D2 Modellprojekte als Innovationspartnerschaften
Mit Modellversuchen sollen Innovationen in der betrieblichen Berufsbildung entwickelt, erprobt und für den Transfer aufbereitet werden. Zurzeit gibt es auf der Grundlage des § 90 Abs. 3 Nr. 1d BBiG 3 Förderschwerpunkte:
- Neue Wege in die duale Bildung – Heterogenität als Chance für die Fachkräftesicherung (mit 18 Modellprojekten),
- Qualität in der betrieblichen Berufsbildung (mit 10 Modellprojekten) und
- Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung (mit 7 Modellprojekten).
Hinzu kommt die
- Pilotinitiative DECVET zur Entwicklung und Erprobung eines Leistungspunktesystems in der beruflichen Bildung.
Über die geförderten Modellprojekte im Einzelnen informiert Tabelle D2-1 Internet.
Modellprojekte und die Pilotinitiative werden durch Projektverbünde auf regionaler oder auf Branchenebene realisiert. In den Projektverbünden engagieren sich Vertreterinnen und Vertreter von beteiligten Unternehmen, Kammern, Sozialpartnern, kommunalen oder regionalen Verwaltungen, Schulen, überbetrieblichen Bildungseinrichtungen, Bildungsdienstleistern sowie wissenschaftlichen Einrichtungen.
Die umfassende Einbindung der relevanten Akteure in den Modellprojekten ist ein Erfolgsfaktor für die Entwicklung und Erprobung innovativer Maßnahmen im komplexen Wirkungsgefüge beruflicher Bildung. Zugleich wirken die Kooperationspartner in ihren Handlungsfeldern als Katalysatoren und tragen damit wesentlich zur Verstetigung und zum Transfer der Projektergebnisse bei.
Je nach Ziel und Gegenstand der Modellprojekte sind die Formen der Kooperationen recht vielfältig. Sie reichen von eher losen Bildungsnetzwerken bis hin zu vertraglich geregelten Konsortien. Diese Kooperationen weiterzuentwickeln und zu vergrößern ist auch Bestandteil der Arbeit in den Modellprojekten selber. So schließen sich in den Modellprojekten Betriebe für die Entwicklung neuer Ausbildungsinhalte zusammen, neue Formen der Lernortkooperationen werden erprobt, und in regionaler und sektoraler Zusammenarbeit werden Strukturen für die nachhaltige Umsetzung der Innovationen gesichert.
Konstitutives Merkmal der Modellversuche ist die Kooperation von Praxis und Wissenschaft. So wird gewährleistet, dass die Projekte auf den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen aufbauen und die für die Vorhaben angemessenen Instrumente und Maßnahmen nutzen können. Qualitätssicherung und Evaluation der jeweiligen Projekte werden über wissenschaftliche Begleitung sichergestellt. Die Wissenschaftler / -innen wirken dabei aktiv bei den Prozessen in den Projekten mit (responsive Forschung). Aus der Interaktion von Wissenschaft und Praxis erwachsen Erkenntnisse für die Berufsbildungsforschung, die wiederum Impulse für weitere Innovationen und Gestaltung bieten.
Die Zusammenarbeit der Modellprojekte untereinander und mit der zentralen wissenschaftlichen Begleitung sowie mit der Programmleitung durch das BIBB wird durch verschiedene Instrumente und Kommunikationsformen mit entsprechenden Pu- blikationen sichergestellt.
(Barbara Hemkes)
Förderschwerpunkt: Berufliche Bildung für nachhaltige Entwicklung
Der Förderschwerpunkt „Berufliche Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BBNE) steht in enger Beziehung zur UN-Dekade „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“ (2005 bis 2014) und greift als eine ihrer zentralen Forderungen die Verankerung des Leitbildes einer nachhaltigen Entwicklung in die nationalen Bildungssysteme auf. Gefördert werden 4 Verbundprojekte (3 Jahre Laufzeit) und 3 Einzelprojekte (2 Jahre Laufzeit). Eine wissenschaftliche Begleitung berät und unterstützt alle Projekte bei der Umsetzung ihrer Projektziele und evaluiert den Projektverlauf sowie den Förderschwerpunkt insgesamt.334
Die Implementierung und Verstetigung einer BBNE auch über den Projektzeitraum hinaus soll durch einen Branchen- und / oder Regionalbezug der Projekte erreicht werden. Der Förderschwerpunkt umfasst die Branchen Metall / Elektro mit Schwerpunkt erneuerbare Energien (EE), Bauen und Wohnen, Chemie sowie Ernährung.
Die Umsetzung der Projektziele erfolgt in 4 Phasen: Konzeptions- und Entwicklungsphase, Umsetzungsund Erprobungsphase, Evaluation und Transfer, Implementierung und Handlungsempfehlungen zur Verstetigung der Ergebnisse. Zur Dokumentation der Arbeitsverläufe wurde ein webbasiertes Monitoringsystem angelegt.
