Tabelle B3.5-1 dokumentiert die Ausgaben aus öffentlichen Haushalten für Weiterbildung in den Jahren 2006 bis 2011, verglichen mit dem Jahr 2001. Der größte Teil der Aufwendungen steht in Zusammenhang mit der beruflichen Weiterbildung. Teilweise sind aber auch Ausgaben für allgemeine, politische, kulturelle und wissenschaftliche Weiterbildung erfasst, da diese nicht immer eindeutig von den Aufwendungen für die berufliche Weiterbildung getrennt werden können.
Der Bund beteiligt sich an der Weiterbildungsfinanzierung durch die Förderprogramme verschiedener Ministerien. Die Ausgaben für diese Programme werden in den Haushalten zu Titeln zusammengefasst. Gemäß Funktionenplan nach § 14 Bundeshaushaltsordnung (BHO) kennzeichnen die Funktionskennziffern (FKZ) 151, 152, 153 und 155 die Titel, welche in der Jahresrechnungsstatistik des Statistischen Bundesamtes (StBA) dem Bereich Weiterbildungsförderung zugerechnet werden. Einige dieser Titel stehen allerdings schwerpunktmäßig in Zusammenhang mit dem allgemeinen oder tertiären Bildungswesen bzw. enthalten auch Ausgaben für Programme, die einen stärkeren Bezug zur Förderung der beruflichen Ausbildung aufweisen (vgl. Kapitel A8.2). Umgekehrt gibt es Titel, die laut Funktionskennziffer eigentlich nicht den Weiterbildungsausgaben zugeordnet sind, aber dennoch eindeutig der Weiterbildungsförderung dienen. Dies betrifft etwa die „Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und die Leistungen für Menschen mit Behinderung sowie für die speziellen Maßnahmen für Jüngere des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) im Bereich des SGB II. Daher greift Tabelle B3.5-1 nicht auf die Jahresrechnungsstatistik zurück, sondern weist die nach sachlichen Gesichtspunkten der Weiterbildung zuzurechnenden Haushaltstitel aus. Haushaltstitel des Bundes, die in bedeutendem Umfang auch Ausbildungsausgaben enthalten, sind durch ein Kreuz am Ende der Zeile gekennzeichnet. Das Gleiche gilt für die übrigen Tabellenpositionen.
Ähnlich wie der Bund sind auch die Länder durch Programme verschiedener Ministerien an der Weiterbildungsförderung beteiligt. Die Jahresrechnungsstatistik des StBA weist für die Förderung der Weiterbildung (FKZ 151) einen Beitrag der Länder in Höhe von 57 Mio. € aus. Allerdings sind dort – wie zuvor beschrieben – die Länderprogramme nur dann enthalten, wenn sie per Funktionskennziffer explizit dem Bereich Weiterbildung des Funktionenplans zugeordnet sind. Viele Programme mit Weiterbildungsbezug zählen beispielsweise zum Bereich Arbeitsmarktpolitik, weswegen der tatsächliche Beitrag der Länder zur Weiterbildungsförderung vermutlich unterschätzt wird. Eine BIBB-Erhebung zur Höhe der Fördermittel in den entsprechenden Programmen kommt zu dem Ergebnis, dass die (geplanten) Ausgaben der Länder im Jahr 2010 größenordnungsmäßig im Bereich von 0,5 Mrd. € lagen. Hierbei handelt es sich allerdings um eine sehr grobe Schätzung, die mit erheblichen Unsicherheiten belastet ist (vgl. Müller / Koscheck 2011).
Weiterhin finanzieren die Länder – teilweise gemeinsam mit Gemeinden und Zweckverbänden – die Volkshochschulen (VHS), Einrichtungen der Lehrerfortbildung und andere Einrichtungen der Weiterbildung. Die entsprechenden Ausgaben können ebenfalls der Jahresrechnungsstatistik entnommen werden. Da die tatsächliche Belastung der öffentlichen Haushalte dargestellt werden soll, ist bei der Nutzung der Jahresrechnungsstatistik das Konzept der Grundmittel anzuwenden. Hier werden die Nettoausgaben mit den unmittelbaren Einnahmen der öffentlichen Hand – wie etwa Teilnehmergebühren bei VHS-Kursen – verrechnet. Die Ausgaben für VHS sind jedoch anhand der Jahresrechnungsstatistik nicht nach beruflicher und nicht beruflicher Weiterbildung differenzierbar. Näherungsweise wurde daher der Anteil des VHS-Programmbereichs „Arbeit – Beruf“ aus den Gesamtausgaben der Länder und Gemeinden für VHS sowie dem Anteil des Programmbereichs am Gesamtvolumen der unterrichteten Stunden geschätzt. Es sei aber darauf hingewiesen, dass auch die anderen Programmbereiche „Politik – Gesellschaft – Umwelt“, „Kultur – Gestalten“, „Gesundheit“, „Sprachen“ und „Grundbildung – Schulabschlüsse“ in weiten Teilen berufsrelevante Qualifikationen vermitteln.
Darüber hinaus sind die Länder an der Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung beteiligt (vgl. Kapitel B3.1). Ihr Anteil ist gesetzlich auf 22 % festgelegt und kann aus den Angaben im Haushalt des BMBF berechnet werden, welches den gesamten Bundesanteil von 78 % trägt.
Die Länder finanzieren darüber hinaus die Fachschulen. Hingegen sind die Ausgaben der Hochschulen für Weiterbildung bei den Länderausgaben nicht berücksichtigt. Eine vom BMBF geförderte Studie zur Struktur und Organisation der Weiterbildung an Hochschulen kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass ein großer Teil der Kosten durch Teilnahmeentgelte gedeckt wird (vgl. Hanft / Knust, 2007).
