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DATENREPORT ZUM BERUFSBILDUNGSBERICHT 2012

B1.2.3 Betriebliche Weiterbildung, Ausbildungsbeteiligung und Rekrutierungsprobleme

Der folgende Beitrag untersucht anhand der Daten des BIBB-Qualifizierungspanels (vgl. Erläuterung in Kapitel A4.10.4) den Zusammenhang zwischen der betrieblichen Weiterbildung und (a) der betrieblichen Ausbildungsbeteiligung (vgl. Bellmann / Krekel / Stegmaier 2010) sowie (b) der Rekrutierung von Arbeitskräften auf dem externen Arbeitsmarkt. Angesichts zunehmender Probleme bei der Rekrutierung von Jugendlichen für die betriebliche Ausbildung und von Fachkräften (vgl. Kapitel A4.10.4) geht der Beitrag zusätzlich auf den Zusammenhang zwischen betrieblicher Weiterbildung und Besetzungsproblemen von Ausbildungsstellen und Arbeitsstellen (vgl. Düll / Bellmann 1998; Gerhards / Mohr / Troltsch 2012) ein und vergleicht die Anteile der weiterbildungsaktiven Betriebe mit unbesetzten Ausbildungs- bzw. Arbeitsstellen mit den Anteilen der Betriebe ohne solche Stellenbesetzungsprobleme.

Weiterbildungsbeteiligung von Betrieben

Nach der im BIBB-Qualifizierungspanel verwendeten Definition wird dann von betrieblicher Weiterbildung gesprochen, wenn Betriebe ihre Beschäftigten für die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen ganz oder teilweise freistellen oder die Kosten für die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen ganz oder teilweise übernehmen. Betriebliche Weiterbildung umfasst dabei Weiterbildungsaktivitäten wie die Teilnahme von Beschäftigten an Kursen sowie an informeller, nicht kursförmiger Weiterbildung. Beispiele informeller Weiterbildungsformen sind geförderte Qualitätszirkel, Informationsveranstaltungen, Weiterbildung am Arbeitsplatz über Unterweisungen oder reguläre Einarbeitung oder selbstgesteuertes Lernen mit speziellen Programmen. Nicht berücksichtigt werden dabei Weiterbildungsmaßnahmen von Auszubildenden, Praktikanten oder Volontären. Als Indikator für die betriebliche Weiterbildung wird die Weiterbildungsbeteiligung, also der Anteil der weiterbildungsaktiven Betriebe an allen Betrieben, verwendet.265

Nach den Ergebnissen desBIBB-Qualifizierungspanels lag die Weiterbildungsbeteiligung im Jahr 2010 bei 57,1 %. Damit haben mehr als die Hälfte der etwa 2 Mio. Betriebe mit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen in Deutschland Weiterbildungsmaßnahmen für ihre Beschäftigten gefördert .

E Methodische Hinweise zur Erfassung der Weiterbildungsbeteiligung im BIBB-Qualifizierungspanel und im IAB-Betriebspanel

Das BIBB-Qualifizierungspanel und das IAB-Betriebspanel kommen bei der Weiterbildungsbeteiligung zu unterschiedlichen Ergebnissen (57,1 % bzw. 44 %, vgl. Kapitel B1.2.1). Diese Differenz ist in erster Linie auf Unterschiede im Erhebungsdesign und in den Referenzzeiträumen zurückzuführen: Während im BIBB-Qualifizierungspanel die Weiterbildungsmaßnahmen des gesamten Jahres berücksichtigt werden, befragt das IAB-Betriebspanel Betriebe zur Förderungen von Weiterbildungsmaßnahmen, die während der ersten Jahreshälfte stattfinden. Damit liegt es auf der Hand, dass die Weiterbildungsbeteiligung im BIBB-Qualifizierungspanel einen höheren Wert aufweist.

