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DATENREPORT ZUM BERUFSBILDUNGSBERICHT 2013

B1.2.3 Betriebliche Weiterbildung, Ausbildungsbeteiligung und externe Rekrutierung

Vor dem Hintergrund steigender Qualifikations- und Tätigkeitsanforderungen kommt der betrieblichen Weiterbildung eine zentrale Rolle bei der Deckung des betriebsspezifischen Qualifizierungsbedarfs zu. Anhand der Daten des BIBB-Qualifizierungspanels (vgl. Kapitel A4.11.4) zeigt der folgende Beitrag zunächst Entwicklungen bei der betrieblichen Weiterbildungsbeteiligung auf und untersucht anschließend den Zusammenhang zwischen der betrieblichen Weiterbildung und weiteren betrieblichen Strategien zur Personalbedarfsdeckung wie (a) der betrieblichen Ausbildungsbeteiligung sowie (b) der Rekrutierung von Arbeitskräften auf dem externen Arbeitsmarkt.

Weiterbildungsbeteiligung von Betrieben

Als Indikator für das betriebliche Weiterbildungsgeschehen wird im folgenden Abschnitt die Weiterbildungsbeteiligung verwendet. Dieser Indikator gibt den Anteil der weiterbildungsaktiven Betriebe, gemessen an allen Betrieben, wieder. Nach der im BIBB-Qualifizierungspanel verwendeten Definition wird nur dann von betrieblicher Weiterbildung gesprochen, wenn Betriebe ihre Beschäftigten für die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen ganz oder teilweise freistellen oder die Kosten für die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen ganz oder teilweise übernehmen. Dazu zählen Weiterbildungsaktivitäten wie die Teilnahme von Beschäftigten an Kursen sowie an informeller, nicht kursförmiger Weiterbildung. Beispiele informeller Weiterbildungsformen sind geförderte Qualitätszirkel, Informationsveranstaltungen, Weiterbildung am Arbeitsplatz über Unterweisungen oder reguläre Einarbeitung oder selbstgesteuertes Lernen mit speziellen Programmen. Weiterbildungsmaßnahmen von Auszubildenden, Praktikanten oder Volontären werden nicht berücksichtigt.

Nach den Ergebnissen des BIBB-Qualifizierungspanels haben im Jahr 2011 fast drei Viertel (72,3 %) der etwa 2 Mio. Betriebe mit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen in Deutschland Weiterbildungsmaßnahmen für ihre Beschäftigten gefördert . Die Weiterbildungsbeteiligung hat damit gegenüber dem Vorjahr deutlich zugenommen und liegt etwa 15 Prozentpunkte über dem Wert des Jahres 2010 (Christ/Gerhards/Mohr 2012).259

E Methodische Hinweise zur Erfassung der Weiterbildungsbeteiligung im BIBB-Qualifizierungspanel und im IAB-Betriebspanel

Das BIBB-Qualifizierungspanel und das IAB-Betriebspanel kommen bei der Weiterbildungsbeteiligung zu unterschiedlichen Ergebnissen (72 % bzw. 53 %, vgl. Kapitel B1.2.1). Diese Differenz ist in erster Linie auf Unterschiede beim Erhebungsdesign und den Referenzzeiträumen zurückzuführen. Beim BIBB-Qualifizierungspanel werden die Weiterbildungsmaßnahmen des gesamten Jahres berücksichtigt, während im IAB-Betriebspanel nur Weiterbildungsmaßnahmen innerhalb der ersten Jahreshälfte betrachtet werden. Betriebe, die ausschließlich in der zweiten Jahreshälfte Weiterbildungsmaßnahmen durchgeführt haben, werden folglich beim IAB-Betriebspanel nicht als Betriebe mit Weiterbildungsbeteiligung erfasst.

Angesichts der starken Zunahme soll im Folgenden darauf eingegangen werden, bei welchen Betrieben sich die Weiterbildungsbeteiligung in besonderem Maße erhöht hat. Schaubild B1.2.3-1 stellt die Veränderung der Weiterbildungsbeteiligung von Betrieben im Jahr 2011 gegenüber dem Jahr 2010 für ausgewählte betriebliche Strukturmerkmale dar.

