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DATENREPORT ZUM BERUFSBILDUNGSBERICHT 2010

B2.2.2 Berufliche Weiterbildung durch gewerkschafts- und arbeitgebernahe Institutionen

Berufliche Weiterbildung durch gewerkschafts- und arbeitgebernahe Institutionen

Gewerkschafts- und arbeitgebernahe Institutionen sind wichtige Anbieter beruflicher Weiterbildung. In der Erhebung von Wirtschafts- und Sozialforschung (WSF 2005) machen sie zusammen knapp ein Zehntel der Weiterbildungsorganisationen in Deutschland aus (Anbieter in gewerkschaftlicher Trägerschaft: 1,5 %; Anbieter in Trägerschaft von Arbeitgeberverbänden und Kammern: 7,8 %) (Wirtschafts- und Sozialforschung 2005, S. 38). Im Adult Education Survey (AES), in dem der Anteil verschiedener Weiterbildungseinrichtungen an den Teilnahmefällen berichtet wird, erreicht die Gruppe „Einrichtung der Wirtschaft“ einen Anteil von 10 %, etwa 1 % der Teilnahmefälle beziehen sich auf ein Angebot einer Einrichtung der Gewerkschaften (Rosenbladt / Bilger 2008, S. 107). Dabei sind diese Anbieter in höherem Maße als andere im Bereich der Berufsvorbereitung, Berufsausbildung und Umschulung tätig und ermöglichen damit für Arbeitskräfte den Erwerb zertifizierter Qualifikationen (Trägerzertifikate oder anerkannte Abschlüsse) (Wirtschafts- und Sozialforschung 2005, S. 39).

E Datenbasis zu Angeboten gewerkschafts- und arbeitgebernaher Institutionen

Die in diesem Abschnitt dargestellten Daten stammen teilweise aus Veröffentlichungen der gewerkschafts- bzw. arbeitgebernahen Anbieter, teilweise wurden die Daten aber auch von den Anbietern selbst freundlicherweise für die Veröffentlichung im Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2010 zusammengestellt. Es handelt sich um Angaben zur Anzahl der Angebote und Anzahl der Teilnahmefälle; teilweise liegen auch Angaben zu Unterrichtsstunden und zum Umfang einzelner Themenbereiche vor.

Angebot an beruflicher Weiterbildung in gewerkschaftsnahen Institutionen

Während die politische Bildungsarbeit und die spezifisch auf Gewerkschaftsaufgaben bezogene Bildungsarbeit (z. B. Betriebsräteschulungen) bei den Gewerkschaften auf allen Ebenen stattfinden (auf lokaler, regionaler und bundesweiter Ebene) sowie in Dach- und Einzelgewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), ist die berufliche Weiterbildung heute in eigenen gewerkschaftsnahen Institutionen nur auf Bundesebene organisiert (Derichs-Kunstmann 2009, S. 509). Die wichtigsten Anbieter sind hier das Berufsfortbildungswerk des DGB (das in zwei rechtlich selbstständige GmbHs für die alten und die neuen Länder aufgeteilt ist) sowie die Deutsche Angestellten Akademie GmbH, die aus dem Bildungswerk der DAG e. V. hervorgegangen ist.

Tabelle B2.2.2-1 stellt das Angebot und die Teilnehmenden in den beiden Berufsfortbildungswerken des DGB dar. In beiden Landesteilen sind bis 2005 rückläufige Angebotszahlen zu verzeichnen, ab 2006 haben Angebot und Teilnehmende wieder zugenommen. 2008 wurden bundesweit 3.174 Lehrgänge mit knapp 60.000 Teilnehmenden durchgeführt. Ein Großteil der Maßnahmen wird hierbei über die Bundesagentur für Arbeit (SGB III, SGB II) gefördert, und zwar im Rahmen der Förderung der beruflichen Weiterbildung (FbW) bzw. im Rahmen der Qualifizierung für Kurzarbeit (Programm WeGebAU) (Berufsfortbildungswerk 2009, S. 4). Der Anstieg der Zahlen spiegelt auch eine gewandelte Förderpolitik der Bundesagentur wider vgl. Kapitel B3.1, in der auch Umschulungen wieder eine größere Rolle spielen. Inhaltlich umfasst das Angebot der Berufsfortbildungswerke des DGB gewerblich-technische Lehrgänge, Lehrgänge im Bereich Gesundheit / Soziales, Lehrgänge im Bereich Garten- und Landschaftsbau, IT-Lehrgänge sowie kaufmännische Lehrgänge. Maßnahmen für spezielle Branchen gab es in den letzten Jahren in den Branchen „erneuerbare Energien“, Metall- und Elektroindustrie sowie Ernährungsindustrie, aber auch im medizinisch-pflegerischen Bereich (Berufsfortbildungswerk 2009, S. 8 f.).

