A9.1 Entwicklung der Ausbildungsvergütungen
In der dualen Berufsausbildung sind die Ausbildungsvergütungen sowohl für die Auszubildenden als auch für die Betriebe von erheblicher finanzieller Bedeutung. Jeder Betrieb ist gesetzlich verpflichtet, seinen Auszubildenden eine angemessene und mit jedem Ausbildungsjahr ansteigende Vergütung zu zahlen (§ 17 Berufsbildungsgesetz). Diese soll spürbar zur Deckung der Lebenshaltungskosten der Auszubildenden beitragen und zugleich eine Entlohnung für ihre im Betrieb geleistete produktive Arbeit darstellen. Für die Betriebe sind die Ausbildungsvergütungen der größte Kostenfaktor bei der Durchführung der Berufsausbildung, auf sie entfallen 46 % der Bruttoausbildungskosten (vgl. Schönfeld u. a. 2010).
Die Vergütungshöhe wird in den meisten Wirtschaftszweigen von den Tarifpartnern (Arbeitgeber und Gewerkschaften) im Rahmen der Tarifverhandlungen festgelegt.186 Bei einer Tarifbindung des Betriebs sind die tariflich vereinbarten Vergütungen verbindliche Mindestbeträge. Niedrigere Zahlungen sind dann unzulässig, übertarifliche Zuschläge jedoch erlaubt. Nicht tarifgebundene Betriebe können hingegen die in ihrer Branche und Region geltenden tariflichen Ausbildungsvergütungen unterschreiten, und zwar nach derzeitiger Rechtsprechung um bis zu 20 %. Dennoch zahlen auch diese Betriebe häufig freiwillig die tariflichen Vergütungssätze (vgl. Beicht 2011). Die tatsächlichen Vergütungszahlungen werden daher – trotz der seit Mitte der 1990er-Jahre deutlich abgenommenen Tarifbindung der Betriebe (vgl. Kohaut / Ellguth 2008) – nach wie vor relativ stark durch die tariflichen Vereinbarungen bestimmt.187
Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) beobachtet und analysiert die Entwicklung der tariflichen Ausbildungsvergütungen seit 1976.
E Tarifliche Ausbildungsvergütungen
Jährlich zum Stand 1. Oktober wird im BIBB eine Auswertung tariflicher Ausbildungsvergütungen durchgeführt. Die Grundlage bilden dabei rund 500 Vergütungsvereinbarungen aus den gemessen an den Beschäftigtenzahlen größten Tarifbereichen Deutschlands. Die Angaben werden jeweils vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zur Verfügung gestellt. Getrennt nach alten und neuen Ländern werden die Vergütungsdurchschnitte für stärker besetzte Ausbildungsberufe ermittelt. Derzeit sind 186 Berufe in den alten und 151 Berufe in den neuen Ländern einbezogen. In diesen werden 89 % aller Auszubildenden in den alten und 80 % in den neuen Ländern ausgebildet.
Tarifliche Vereinbarungen werden meistens für einen bestimmten Wirtschaftszweig in einer bestimmten Region (Tarifbereich) abgeschlossen. Innerhalb eines Tarifbereichs werden in der Regel für alle Auszubildenden – unabhängig vom Ausbildungsberuf – einheitliche Vergütungssätze festgelegt. Zwischen den Wirtschaftszweigen unterscheidet sich das Vergütungsniveau jedoch beträchtlich, hinzu kommen oft noch regionale Unterschiede innerhalb der Wirtschaftszweige. Im Rahmen der Auswertungen der tariflichen Ausbildungsvergütungen wird zunächst pro Ausbildungsberuf ein Durchschnitt über die Wirtschaftszweige bzw. Tarifbereiche berechnet, in denen der betreffende Beruf schwerpunktmäßig bzw. typischerweise ausgebildet wird (vgl. Beicht 2011). Anschließend werden auf Basis der ermittelten berufsspezifischen Vergütungen weitere Durchschnittswerte berechnet, wobei die einzelnen Berufe jeweils mit dem Gewicht ihrer Auszubildendenzahlen berücksichtigt werden.
