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DATENREPORT ZUM BERUFSBILDUNGSBERICHT 2010

B2.2.1 Berufliche Weiterbildung an Volkshochschulen

In vielen Bundesländern sind die Volkshochschulen per Landesgesetz diejenigen Weiterbildungseinrichtungen, die eine Grundversorgung der erwachsenen Bevölkerung mit Weiterbildung sicherstellen bzw. wesentlich dazu beitragen sollen. In mehreren Landesweiterbildungsgesetzen werden die Volkshochschulen explizit als kommunaler Träger der Grundversorgung mit Weiterbildung genannt (z. B. Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Mecklenburg- Vorpommern, Thüringen), in anderen werden sie neben anderen Trägern erwähnt (z. B. Rheinland- Pfalz), in wieder anderen Bundesländern werden sie nicht im Weiterbildungsgesetz genannt (z. B. Sachsen- Anhalt), oder es gibt kein Weiterbildungsgesetz (z. B. Hamburg). Auch wenn grundsätzlich der Bund die Zuständigkeit für die berufliche Weiterbildung innehat, während die Länder für allgemeine und politische Weiterbildung zuständig sind (vgl. Deutscher Bildungsrat 1970, S. 51), schließen die bestehenden Landesgesetze in der Regel neben allgemeiner und politischer Weiterbildung auch die berufliche Weiterbildung ein (für einen Überblick über die Landesgesetze siehe Grotlüschen u. a. 2009, S. 358; zur Einordnung der Landesregelungen in das Gesamtsystem der Erwachsenenbildung siehe Nuissl 2009).

Generell sind die Grenzen zwischen allgemeiner und beruflicher Weiterbildung in der aktuellen Diskussion aus verschiedenen Perspektiven aufgeweicht: Mit ein und derselben Veranstaltung können zwei Individuen unterschiedliche Zwecke verfolgen (einer beruflich, einer privat), und gleichzeitig kann die Intention einer Veranstaltung, die der Anbieter hatte, nicht von allen Teilnehmenden geteilt werden (vgl. Schiersmann 2007, S. 24 f.; Dietrich 2007, S. 36). Insgesamt sind die Volkshochschulen in allen Bundesländern als öffentlich geförderte Weiterbildungseinrichtungen vertreten und bieten ein breites Bildungsangebot, das in großen Teilen ohne Zugangsbeschränkungen für die gesamte Bevölkerung offensteht. Dieses Angebot umfasst auch einen relevanten Anteil an beruflicher Weiterbildung, der im Folgenden anhand des entsprechenden Programmbereichs der Volkshochschulen dargestellt wird (vgl. Süssmuth / Sprink 2009, S. 473 ff.).

Die Volkshochschul-Statistik erfasst als bundesweite Statistik des Deutschen Volkshochschul- Verbandes (DVV) und seiner Mitgliedseinrichtungen seit 1962 die personelle und finanzielle Ausstattung der Volkshochschulen sowie das Angebot in verschiedenen Veranstaltungsarten, Unterrichtsstunden und Belegungen; die statistische Erhebung wird jährlich vom Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE) durchgeführt.287 Die thematische Zuordnung der Veranstaltungen der Volkshochschulen erfolgt in der seit 1998 bestehenden Systematik der sechs sog. Programmbereiche: (1) Politik – Gesellschaft – Umwelt, (2) Kultur – Gestalten, (3) Gesundheit, (4) Sprachen, (5) Arbeit – Beruf, (6) Grundbildung – Schulabschlüsse. Zum Programmbereich Arbeit – Beruf gehören Lehrgänge zu den Themen IuK-Anwendungen, Büropraxis, Rechnungswesen, berufsqualifizierende Grund- und Fachlehrgänge sowie zum Komplex Organisation / Management (siehe für die einzelnen Fachgebiete Reichart / Huntemann 2008, Tabelle 10).

E Volkshochschul-Statistik

In Tabelle B2.2.1-1 sind Kursveranstaltungen sowie die dazugehörenden Unterrichtsstunden und Belegungen im Programmbereich Arbeit – Beruf ausgewiesen. Die dargestellten Summen beziehen sich jeweils auf das zugehörige Kalenderjahr. Ein Kurs ist definiert als eine Weiterbildungsveranstaltung mit mindestens 3 Unterrichtsstunden, die am Sitzort der Volkshochschule stattfindet. Eine Unterrichtsstunde umfasst 45 Minuten. Unter einer Belegung wird ein Teilnahmefall an einer Veranstaltung verstanden. Wenn dieselbe Person in einem Beobachtungszeitraum an mehreren Veranstaltungen teilnimmt, wird sie mehrfach als Belegung gezählt, die Anzahl der Belegungen ist also höher als die Anzahl der Personen, die an den Veranstaltungen teilnehmen. Auch in anderen Programmbereichen findet berufliche Weiterbildung statt (z. B. im Programmbereich Sprachen: „Wirtschaftsenglisch“). Da die Erfassung der Veranstaltungen jedoch nach inhaltlichen Aspekten und nicht nach Zweck erfolgt, ist hier eine Ausdifferenzierung berufsbezogener Veranstaltungen nicht möglich. Daher sind die berichteten Werte als Mindestzahlen des Angebots beruflicher Weiterbildung an Volkshochschulen zu interpretieren.

