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DATENREPORT ZUM BERUFSBILDUNGSBERICHT 2013

A7.3 Die Entwicklung dualer Studiengänge

Seit ihrer Einführung in den 70er-Jahren erfreuen sich duale Studiengänge stetig steigender Beliebtheit, da sie den Beteiligten eine Reihe von Vorteilen bieten: Für Unternehmen stellen sie eine Möglichkeit dar, ihren Fachkräftenachwuchs besonders praxisgerecht auszubilden. Zudem können sie Bewerber/-innen durch diese attraktive Ausbildungsform frühzeitig an das Unternehmen binden. Jugendliche wiederum schätzen neben der Praxisnähe dualer Studiengänge besonders die Möglichkeit, während des Studiums ein Einkommen zu erzielen, und die guten Übernahmechancen in den Unternehmen. Die Praxisnähe und der gute Kontakt zu den Unternehmen bietet den Hochschulen unter anderem eine willkommene Grundlage zur Abgrenzung gegenüber anderen Ausbildungsinstitutionen. Diese Faktoren führten in den vergangenen Jahren zu einer rasanten Steigerung des Angebots dualer Studiengänge. Sie betrug von April 2010 bis April 2011 20 %, bis April 2012 jedoch nur noch 3,5 %, wenn nur die Ausbildungsangebote für die Erstausbildung berücksichtigt werden (Bundesinstitut für Berufsbildung 2011c und 2013). Eine mögliche Erklärung für die weniger starke Zunahme sind die unsicheren Zukunftsaussichten der Unternehmen, die mit der Eurokrise einhergingen.

E Duale Studiengänge

Als dualer Studiengang wird ein Studium an einer Hochschule oder Berufsakademie mit integrierter Berufsausbildung bzw. Praxisphasen in einem Unternehmen bezeichnet. Neben dem Begriff des dualen Studiums werden für diese Studienform auch Bezeichnungen wie „Verbundstudium“, „kooperatives Studium“, „Studium mit vertiefter Praxis“ u. v. m. verwendet. Von klassischen Studiengängen unterscheidet sich ein dualer Studiengang durch einen höheren Praxisbezug, der abhängig von Studiengang und Hochschule variiert. Kennzeichnend für duale Studiengänge sind außerdem immer die beiden Lernorte Hochschule bzw. Akademie und Betrieb, an denen sie stattfinden. Berufspraxis und Studium sind organisatorisch und curricular miteinander verzahnt. In der Literatur werden 4 Typen von dualen Studiengängen unterschieden:

  • Ausbildungsintegrierende duale Studiengänge
    verbinden das Studium mit einer Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf. Dabei werden die Studienphasen und die Berufsausbildung sowohl zeitlich als auch inhaltlich miteinander verzahnt. Es wird neben dem Studienabschluss, mittlerweile ist das im Regelfall der Bachelor, noch ein zweiter anerkannter Abschluss in einem Ausbildungsberuf erworben.
  • Praxisintegrierende duale Studiengänge
    verbinden das Studium mit längeren Praxisphasen im Unternehmen. Zwischen den Lehrveranstaltungen an der Hochschule und der praktischen Ausbildung besteht ein inhaltlicher Bezug. Voraussetzung für eine Immatrikulation in einen praxisintegrierenden Studiengang ist eine vertragliche Bindung an ein Unternehmen, häufig in Form eines Arbeitsvertrags oder auch Praktikanten- oder Volontariatsvertrags.
  • Berufsintegrierende duale Studiengänge
    sind Studiengänge für die berufliche Weiterbildung. Das Studium wird mit einer beruflichen Teilzeittätigkeit kombiniert. Ein wechselseitiger inhaltlicher Bezug zwischen der beruflichen Tätigkeit und dem Studium ist auch bei diesem Modell vorgesehen.
  • Berufsbegleitende duale Studiengänge
    ähneln Fernstudiengängen. Das Studium wird neben einer Vollzeitberufstätigkeit hauptsächlich im Selbststudium mit Begleitseminaren absolviert. Im Unterschied zu normalen Fernstudiengängen leistet bei diesem Modell der Betrieb einen spezifischen, dem Studium förderlichen Beitrag. Das kann beispielsweise die Freistellung von der Arbeit für die Präsenzphasen oder das Bereitstellen von betrieblichen Arbeitsmitteln sein.

