E1.2 Die Indikatoren des Europäischen Bezugsrahmens für die Qualitätssicherung in der beruflichen Aus- und Weiterbildung
Im Kopenhagen-Prozess wurde die Qualität der Berufsbildung zu einem wichtigen Aktionsfeld erklärt. Ein Meilenstein der entsprechenden Agenda ist die Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 zur Einrichtung eines Europäischen Bezugsrahmens für die Qualitätssicherung in der beruflichen Aus- und Weiterbildung, kurz EQARF (European Quality Assurance Reference Framework) genannt (Europäisches Parlament und Rat 2009). Bei dem Rahmen handelt es sich um ein Referenzinstrument, das die Mitgliedstaaten dabei unterstützen soll, die kontinuierliche Verbesserung der Berufsbildungssysteme mittels gemeinsamer Bezugsgrößen zu beobachten und zu fördern. Der Rahmen soll Transparenz und Vertrauen in die Qualität der Systeme schaffen und so die Mobilität von Arbeitnehmern und Lernenden und das lebenslange Lernen unterstützen.
Der Rahmen für die Qualitätssicherung weist 10 „Referenzindikatoren“ auf. Diese sind laut Beschluss „lediglich als Orientierungshilfe gedacht“ (Europäisches Parlament und Rat 2009, S. 5). Der Bezugsrahmen soll als ein „Werkzeugkasten“ betrachtet werden, aus dem die verschiedenen Anwender die Indikatoren auswählen können, die ihnen am relevantesten für die Anforderungen ihres jeweiligen Qualitätssicherungssystems erscheinen. Die Indikatoren sollen im Rahmen bilateraler/multilateraler Zusammenarbeit im Kontext europäischer und nationaler Berichtssysteme weiterentwickelt werden. Im Abstand von 4 Jahren soll über die Umsetzung des Rahmens berichtet werden. Schließlich sollen die Indikatoren normative Wirkung entfalten: Die indikatorenbezogene Berichterstattung macht Unterschiede deutlich und erzeugt bei „Defiziten“ Druck auf die Staaten. Deshalb sind sie auch für den Datenreport zum Berufsbildungsbericht künftig relevant.
Unterschieden wird bei den Referenzindikatoren zwischen „übergeordneten Indikatoren“, „Indikatoren zur Unterstützung der Qualitätsziele der Berufsbildungspolitik“ und „Kontextindikatoren“.
Tabelle E1.2-1: Quellen zu den EQARF-Indikatoren
Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung, eigene Darstellung
Übergeordnete Indikatoren für die Qualitätssicherung
Nr. 1: Relevanz von Qualitätssicherungssystemen für Berufsbildungsanbieter: a) Anteil von Berufsbildungsanbietern, die aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen oder auf eigene Initiative interne Qualitätssicherungssysteme anwenden;
b) Anteil anerkannter Berufsbildungsanbieter
Nr. 2: Investitionen in die Aus-/Weiterbildung von Lehrkräften und Ausbildern: a) Anteil der Lehrkräfte und Ausbilder, die an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen; b) Investierte Mittel
Indikatoren zur Unterstützung der Qualitätsziele
Nr. 3: Teilnahmequote bei Berufsbildungsgängen: Anzahl der Teilnehmer/-innen an Berufsbildungsgängen (nach Art des Bildungsgangs und individuellen Kriterien: Alter, Geschlecht, Vorbildung, Migrationshintergrund, Behinderung, vorheriger Arbeitslosigkeit)
Nr. 4: Abschlussquote bei Berufsbildungsgängen: Anzahl der Personen, die Berufsbildungsgänge erfolgreich abgeschlossen/abgebrochen haben (nach Art des Bildungsgangs und individuellen Kriterien)
Nr. 5: Vermittlungsquote für Absolventen/Absolventinnen von Berufsbildungsgängen: a) berufliche Situation der Absolventen zu einem bestimmten Zeitpunkt nach Abschluss des Berufsbildungsgangs (nach Art des Bildungsgangs und individuellen Kriterien); b) Anteil der Absolventen/Absolventinnen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt nach Abschluss des Berufsbildungsgangs erwerbstätig sind (nach Art des Bildungsgangs und individuellen Kriterien)
Nr. 6: Nutzung der erworbenen Kenntnisse am Arbeitsplatz: a) Informationen über die von Absolventen von Berufsbildungsgängen aufgenommene Beschäftigung (nach Art des Bildungsgangs und individuellen Kriterien); b) Zufriedenheit der Absolventen/ Absolventinnen und der Arbeitgeber mit den erworbenen Kenntnissen/Kompetenzen
Kontextindikatoren
Nr. 7: Erwerbslosenquote (ILO-Konzept, nach individuellen Kriterien)
Nr. 8: Prävalenz besonders schutzbedürftiger Gruppen: a) Anteil von Berufsbildungsteilnehmern, die in einer bestimmten Region bzw. einem bestimmten Einzugsgebiet benachteiligten Gruppen zuzurechnen sind (nach Alter und Geschlecht); b) Erfolgsquote von Personen aus benachteiligten Gruppen (nach Alter und Geschlecht)
Nr. 9: Mechanismen zur Ermittlung des Qualifikationsbedarfs auf dem Arbeitsmarkt: a) Informationen zu den Mechanismen, die etabliert werden, um auf den unterschiedlichen Ebenen neue Bedarfe zu ermitteln; b) Belege für die Wirksamkeit dieser Mechanismen
Nr. 10: Programme zur Verbesserung des Zugangs zur Berufsbildung: a) Informationen über bestehende Programme auf den unterschiedlichen Ebenen; b) Belege für die Wirksamkeit dieser Programme.
In Tabelle E1.2-1 wird dargestellt, inwieweit die EQARF-Indikatoren eine Entsprechung im BIBBDatenreport haben bzw. dort künftig berücksichtigt werden könnten oder mithilfe anderer Quellen abzudecken wären.
Es ist erkennbar, dass grundsätzlich die meisten EQARF-Indikatoren eine Entsprechung im BIBBDatenreport bzw. anderen Berichtssystemen haben, allerdings auch Lücken bestehen. Bei einigen Indikatoren ist zweifelhaft, ob sie etwas über die Qualität aussagen (z. B. bei Nr. 1: Akkreditierungsrate von Anbietern), andere Indikatoren sind unscharf (z. B. bei Nr. 8: Anteil der Benachteiligten) bzw. bedürfen der Operationalisierung (z. B. bei Nr. 6: Übereinstimmung Bildung/Beschäftigung; Zufriedenheit). Auf nationaler wie europäischer Ebene sind Entscheidungen über die Auswahl von Indikatoren und weitere Arbeiten erforderlich, um zu vergleichbaren Daten zu kommen.
(Georg Hanf)