B2.4 Weiterbildungstests
Zielsetzungen
Sich in der Weiterbildungslandschaft zurechtzufinden, fällt privaten Verbrauchern nicht leicht. Einerseits sorgt eine durch die Vielzahl der Anbieter, Angebote, Lernformen und Abschlüsse bedingte Breite des Marktes für Transparenzprobleme, andererseits mangelt es bildungsinteressierten Kunden bei der Auswahl einer Weiterbildungsmaßnahme an Qualitätssicherheit. Aus diesem Grunde wurde in der Stiftung Warentest mit finanzieller Unterstützung des Bundesbildungsministeriums bereits 2002 eine Abteilung Weiterbildungstests eingerichtet, die sich ausschließlich mit Angeboten der offenen und außerbetrieblichen beruflichen Bildung befasst.Die Aufgabe der Weiterbildungstests ist es, am Markt verfügbare Bildungsangebote auf ihre Qualität hin zu untersuchen, sie miteinander zu vergleichen und dem Verbraucher dadurch wichtige Hinweise zur Beurteilung des Angebotes zu liefern. Die Tests sollen den Weiterbildungsmarkt transparenter machen und Qualitätsverbesserungen der Angebote bewirken. Dem Verbraucher werden sowohl Informationen zu einzelnen getesteten Angeboten als auch zu übergreifenden Qualitätsstandards gegeben. Damit sollen Interessenten für Fragen der Bildungsqualität sensibilisiert werden und eine Orientierungshilfe bei der Entscheidung für oder gegen eine konkrete Bildungsmaßnahme erhalten. Außerdem sollen die Testergebnisse auch Anbietern Impulse zur Reflexion ihrer bestehenden und Entwicklung ihrer zukünftigen qualitativen Standards geben.
E Weiterbildungstests
Bildungsangebote werden von der Stiftung Warentest bereits seit fast 30 Jahren getestet. Auf Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) richtete die Stiftung 2002 eigens eine Abteilung ein, die sich aus schließlich mit Angeboten der außerbetrieblichen berufl ichen Weiterbildung befasste. In einer Erprobungsphase von 2002 bis 2007 wurden die Weiterbildungstests mit knapp 10 Mio. € vom BMBF und vom Europäischen Sozialfonds gefördert. Seit 2008 werden die Weiterbildungstests vom BMBF als Regelförderung finanziert.
Im Zuge einer Neustrukturierung wurde mit Beginn des Jahres 2008 die bisherige Abteilung Weiterbildungstests durch die dem Bereich Untersuchungen zugeordnete Gruppe Weiterbildungstests und das dem Bereich Publikationen zugeordnete Ressort Weiterbildungstests ersetzt. Die Stiftung Warentest beschäftigt zur Durchführung der Weiterbildungstests derzeit 11 Mitarbeiter.
Art und Umfang der Tests
Weiterbildungstests sind themenbezogen. Das bedeutet, dass zu bestimmten Bildungszielen verschiedene am Markt befindliche Angebote recherchiert, untersucht, bewertet und vergleichend gegenübergestellt werden. Dabei konnte bisher eine breite Streuung der Untersuchungsfelder erzielt werden – von Intensivseminaren, Präsenzlehrgängen, Fernunterrichtsangeboten und E-Learning-Produkten bis hin zu Ratgeberbüchern, Sprachreisen, Weiterbildungsdatenbanken und Beratungsleistungen.
Die Untersuchungen werden in Kooperation mit unabhängigen Experten durchgeführt. Zusätzlich wird bei vergleichenden Testvorhaben grundsätzlich ein Fachbeirat einberufen, an dem neben Verbrauchervertretern und neutralen Sachverständigen auch Vertreter der anbietenden Wirtschaft teilnehmen. Aufgabe des Fachbeirates ist es, die Stiftung „... bei der sachgerechten Auswahl der zu untersuchenden Produkt- und Dienstleistungssegmente, der Festlegung der für die Verbraucher wichtigen Eigenschaften, der Verwendung geeigneter Prüfverfahren, der Grundzüge der Bewertung sowie der sachgerechten Darstellung der Prüfergebnisse ...“ (Satzung der Stiftung Warentest, § 10 Abs. 1)291 zu beraten.