Dargestellt sind jeweils die in den Volkshochschulen tatsächlich durchgeführten Kurse sowie die zugehörigen Unterrichtsstunden und Belegungen. In der Regel sind die Angebote der Volkshochschulen öffentlich ausgeschrieben (z. B. über das Programmheft, die Website) und allen Interessierten (ggf. mit Einschränkung von Vorkenntnissen) zugänglich. Auftrags- und Vertragsmaßnahmen sind Veranstaltungen für einen geschlossenen Teilnehmerkreis, die die Volkshochschule im Auftrag eines Dritten (z. B. Betrieb) durchführt. Diese werden erst seit 1998 getrennt erfasst. Vor 1998 sind diese Veranstaltungen in der Gesamtsumme enthalten. Neben den Kursen gibt es an den Volkshochschulen noch andere Veranstaltungsarten (Einzelveranstaltungen, Studienfahrten, Studienreisen), die in der Tabelle nicht eingeschlossen sind.

Die in Tabelle B2.2.1-2 ausgewiesene VHS-Weiterbildungsdichte ist definiert als die Unterrichtsstunden in Kursen an VHS pro 1.000 Einwohner / -innen des jeweiligen Versorgungsgebiets (Stand: 30.06. des jeweiligen Berichtsjahrs). In der Tabelle ist diese Kennzahl jeweils nur auf die Veranstaltungen im Programmbereich Arbeit – Beruf bezogen und nach Landesteilen (alte / neue Bundesländer) differenziert.

Bei der Erhebung der Teilnahmefälle nach Geschlecht wird nicht zwischen offenen Kursen und Auftrags- und Vertragsmaßnahmen differenziert. Die in Schaubild B2.2.1-1 dargestellten Prozentanteile beziehen sich daher auf die Teilnehmenden in den Kursangeboten im Programmbereich Arbeit – Beruf insgesamt. Nicht alle Teilnahmefälle sind nach Geschlecht differenzierbar. Die Erfassungsquote betrug im Berichtsjahr 2008 87,4 % der Belegungen im Programmbereich Arbeit – Beruf (86,2 % der Belegungen in Kursen an Volkshochschulen insgesamt).

Angebot beruflicher Weiterbildung an Volkshochschulen

Das Kursangebot der Volkshochschulen an beruflicher Weiterbildung umfasste im Jahr 2008 bundesweit gut 74.000 Veranstaltungen Tabelle B2.2.1-1. Seit 1991 bis zum Jahr 2000 war die Anzahl der Kurse im Programmbereich Arbeit – Beruf kontinuierlich angestiegen. In den Jahren von 2001 bis 2004 ging die Anzahl der durchgeführten Kurse stark zurück (-23,0 %); eine analoge Entwicklung lässt sich bei Unterrichtsstunden (-21,1 %) und Belegungen (-29,3 %) beobachten. Der Rückgang beruht vor allem auf dem Schrumpfen des anteilmäßig größten Fachgebiets „IuK-Grundlagen / allgemeine Anwendungen“ (Umfang 2008: 27,8 % der Unterrichtsstunden); jedoch sind auch die Fachgebiete „Kaufmännische IuK-Anwendungen“, „Technische IuK-Anwendungen“, „Rechnungswesen“ sowie die „Technischen Grund- / Fachlehrgänge“ und „Branchenspezifischen Grund- / Fachlehrgänge“ zurück gegangen. Insgesamt haben sich seit 2005 die Zahlen bei den Kursen stabilisiert, die Unterrichtsstunden sind leicht zurückgegangen, während die Belegungszahlen leicht schwankten.

Der Anteil der Auftrags- und Vertragsmaßnahmen an den von Volkshochschulen durchgeführten Maßnahmen in beruflicher Weiterbildung hat sich seit Einführung dieser Kategorie in der Statistik stetig erhöht. Er liegt nun bei 11,5 % der Kursveranstaltungen, dabei sind 14,9 % der Belegungen diesem Angebotssegment zuzuordnen. Bei den Unterrichtsstunden erreicht der Anteil der Auftrags- und Vertragsmaßnahmen am Gesamtvolumen inzwischen ein knappes Drittel (31,5 %). Auftrags- und Vertragsmaß nahmen dauern durchschnittlich deutlich länger als offene Angebote. 2008 umfasste eine Auftrags- und Vertragsmaßnahme in der beruflichen Weiterbildung 83,4 Unterrichtsstunden, ein Kurs im offenen Angebot hingegen nur 23,6 Unterrichtsstunden. Im Zeitverlauf hat die Dauer von Weiterbildungsveranstaltungen in diesem Bereich wie auch im weiteren Angebot der Volkshochschulen fast durchgängig abgenommen (vgl. Ambos / Reichart 2008).