Aktuelle Vergütungsstrukturen 2010
In den alten Ländern betrug 2010 der Durchschnitt der tariflichen Ausbildungsvergütungen 688 € pro Monat. Sie erhöhten sich damit um durchschnittlich 1,3 % gegenüber dem Vorjahr.188 In den neuen Ländern stieg der monatliche Vergütungsdurchschnitt um 2,9 % auf 612 € an. Die Vergütungen nahmen somit deutlich weniger zu als im Vorjahr, in dem sowohl in den alten als auch in den neuen Ländern die stärkste Steigerung seit 1995 zu verzeichnen war Schaubild A9.1-1. In den neuen Ländern erreichten 2010 die Vergütungen 89 % der westlichen Höhe, womit sich der Abstand zum Tarifniveau der alten Länder weiter verringerte (2009: 88 %). Im gesamten Bundesgebiet lagen die tariflichen Ausbildungsvergütungen 2010 im Durchschnitt bei monatlich 678 €. Dies bedeutet einen Anstieg um 1,8 % gegenüber dem Vorjahr (666 €).
Zwischen den einzelnen Ausbildungsberufen bestehen beträchtliche Vergütungsunterschiede.189 Die höchsten tariflichen Ausbildungsvergütungen wurden 2010 im Beruf Binnenschiffer / Binnenschifferin mit durchschnittlich 978 € pro Monat erreicht, und zwar einheitlich in den alten und neuen Ländern. Sehr hoch waren insbesondere in den alten Ländern auch die Vergütungen in den dreijährigen Ausbildungsberufen des Bauhauptgewerbes (z. B. Maurer / Maurerin) mit 916 €; in den neuen Ländern lagen sie mit durchschnittlich 725 € allerdings deutlich darunter. Ebenfalls hohe Vergütungen gab es beispielsweise im Beruf Mechatroniker / Mechatronikerin mit durchschnittlich 843 € in den alten Ländern und 823 € in den neuen Ländern sowie im Beruf Kaufmann / Kauffrau für Versicherungen und Finanzen mit jeweils 837 €. Vergleichsweise niedrige Ausbildungsvergütungen waren in den alten und neuen Ländern in den Berufen Maler und Lackierer / Malerin und Lackiererin (421 € bzw. 388 €), Friseur / Friseurin (451 € bzw. 269 €) und Florist / Floristin (460 € bzw. 312 €) festzustellen.
Werden die Berufe mit der Zahl ihrer Auszubildenden gewichtet, so ist für 2010 folgende Verteilung nach Vergütungshöhe zu verzeichnen: In den alten Ländern kamen 27 % der Auszubildenden auf relativ hohe monatliche Beträge von 800 € und mehr. Für 67 % bewegten sich die Vergütungen zwischen 500 € und 799 €. Vergleichsweise niedrig fielen die Beträge für 6 % der Auszubildenden mit weniger als 500 € aus, wobei Vergütungen unter 400 € kaum vorkamen. In den neuen Ländern erhielten 17 % der Auszubildenden eine Vergütung von 800 € und mehr. Für 46 % der Auszubildenden lagen die Vergütungen zwischen 500 € und 799 €. 37 % der Auszubildenden hatten Vergütungen von weniger als 500 €, 10 % sogar von unter 400 €.
Nach Ausbildungsbereichen unterscheidet sich das Niveau der tariflichen Ausbildungsvergütungen erheblich. In den alten Ländern wurde 2010 in Industrie und Handel mit 759 € pro Monat ein relativ hoher Durchschnitt erreicht, ebenso im öffentlichen Dienst mit 750 €. Weit darunter befanden sich die durchschnittlichen Beträge im Handwerk (562 €), bei den freien Berufen (573 €) und in der Landwirtschaft (599 €). Noch größere Unterschiede traten in den neuen Ländern auf: Hier war der Vergütungsdurchschnitt im öffentlichen Dienst mit 750 € mit Abstand am höchsten, gefolgt von Industrie und Handel mit 670 €. Erheblich niedriger lagen die Durchschnittswerte im Handwerk (439 €), in der Landwirtschaft (496 €) und bei den freien Berufen (572 €). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass vor allem innerhalb der Ausbildungsbereiche Industrie und Handel sowie Handwerk die Vergütungen der einzelnen Berufe sehr stark differieren.
Es sind auch deutliche Vergütungsunterschiede zwischen männlichen und weiblichen Auszubildenden festzustellen. In den alten Ländern betrug 2010 der durchschnittliche Monatsbetrag für männliche Auszubildende 702 € und für weibliche 667 €. In den neuen Ländern kamen männliche Auszubildende auf 628 € und weibliche auf 584 €. Die abweichenden Vergütungsdurchschnitte resultieren ausschließlich aus der unterschiedlichen Verteilung von männlichen und weiblichen Auszubildenden auf die Berufe. In Berufen, in denen weit überwiegend junge Männer ausgebildet werden, sind die Ausbildungsvergütungen oft sehr hoch. Umgekehrt werden in den Berufen, in denen sehr stark junge Frauen vertreten sind, häufig relativ niedrige Vergütungen gezahlt.
