Sie befinden sich hier:

 

DATENREPORT ZUM BERUFSBILDUNGSBERICHT 2011

A2.2.2 Auswirkungen der Aussetzung der Wehrpflicht bzw. des Wehrersatz- / Zivildienstes

Wie groß der zusätzliche Impuls auf das Nachfragepotenzial letztlich ausfallen wird, lässt sich nur grob abschätzen.

Rückblick auf die Verhältnisse im Jahr 2010

2010 wurden rund 135.800 Wehr- und Zivildienstpflichtige einberufen, 57.500 Wehrpflichtige und 78.300 Personen, welche ihren Wehrersatz-/Zivildienst ableisteten. Nach den aktuell vorliegenden, hochgerechneten Ergebnissen der BIBB-Schulab-gängerbefragung 2010 hatten 60.000 im Jahr 2010 eine allgemeinbildende oder teilqualifizierende berufliche Schule verlassen. Unter ihnen ließen sich insgesamt 18.000 Personen identifizieren, die für 2011 – und somit im unmittelbaren Anschluss an den Wehr- und Zivildienst – an die Aufnahme einer dualen Berufsausbildung dachten. Weitere 9.000 planten die Aufnahme einer Berufsausbildung zu einem späteren Zeitpunkt.36 Es ist demnach anzunehmen, dass 2010 das Nachfragepotenzial aus dem Kreis der aktuell Entlassenen aus allgemeinbildenden und beruflichen Schulen um etwa 18.000 Personen höher gelegen hätte, wäre es bereits 2010 zur Aussetzung des Wehr- und Zivildienstes gekommen.37

Da sich nun über die BIBB-Schulabgängerbefragung 2010 rund 60.000 Einberufene in den Wehr- und Zivildienst identifizieren ließen, sind die verbliebenen 75.800 der insgesamt 135.800 Einberufenen des Jahres 2010 rechnerisch jenen Personen zuzuordnen, die bereits vor 2010 ihre Zeit in einer allgemeinbildenden oder teilqualifizierenden beruflichen Schule beendet hatten. Über das Ausmaß des Interesses dieser Personen an einer Berufsausbildung im dualen System lässt sich keine genaue Aussage treffen. Es ist aber davon auszugehen, dass ein signifikanter Teil unter ihnen allein deshalb nicht mehr an einer Berufsausbildung interessiert ist, weil er eine solche Berufsausbildung bereits abgeschlossen hat und erst nach deren Beendigung eingezogen worden war. Nach Schätzungen dürften von den insgesamt 57.500 Wehrpflichten rund 25 % bereits eine Berufsausbildung durchlaufen haben. Geht man von einer ähnlich hohen Quote unter den Ersatzdienstleistenden aus, hätten rund 34.000 Wehr- und Zivildienstleistende bereits eine Berufsausbildung abgeschlossen, bevor sie einberufen worden waren. Somit verbleiben rechnerisch etwa 41.800 ältere Wehr- und Zivildienstleistende, die bereits in früheren Jahren die Schule verlassen hatten und noch über keine Berufsausbildung verfügen. Welche Pläne sie für die Zeit im Anschluss an die Berufsausbildung hatten und wie viele im unmittelbaren Anschluss an ihre Dienstzeit eine duale Berufsausbildung beginnen wollten, muss an dieser Stelle offenbleiben. Es ist allerdings davon auszugehen, dass deren Umfang selbst bei sehr restriktiver Schätzung zumindest mehrere Tausend Personen umfasst. Sie sind zu den oben genannten 18.000 Personen hinzuzurechnen, welche das Nachfragepotenzial in 2010 vergrößert hätten, wäre es bereits in diesem Jahr zu einer Aussetzung der Wehr- bzw. Wehrersatzdienstpflicht gekommen.

Die hier berichteten Schätzungen für 2010 können jedoch nicht uneingeschränkt auf die Verhältnisse im Jahr 2011 übertragen werden. Denn für 2011 ist davon auszugehen, dass ein größerer Teil des durch die Aussetzung des Wehr- und Zivildienstes entstehenden zusätzlichen Nachfrageimpulses wieder absorbiert werden wird, wenn – wie vorgesehen – ein freiwilliger Wehrdienst eingeführt wird, der bis zu 15.000 Männern und Frauen offensteht, und ein Bundesfreiwilligendienst, der ab dem 1. Juli 2011 starten und Plätze für 35.000 junge Erwachsene bereitstellen wird.

Schlussfolgerungen für das Jahr 2011 und die Folgejahre

Unter Berücksichtigung dieser neuen Angebote im Bereich der sozialen Dienste wird somit der zusätzliche Impuls auf die Entwicklung des Nachfragepotenzials in 2011, der durch die Aussetzung des Wehr- und Zivildienstes entsteht, auf rund 15.000 bis 25.000 Personen geschätzt. Die Aussetzung der Wehrdienst- und Wehrersatzdienstpflicht hat darüber hinaus dauerhaft Auswirkungen auf die Zeitpläne der ausbildungsinteressierten Jugendlichen. Mehr Schulabgänger und -absolventen werden in Zukunft bereits im Jahr der Beendigung ihrer Schulzeit dem Ausbildungsmarkt zur Verfügung stehen. Die Quoten der ausbildungsinteressierten Jugendlichen, die unmittelbar nach Schulende eine Berufsausbildung beginnen wollen, werden somit etwas höher als bislang ausfallen; und jene, die bei einer Fortführung der Wehrpflicht erst im übernächsten Jahr mit einer Berufsausbildung beginnen würden, werden ihre Ausbildungssuche zum Teil zumindest auf das nächste Jahr vorziehen. Insofern müssen Korrekturen der bisherigen Erfahrungswerte aus der BIBB-Schulabgängerbefragung vorgenommen werden, welche Anteile unter den Abgängern und Absolventen sich zu welchen Zeitpunkten für den Beginn einer Berufsausbildung interessieren. Entsprechende Anpassungen sind in die in Tabelle A2.2.2-1 aufgeführten Schätzung der Nachfragepotenzialentwicklung bis 2020 eingearbeitet. Sie orientieren sich dabei an den obigen Ausführungen zu den vermuteten Effekten der Aussetzung des Wehr- und Zivildienstes.