Dargestellt werden betriebliche Strukturmerkmale, bei denen eine starke Zunahme der Weiterbildungsbeteiligung festgestellt werden konnte. Der Vergleich macht deutlich, dass vor allem Kleinst- und Kleinbetriebe mit bis zu 19 Beschäftigten einen überdurchschnittlichen Anstieg bei der Weiterbildungsbeteiligung aufweisen. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass das Niveau der Weiterbildungsbeteiligung mit zunehmender Betriebsgröße ansteigt und dass die Weiterbildungsbeteiligung bei Großbetrieben (mit 200 und mehr Beschäftigten) sowie bei großen mittelständischen Betrieben (mit 100 bis 199 Beschäftigten) bereits im Jahr 2010 sehr hoch war. Auffällig ist zudem der massive Anstieg der Weiterbildungsbeteiligung in bestimmten Wirtschaftssektoren (vgl. in Kapitel A4.11.4). Dies betrifft in besonderem Maße Betriebe aus dem Bereich sonstige Dienstleistungen, also beispielsweise Betriebe aus dem Gastronomiegewerbe oder dem Informations- und Kommunikationsgewerbe. Auch im Wirtschaftssektor Handel und Reparatur ist der Anteil der Betriebe mit Weiterbildungsmaßnahmen im Jahr 2011 im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen.

Schaubild B1.2.3-1: Vergleich der Weiterbildungsbeteiligung von Betrieben 2011 und 2010 nach ausgewählten Strukturmerkmalen (in %)

Schaubild B1.2.3-1

Weiterbildungsbeteiligung und betriebliche Ausbildung

Untersuchungen zu betrieblichen Bildungsaktivitäten zeigen, dass die betriebliche Ausbildung und die betriebliche Weiterbildung als komplementäre Strategien bei der Sicherung des betrieblichen Fachkräftebedarfs eingesetzt werden (Bellmann/Krekel/Stegmaier 2010). Die Ergebnisse des BIBB-Qualifizierungspanels bekräftigen diesen Befund. Mit 86,4 % führte im Jahr 2011 eine deutliche Mehrheit der Betriebe, die sich in der betrieblichen Ausbildung engagieren, auch Weiterbildungsmaßnahmen für ihre Beschäftigten durch.260 Sehr viel geringer ist dagegen die Weiterbildungsbeteiligung bei den Betrieben, die nicht ausbilden – der entsprechende Anteil beträgt hier 68,3 %.

Die Differenzierung der Betriebe nach ausgewählten Strukturmerkmalen zeigt, dass die höhere Weiterbildungsbeteiligung von Ausbildungsbetrieben gegenüber Nichtausbildungsbetrieben je nach Wirtschaftssektor und Betriebsgrößenklasse unterschiedlich stark ausfällt Schaubild B1.2.3-2. Für Betriebe der Branchen „Handel und Reparatur“ und „Produzierendes verarbeitendes Gewerbe“ zeigt sich, dass die Weiterbildungsbeteiligung bei Ausbildungsbetrieben um jeweils etwa 30 Prozentpunkte höher ausfällt als in der Gruppe der Betriebe, die nicht ausbilden. Auch im Wirtschaftssektor „Sonstige Dienstleistungen“ ist eine deutlich höhere Weiterbildungsbeteiligung der Ausbildungsbetriebe zu verzeichnen, während bei den „Unternehmensnahen Dienstleistungen“ praktisch keine Unterschiede in der Weiterbildungsbeteiligung von Ausbildungs- und Nichtausbildungsbetrieben bestehen. Für die Branche „Öffentliche Verwaltung, Gesundheit und Erziehung“ zeigt sich, dass nicht nur die Ausbildungsbetriebe überdurchschnittlich weiterbildungsaktiv (99,2 %) sind, sondern auch die Nichtausbildungsbetriebe (92,2 %). Deutliche Unterschiede zeigen sich auch bei der Betrachtung der Betriebsgrößenklassen. Bei Kleinstbetrieben mit weniger als 20 Beschäftigten bilden 82,2 % der Ausbildungsbetriebe ihre Beschäftigten im Jahr 2011 weiter, bei den Nichtausbildungsbetrieben liegt der entsprechende Anteil dagegen nur bei 66,9 %. Auch bei den Betrieben mit 100 bis 199 Beschäftigten sind große Unterschiede zwischen Aus- und Nichtausbildungsbetrieben zu verzeichnen. Bei Großbetrieben mit 200 und mehr Beschäftigten sind hingegen im Jahr 2011 über 97 % der Ausbildungsbetriebe als auch der Nichtausbildungsbetriebe weiterbildungsaktiv.