Bei den bisherigen Angaben handelte es sich immer um Durchschnittswerte über die gesamte Ausbildungsdauer der Berufe. Für die einzelnen Ausbildungsjahre wurden 2010 folgende Vergütungsdurchschnitte pro Monat ermittelt: In den alten Ländern betrugen sie im 1. Ausbildungsjahr 614 €, im 2. Jahr 685 €, im 3. Jahr 761 € und im 4. Jahr 794 €. In den neuen Ländern ergaben sich im 1. Ausbildungsjahr durchschnittlich 544 €, im 2. Jahr 615 €, im 3. Jahr 672 € und im 4. Jahr 756 € pro Monat.190
Schaubild A9.1-1: Entwicklung der tariflichen Ausbildungsvergütungen von 1992 bis 2010 Durchschnittliche monatliche Bruttobeträge in € / Anstieg gegenüber dem Vorjahr in %
Der Vergütungsanstieg 2005 bis 2009 vor dem Hintergrund der Preissteigerung sowie der Lohn- und Gehaltsentwicklung
In den alten Ländern erhöhten sich die tariflichen Ausbildungsvergütungen von 2005 bis 2009 durchschnittlich um insgesamt 9,0 % Tabelle A9.1-1. 191 In den neuen Ländern lag der entsprechende Gesamtanstieg bei 12,5 %. Hierbei handelt es sich um die nominalen Vergütungssteigerungen. Um Aufschluss über den realen Zuwachs zu bekommen, d. h. den tatsächlichen Zugewinn an Kaufkraft, muss die Preissteigerung berücksichtigt werden. Hierfür kann der vom Statistischen Bundesamt ermittelte Verbraucherpreisindex (Gesamtindex für Deutschland) herangezogen werden. Danach stiegen die Verbraucherpreise in Deutschland von 2005 bis 2009192 um insgesamt 7,0 % an. In den alten Ländern betrug die reale Erhöhung der tariflichen Ausbildungsvergütungen in diesem Zeitraum somit lediglich 2,0 %. In den neuen Ländern ist mit einem Plus von 5,5 % ein etwas stärkerer Realanstieg festzustellen. Die leichte reale Zunahme ist hauptsächlich auf die relativ starke Vergütungsanhebung im Vorjahr bei einem gleichzeitig sehr geringen Preisanstieg zurückzuführen.
Inwieweit die Anhebung der tariflichen Ausbildungsvergütungen von 2005 bis 2009 der allgemeinen Lohn- und Gehaltsentwicklung entsprach, lässt sich anhand der vom Statistischen Bundesamt ermittelten Indizes der tariflichen Monatsverdienste der Arbeitnehmer beurteilen.193 In den alten Ländern war demnach der prozentuale Gesamtanstieg der tariflichen Ausbildungsvergütungen von 2005 bis 2009 mit 9,0 % ebenso hoch wie bei den tariflichen Monatsverdiensten der Arbeitnehmer Tabelle A9.1-2. In den neuen Ländern erhöhten sich die tariflichen Ausbildungsvergütungen in diesem Zeitraum mit 12,5 % etwas stärker als die tariflichen Monatsverdienste mit 10,6 %.