Ausbildungs- und praxisintegrierende duale Studiengänge sind Angebote für die berufliche Erstausbildung und richten sich an Abiturienten/Abiturientinnen bzw. Interessenten/Interessentinnen mit Fachhochschulreife. Berufsintegrierende und berufsbegleitende duale Studiengänge sind auf die berufliche Weiterbildung ausgerichtet und sprechen diejenigen an, die neben ihrer beruflichen Tätigkeit ein Studium absolvieren möchten.

In der AusbildungPlus-Datenbank wurden 1.384 (30. April 2012) verschiedene duale Studiengänge erfasst. Diese Zahl stellt eine enorme Steigerung gegenüber dem Vorjahr dar, sie enthält aber einen wichtigen Sonderaspekt: Im vergangenen Jahr wurden erstmals in großem Umfang duale Studiengänge für die Weiterbildung in der Datenbank erfasst. Ihre Anzahl betrug 474 (30. April 2012). In der Vergangenheit spielten duale Studiengänge für die Weiterbildung nur eine untergeordnete Rolle. Ihre Anzahl betrug 2011 lediglich 34, bis zum Jahr 2009 waren solche Angebote in der AusbildungPlus-Datenbank gar nicht enthalten. Um den Vorjahresvergleich nicht zu verfälschen, wurde daher eine Trennung der Auswertung der AusbildungPlus-Datenbank in duale Studiengänge für die Erstausbildung und für die Weiterbildung vorgenommen. Entsprechend wurde für das Jahr 2011 ein korrigierter Vergleichswert gebildet, der nur die Studiengänge für die Erstausbildung enthält. Dazu wurden die dualen Studiengänge für die Weiterbildung von der Gesamtzahl dualer Studiengänge abgezogen und die Kategorie „keine Angabe“ durch Recherche aufgelöst (vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung 2011c).

E AusbildungPlus

Die Datenbank AusbildungPlus ist ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördertes Projekt des Bundesinstituts für Berufsbildung. Sie bietet einen Überblick über bundesweite Ausbildungsangebote mit Zusatzqualifikation und über duale Studiengänge (http://www.ausbildungplus.de). Diese werden seit 2001 in einer Datenbank erfasst und interessierten Jugendlichen, Unternehmen, Bildungsanbietern und der Wissenschaft zugänglich gemacht. Die AusbildungPlus-Datenbank stellt mit ihrem umfassenden Datenbestand einen sehr guten Indikator für Trends und Entwicklungen im Bereich hochwertiger Ausbildungsangebote dar. Die Daten basieren dabei auf freiwilligen Angaben der Ausbildungsinstitutionen, sie bilden das entsprechende Angebot jedoch nicht im Sinne einer statistischen Vollerhebung ab. Dies gilt insbesondere für die Angabe der Zahl der Studienplätze. Da nicht alle Ausbildungsinstitutionen Angaben dazu machen, dürfte ihre tatsächliche Zahl deutlich höher liegen.

Vom 30. April 2011 bis zum 30. April 2012 stieg die Zahl der dualen Studiengänge für die Erstausbildung um 31 von 879 auf 910 an. Die Zahl der angebotenen Studienplätze erhöhte sich um 7,5 % auf mehr als 64.000. Die Zunahme bei den Angeboten der Unternehmen betrug 12,5 %. Tabelle A7.3-1 stellt die Entwicklung des Angebots von dualen Studiengängen von 2004 bis 2012 auf Basis der Ausbildung- Plus-Datenbank dar.

Tabelle A7.3-1: Duale Studiengänge von 2004 bis 2012
Tabelle A7.3-1 (barrierefrei)


Tabelle A7.3-1

Tabelle A7.3-2: Anbieter von dualen Studiengängen von 2004 bis 2012
Tabelle A7.3-2 (barrierefrei)


Tabelle A7.3-2

Tabelle A7.3-3: Fachrichtung von dualen Studiengängen von 2004 bis 2012
Tabelle A7.3-3 (barrierefrei)