Die Projekte haben die erste Phase abgeschlossen und mit der zweiten Phase begonnen. Zur Erhebung projektrelevanter Daten und zur Beschreibung der Ausgangslage wurden Dokumentenanalysen vorgenommen sowie Potenzial-, Sektor- (Experteninterviews, schriftliche / Online-Befragungen) und Arbeitsprozessanalysen durchgeführt. Anhand der gewonnenen Daten konnten die Projektziele überprüft und modifiziert sowie die nächsten Arbeitsschritte festgelegt werden. Darüber hinaus wurden, insbesondere bei den Verbundprojekten Netzwerke mit berufsrelevanten Partnern aufgebaut und / oder Projektbeiräte gegründet.
Übergeordnetes Ziel des Förderschwerpunktes und seiner Projekte ist die Integration einer BBNE in die verschiedenen Ebenen der Berufsbildungssystematik. Dabei finden ein ganzheitlicher Ansatz, systemisches Denken sowie die Entwicklung von Qualitätsbewusstsein grundsätzlich Berücksichtigung. Die Fachkompetenz soll systematisch mit einer Methoden- und Sozialkompetenz verknüpft werden.
(Dagmar Winzier)
Förderschwerpunkt: Neue Wege in die duale Ausbildung – Heterogenität als Chance für die Fachkräftesicherung
Im Frühjahr 2011 hat der Förderschwerpunkt „Neue Wege in die duale Ausbildung – Heterogenität als Chance für die Fachkräftesicherung“ mit 18 Modellversuchen seine Arbeit aufgenommen. Im Zentrum stehen kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die zwar den weitaus größten Teil der Ausbildungsleistungen im dualen System erbringen, aber zunehmend Schwierigkeiten haben, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen. Ursachen liegen vor allem in der demografischen Entwicklung und in der Konkurrenz zu Großunternehmen und anderen Bildungswegen (schulische Bildungsgänge, Hochschulen). Allen Jugendlichen mit ihren heterogenen Voraussetzungen sollen passende Angebote gemacht werden, um ihnen einen erfolgreichen Ausbildungsabschluss und einen Übergang in den Beruf zu ermöglichen.
Verschiedene Studien zur Ausbildungssituation sowie aktuelle Informationen aus der Praxis und eigene Forschungsarbeiten des BIBB haben erkennen lassen, dass die zunehmende Heterogenität der Jugendlichen ein großes Potenzial in sich birgt. Gleichzeitig ist es aber notwendig, junge Menschen als eine Gesamtheit zu betrachten und entsprechende integrative Lösungen zu entwickeln. Deutlich wurde zudem ein erhöhter Fortbildungsbedarf für das Ausbildungspersonal: die Ausbilderinnen und Ausbilder sowie die ausbildenden Fachkräfte. Abgesehen von dem Wunsch nach einer finanziellen Förderung wird ein deutlicher Unterstützungsbedarf hinsichtlich der Gestaltung von Ausbildungsprozessen (Hilfe bei Konfliktlösungen, externes Ausbildungsmanagement) gesehen.
Der Modellversuch versteht sich als Teil einer funktionierenden Bildungskette. Mit dem Ziel der Verstetigung und der nachhaltigen Wirkung der Ergebnisse sind die Praxis, die Wissenschaft und die Politik als Bezugssysteme angesprochen. Transfer und Verstetigung der Projektergebnisse sind im Förderschwerpunkt nur durch regionale und überregionale Kooperation möglich. Deshalb zeichnet sich die Mehrzahl der Modellversuche durch das Zusammenwirken in Kooperationsverbünden aus.
Über diese Verbünde hinaus wurden in allen Modellversuchen strategische Partnerschaften mit Unternehmen, Kommunen, Kammern, Schulen, Bildungsdienstleistern und Verbänden aufgebaut, die eine Verankerung in den Regionen und darüber hinaus ermöglichen. Daraus ergibt sich für die 18 Modellversuche eine Zahl von ca. 49 Kooperationspartnern. Als strategische Partner sind KMU hervorzuheben, zwischen 10 bis 20 Unternehmen beteiligen sich pro Modellversuch; in einzelnen Modellversuchen werden bis zu 500 Unternehmen erreicht.
(Gisela Westhoff)
Förderschwerpunkt: Qualität in der betrieblichen Ausbildung
Innovationsnetzwerke und Verbünde bieten einen Rahmen für die Entwicklung und Erprobung von Berufsbildungsmaßnahmen, Methoden, Medien und Instrumenten. Vernetzung findet sich entsprechend der Pluralität der Lernorte in praktisch allen Modellversuchen. Im Rahmen des aktuellen Modellversuchsschwerpunkts „Qualitätsentwicklung und -sicherung in der betrieblichen Berufsausbildung“ werden Fragen der Abstimmung und des Austauschs im Rahmen von Lernortkooperationen und Inno- vationsnetzwerken weiter vertieft.
Ziel ist eine bessere Abstimmung und pädagogische Ausrichtung der Lern- und Kompetenzentwicklung an verschiedenen Orten mit unterschiedlichen Funktionen. Das Spektrum der Kooperationen in Modellversuchen erstreckt sich vom Informationsund Erfahrungsaustausch bis hin zur gemeinsamen Erarbeitung von Materialien und Konzepten.