Tabelle A9.1-1: Nominaler und realer Anstieg der tariflichen Ausbildungsvergütungen (AV) insgesamt von 2005 bis 2009
Tabelle A9.1-2: Anstieg der tariflichen Ausbildungsvergütungen (AV) im Vergleich zu den tariflichen Monatsverdiensten der Arbeitnehmer von 2005 bis 2009
Vergütungszufriedenheit der Auszubildenden
Viele junge Menschen sehen es als einen besonderen Vorteil der dualen Berufsausbildung an, dass bereits in der Ausbildung ein eigenes Einkommen erzielt wird. Allerdings sind viele Auszubildende dann mit der Höhe der Ausbildungsvergütung nicht zufrieden: Im 2. Ausbildungsjahr wird diese von zwei Dritteln als zu niedrig empfunden. Dies geht aus der BIBBStudie „Ausbildung aus Sicht der Auszubildenden“ hervor, für die 2008 rund 6.000 Auszubildende im 2. Ausbildungsjahr aus 15 stark besetzten Ausbildungsberufen befragt wurden (vgl. Beicht / Krewerth 2010, Beicht u. a. 2009).194
Die Beträge, die den Auszubildenden tatsächlich gezahlt werden, sind deutlich niedriger als die tariflich festgelegten Ausbildungsvergütungen. Zum einen liegen die Vergütungen in den Betrieben, die nicht tarifgebunden sind oder in deren Branche es keine tarifliche Regelung der Ausbildungsvergütungen gibt, zum Teil deutlich unter dem Tarifniveau. Zum anderen sind bei Überschreiten der Geringverdienergrenze (325 € monatlich) von den Auszubildenden Sozialversicherungsbeiträge zu leisten – im Jahr 2008 durchschnittlich rund 20 % der Bruttovergütung –, zusätzlich erfolgt gegebenenfalls ein Lohnsteuerabzug. Für die 15 in der BIBB-Studie untersuchten Berufe wurden auf Basis der tariflichen Bruttoausbildungsvergütungen im 2. Ausbildungsjahr Durchschnittswerte von 631 € (alte Länder) und 533 € (neue Länder) ermittelt. Nach der Befragung der Auszubildenden betrugen hingegen die tatsächlich ausgezahlten Nettoausbildungsvergütungen durchschnittlich 486 € pro Monat in den alten Ländern und 382 € in den neuen Ländern.195
Insgesamt 60 % der Auszubildenden erhielten Nettoausbildungsvergütungen von bis zu 500 €, für 40 % lagen sie über 500 €. Mit mehr als 600 € erreichten 15 % der Auszubildenden relativ hohe Nettobeträge. Für 31 % waren sie dagegen mit maximal 400 € relativ niedrig. In den neuen Ländern waren geringe Vergütungen noch deutlich verbreiteter: Hier betrugen die Nettobeträge für 67 % der Auszubildenden maximal 400 €, 31 % kamen sogar nur auf bis zu 300 €.
Die Nettoausbildungsvergütung deckte damit sehr oft nicht den finanziellen Mindestbedarf eines Auszubildenden, der bereits außerhalb des Elternhauses lebte. Nach der Berechnungsweise bei Gewährung einer Berufsausbildungsbeihilfe durch die Bundesagentur für Arbeit ist der Finanzbedarf bei mindestens rund 500 € anzusetzen (einschließlich Mietkosten, aber ohne anfallende Fahrtkosten). Eine solche Beihilfe können Auszubildende erhalten, deren Vergütung unterhalb des Mindestbedarfs liegt. Voraussetzung ist allerdings, dass sie volljährig sind, nicht mehr im Haushalt der Eltern leben und weder sie selbst noch ihre Eltern oder Lebenspartner über die notwendigen Mittel verfügen.
Nur ein Drittel der Auszubildenden war mit der gezahlten Ausbildungsvergütung zufrieden und schätzte diese als „sehr gut“ (9 %) oder als „gerade richtig“ (24 %) ein. Die große Mehrzahl (67 %) war hingegen unzufrieden und beurteilte die Beträge als „zu niedrig“. Von welchen Faktoren die Zufriedenheit der Auszubildenden mit ihrer Ausbildungsvergütung abhing, wurde mittels eines statistischen Erklärungsmodells (logistische Regression) untersucht (vgl. Beicht / Krewerth 2010). Die Zufriedenheit mit der Vergütung wurde erwartungsgemäß stark von deren Höhe beeinflusst: Erhielten Auszubildende über 700 € monatlich, so war die Chance, dass sie hiermit zufrieden waren, 17-mal höher, als wenn sie nur 300 € oder weniger bekamen.
Darüber hinaus spielten aber für die Zufriedenheit mit der Ausbildungsvergütung noch viele andere Faktoren eine Rolle. Von Bedeutung war dabei insbesondere, wie hoch die Auszubildenden ihre Arbeitsleistung, die sie für den Betrieb erbrachten, bewerteten.
Die Auszubildenden fühlten sich im 2. Ausbildungsjahr in ihrem Betrieb oft bereits wie eine Fachkraft eingesetzt. Ihrer Einschätzung nach entfiel ein großer Teil der betrieblichen Ausbildungszeit – durchschnittlich 43 % – auf Arbeiten, die sie schon genauso gut und schnell wie ihre fertig ausgebildeten Kollegen erledigten. Je mehr Auszubildende ihrer Ansicht nach bereits Arbeitsleistungen wie Fachkräfte im Betrieb erbrachten, desto eher waren sie mit ihrer Vergütung unzufrieden, denn diese liegt ja weit unter der Bezahlung von Fachkräften.
