E3 Systemmonitoring
ReferNet
Eine reiche Quelle für Informationen zu Entwicklungen in europäischen Nachbarstaaten mit Bezug zu den Indikatoren des BIBB-Datenreports sind Berichte, die von den am europäischen Refer-Netzwerk beteiligten Ländern erstellt werden356; „Politikberichte“ und „Forschungsberichte“ wechseln sich zweijährig ab.
Themenschwerpunkt des letzten Politikberichts waren Situation und Bedingungen des Zugangs zur beruflichen Bildung („Improving access and equity in VET“). Die nationalen Berichte sind in den vom CEDEFOP im Auftrag der EU-Kommission erarbeiteten europäischen Fortschrittsbericht 2008 (Bordeaux-Report) eingeflossen. Er wurde – wie die nationalen Berichte – 2009 veröffentlicht.
Was beschäftigt die Berufsbildungsforscher eines Landes? Gibt es überhaupt nennenswerte Forschung? Welches sind die Themen, die untersucht und bearbeitet werden, welches die relevanten Fragestellungen und wesentlichen Ergebnisse? Die Antworten hierauf ermöglichen einen besonderen Blick auf das System der beruflichen Bildung eines Staates, denn sie zeigen aktuelle Problemfelder auf. Sie liegen den Refer-Forschungsberichten zugrunde, die 2009 auf vier inhaltliche Schwerpunkte fokussiert waren. Gemeinsames Thema für alle Länder waren „Nutzen der Berufsbildung“ („Benefits of VET“) sowie Mobilität und Migration („Mobility and Migration“). Da es darüber hinaus zahlreiche aktuelle Fragestellungen gibt, die in den Mitgliedstaaten völlig unterschiedliche Relevanz haben, wurde den nationalen Koordinatoren die Entscheidung überlassen, zwei weitere Themen auszuwählen. Für Deutschland sind dies „Effektivität und Qualitätssicherung“ („Effectiveness and quality assurance“) und „Übergänge“ („Transitions“). Der deutsche Bericht wurde im Januar 2010 veröffentlicht.357
Internationales Handbuch der Berufsbildung (IHBB)
Ab dem Jahr 2010 übernimmt das BIBB die geschäftsführende Herausgabe des Internationalen Handbuchs der Berufsbildung. Diese seit 1995 erscheinende Loseblattsammlung, die ursprünglich federführend vom Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) herausgegeben wurde, umfasst die Darstellung von über 30 Berufsbildungssystemen aus Industriestaaten und wird laufend aktualisiert. Zusammen mit einem in der vergleichenden Berufsbildungsforschung ausgewiesenen Herausgebergremium und der Otto-von- Guericke-Universität Magdeburg wird das Handbuch neu konzipiert und weitergeführt. Die Neukonzeption ist an folgenden Eckpunkten ausgerichtet:
- Schärfung der berufspädagogischen Ausrichtung,
- Balance zwischen Adressatenorientierung und wissenschaftlichen Qualitätsansprüchen,
- Orientierung an Lernerperspektive und an indikatorengestützter Berichterstattung,
- neue Formen der Veröffentlichung und weitere Ausgestaltungen der „Servicefunktionen“ und
- langfristige Internationalisierung.
Die Informationen aus dem IHBB sollen einen Beitrag zur internationalen Berufsbildungszusammenarbeit leisten und das hierbei entstehende Wissen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen.
EU-Studienbesuchsprogramm
Für ein Monitoring „guter Praxis“ zu bestimmten Themenfeldern beruflicher Bildung bietet das Studienbesuchsprogramm der EU Einblicke in aktuelle Entwicklungen in anderen Ländern. Das Programm fördert den Erfahrungsaustausch zwischen Entscheidungsträgern im Bildungsbereich sowie Verantwortlichen in der Berufsbildung und die Diskussion zu Themen von gemeinsamem Interesse auf europäischer Ebene. Es stärkt über fachlich ausgerichtete Begegnungen und Besichtigungen „vor Ort“ die gegenseitige Kenntnis der Bildungs- und Berufsbildungssysteme innerhalb Europas. Das Studienbesuchsprogramm ist eine der Schlüsselaktionen des „Querschnittprogramms“, dessen Ziel die Unterstützung der Konzeption politischer Maßnahmen und der Zusammenarbeit auf europäischer Ebene in Bezug auf lebenslanges Lernen ist.
Seit 2008 koordiniert das Europäische Zentrum für die Förderung der Berufsbildung (CEDEFOP) das Studienbesuchsprogramm im Auftrag der Europäischen Kommission in Kooperation mit den Partnern in den teilnehmenden Ländern, den Nationalen Agenturen.
Die NA beim BIBB konzipiert und organisiert Studien besuche für europäische Akteure der beruflichen Bildung in Deutschland. Sie arbeitet eng mit der Nationalen Agentur im Pädagogischen Austauschdienst (PAD) der Kulturministerkonferenz zusammen.
In Deutschland konnten 2009 sechs Studienbesuche zu aktuellen Schlüsselthemen der beruflichen Bildung erfolgreich realisiert werden: Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Berufsbildung in Deutschland, Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit im Pflegebereich, Rolle der Sozialpartner bei der Entwicklung eines Nationalen Qualifikationsrahmens, Grenzüberschreitende Mobilität in Bildung und Ausbildung. Insgesamt haben 57 Experten und Expertinnen aus 18 Mitgliedstaaten am Programm teilgenommen; die meisten kamen aus Großbritannien, Spanien und der Türkei. Die Studienbesuche sind zwar nur eine Komponente des Programms für lebenslanges Lernen, doch sie haben erhebliche Auswirkungen auf die Zusammenarbeit und das gegenseitige Lernen auf strategisch-politischer Ebene. Jeder Studien besuch trägt dazu bei, die Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung, das Arbeitsprogramm „Allgemeine und berufliche Bildung 2010“ und den Kopenhagen- Prozess durch gemeinsames Lernen und die Verbreitung bewährter Praktiken umzusetzen. Mehr als 90 % der Teilnehmer und Teilnehmerinnen sind mit ihren Erfahrungen während des Studienbesuchs sehr zufrieden, diese Tendenz gilt es fortzusetzen und die Ergebnisse im Hinblick auf individuelle und systemische Wirkungen verstärkt zu verbreiten.
Ausblick
In Zukunft sollen die Arbeiten im ReferNet und am IHBB sowie Ergebnisse des Studienbesuchsprogramms als Grundlage genutzt werden, um im BIBB-Datenreport zu ausgewählten Themen in international vergleichender Perspektive zu berichten. Hierbei sind eine Orientierung am jeweiligen Schwerpunktthema des Datenreports und eine Identifizierung von signifikanten Trends in der internationalen Berufsbildung vorgesehen. Zur Fundierung des internationalen Monitoringkonzeptes, das dabei zum Einsatz gelangen soll, wurde im Dezember 2009 eine internationale Fachtagung mit Experten aus fünf Kontinenten durchgeführt.358
(Ulrike Engels, Philipp Grollmann, Ute Hippach- Schneider)