Die Modellversuche im Förderschwerpunkt „Qualitätsentwicklung und -sicherung in der betrieblichen Berufsausbildung“ verfügen nach knapp einem Jahr Projektlaufzeit über ein umfangreiches Netzwerk, das weit über die Einbindung bzw. Kooperation mit Betrieben hinausgeht. Die Projekte arbeiten entsprechend ihren Zielsetzungen überwiegend regional mit den für die Berufsausbildung relevanten Akteuren und Institutionen zusammen und haben darüber hinaus weitere Stakeholder mit Multiplikatorfunktionen eingebunden.
In der Mehrzahl der Modellversuche werden neben betrieblichen Akteuren auch Auszubildende und Berufsschulpersonal aktiv in die Qualitätsentwicklungsarbeit einbezogen. Der grenznah agierende Modellversuch „Ganzheitlicher Ausbildungsnachweis“ kooperiert zusätzlich zu den deutschen Partnern im Rahmen der Bodensee-Konferenz mit Berufsbildungsausschüssen aus den angrenzenden Ländern (Österreich, Schweiz, Liechtenstein).
(Dorothea Schemme)
Pilotinitiative DECVET – Entwicklung und Erprobung eines Leistungspunktesystems in der beruflichen Bildung
Mit dem Ziel der Erhöhung der Durchlässigkeit zwischen den Bildungsgängen innerhalb des deutschen Berufsbildungssystem, aber auch der Schaffung von mehr Transparenz und besser gestalteten Zu- und Übergängen soll mit der Pilotinitiative DECVET ein Beitrag zur Modernisierung der beruflichen Bildung geleistet werden.
Im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung arbeiten seit November 2007 deutschlandweit 10 Pilotprojekte, wissenschaftlich begleitet durch ein Konsortium der Universitäten Jena und Magdeburg, an der Entwicklung und Erprobung transparenter und durchlässiger Verfahren zur Erfassung, Bewertung und Anrechnung von Lernergebnissen. Dadurch soll die vertikale und horizontale Durchlässigkeit an markanten Zu- und Übergängen in der beruflichen Bildung erhöht werden.
Die Erarbeitung der Verfahren und Modelle zur Erfassung, Bewertung und Anrechnung von Lernergebnissen erfolgte auf der Basis eines einheitlichen Arbeitsprogrammes. In einem ersten Schritt galt es, Lernergebnisse zu beschreiben und diese in Lernergebniseinheiten zusammenzufassen sowie Instrumente zu deren anschließender Bewertung, Validierung und Dokumentation zu entwickeln. Des Weiteren wurden Vorschläge zur Festlegung von Leistungspunkten vorgenommen. Mittels Äquivalenzprüfung sollten mögliche Anrechnungspotenziale an den Schnittstellen rund um das duale System identifiziert werden. In einem letzten Teilschritt sind transferierbare Modelle zu entwickeln, die es ermöglichen, Lernergebnisse von einem Teilbereich des beruflichen Bildungssystems in einen anderen zu übertragen und anzurechnen.
Die Entwicklung und vor allem die Erprobung solcher Modelle erfolgten im Kontext der Initiative unter Einbezug von Akteuren und Partnern der beruflichen Bildung. Jedes der 10 Pilotprojekte wurde durch einen Beirat bzw. Steuerkreis auf regionaler Ebene begleitet, und die Beteiligten erhielten somit die Möglichkeit, ihre Vorstellungen zum Entwicklungsund Erprobungsprozess frühzeitig einzubringen. Die Beiräte und Steuerkreise in den regionalen Pilotprojekten setzen sich aus Partnern der Bildungsträger, der Berufsschulen, der Kammern und Prüfungsausschüsse, der Ministerien und nicht zuletzt der Betriebe zusammen. Die Beteiligten konnten sowohl auf regionaler und auf Bundesebene die Entwicklungsprozesse mitgestalten als auch ihre Vorstellungen und Anforderungen an die Entwicklungs- und Erprobungsprozesse frühzeitig einbringen.
Die Durchführung der gesamten Pilotinitiative auf Bundesebene wurde ebenfalls durch einen Bundesbeirat unterstützt, beraten und begleitet. Diesem gehören Vertreter und Vertreterinnen der Bundesagentur für Arbeit, der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, des Deutsches Gewerkschaftsbundes, des Deutschen Industrieund Handelskammertages, der IG Bergbau, Chemie, Energie, der IG Metall, des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, der Länder und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung an.
Mit dem Aufbau solch kooperativer Strukturen sollten bereits zu Beginn der Initiative die Entwicklungsergebnisse transparent ausgewiesen und zugänglich gemacht werden. Im Dialog konnten so die Erprobungsergebnisse diskutiert werden. Die unterschiedlichen Positionen, Funktionen und Interessenlagen der Beteiligten wurden somit differenziert und gleichwertig in die weiteren Arbeiten einbezogen. Mitte des Jahres werden die Ergebnisse von DECVET auf einer Abschlusstagung der Öffentlichkeit dargestellt.
(Christiane Köhlmann-Eckel, Egon Meerten)