Schaubild B1.2.3-2: Weiterbildungsbeteiligung von Ausbildungsbetrieben und Nichtausbildungsbetrieben nach ausgewählten Strukturmerkmalen im Jahr 2011

Schaubild B1.2.3-2

Weiterbildungsbeteiligung und externe Rekrutierung von Arbeitskräften

Im Jahr 2011 hat fast jeder zweite Betrieb (43,7 %) mit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in Deutschland nach neuen Fach- und Arbeitskräften gesucht und entsprechende Stellen angeboten. Eine zunächst naheliegende Annahme ist, dass diese Betriebe ihren Bedarf an qualifizierten Beschäftigten über die Rekrutierung extern ausgebildeter Fachkräfte abdecken und daher weniger in die Weiterqualifizierung ihres bereits vorhandenen Personalbestandes investieren. Die Ergebnisse in Schaubild B1.2.3-3 entkräften allerdings diese Vermutung und zeigen vielmehr, dass Betriebe, die Stellen anbieten, häufiger weiterbildungsaktiv sind als Betriebe, die im Jahr 2011 keinen Bedarf an neuen Arbeitskräften haben. Insgesamt haben 83,0 % der Betriebe mit Stellenangeboten die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter gefördert, während der Anteil bei den Betrieben ohne Rekrutierungsabsichten mit 64,8 % um fast 20 Prozentpunkte niedriger ausfällt.261 Je nach Wirtschaftssektor und Betriebsgrößenklasse variieren jedoch diese Unterschiede. Mit zunehmender Beschäftigtenzahl verringern sich die Unterschiede zwischen Betrieben mit und ohne Rekrutierungsabsicht. Bei Kleinstbetrieben bis 19 Beschäftigte sind 79,7 % der Betriebe mit Stellenangeboten gegenüber 64,0 % der Betriebe ohne Stellenangebote weiterbildungsaktiv. Dagegen sind in größeren mittelständischen Betrieben (100 bis 199 Beschäftigte) sowie Großbetrieben (200 und mehr Beschäftigte) über 91 % aller Betriebe weiterbildungsaktiv, unabhängig davon ob sie neue Mitarbeiter gesucht haben oder nicht.

Im Branchenvergleich fällt der große Unterschied zwischen der Weiterbildungsbeteiligung von Betrieben mit und Betrieben ohne Arbeitsstellenangebote innerhalb der Branche „Handel und Reparatur“ auf: Betriebe mit Stellenangeboten bilden zu 87,2 % ihre Beschäftigten weiter, Betriebe ohne Stellenangebote dagegen nur zu 53,8 %. Auch in den Branchen „Sonstige Dienstleistungen“, „Unternehmensnahe Dienstleistungen“ und im produzierenden und verarbeitenden Gewerbe ist die Weiterbildungsbeteiligung höher, wenn Betriebe neue Mitarbeiter/-innen suchen. Im Wirtschaftsbereich „Öffentliche Verwaltung, Gesundheit und Erziehung“ ist für die Weiterbildungsbeteiligung die Unterscheidung nach Betrieben mit Stellenangeboten und ohne Stellenangebote dagegen nicht bedeutsam. Hier sind alle Betriebe überdurchschnittlich weiterbildungsaktiv.