Über die Hälfte der Auszubildenden (59 %) berichtete auch von Überstunden, die sie im Betrieb regelmäßig zu leisten hätten, und zwar in einem Umfang von durchschnittlich 4,8 Stunden pro Woche. Nicht immer wurden diese durch Freizeit oder zusätzliche Bezahlung ausgeglichen, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist. Immerhin 40 % der Auszubildenden mit regelmäßigen Überstunden gaben an, dass ein Ausgleich nur teilweise oder überhaupt nicht erfolgt sei. Je größer die Zahl der Überstunden ausfiel, desto höher war das Risiko, dass die Auszubildenden mit der Vergütung nicht zufrieden waren. Fand zudem kein oder kein vollständiger Überstundenausgleich statt, wirkte sich dies zusätzlich negativ auf die Zufriedenheit aus.
Umgekehrt rechneten die Auszubildenden es den Betrieben aber auch sehr positiv an, wenn diese ihnen eine qualitativ hochwertige Ausbildung boten. Die Auszubildenden legten großen Wert auf die Ausbildungsqualität und hatten diesbezüglich hohe Ansprüche (vgl. Beicht u. a. 2009). Je stärker sie ihre Qualitätsansprüche in der betrieblichen Ausbildung als erfüllt ansahen, desto eher waren sie mit ihrer Vergütung zufrieden, selbst wenn diese nicht so hoch ausfiel.
Außerdem waren noch folgende weitere Einflüsse auf die Zufriedenheit mit der Ausbildungsvergütung festzustellen:
- Gingen Auszubildende einem Nebenjob nach, weil sie sonst ihre Grundversorgung nicht finanzieren konnten, waren sie eher unzufrieden. 18 % der Auszubildenden jobbten nebenbei, weil sie das zusätzlich verdiente Geld ganz oder teilweise für ihre Grundversorgung benötigten.
- Erfolgte teilweise keine pünktliche Auszahlung der Ausbildungsvergütung, so hatte dies ebenfalls negative Folgen für die Zufriedenheit. Immerhin 17 % der Auszubildenden bekamen ihre Vergütung nicht immer pünktlich.
- Erhielten Auszubildende eine deutlich höhere oder niedrigere Vergütung als ihre Mitschüler in der Berufsschulklasse (20 % über oder unter dem Klassendurchschnitt), so wirkte sich dies deutlich positiv bzw. negativ auf die Zufriedenheit aus.
- Auch das individuelle Anspruchsniveau war von Bedeutung: Je wichtiger es Auszubildende fanden, bereits in der Ausbildung viel Geld zu verdienen, desto eher waren sie unzufrieden.
- Bei einem höheren Lebensalter – ab 22 Jahren – war das Risiko der Unzufriedenheit mit der Vergütung erheblich größer als bei jüngeren Auszubildenden. Zu erklären ist dies damit, dass die materiellen Bedürfnisse der Jugendlichen sowie der Wunsch nach finanzieller Unabhängigkeit vom Elternhaus mit dem Alter deutlich zunehmen.
- Auch für die Betriebsgröße zeigte sich ein Effekt: Bei Auszubildenden aus größeren Betrieben (ab 500 Beschäftigten) bestand im Vergleich zu denjenigen aus kleineren Betrieben (bis 49 Beschäftigte) – unter ansonsten gleichen Bedingungen – eine deutlich höhere Chance, dass sie mit ihrer Vergütung zufrieden waren.
- Schließlich spielte noch die Region eine Rolle: Im Osten waren Auszubildende eher mit der Vergütung zufrieden als im Westen. Neben geringeren Lebenshaltungskosten wirkte sich im Osten möglicherweise auch das im Vergleich zur außerbetrieblichen Ausbildung sehr positive Image der betrieblichen Ausbildung aus.
Die Ergebnisse der BIBB-Studie „Ausbildung aus Sicht der Auszubildenden“ verdeutlichen, dass sehr unterschiedliche Faktoren die Vergütungszufriedenheit der Auszubildenden bestimmen. Die zentrale Einflussgröße ist aber die Höhe der Ausbildungsvergütung.
(Ursula Beicht)