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DATENREPORT ZUM BERUFSBILDUNGSBERICHT 2011

C2.2 Entwicklung eines Leistungspunktesystems in der beruflichen Bildung (DECVET)

In der DECVET-Pilotinitiative sollen Reformansätze untersucht und erprobt werden, die innerhalb des deutschen Berufsbildungssystems Transparenz und Durchlässigkeit (im Sinne anschlussfähiger Übergänge) fördern. Dazu werden in 10 betriebspraktisch ausgerichteten Pilotprojekten Modelle für ein Leistungspunktesystem zur Erfassung, Übertragung und Anrechnung von Lernergebnissen und Kompetenzen von einem Teilbereich des beruflichen Bildungssystems in einen anderen entwickelt und erprobt Tabelle C2.2-1.

Über die Implementation transparenter und transferierbarer Anrechnungsmodelle wird angestrebt, die vertikale und horizontale Durchlässigkeit innerhalb der Berufsbildung zu verbessern. Wissenschaftlich begleitet wird die Initiative von einem Konsortium der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (Lehrstuhl für Berufspädagogik) und der Friedrich-Schiller- Universität Jena (Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik). Beraten wird die Gesamtinitiative von einem Beirat, in dem Beauftragte des Bundes, der Länder und der Sozialpartner vertreten sind.

In den 10 Pilotprojekten, die 2007 ihre Arbeit aufnahmen, wurden bisher branchenspezifische Übergangs- und Anrechnungsmodelle für die folgenden vier Schnittstellen innerhalb des Berufsbildungssystems entwickelt:

  • zwischen der Berufsausbildungsvorbereitung und dualer Ausbildung,
  • innerhalb der dualen Berufsausbildung an der Schnittstelle gemeinsamer berufsübergreifender Qualifikationen in einem Berufsfeld (z. B. Wechsel von der Ausbildung zum Verfahrensmechaniker in die Mechatronikerausbildung),
  • zwischen vollzeitschulischer und dualer Berufsausbildung,
  • zwischen dualer Berufsausbildung und beruflicher Fortbildung (§§ 53 und 54 BBiG).

Die Verfahren und Modelle werden gegenwärtig in Gruppen unterschiedlicher Bildungsinstitutionen, Schulen und Betriebe erprobt.

Bei der Entwicklung und Erprobung möglicher Anrechnungsmodelle ist die Orientierung an den Kriterien des „European Credit System for Vocational Education and Training (ECVET)“ zwingend.

Die für die DECVET-Anrechnungsmodelle maßgebenden ECVET-Prinzipien lassen sich wie folgt formulieren:

  • Berufliche Qualifikationen werden unabhängig von Institutionen und Lernkontexten, in denen sie erworben wurden, lernergebnisorientiert beschrieben, d. h. in Form von Kompetenzen und den ihnen inhärenten Kenntnissen und Fertigkeiten, die der Lernende beherrscht und in Handlungskontexten realisieren und anwenden kann.
  • Zusammengefasst werden die Lernergebnisse in Units (= Lerneinheiten im Sinne von „Einheiten von Gelerntem“), die Teile einer Qualifikation (Beruf) darstellen und in der Summe eine Gesamtqualifikation abbilden.
  • Units werden Leistungspunkten zugeordnet, die ihr Verhältnis untereinander als auch zur Gesamtqualifikation quantitativ gewichten.

Für die entwickelten Anrechnungsmodelle heißt dies: Die Zu- und Übergänge in den Subsystemen der Berufsbildung sollen nicht mehr primär an formale Bildungsabschlüsse und Zertifikate gekoppelt sein, sondern an anrechenbare Kompetenzen.

Die Entwicklung der Instrumente für die schnittstellenspezifischen Anrechnungsmodelle erfolgte in allen Projekten auf der Basis eines einheitlichen Arbeitsprogramms:

  • Im ersten Schritt wurden die Qualifikationen der einbezogenen Berufsprofile auf der Basis der gesetzlich vorgegebenen Ausbildungsordnungen und Rahmenlehrpläne lernergebnisorientiert beschrieben, d. h. in Form von Kompetenzen und den mit ihnen verbundenen Kenntnissen und Fertigkeiten, die der Lernende beherrscht und in Handlungskontexten realisieren und anwenden kann. Zusammengefasst wurden die Lernergebnisse in Units, die in der Summe das gesamte Kompetenzspektrum eines Berufs abbilden.
  • Anschließend wurden Überschneidungspotenziale (Äquivalenzen) zu den Lernergebnissen an den Schnittstellen ermittelt, analysiert und dokumentiert. Sie kennzeichnen die potenziell vorhandenen Anrechnungsinhalte und -mengen.
  • Im folgenden Arbeitsschritt wurde eine Bemessungsgrundlage für die Zuordnung von Leistungspunkten pro Unit entwickelt. Die Punkte sollen den Leistungsgrad der Lerneinheiten und ihr Verhältnis untereinander als auch zur Gesamtqualifikation quantitativ gewichten.
  • Im weiteren Schritt wurden Verfahren, Erfassungsinstrumente und Prüfungsformen entwickelt bzw. angepasst und kombiniert, die es erlauben, die in den Units als Lernergebnisse beschriebenen Kompetenzen zu überprüfen und zu bewerten. Kriterien für die Entwicklung der Prüfungsansätze waren u. a. der Wissen und Kenntnisse integrierende Kompetenzbezug der Prüfungsinstrumente, Ausführungs-, Handlungs- und Performanzorientierung der Prüfung sowie Validität des Prüfungsverfahrens. Die zu erprobenden Prüfungsmethoden und -instrumente umfassen u. a. handlungs orientierte Situationsaufgaben im beruflichen Tätigkeitsfeld, Betriebsaufträge, Projektaufgaben mit Präsentation und Fachgespräch, Simula tionsaufgaben sowie Kenntnistests.

Kompetenzorientierte Prüfungen sind für das Prüfungspersonal mit veränderten Herausforderungen verbunden. Gegenwärtig werden in den Pilotprojekten Qualifizierungskonzepte entworfen und erprobt, die nach Abschluss der Evaluationsphase weiterentwickelt werden. Ziel der derzeitigen Arbeitsphase der DECVET-Projekte ist die Ausgestaltung und Erprobung von pragmatischen und akzeptanzfähigen Anrechnungsverfahren. Konkret sind hier u. a. die Fragen zu klären:

  • Wie wird ein Anrechnungsverfahren ausgelöst?
  • Von welchen Akteuren / Institutionen wird das Verfahren aktiv gestaltet und verantwortet?
  • Wer erfasst die Lernergebnisse, wer bewertet und zertifiziert sie, wer erkennt an?

Die Erprobungsergebnisse werden 2012 vorliegen. Auf ihrer Grundlage wird zu prüfen sein, ob und inwieweit sich die nach Schnittstellen und Branchen differenzierten Anrechnungsmodelle für das Gesamtsystem beruflicher Bildung generalisieren und standardisieren lassen.

Tabelle C2.2-1: Projekte der BMBF-Pilotinitiative „Entwicklung eines Leistungspunktesystems in der beruflichen Bildung – DECVET“

Tabelle C2.2-1

Bibliographischer Hinweis

Internetversion des BIBB-Datenreports zum Berufsbildungsbericht 2011 - Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Hrsg.: Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn (2011).

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