Weiterbildungsbeteiligung und betriebliche Ausbildung

Mehr als drei Viertel (76,2 %) der Ausbildungsbetriebe führten im Jahr 2010 Weiterbildungsmaßnahmen für ihre Beschäftigten durch.266 Deutlich geringer war dagegen die Weiterbeteiligung bei den Nichtausbildungsbetrieben. Von diesen förderte nur jeder zweite Betrieb (51,1 %) Weiterbildungsmaßnahmen für seine Beschäftigten (25 Prozentpunkte weniger). Dieser Unterschied bleibt auch bei der Differenzierung der Betriebe nach mehreren ausgewählten Strukturmerkmalen bestehen Schaubild B1.2.3-1. Praktisch keine Unterschiede gibt es beim Vergleich zwischen Betrieben in Ost- und Westdeutschland: Es waren jeweils drei Viertel der Ausbildungsbetriebe und etwa die Hälfte der Nichtausbildungsbetriebe weiterbildungsaktiv. Größere Unterschiede sind dagegen bei der Differenzierung der Betriebe nach Wirtschaftssektoren (vgl. Kapitel A4.10.4) zu verzeichnen. Besonders deutlich wird dies im Bereich der sonstigen Dienstleistungen, bei denen die Weiterbildungsbeteiligung bei Ausbildungsbetrieben um etwa 40 Prozentpunkte höher liegt als bei Nichtausbildungsbetrieben, sowie in der Branche Handel und Reparatur (32 Prozentpunkte Unterschied). Dagegen waren aus der Branche öffentlicher Dienst, Gesundheit und Erziehung mit einem Anteil von 93,8 % nicht nur die Ausbildungsbetriebe überdurchschnittlich weiterbildungsaktiv, sondern auch die Nichtausbildungsbetriebe (86,4 %).

Am auffälligsten sind die Unterschiede zwischen Betrieben bei der Betrachtung nach Betriebsgrößenklassen. Während sich Ausbildungs- und Nichtausbildungsbetriebe bei Kleinstbetrieben mit weniger als 20 Beschäftigten sehr stark hinsichtlich ihrer Weiterbildungsbeteiligung unterscheiden, nehmen diese Unterschiede mit zunehmender Betriebsgröße ab. In Großbetrieben mit 200 und mehr Beschäftigten waren im Jahr 2010 sowohl von den Ausbildungsbetrieben als auch von den Nichtausbildungsbetrieben über 96 % weiterbildungsaktiv.

Schaubild B1.2.3-1: Weiterbildungsbeteiligung von Ausbildungsbetrieben und Nichtausbildungsbetrieben nach ausgewählten Strukturmerkmalen im Jahr 2010 (in %)
Schaubild B1.2.3-1 (barrierefrei)


Schaubild B1.2.3-1: Weiterbildungsbeteiligung von Ausbildungsbetrieben und Nichtausbildungsbetrieben nach ausgewählten Strukturmerkmalen im Jahr 2010 (in %)

Weiterbildungsbeteiligung und externe Rekrutierung von Arbeitskräften

Jeder zweite Betrieb (50,2 %) mit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in Deutschland hat im Jahr 2010 nach neuen Fach- und Arbeitskräften gesucht und entsprechende Stellen angeboten. Wie die Ergebnisse in Schaubild B1.2.3-2 zeigen, sind diese Betriebe häufiger weiterbildungsaktiv als Betriebe, die im Jahr 2010 niemanden neu einstellen wollten. Insgesamt haben 66,8 % der Betriebe mit Stellenangeboten die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter gefördert, während der Anteil bei den Betrieben ohne Rekrutierungsabsichten mit 47,5 % um fast 20 Prozentpunkte niedriger ausfällt. Die Differenzierung nach Branchen, Betriebsgrößenklassen und nach Ost- und Westdeutschland bestätigt diesen Befund weitgehend. Besonders deutlich zeigt sich dies bei der Gliederung nach Betriebsgrößenklassen. Bei Kleinstbetrieben bis 19 Beschäftigte sind 62,5 % der Betriebe mit Stellenangeboten und 46,0 % der Betriebe ohne Stellenangebote weiterbildungsaktiv (rund 16 Prozentpunkte weniger). Mit zunehmender Betriebsgröße werden die Unterschiede zwischen Betrieben mit und ohne Rekrutierungsabsicht geringer. Von den Großbetrieben mit 200 und mehr Beschäftigten sind mit über 94 % nahezu alle Betriebe weiterbildungsaktiv, gleichgültig ob sie neue Mitarbeiter / -innen gesucht haben oder nicht.