Die Deutsche Angestellten Akademie GmbH führt Fortbildungen, Umschulungen und Weiterbildungen im IT-Bereich, Sprachlehrgänge, kaufmännische, gewerblich-technische und Verwaltungslehrgänge, Lehrgänge im Hotel- und Gastgewerbe, Lehrgänge im Gesundheitswesen sowie Maßnahmen der sonstigen beruflichen Integration durch Tabelle B2.2.2-2. Letztere erreichten im Jahr 2009 etwa die Hälfte der Teilnehmenden und machten ein Drittel aller durchgeführten Aktivitäten aus. Ein weiterer Schwerpunkt des Angebots liegt entsprechend der Tradition der DAA als Nachfolgerin des Bildungswerks der DAG im Bereich „Wirtschaft und Verwaltung“ (2009: 40,2 % der Maßnahmen, 32,9 % der Teilnehmenden).

Die an den Maßnahmen Teilnehmenden sind sowohl Arbeitssuchende als auch Beschäftigte aus Firmen und Behörden. Teilweise wird die Teilnahme öffentlich gefördert, teilweise tragen die Teilnehmenden die Kosten für die Weiterbildung selbst. Eine Bildungs- oder Vermittlungsmaßnahme kann zwischen 4 Wochen und 24 Monate (in Einzelfällen bis zu 36 Monate) dauern, je nach Bildungsziel und Zielgruppe. Hauptfinanziers im öffentlich geförderten Sektor sind die Arbeitsverwaltung, die Arbeitsgemeinschaften (ARGEn) und Optionskommunen (SGB II und SGB III), Berufsgenossenschaften und die Deutsche Rentenversicherung, die Bundeswehr, der Bund, Bundesländer und die Europäische Union. Häufig werden Aktivitäten der Letztgenannten über den Euro päischen Sozialfonds kofinanziert. Mehr als 19.000 Teilnehmende schließen eine Bildungsmaßnahme mit einem öffentlich-rechtlichen (z. B. IHK) oder staatlichen Abschluss ab.

Die Entwicklung im Zeitverlauf zeigt ein Minimum sowohl bei der Anzahl der Maßnahmen als auch bei der Anzahl der Teilnehmenden im Jahr 2005, dem Jahr, in dem auch die Förderung von Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit (SGB II / III) einen Tiefpunkt erreichte vgl. Kapitel B3.1. Seitdem haben in den zurückliegenden Jahren sowohl die Maßnahme- als auch die Teilnehmerzahlen zugenommen (Letztere stark um 73,1 %). Diese Entwicklung könnte auf eine höhere Anzahl von Teilnehmenden pro Maßnahme hindeuten. Erkennbar ist aber auch, dass die Maßnahmen selbst verkürzt bzw. modularisiert worden sind und sich deshalb das Verhältnis von Maßnahmen und Teilnehmenden verschoben hat. Im Hintergrund steht das Bestreben, Maßnahmen durch passgenaue Module individuell zuzuschneiden und damit eine schnellere Wiedereingliederung der Teilnehmenden in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Zu dem im Verhältnis zu den Maßnahmezahlen immer noch sehr starken Anstieg der Teilnehmendenzahlen haben auch mehrere GanzIL-Projekte288 beigetragen, in denen pro Maßnahme bis zu mehrere Tausend Teilnehmende erfasst sein können.

Tabelle B2.2.2-1: Zahl der Lehrgänge und Teilnehmenden der Berufsfortbildungswerke des DGB 2000–2008

Tabelle B2.2.2-1

Tabelle B2.2.2-2: Zahl der Maßnahmen und Teilnehmenden der Deutschen Angestellten Akademie GmbH nach Themenbereichen 2004–2009

Tabelle B2.2.2-2

Angebot an beruflicher Weiterbildung in arbeitgebernahen Institutionen

Der „Wuppertaler Kreis e. V.“ – Bundesverband betriebliche Weiterbildung ist der Dachverband der Weiterbildungseinrichtungen der Wirtschaft. In ihm sind etwa 50 große Weiterbildungseinrichtungen Mitglieder289, die als ihre Aufgabe die Weiterbildung von Fach- und Führungskräften der Wirtschaft sehen. Darunter sind neben branchen- und firmenbezogenen Einrichtungen einige Bildungswerke der Wirtschaft in großen Bundesländern (z. B. Bildungswerk der Bayerischen, Niedersächsischen und Nordrhein-Westfälischen Wirtschaft). Es gibt neben den im Wuppertaler Kreis vertretenen noch andere regional strukturierte Bildungswerke der Wirtschaft, zu deren Angebot keine Daten vorliegen.

Die Daten in Tabelle B2.2.2-3 stammen aus der jährlichen Verbandsumfrage des Wuppertaler Kreises „Trends der Weiterbildung“, an der in den letzten Jahren alle Mitgliedseinrichtungen teilnahmen.