Tabelle A7.3-3

Anbieter

Duale Studiengänge für die Erstausbildung sind traditionell eine Domäne der Fachhochschulen Tabelle A7.3-2. Sie boten 2012 mit 537 die meisten dualen Studiengänge an. In der Kategorie „sonstige Hochschulen“ verzeichnet die AusbildungPlus-Datenbank 206 Studiengänge, darin enthalten sind 195 Angebote der dualen Hochschule Baden-Württemberg.217 Die Berufsakademien standen mit 137 Studienangeboten an dritter Stelle. Das geringste Angebot machten die Universitäten zum Stichtag 30. April 2012 mit lediglich 30 Studiengängen. Die Wirtschafts- und Verwaltungsakademien (VWA) werden nicht mehr gesondert ausgewiesen. Sie sind privatrechtliche Bildungseinrichtungen, die eine duale Abiturientenausbildung anbieten. Die Absolventen/Absolventinnen dieser Ausbildung erwerben in der Regel erst durch Kooperationen mit staatlich anerkannten Hochschulen oder Akademien einen akademischen Abschluss und werden in der Auswertung der AusbildungPlus-Datenbank bei den prüfenden Ausbildungsinstitutionen mitgezählt.

Fachrichtungen

Die meisten dualen Studiengänge für die Erstausbildung in der AusbildungPlus-Datenbank sind den Wirtschafts- und Ingenieurwissenschaften sowie der Informatik zuzuordnen. Tabelle A7.3-3 zeigt sehr deutlich den Einfluss der Unternehmen auf das Fächerspektrum dualer Studiengänge: Duale Studienplätze werden in den Fächern angeboten, mit deren Absolventen/Absolventinnen die Unternehmen ihren künftigen Fachkräftebedarf decken möchten. Der Anteil der Wirtschaftswissenschaften war mit über 40 % des Gesamtangebots über die Jahre 2004 bis 2012 stabil. Das Schwerpunktfach ist hierbei die Betriebswirtschaftslehre. Überdurchschnittliche Steigerungsraten im Angebot verzeichneten zum Stichtag 30. April 2012 das allgemeine Ingenieur- (+29 %), das Wirtschaftsingenieur- (+20 %) und das Bauingenieurwesen (+16 %). Damit setzte sich ein Trend aus den Vorjahren fort, in denen ebenfalls hohe Zuwachsraten bei dualen Studienangeboten in den MINT-Fächern festzustellen waren. Auffällig war auch die Steigerung im Bereich Sozialwesen von 24 %, allerdings auf niedrigem Niveau, auf 31 duale Studienangebote für die Erstausbildung.

Regionale Verteilung

Die Bundesländer mit den meisten dualen Studienangeboten für die Erstausbildung waren 2012 Baden-Württemberg mit 237 Angeboten, Nordrhein- Westfalen mit 157 und Bayern mit 154 Studiengängen Tabelle A7.3-4.

Tabelle A7.3-4: Regionale Verteilung dualer Studiengänge von 2004 bis 2012

Tabelle A7.3-4

Duale Studiengänge für die Weiterbildung

Bei den dualen Studiengängen für die Weiterbildung dominieren die Fachhochschulen. Die Ausbildung- Plus-Datenbank führte für sie 411 Studienangebote in diesem Bereich, bei den Berufsakademien waren 51, bei sonstigen Hochschulen 11 und bei den Universitäten war 1 Angebot verzeichnet. Das Fächerangebot bei dualen Studiengängen für die Weiterbildung konzentriert sich sehr stark auf die Wirtschaftswissenschaften, wie Tabelle A7.3-5 zeigt. 378 Studienangebote entfallen auf die Wirtschaftswissenschaften und die Rubrik Wirtschafts- und Gesellschaftslehre mit Kombinationen aus Wirtschafts- und Rechtswissenschaften. Informatik liegt mit 63 Studiengängen an zweiter Stelle, und 30 ingenieurwissenschaftliche Angebote sind in der AusbildungPlus-Datenbank enthalten. Das Angebot dualer Studiengänge für die Weiterbildung wächst rasant. Die Abbildung des tatsächlichen Angebots in diesem Bereich durch die AusbildungPlus-Datenbank ist daher noch lückenhaft und fällt hinter der für die Erstausbildung deutlich zurück.

(Jochen Goeser)

Tabelle A7.3-5: Fachrichtung von dualen Studiengängen für die Weiterbildung 2012

Tabelle A7.3-5

Fußnoten

217 Nach Zusammenfassung der Berufsakademien in Baden-Württemberg zur dualen Hochschule wurde 2010 die Kategorie „sonstige Hochschule“ eingeführt (vgl. BIBB-Datenreport 2012, Kapitel A7.4).

Bibliografischer Hinweis

Internetversion des BIBB-Datenreports zum Berufsbildungsbericht 2013 - Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Hrsg.: Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn (2013).

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