Im Branchenvergleich fällt in der Branche Handel und Reparatur der geringe Unterschied zwischen der Weiterbildungsbeteiligung von Betrieben mit und Betrieben ohne Arbeitsstellenangebote auf: 55,7 % der Betriebe mit Stellenangeboten bilden ihre Beschäftigten weiter, bei denjenigen ohne Stellenangebote sind es 51,5 %. In allen übrigen Branchen stellt man dagegen eine um 14 bis 28 Prozentpunkte höhere Weiterbildungsbeteiligung der Betriebe mit Stellenangeboten gegenüber denjenigen fest, die keine neuen Mitarbeiter suchen.

Schaubild B1.2.3-2: Weiterbildungsbeteiligung von Betrieben mit und ohne Angebot an Arbeitsstellen nach ausgewählten Strukturmerkmalen im Jahr 2010 (in %)
Schaubild B1.2.3-2 (barrierefrei)


Schaubild B1.2.3-2: Weiterbildungsbeteiligung von Betrieben mit und ohne Angebot an Arbeitsstellen nach ausgewählten Strukturmerkmalen im Jahr 2010 (in %)

Weiterbildungsbeteiligung und unbesetzte Ausbildungsstellen

Um den Zusammenhang zwischen der betrieblichen Weiterbildung und Besetzungsproblemen auf dem Ausbildungsstellenmarkt zu untersuchen, wird die Weiterbildungsbeteiligung von Ausbildungsbetrieben mit Rekrutierungsproblemen und von Ausbildungsbetrieben ohne Rekrutierungsprobleme verglichen.267

Hierfür werden die Anteile der weiterbildungsaktiven Betriebe mit unbesetzten Ausbildungsstellen den Anteilen der Betriebe ohne solche Stellenbesetzungsprobleme gegenübergestellt. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Weiterbildungsbeteiligung von Ausbildungsbetrieben mit unbesetzten Ausbildungsstellen höher ausfällt als die Weiterbildungsbeteiligung derer, die alle angebotenen Ausbildungsplätze besetzen konnten (83,2 % gegenüber 78,9 %, Schaubild B1.2.3-3). Bei der Differenzierung nach einzelnen Strukturmerkmalen wird dieser Befund zwar insgesamt bekräftigt, allerdings sind auch abweichende Ergebnisse erkennbar. Ostdeutsche Ausbildungsbetriebe, die alle angebotenen Ausbildungsstellen besetzen konnten, kommen im Vergleich zu denjenigen, die nicht alle Ausbildungsstellen besetzen konnten, auf eine um etwa 10 Prozentpunkte höhere Weiterbildungsbeteiligung (91,5 % gegenüber 82,3 %). Auch in der Branche der sonstigen Dienstleistungen sind es nicht die Betriebe mit unbesetzten Ausbildungsstellen, die eine höhere Weiterbildungsbeteiligung aufweisen, sondern die Betriebe, die alle angebotenen Ausbildungsstellen besetzen konnten (75,3 % gegenüber 85,3 %). In den anderen Wirtschaftssektoren, insbesondere bei Betrieben mit unternehmensnahen Dienstleistungen und in der Branche Handel und Reparatur, bestätigt sich jedoch, dass die Weiterbildungsbeteiligung bei Betrieben mit unbesetzten Ausbildungsstellen höher ausfällt als in Betrieben, die alle Ausbildungsstellen besetzen konnten.

Weiterbildungsbeteiligung und unbesetzte Arbeitsstellen

Anders als bei den oben dargestellten Besetzungsproblemen von Ausbildungsstellen gehen Besetzungsprobleme von Arbeitsstellen mit einer niedrigeren Weiterbildungsbeteiligung der betreffenden Betriebe einher. Nach den Ergebnissen in Schaubild B1.2.3-4 liegt der Anteil der weiterbildungsaktiven Betriebe ohne unbesetzte Arbeitsstellen bei 69,0 % gegenüber einem Anteil von 60,3 % bei weiterbildungsaktiven Betrieben mit unbesetzten Arbeitsstellen.268 Dieser Befund wird bei der Differenzierung nach ostdeutschen und westdeutschen Betrieben weitgehend widergespiegelt.

