausbildungsvergütungen von 2005 bis 2011 durchschnittlich um insgesamt 13,6 % Tabelle A8.1-1.225 In den neuen Ländern lag der entsprechende Gesamtanstieg bei 21,4 %. Hierbei handelt es sich um die nominalen Vergütungssteigerungen. Der reale Zuwachs, d. h. der tatsächliche Zugewinn an Kaufkraft, kann erst nach Berücksichtigung der Preissteigerung beurteilt werden. Hierzu lässt sich der vom Statistischen Bundesamt ermittelte Verbraucherpreisindex (Gesamtindex für Deutschland) heranziehen. Danach stiegen die Verbraucherpreise in Deutschland von 2005 bis 2011226 um insgesamt 10,7 % an. In den alten Ländern betrug die reale Erhöhung der tariflichen Ausbildungsvergütungen in diesem Zeitraum somit lediglich 2,9 %. In den neuen Ländern ist mit einem Plus von 10,7 % ein deutlich stärkerer prozentualer Realanstieg festzustellen, allerdings basierend auf einem erheblich niedrigeren Vergütungsniveau als in den alten Ländern.

Inwieweit die Anhebung der tariflichen Ausbildungsvergütungen von 2005 bis 2011 der allgemeinen Lohn- und Gehaltsentwicklung entsprach, lässt sich anhand der vom Statistischen Bundesamt ermittelten Indizes der tariflichen Monatsverdienste der Arbeitnehmer einschätzen. In den alten Ländern war demnach der prozentuale Gesamtanstieg der tariflichen Ausbildungsvergütungen im betreffenden Zeitraum mit 13,6 % nur wenig höher als bei den tariflichen Monatsverdiensten der Arbeitnehmer mit 12,5 % Tabelle A8.1-2. In den neuen Ländern nahmen die tariflichen Vergütungen der Auszubildenden dagegen mit 21,4 % deutlich stärker zu als die tariflichen Monatsverdienste der Arbeitnehmer mit 14,4 %.

(Ursula Beicht)

Tabelle A8.1-1: Nominaler und realer Anstieg der tariflichen Ausbildungsvergütungen (AV) insgesamt von 2005 bis 2011
Tabelle A8.1-1 (barrierefrei)


Schaubild A8.1-1

Tabelle A8.1-2: Anstieg der tariflichen Ausbildungsvergütungen (AV) im Vergleich zu den tariflichen Monatsverdiensten der Arbeitnehmer/-innen von 2005 bis 2011

Tabelle A8.1-2

Fußnoten

218 Insbesondere im Dienstleistungssektor sowie im Handwerk gibt es jedoch auch Bereiche, in denen keine tariflichen Regelungen der Ausbildungsvergütungen getroffen werden oder tarifliche Vereinbarungen nur in bestimmten Regionen existieren.

219 Eine Tarifbindung besteht in der Regel dann, wenn der Betrieb dem tarifschließenden Arbeitgeberverband angehört. In eher seltenen Fällen werden Tarifvereinbarungen eines Wirtschaftszweigs auch für allgemein verbindlich erklärt.

220 Die tariflichen Ausbildungsvergütungen gelten nicht in der aus öffentlichen Mitteln finanzierten außerbetrieblichen Ausbildung. Dort erhalten die Auszubildenden in der Regel wesentlich niedrigere Vergütungen, die gesetzlich bzw. durch Verordnung festgelegt sind.

221 Die tariflichen Ausbildungsvergütungen stellen Bruttobeträge dar. Überschreitet die monatliche Vergütung die Geringverdienergrenze von 325 €, so muss der/die Auszubildende hiervon den Arbeitnehmerbeitrag zur Sozialversicherung leisten, andernfalls trägt der Ausbildungsbetrieb die gesamten Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil). Gegebenenfalls erfolgt auch ein Lohnsteuerabzug von der Ausbildungsvergütung.

222 Eine Gesamtübersicht mit den Ergebnissen für alle erfassten Ausbildungsberufe 2012 ist abrufbar unter http://www.bibb.de/de/783.htm.

223 Für den Ausbildungsbereich der freien Berufe wurde 2012 in den alten Ländern ein niedrigerer Vergütungsdurchschnitt als in den neuen Ländern ermittelt. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass der Beruf „Zahnmedizinischer Fachangestellter/Zahnmedizinische Fachangestellte“, der in den alten Ländern eine vergleichsweise geringe Vergütung aufwies, in den neuen Ländern aufgrund fehlender tariflicher Vereinbarungen nicht einbezogen war.

224 Beim 4. Ausbildungsjahr ist zu beachten, dass in den Vergütungsdurchschnitt bei Weitem nicht alle erfassten Berufe eingingen, sondern nur diejenigen mit einer dreieinhalbjährigen Ausbildungsdauer.

225 Zur Langzeitentwicklung der tariflichen Ausbildungsvergütungen von 1976 bis 2010 vgl. Beicht 2011.

226r 2012 lagen die Angaben noch nicht vor.

Bibliografischer Hinweis

Internetversion des BIBB-Datenreports zum Berufsbildungsbericht 2013 - Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Hrsg.: Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn (2013).

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