Die zur Prüfung der Bildungsangebote eingesetzten Methoden sind sehr vielfältig und umschließen z. B. verdeckte Veranstaltungsteilnahme durch Testpersonen, Inanspruchnahme verschiedener Beratungs- und Informationsmöglichkeiten von Bildungsanbietern, Expertengutachten, Sachverständigenbegehungen von Lernorten, Handhabungsprüfungen elektronischer Lernmedien, Teilnehmerbefragungen oder (meist zur Verifikation der vorliegenden Informationen) Anbieterbefragungen. In der Regel wird in einem Untersuchungsprojekt mit einem Mix aus mehreren Methoden gearbeitet. Auf diese Weise konnten bislang über 100 Weiterbildungsuntersuchungen der Stiftung Warentest mit über 800 getesteten Bildungsprodukten und -dienstleistungen abgeschlossen und veröffentlicht werden. In den meisten Fällen handelt es sich bei den Untersuchungen um vergleichende Tests, zum Teil aber auch um Marktübersichten zu bestimmten Angebotssegmenten und um untersuchungsgestützte Reports Schaubild B2.4-1.
Schaubild B2.4-1: Weiterbildungsuntersuchungen durch die Stiftung Warentest von 2003 bis 2008
Veröffentlichungen der Weiterbildungstests
Die Testergebnisse werden im Internet unter www.test.de/weiterbildung und teilweise in den Periodika „test“ und „Finanztest“ der Stiftung Warentest veröffentlicht. Darüber hinaus wird zum Thema Weiterbildung jährlich ein Sonderheft mit Testergebnissen herausgegeben. Bisher erschienen sind die Hefte „Existenzgründung“ (2003), „Neue Chancen im Job“ (2004), „Jobs in Wellness, Fitness und Pflege“ (2005), „Marketing und Vertrieb“ (2006), „Sprachen lernen“ (2007) und „Karriere“ (2008).
Ein weiteres Publikationselement ist die Leitfadenserie „Weiterbildung kompakt“. Hierbei handelt es sich nicht um Testberichte, sondern um eine sechs- bis achtseitige Broschüre mit allgemeinen Verbraucher informationen zu bestimmten Themen. Verfügbar sind zurzeit insgesamt 8 Leitfäden zu den Themen „Sprachen lernen“, „Weiterbildung finanzieren“, „Perspektiven für Arbeitslose“, „Ausbildung der Ausbilder“, „Lernformen“, „Präsenzunterricht“, „Fernunterricht“ und „E-Learning“. Die Leitfäden können kostenlos im Internet unter www.test.de/weiterbildung heruntergeladen werden.
Weiterbildungstests 2008
Im Kalenderjahr 2008 wurden insgesamt 14 Untersuchungen abgeschlossen und veröffentlicht. 10 davon wurden in dem Ende 2008 erschienenen Sonderheft „test Spezial Karriere“ veröffentlicht, in dem es um berufliche Um- und Neuorientierung ging. Schwerpunkte dieses Heftes waren:
- berufliche (Neu-)Orientierung und Karriereplanung mit den Tests Berufsfindungskurse, Kar riereratgeber und Online-Eignungstests,
- Suche und Auswahl von Weiterbildungsmaßnahmen mit den Tests Weiterbildungsberatung und Weiterbildungsdatenbanken,
- Bewerbungen mit den Tests Bewerbungstrainings, -software und -ratgeber,
- Planung einer Existenzgründung mit den Tests Existenzgründerberatung und Gründungsseminare.
Außerdem wurden mit dem Test „Ausbildung der Ausbilder – Fernunterricht“, dem Report „Ausbildung der Ausbilder – Präsenzkurse“ und den beiden Marktübersichten zu Weiterbildungen für Versicherungsvermittler und zu verschiedenen in der Weiterbildung eingesetzten Qualitätssicherungssystemen 4 weitere Untersuchungen veröffentlicht.