Auch die Unterscheidung nach Betriebsgrößenklassen bekräftigt, dass Betriebe ohne Stellenbesetzungsprobleme im Vergleich zu Betrieben mit unbesetzten Stellen zu einem höheren Anteil weiterbildungsaktiv sind. Dieser Unterschied reduziert sich jedoch mit steigender Betriebsgröße.

Beim Vergleich über die Wirtschaftssektoren ist das Ergebnis dagegen uneinheitlich. Für die Branchen produzierendes Gewerbe, unternehmensnahe Dienstleistungen sowie sonstige Dienstleistungen stellt man bei den Betrieben ohne unbesetzte Arbeitsstellen eine höhere Weiterbildungsbeteiligung fest. In den Branchen Handel und Reparatur sowie öffentlicher Dienst, Gesundheit und Erziehung verhält es sich umgekehrt. Hier kommen die Betriebe mit unbesetzten Arbeitsstellen auf eine höhere Weiterbildungsbeteiligung als diejenigen, die für alle angebotenen Arbeitsstellen neue Mitarbeiter rekrutieren konnten.

(Alexander Christ, Christian Gerhards, Sabine Mohr)

Schaubild B1.2.3-3: Weiterbildungsbeteiligung von Ausbildungsbetrieben mit unbesetzten und ohne unbesetzte Ausbildungsstellen nach ausgewählten Strukturmerkmalen im Jahr 2010 (in %)
Schaubild B1.2.3-3 (barrierefrei)


Schaubild B1.2.3-3: Weiterbildungsbeteiligung von Ausbildungsbetrieben mit unbesetzten und ohne unbesetzte Ausbildungsstellen nach ausgewählten Strukturmerkmalen im Jahr 2010 (in %)

Schaubild B1.2.3-4: Weiterbildungsbeteiligung von Betrieben mit unbesetzten und ohne unbesetzte Arbeitsstellen nach ausgewählten Strukturmerkmalen im Jahr 2010 (in % )
Schaubild B1.2.3-4 (barrierefrei)


Schaubild B1.2.3-4: Weiterbildungsbeteiligung von Betrieben mit unbesetzten und ohne unbesetzte Arbeitsstellen nach ausgewählten Strukturmerkmalen im Jahr 2010 (in % )

Fußnoten

265 Mit der Weiterbildungsbeteiligung wird gemessen, ob ein Betrieb weiterbildet oder nicht. Damit werden keine Aussagen zum Umfang der Weiterbildungsaktivitäten sowie zur Anzahl der Beschäftigten, die an betrieblicher Weiterbildung teilnehmen, gemacht (vgl. Kapitel B1.2.1).

266 Mit einem Anteil von 23,8 % hat etwa ein Viertel der Betriebe zum Stichtag 31. Dezember 2010 Jugendliche in ihrem Betrieb ausgebildet. Der Anteil der Nichtausbildungsbetriebe lag dementsprechend bei 76,2 % (vgl. Kapitel A4.10.4).

267 Betrachtet werden hier ausschließlich Betriebe, die zum Stichtag 31. Dezember 2010 Auszubildende beschäftigten und zudem für das Ausbildungsjahr 2010 / 2011 Ausbildungsstellen angeboten haben. Für weiterführende Informationen vgl. Kapitel A4.10.4.

268 Dabei werden nur Betriebe, die im Jahr 2010 Arbeitsstellen angeboten haben, betrachtet. Für weitere Informationen zum Anteil und der Struktur von Betrieben mit Angebot an Arbeitsstellen vgl. Kapitel A4.10.4.

Bibliografischer Hinweis

Internetversion des BIBB-Datenreports zum Berufsbildungsbericht 2012 - Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Hrsg.: Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn (2012).

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