Die Weiterbildungsförderung der Bundesagentur für Arbeit (BA) ist aufgrund einer Verschlechterung ihrer arbeitsmarktpolitischen Handlungsspielräume im Vergleich zu 2001 stark gesunken. Zwischen 2006 und 2009 war zwar wieder eine leicht steigende Tendenz zu erkennen, seit 2009 gehen die Ausgaben aber erneut zurück. Zur Förderung der beruflichen Weiterbildung (FbW) im Rechtskreis des SGB III (vgl. Kapitel B3.1) zählen die Kosten der Weiterbildung, Unterhaltsgeld sowie Teilunterhaltsgeld, Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung, Zuschüsse zum Arbeitsentgelt bei beruflicher Weiterbildung sowie Einstellungszuschüsse bei Vertretung. Arbeitslosengeld wird nach Auskunft der BA als „Arbeitslosengeld bei Weiterbildung“ ausgewiesen, sobald es während der Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme gewährt wird. In der Regel besteht aber ohnehin ein Anspruch auf Arbeitslosengeld aufgrund von Arbeitslosigkeit, sodass die Ausgaben genau genommen nicht in voller Höhe als Bildungsausgaben interpretiert werden dürfen. Da sich der Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen Arbeitslosigkeit bei Teilnahme an einer Weiterbildung um die Hälfte der Weiterbildungsdauer erhöht, dürfte der den Bildungsausgaben zurechenbare Anteil aber bei mindestens 50 % liegen.
Das Sonderprogramm „Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter Älterer in Unternehmen“ (WeGebAU) (vgl. Kapitel B3.1) sowie weiterbildungsbezogene Teile des Integrationsfortschrittsprogramms für Betreuungskunden sind in den Angaben der BA bereits erfasst. Hinzuzurechnen sind teilweise noch die Leistungen für Menschen mit Behinderung. Die genaue Zuordnung ist jedoch laut Angaben der BA lediglich bei einem kleinen Volumen möglich. Der größte Teil der Leistungen für Menschen mit Behinderung kann nicht auf Erstausbildung oder Weiterbildung aufgeteilt werden. Ähnlich wie beim Arbeitslosengeld ist es durchaus fragwürdig, ob es sachgerecht ist, die Ausgaben in voller Höhe als Bildungsausgaben zu interpretieren.
Neben der Aus- und Weiterbildungsförderung im Rechtskreis des SGB III ist die BA auch für die Durchführung der durch das BMAS finanzierten Maßnahmen im Rechtskreis des SGB II zuständig. Das Kriterium für die Förderung nach SGB II ist eine Phase der Arbeitslosigkeit, die länger als ein Jahr andauert; deshalb finden sich im Rechtskreis SGB III ähnliche berufsfördernde Bildungsmaßnahmen für Menschen mit Behinderung und Jüngere wie im Rechtskreis SGB II. Außer Kraft gesetzt wurde zum 1. Januar 2009 die Maßnahme zur institutionellen Förderung. Relativ neu im Förderspektrum der BA ist hingegen die Förderung der Qualifizierung während der Kurzarbeit (vgl. Kapitel B3.1). Gefördert werden gering qualifizierte Arbeitnehmer, die keine berufliche Ausbildung vorweisen können oder seit mindestens 4 Jahren anstatt der gelernten Tätigkeit einer anderen an- oder ungelernten Tätigkeit nachgehen.
Die von Bundesministerien, BA und Ländern bereitgestellten Mittel werden in einigen Fällen durch EU-Mittel ergänzt. Die entsprechenden Programme werden durch den Europäischen Sozialfonds (ESF) kofinanziert. Je nach Zielgebiet liegt der Kofinanzierungssatz bei bis zu 50 % oder 75 %. In der Förderperiode 2007 bis 2013 stehen insgesamt ca. 9,4 Mrd. € für Bund und Länder zur Verfügung. Allerdings ist laut ESF derzeit keine Auskunft darüber möglich, in welcher Höhe in den einzelnen Jahren tatsächlich Ausgaben für die berufliche Aus- und Weiterbildung aus ESFMitteln getätigt wurden. Die unter Prioritätsachse B der Programmstruktur zu subsumierenden Ausgaben dienen fast vollständig der Weiterbildung.303 Über die gesamte Förderperiode stehen Bund und Ländern hierfür insgesamt 2,84 Mrd. € zur Verfügung. Aber auch die übrigen Prioritätsachsen können Ausgaben mit Bezug zur beruflichen Aus- und Weiterbildung enthalten, sodass sich die jährlich der Aus- und Weiterbildung zugutekommenden ESF-Mittel größenordnungsmäßig zwischen 0,5 und 1 Mrd. € bewegen dürften. Die ESF-Mittel für Weiterbildung sind aber nicht gesondert in Tabelle B3.5-1 berücksichtigt, da sie zumindest teilweise bereits in den dort aufgeführten Haushaltstiteln der Ministerien berücksichtigt sind. Denn nicht alle Ministerien weisen die verwendeten ESF-Mittel separat aus. Eine Aussage darüber, wie stark sich der Finanzierungsbeitrag der öffentlichen Hand durch ESF-Zuschüsse im Vergleich zur Tabelle B3.5-1 noch erhöht, ist daher nicht ohne Weiteres möglich.
(Normann Müller, Ulrike Azeez)