Bei den Weiterbildungsveranstaltungen der Mitglieds - einrichtungen des Wuppertaler Kreises handelt es sich nur zum Teil um offene Seminare, die sich vor allem an Mitarbeitende kleiner und mittelständischer Unternehmen richten; der Umsatzanteil beträgt hier etwa 30 %. Etwa ein Fünftel des Umsatzes wird jeweils mit firmenintern durchgeführten Seminaren und öffentlich geförderten Maßnahmen erzielt. Weitere Angebote umfassen Beratung / Prozessbegleitung, Lehr- und Studiengänge sowie sonstige Angebote (Wuppertaler Kreis 2009, S. 3). Die Teilnehmenden sind in allen kursartigen Angeboten (offene Seminare, Lehrgänge, firmeninterne Seminare) überwiegend Personen unter 40 Jahren, Personen ab 40 Jahre stellen (geschätzt) nur knapp ein Drittel der Teilnehmenden (Wuppertaler Kreis 2009, S. 9).

Tabelle B2.2.2-3: Veranstaltungen, Teilnehmende, Standorte und Mitglieder des Wuppertaler Kreises 2000–2008

Tabelle B2.2.2-3

Angebot an beruflicher Weiterbildung bei den Kammern

Die Industrie- und Handelskammern bieten an ihren lokalen und regionalen Standorten, häufig in Zusammenarbeit mit eigenen Bildungszentren, berufliche Weiterbildung an. Auch die Handwerkskammern bieten berufliche Weiterbildung an, allerdings liegen aus den letzten Jahren keine bundesweiten Daten vor. Bei den Veranstaltungen der Industrie- und Handelskammern handelt es sich in der Regel um berufsbegleitende Seminare und Lehrgänge, von denen ein Teil direkt auf IHK-Prüfungen vorbereitet. Das Themenspektrum der Lehrgänge umfasst die Bereiche aller Wirtschaftsunternehmen, die Mitglied der jeweiligen IHK sind. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag stellt bundesweite Daten zur Anzahl der Veranstaltungen, Anzahl der Unterrichtsstunden und Anzahl der Teilnehmenden zur Verfügung, die in Tabelle B2.2.2-4 dargestellt sind.

Die Differenzierung nach den Kategorien Anpassungsfortbildung und Aufstiegsbildung sowie nach Themenbereichen für das Jahr 2008 zeigt Tabelle B2.2.2-5.

Über die Hälfte der Veranstaltungen und Teilnehmenden von Weiterbildungslehrgängen der Indus trie- und Handelskammern entfallen auf den Bereich der Anpassungsbildung, während hier nur etwa ein Drittel der Unterrichtsstunden stattfindet. Lehrgänge der Aufstiegsbildung dauern deutlich länger als andere Lehrgänge; der thematisch größte Bereich sind hier kaufmännische Lehrgänge, gefolgt von industrielltechnischen Lehrgängen. Bei den Anpassungsbildungen sind die meisten Veranstaltungen kaufmännische Lehrgänge, gefolgt von den Querschnittsthemen; bei den Unterrichtsstunden entfällt hier der größte Anteil auf die industriell-technischen Lehrgänge. Ein Anteil von knapp 16 % aller Lehrgänge sind Firmenseminare, die nicht öffentlich zugänglich sind.

Insgesamt gibt es über die Angebote gewerkschaftsund arbeitgebernaher Institutionen ein breites Spektrum an Möglichkeiten der beruflichen Weiterbildung auf verschiedensten Niveaus und für verschiedenste Zielgruppen. Ein Teil der in diesem Abschnitt dargestellten Angebote ist auch über die Förderstatistiken der Bundesagentur in diesem Bericht abgebildet vgl. Kapitel B3.1. Ein anderer Teil, der mit Zertifikaten oder Fortbildungsprüfungen abschließt, findet sich in den Daten zu Prüfungsabschlüssen wieder (vgl. BIBB-Datenreport 2009, Kapitel B5.1 und B5.2).290

(Elisabeth Reichart, Deutsches Institut für Erwachsenenbildung)

Tabelle B2.2.2-4: Veranstaltungen, Unterrichtsstunden und Teilnehmende der Industrie- und Handelskammern 2000–2008

Tabelle B2.2.2-4

Tabelle B2.2.2-5: Veranstaltungen, Unterrichtsstunden und Teilnehmende bei Lehrgängen der Industrie- und Handelskammern 2008

Tabelle B2.2.2-5

Fußnoten

288 Das Kürzel GanzIL steht für „Ganzheitliche Integrationsleistung“. In diesen Maßnahmen werden Arbeitssuchende über einen Zeitraum von mehreren Monaten in ihren Integrationsbemühungen begleitet, wobei sich Lernmodule, praktische Erfahrungen und eigenständige Aktivitäten abwechseln.

289 Eine Liste der aktuellen Mitglieder findet sich unter www.wkr-ev.de / (-> Die Mitglieder), Stand 02.12.2009.

290 Wegen noch vorhandener Umsetzungsprobleme der Berufsbildungsstatistik können im vorliegenden Datenreport noch keine neueren Daten zu Fortbildungsprüfungen und Ausbildereignungs- und Meisterprüfungen dargestellt werden; vgl. E in Kapitel A5.2.1.

Bibliographischer Hinweis

Internetversion des BIBB-Datenreports zum Berufsbildungsbericht 2010 - Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Hrsg.: Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn (2010).

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