Entwicklung des Nachfragepotenzials bis zum Jahr 2020

Wie Tabelle A2.2.2-1 zu entnehmen ist, ist für 2011 – ungeachtet der doppelten Abiturientenjahrgänge in Bayern und Niedersachen und des aus der Aussetzung der Wehrpflicht resultierenden zusätzlichen Nachfrageimpulses – bundesweit nur mit einer begrenzten Steigerung des Nachfragepotenzials zu rechnen. Das Nachfragepotenzial steigt demnach gegenüber 2010 um rund 4.300 Personen auf etwa 792.000 an, fällt aber immer noch um 23.900 niedriger aus als 2009. Da zugleich für 2011 – wie im folgenden Abschnitt beschrieben – mit einem signifikanten Anstieg des Ausbildungsplatzangebots gerechnet wird, wird der zusätzliche Nachfrageimpuls, der durch die doppelten Abiturientenjahrgänge und durch die Aussetzung der Wehrpflicht entsteht, bundesweit aller Voraussicht nach zu keiner Verschlechterung der Ausbildungsmarktchancen der Jugendlichen führen. Es ist im Gegenteil davonauszugehen, dass sich die Ausbildungschancen der Jugendlichen weiter verbessern werden.

Dies gilt insbesondere für den Osten Deutschlands, wo das Nachfragepotenzial nach den hier vorgenommenen Berechnungen 2011 um weitere 9.000 Personen auf nur noch 99.100 sinken wird. Im Westen steigt das Nachfragepotenzial dagegen im Vergleich zum Vorjahr um 13.300 Personen an, wird aber mit 692.900 immer noch um 1.300 Personen niedriger ausfallen als 2009. Zudem sollte die zu erwartende Angebotssteigerung gerade auch im Westen dazu beitragen, dass sich die Ausbildungschancen der Jugendlichen im Vergleich zum Vorjahr nicht verschlechtern.

Tabelle A2.2.2-1: Geschätzte Entwicklung des Nachfragepotenzials, resultierend aus dem Kreis der Schulabgänger und -absolventen aus allgemeinbildenden und teilqualifizierenden beruflichen Schulen

Tabelle A2.2.2-1

Fußnoten

36 Rund 4.000 Personen, die noch im Frühjahr 2010 den Beginn einer dualen Berufsausbildung in Erwägung gezogen, aber zunächst eingezogen worden waren, hatten ihren Ausbildungswunsch im dualen System wieder fallen gelassen. – Bei der Interpretation der hier genannten Werte ist zu berücksichtigen, dass sie aus einer Befragung mit begrenzter Stichprobengröße stammen (die BIBB-Schulabgängerbefragung umfasst insgesamt nur etwa 1.500 Teilnehmer) und dass die Untersuchung ursprünglich nicht für den Zweck konzipiert wurde, die Auswirkungen der Aussetzung des Wehr- und Zivildienstes zu untersuchen. Insofern sind die hier berichteten Werte mit entsprechender Unsicherheit behaftet.

37 Für die nachfolgenden Jahre 2011 und 2012 wäre das Nachfragepotenzial wiederum um insgesamt etwa 9.000 Personen höher ausgefallen. – Frühere Schätzungen auf der Basis älterer Schulabgängerbefragungen (Ulrich 2010) gelangten zu etwas niedrigeren Werten. Auf Basis der Ergebnisse der BIBBSchulabgängerbefragung 2006 wurde die Zahl der Wehr- und Zivildienstleistenden, die ohne Wehr- und Ersatzdienstpflicht wohl unmittelbar nach Schulende mit einer Berufsausbildung hätte anfangen wollen, auf etwa 14.000 geschätzt. Nach den Ergebnissen der HIS-Befragung der studienberechtigten Schulabgänger des Jahres 2008 (Heine/Quast/Beuße 2010) ließen sich rd. 10.800 studienberechtigte Personen identifizieren, die im Anschluss an den bereits begonnenen oder in naher Zukunft zu erwartenden Beginn des Wehr- oder Zivildienstes mit einer Berufsausbildung anfangen wollten, darunter 7.500 mit Interesse an einer dualen und 3.500 mit Interesse an einer nicht dualen Ausbildung.

Bibliographischer Hinweis

Internetversion des BIBB-Datenreports zum Berufsbildungsbericht 2011 - Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Hrsg.: Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn (2011).

Diese Information weitergeben

Diese Informationen weitergeben bei: Facebook Diese Informationen weitergeben bei: Twitter Diese Informationen weitergeben bei: MeinVZ

Social Bookmarks

Lesezeichen setzen bei: Google Lesezeichen setzen bei: Yahoo Lesezeichen setzen bei: Mr. Wong Lesezeichen setzen bei: Del.icio.us Lesezeichen setzen bei: Linkarena Lesezeichen setzen bei: Folkd Lesezeichen setzen bei: Yigg

Tools: