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DATENREPORT ZUM BERUFSBILDUNGSBERICHT 2011

A6.3 Die Entwicklung von Zusatzqualifikationen zu dualen Ausbildungsberufen zwischen 2004 und 2010

Zusatzqualifikationen werden als Instrument zur Flexibilisierung, Differenzierung und Individualsierung der dualen Berufsausbildung verstanden. Sie stehen in direktem Bezug zu den Ausbildungsinhalten, die in den Ordnungsmitteln für die jeweiligen Berufe festgelegt sind. Mit ihnen können Betriebe zeitnah auf veränderte Qualifikationsanforderungen reagieren. Doch nicht nur die Betriebe profitieren von diesen Angeboten. Für die Jugendlichen stellen Ausbildungen mit Zusatzqualifikation eine Alternative zum Hochschulstudium dar. Darüber hinaus eröffnen sich ihnen neue berufliche Perspektiven und Karrieremöglichkeiten, und sie können die Ausbildung eher nach eigenen Wünschen gestalten. Aus bildungspolitischer Sicht sind Zusatzqualifikationen von Bedeutung, weil sie die berufliche Erstausbildung mit der Weiterbildung enger verzahnen und die Attraktivität der dualen Ausbildung erhöhen.

E Zusatzqualifikationen

Der Begriff der Zusatzqualifikationen ist nicht eindeutig definiert. In der fachwissenschaftlichen Diskussion wie in der Berufsbildungspraxis werden unter Zusatzqualifikationen solche Maßnahmen verstanden, die

  • über die Ausbildungsinhalte der Ausbildungsordnung hinausgehen, ???? parallel zur Berufsausbildung stattfinden oder unmittelbar im Anschluss daran,
  • einen gewissen zeitlichen Mindestumfang nicht unterschreiten (40 Stunden) und
  • zertifiziert werden können.

Gesetzliche Grundlage ist das Berufsbildungsgesetz. Gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 5 werden unter Zusatzqualifikationen Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten verstanden, die über die Ausbildungsinhalte hinausgehen. § 49 Berufsbildungsgesetz regelt u. a. die Prüfung von in Ausbildungsordnungen aufgenommenen Zusatzqualifikationen. Sie sind demnach gesondert zu prüfen und zu bescheinigen.

Mit der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes 2005 wurde erstmals die Möglichkeit geschaffen, Zusatzqualifikationen in Ausbildungsordnungen zu verankern. 2008 wurde von dieser Möglichkeit erstmals Gebrauch gemacht. Im Rahmen der Neuordnung des Ausbildungsberufes Musikfachhändler / -in wurden Zusatzqualifikationen in der Ausbildungsordnung als Wahlqualifikationen aufgenommen. Damit sind sie Bestandteil des Ausbildungsvertrages und werden in den betrieblichen Ausbildungsplan aufgenommen. Durch die einheitliche Regelung in der Ausbildungsordnung besitzen sie eine bundesweite Gültigkeit, d. h., es gibt keine regionalen Unterschiede in der Ausbildung mehr. Im Zuge weiterer Ordnungsverfahren (wie z. B. beim Buchhändler / bei der Buchhändlerin) sollen Zusatzqualifikationen auch in Zukunft verstärkt in Ausbildungsordnungen Berücksichtigung finden. Neben diesen rechtlich geregelten Zusatzqualifikationen gibt es bundesweit über 2.300 weitere Modelle. Sie sind nicht im Rahmen einer Ausbildungsordnung geregelt und damit ist keine bundeseinheitliche Ausbildung gewährleistet. Das Angebot dieser Zusatzqualifikationen hat in den letzten 10 Jahren kontinuierlich zugenommen. Aber auch die Auszubildenden machen von diesen Ausbildungen regen Gebrauch, wie die Auswertung der Datenbank von AusbildungPlus (vgl. in Kapitel A6.2) gezeigt hat.

Die kontinuierliche Zunahme der in AusbildungPlus bundesweit erfassten Zusatzqualifikationen wurde im vergangenen Jahr noch einmal gesteigert. Zum 30. April 2010 waren in der Datenbank 2.262 Modelle registriert (AusbildungPlus in Zahlen, Trends & Analysen 2010)176. Auch die Anzahl der Ausbildungsangebote von den Unternehmen ist gewachsen und hat einen neuen Höchststand erreicht. Rund 17.000 Betriebe in Deutschland bieten derzeit Zusatzqualifikationen an. In Tabelle A6.3-1 wird die Entwicklung des Angebots und der Nachfrage nach Zusatzqualifikationen von 2004 bis 2010 dargestellt.

Während die Wachstumsrate bei der Anzahl der Modelle im Zeitraum von 2004 bis 2010 die 10 %-Marke nicht überschreitet, ist die Anzahl der Unternehmen, die Zusatzqualifikationen anbieten, um über 69 % und die Zahl der Teilnehmer / Auszubildenden um rund 23 % gestiegen. Dies zeigt einerseits, dass die betrieblichen Qualifikationsbedürfnisse hinreichend Berücksichtigung finden, andererseits sehen sowohl die Betriebe als auch die Auszubildenden eine Notwendigkeit, diese Art der Ausbildung anzubieten bzw. nachzufragen.

Tabelle A6.3-1: Zusatzqualifikationen – Modelle, Anzahl der Unternehmen und Auszubildenden von 2004 bis 2010

tab_a6_3-1

Anbieter

Zu den Anbietern von Zusatzqualifikationen zählen die traditionellen Lernorte im dualen System, die Betriebe und die Berufsschulen Tabelle A6.3-2. Während das Angebot der Betriebe seit 2004 leicht rückläufig ist, hat das der Berufsschulen zugenommen. Damit qualifizieren diese deutlich mehr Jugendliche als Betriebe bzw. andere Anbieter. Die Angebote des Handwerks sind in den letzten 6 Jahren nahezu konstant geblieben. Industrie und Handel hingegen verzeichnen Rückgänge. Mit über 363 Angeboten seit 2005 stellen die sonstigen Bildungsanbieter über 16 % aller Zusatzqualifikationsmodelle bereit. Hierbei handelt es sich meist um private Bildungsträger, die inhaltlich in fast allen Bereichen tätig sind und mit dem Angebot an Zusatzqualifikationen ihr Geschäftsfeld erweitern. Nur wenige Angebote kommen von den Herstellern und Lieferanten, den Hochschulen und den Verbänden.

Tabelle A6.3-2: Anbieter von Zusatzqualifikationen von 2004 bis 2010

Tabelle A6.3-2

Inhaltliche Schwerpunkte

Die inhaltlichen Schwerpunkte haben sich in dem betrachteten Zeitraum von 2004 bis 2010 nicht wesentlich verändert Tabelle A6.3-3. Die meisten Zusatzqualifikationen gibt es für den internationalen Bereich. Sie lassen sich im Wesentlichen in die 3 Kategorien Fremdsprachen, Auslandspraktika und Internationales Management / Außenhandel einteilen. Über 400 Modelle in 2004 und über 570 in 2009 / 2010 dienen der Vermittlung von Fremdsprachen. Hieran beteiligen sich auch die meisten Auszubildenden. An erster Stelle steht dabei der Erwerb von englischen Sprachkenntnissen. In der Regel ist die Beteiligung der Betriebe hier geringer, da diese Angebote hauptsächlich von anderen Bildungsträgern offeriert werden. Vermehrte betriebliche Kooperationen im internationalen Bereich gibt es bei der Durchführung von Auslandspraktika. Neben diesen Qualifikationen sind auch solche im Bereich der Technik, der Informationstechnologie und im kaufmännischen Bereich.

Bei den technischen Qualifikationen dominieren beispielsweise CNC-Techniken, Computer Aided Design (CAD) und auch die Fortbildung zur Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten. In der Informationstechnologie und der EDV werden allgemeine und spezielle Kenntnisse wie beispielsweise durch den Europäischen Computerführerschein (ECDL) oder auch bestimmte Programmiersprachen wie C ++ vermittelt. Bei den kaufmännischen Qualifikationen sind vor allem die anerkannten Fortbildungen zum / zur Handelsassistenten / Handelsassistentin und zum / zur Handelsfachwirt / -in und der / die Betriebsassistent / -in im Handwerk stark nachgefragt. Immer mehr Auszubildende entdecken auch die Möglichkeit, parallel zur Berufsausbildung die Fachhochschulreife zu erlangen. Derzeit gibt es über 180 verschiedene Möglichkeiten, zusammen mit einer Ausbildung das Fachabitur zu erwerben (2004: 133 Modelle). Angebote im Bereich Medien und Telekommunikation sind in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen, obwohl es sich hier um eine wachsende Branche handelt.

Tabelle A6.3-3: Inhaltliche Schwerpunkte von Zusatzqualifikationen von 2004 bis 2010

Tabelle A6.3-3

Regionale Verteilung

Bei Betrachtung der regionalen Verteilung des Angebots von Zusatzqualifikationen lässt sich festhalten, dass es in Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Baden- Württemberg während des beschriebenen Zeitraums die meisten Angebote gab Tabelle A6.3-4. Das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen hat mit rund 33 % auch die größten Zunahmen über den betrachteten Zeitraum erreicht. Rückläufige Angebote gibt es in Brandenburg, Bremen, Mecklenburg- Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Die wenigsten Zusatzqualifikationen werden in Bremen offeriert.

Tabelle A6.3-4 Regionale Verteilung Zusatzqualifikationen von 2004 bis 2010

Tabelle A6.3-4

Dauer und Zertifizierung

Zusatzqualifikationen weisen in ihrer Vermittlung einen sehr unterschiedlichen Stundenumfang auf. Die Fremdsprachenzertifikate werden z. B. innerhalb von 2 Stunden177 vergeben, der Meister, der für Studienberechtigte mit Hochschul- und Fachhochschulreife in Verbindung mit 4 Ausbildungsberufen angeboten wird, umfasst 3.500 Stunden. Die meisten Zusatzqualifikationen haben einen Zeitumfang von über 250 Stunden. Hierunter fallen beispielsweise der / die Handelsassistent / -in oder der / die Handelsfachwirt / -in. Diese sind sogleich nach dem § 53 BBiG anerkannte Fortbildungsberufe. Als Zusatzqualifikation werden sie aber auch parallel zur Berufsausbildung in einem kaufmännischen dualen Ausbildungsberuf vermittelt.

Die Zertifizierung von Zusatzqualifikationen kann auf vielfältige Weise, etwa von Bildungsträgern, Verbänden oder öffentlich-rechtlichen Einrichtungen (z. B. Kammern), erfolgen. Nicht alle werden zertifiziert. So werden bei einigen lediglich Teilnahmebescheinigungen ausgestellt, andere werden mit einem gesonderten Zeugnis bescheinigt. In der Mehrheit wurden in den letzten 3 Jahren die Zusatzqualifikationen über ein Zertifikat und durch gesondertes Zeugnis ausgewiesen Schaubild A6.3-1. Nur in wenigen Fällen erfolgte keine Dokumentation der Maßnahme.

(Andrea Stertz)

Schaubild A6.3-1: Zertifizierung von Zusatzqualifikationen von 2008 bis 2010

Schaubild A6.3-1

Fußnoten

176 Siehe http://www.ausbildungplus.de/html/903.php.

177 Die Dauer bezieht sich auf die Prüfung. Die Vorbereitung erfolgt individuell und kann nicht beziffert werden.

Bibliographischer Hinweis

Internetversion des BIBB-Datenreports zum Berufsbildungsbericht 2011 - Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Hrsg.: Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn (2011).

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