In der Reihe „Weiterbildung kompakt“ erschienen 3 Informationsbroschüren zu den Themen „Perspektiven für Arbeitslose“, „Ausbildung der Ausbilder“ und – rechtzeitig zur Einführung der Bildungsprämie im Dezember 2008 – „Weiterbildung finanzieren“.
Weiterbildungstests 2009
Die Testarbeit 2009 knüpft an Weiterbildungsuntersuchungen der Vorjahre an. Geplant sind etwa ein Dutzend Untersuchungen, von denen bislang folgende veröffentlicht wurden (Stand: August 2009):´
- ein Testbericht zur Prüfung von 11 Konfliktmanagementseminaren (veröffentlicht in test 07 / 2009),
- ein Testbericht zur Prüfung von 14 Internetportalen, die sich mit dem Thema Existenzgründung befassen (veröffentlicht auf www.test.de
- ein Testbericht zur Prüfung von 12 Präsenzkursen und 5 E-Learning-Angeboten zur Verbesserung von Präsentationstechniken (veröffentlicht auf www.test.de),
- ein Testbericht zur Prüfung von 10 E-Learning- Angeboten zum Anwenderprogramm „Power- Point“ (veröffentlicht in test 08 / 2009),
- eine Marktübersicht mit 11 Audio-CDs und 16 E-Learning-Angeboten zu den Themen Zeit- und Stressmanagement (veröffentlicht auf www.test.de).
Darüber hinaus beschäftigt sich eine im Frühjahr 2009 herausgegebene Informationsbroschüre aus der Serie „Weiterbildung kompakt“ mit dem Lernfeld Sprachen.
Wirkung von Weiterbildungstests
Wie eingangs beschrieben, wird mit Weiterbildungstests das Ziel verfolgt, die Informationslage des Verbrauchers bezüglich des Weiterbildungsmarktes zu verbessern und Impulse für nachhaltige Qualitätsverbesserungen zu setzen. Um festzustellen, ob diese Ziele erreicht wurden, hat die Stiftung Warentest in den Jahren 2005 und 2007 zwei Studien in Auftrag gegeben, in denen die Wirkung der Weiterbildungstests ermittelt werden sollte. Befragt wurden in einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung 1.768 Personen und 1.505 Weiterbildungsanbieter (2005) bzw. 1.718 Personen und 1.006 Anbieter (2007).
Die wichtigsten Ergebnisse in Kürze: Etwas mehr als die Hälfte der Bevölkerung im Allgemeinen und 61 % der Teilnehmer/-innen an beruflicher Weiterbildung im Besonderen hielten Weiterbildungstests für wichtig. Dabei bestätigte in beiden Befragungen die überwiegende Mehrheit derjenigen, welche Weiterbildungstests bereits wahrgenommen und gelesen hatten, dass sich aus ihrer Sicht die Weiterbildungstransparenz durch die Tests insgesamt verbessert hätte.
Bei der Gruppe der Bildungsdienstleister zeigten sich bereits Wirkungen in Form von Modifikationen der Angebote und Programmkataloge: So sagten 23 % der befragten Anbieter, sie hätten die getesteten Angebote aufgrund der Testergebnisse verändert (2005 waren dies allerdings sogar 25 %). 28 % haben auch nicht getestete Angebote infolge der Tests verändert (2005: 14 %), und in einigen wenigen Fällen wurden Angebote nach Veröffentlichung der Testergebnisse gänzlich vom Markt genommen (5 %, 2005: 1 %). Um die Wirkung von Weiterbildungstests zu erhöhen, ist eine verbesserte Verbreitung wichtig. Auch hier wurden Fortschritte erzielt: Im Vergleich zu 2005 konnte bis 2007 der Bekanntheitsgrad sowohl bei Nachfragern beruflicher Bildung als auch bei Anbietern gesteigert werden: Bei Nachfragern um 3 Prozentpunkte auf 13 %, bei Anbietern sogar um 18 Prozentpunkte auf 62 %.
Die Studien wurden vom Münchner Institut „Helmut Kuwan – Sozialwissenschaftliche Forschung und Beratung, München“ durchgeführt und sind unter www.test.de/weiterbildung abrufbar.
(Michael Cordes, Stiftung Warentest)