Im Jahr 2008 umfasste der Programmbereich Arbeit – Beruf 13,0 % der Kurse an Volkshochschulen, mit 14,9 % der Unterrichtsstunden und 11,0 % der Belegungen (vgl. Reichart / Huntemann 2009). Die in der Tabelle B2.2.1-1 dargestellten Werte für die Kurse stellen 99,5 % des Gesamtvolumens an Unterrichtsstunden dar, die im Programmbereich Arbeit – Beruf im Jahr 2008 erbracht wurden. Im Bereich der Einzelveranstaltungen sowie der Studienfahrten und -reisen wurden 2008 weitere gut 11.000 Unterrichtsstunden erteilt (vgl. Reichart / Huntemann 2009, Tabelle 22). Mit ihren Kursen erbringen die Volkshochschulen ein Angebot an beruflicher Weiterbildung, das 2008 durchschnittlich etwa dreimal so viele Veranstaltungen beinhaltete und doppelt so viele Teilnehmende erreichte wie das Angebot der Industrie- und Handelskammern vgl. Kapitel B2.2.2. Allerdings sind die Veranstaltungen an Volkshochschulen kürzer als die DIHK-Angebote, sodass an VHS nur etwa ein Viertel mehr an Unterrichtsstunden durchgeführt wird.

Tabelle B2.2.1-1: Kursveranstaltungen im Programmbereich Arbeit – Beruf an Volkshochschulen 1991 bis 20081

Tabelle B2.2.1-1

Weiterbildungsdichte beruflicher Weiterbildung an Volkshochschulen

Wie Tabelle B2.2.1-2 zeigt, ist das Angebot an beruflicher Weiterbildung an Volkshochschulen in den alten Ländern deutlich größer als in den neuen Ländern. Auch bezogen auf die Einwohnerzahl in beiden Gebieten war die Versorgung mit VHS-Angeboten im Programmbereich Arbeit – Beruf in Westdeutschland über den betrachteten Zeitraum hinweg stets höher.

Während in den alten Ländern der Höchststand mit knapp 45,7 Unterrichtsstunden pro 1.000 Einwohner / Einwohnerinnen im Jahr 2000 erreicht wurde, war die VHS-Weiterbildungsdichte in den neuen Ländern mit 28,5 Unterrichtsstunden pro 1.000 Einwohner / Einwohnerinnen im Jahr 1992 bisher am höchsten. Vermutlich fand direkt nach der Vereinigung ein gewisser Teil von arbeitsmarktpolitischen Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen an den Volkshochschulen statt, wobei deren Umfang im Laufe der 1990er-Jahre wieder abnahm. In beiden Landesteilen ist seit dem Jahr 2000 ein durchweg absteigender Trend der Versorgung mit beruflichen Volkshochschulangeboten zu beobachten.

Tabelle B2.2.1-2: Umfang beruflicher Weiterbildung in den alten und neuen Ländern 1991 bis 2008

Tabelle B2.2.1-2

Verteilung der Teilnahmefälle an beruflicher Weiterbildung in Volkshochschulen nach Geschlecht

Insgesamt besuchen seit vielen Jahren deutlich mehr Frauen als Männer die Volkshochschule. Der Frauenanteil liegt bei den Kursangeboten insgesamt bei knapp drei Viertel der Teilnahmefälle (seit 1991 liegt er zwischen 73,1 % und 74,5 %; vgl. Reichart / Huntemann; Pehl / Reitz). Im Programmbereich Arbeit – Beruf liegt der Frauenanteil bei den Teilnahmefällen deutlich unter dem Durchschnitt, wie Schaubild B2.2.1-1 verdeutlicht.

Im Jahr 2008 lag der Frauenanteil im Programmbereich Arbeit – Beruf seit Beginn der Erhebung dieses Merkmals mit 63,3 % am höchsten. In den Jahren 1993 bis 1996 betrug der Frauenanteil an den Belegungen im Programmbereich Arbeit – Beruf knapp unter 60 %. Seit 2005 ist der Frauenanteil stetig gestiegen, jedoch ist aus der beobachteten Entwicklung kein eindeutiger Trend ableitbar.

Insgesamt sind die Volkshochschulen ein Anbieter, der niedrigschwellige Angebote für die breite Bevölkerung vorhält, an berufsfachlichen Qualifizierungen beteiligt ist und gleichzeitig auch im Rahmen von Auftrags- und Vertragsmaßnahmen zielgruppenspezifische Weiterbildung durchführt.

(Elisabeth Reichart, Deutsches Institut für Erwachsenenbildung)

Schaubild B2.2.1-1: Anteile von Männern und Frauen an den Belegungen im Programmbereich Arbeit – Beruf 2008

Schaubild B2.2.1-1

Fußnoten

287 Vgl. die online verfügbaren Jahresbände http://www.die-bonn.de/publikationen/print_reihen/index.htm Volkshochschul-Statistik und Pehl / Reitz).

Bibliographischer Hinweis

Internetversion des BIBB-Datenreports zum Berufsbildungsbericht 2010 - Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Hrsg.: Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn (2010).

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