Schaubild B1.2.3-3: Weiterbildungsbeteiligung von Betrieben mit und ohne Angebot an Arbeitsstellen nach ausgewählten Strukturmerkmalen im Jahr 2011 (in %)

Schaubild B1.2.3-3

Weiterbildungsbeteiligung und unbesetzte Arbeitsstellen

Die bisher dargestellten Ergebnisse zeigen, dass sowohl die betriebliche Ausbildungsbeteiligung als auch die Suche nach neuen Arbeitskräften über Stellenangebote mit einer erhöhten Weiterbildungsbeteiligung der Betriebe einhergehen. Wie sieht es nun aus, wenn diese Betriebe ihren Bedarf an neuen Arbeitskräften nicht (oder nicht vollständig) decken können, d. h. Stellen nicht besetzen können? Eine Vermutung wäre, dass solche Betriebe verstärkt weiterbilden, um so den nicht gedeckten Bedarf an neuen Arbeitskräften durch Weiterqualifizierung der bestehenden Belegschaft zu kompensieren (Düll/Bellmann 1998). Die Ergebnisse in Schaubild B1.2.3-4 können diese Vermutung jedoch nicht bekräftigen. Es gibt praktisch keinen Unterschied zwischen der Weiterbildungsbeteiligung der Betriebe, die alle angebotenen Arbeitsstellen besetzen konnten (83,4 %), und Betrieben mit einer oder mehreren unbesetzten Stellen (82,4 %). Auch nach Betriebsgrößenklassen ergeben sich keine bedeutenden Unterschiede bei der Weiterbildungsbeteiligung in Betrieben mit und ohne unbesetzte Stellen. Beim Vergleich zwischen Wirtschaftssektoren zeigen sich dagegen Unterschiede zwischen Betrieben mit und ohne unbesetzte Stellen. In den Branchen „Produzierendes Gewerbe“ sowie „Sonstige Dienstleistungen“ haben die Betriebe mit unbesetzten Arbeitsstellen eine höhere Weiterbildungsbeteiligung. Umgekehrt verhält es sich in den Branchen „Öffentlicher Dienst, Gesundheit und Erziehung“ und „Unternehmensnahe Dienstleistungen“. Hier beteiligen sich Betriebe ohne unbesetzte Arbeitsstellen häufiger an der Weiterbildung als diejenigen, die für alle angebotenen Arbeitsstellen neue Mitarbeiter/ -innen rekrutieren konnten.

(Sabine Mohr, Klaus Troltsch, Christian Gerhards)

Schaubild B1.2.3-4: Weiterbildungsbeteiligung von Betrieben mit unbesetzten und ohne unbesetzte Arbeitsstellen nach ausgewählten Strukturmerkmalen im Jahr 2011 (in %)

Schaubild B1.2.3-4

Fußnoten

259 Eine vergleichbare Entwicklung zeigen die Ergebnisse des IAB-Betriebspanels (vgl. Kapitel B1.2.1). Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Frageformulierung in der Erhebung im Jahr 2012 leicht verändert wurde.

260 Etwa ein Viertel (22,1 %) aller Betriebe in Deutschland mit mindestens einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten hat zum Stichtag 31. Dezember 2011 Jugendliche und junge Erwachsene im Betrieb ausgebildet. Der Anteil der Nichtausbildungsbetriebe lag dementsprechend bei 77,9 % (vgl. Kapitel A4.11.4).

261 Möglicherweise lässt sich dieses Ergebnis dadurch erklären, dass Betriebe aufgrund neu eingestellter Beschäftigter besonders häufig Weiterbildungsmaßnahmen im Rahmen der Einarbeitung durchführen (Gerhards/Mohr/Troltsch 2012).

Bibliografischer Hinweis

Internetversion des BIBB-Datenreports zum Berufsbildungsbericht 2013 - Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Hrsg.: Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn (2013).

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