B3.1 SGB-III- und SGB-II-geförderte Weiterbildungsmaßnahmen
Zu den arbeitsmarktpolitischen Instrumenten, die Personen in den Rechtskreisen SGB II und SGB III Qualifizierung ermöglichen, zählen die berufliche Weiterbildung, die berufliche Weiterbildung für behinderte Menschen und die ESF-Qualifizierung während Kurzarbeit Tabelle B3.1-1. Die Eignungsfeststellungs- und Trainingsmaßnahmen sind im Jahr 2009 ausgelaufen. Das mit § 46 SGB III zum 1. Januar 2009 eingeführte Instrument der Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung, das u. a. Elemente der bisherigen Trainingsmaßnahmen aufnimmt, gilt als vermittlungsunterstützende Leistung.
Neben der beruflichen Weiterbildung liegt in diesem Jahr der Schwerpunkt der Berichterstattung bei den aufgrund der Wirtschaftskrise initiierten bzw. ausgeweiteten Maßnahmen zur Förderung spezieller Zielgruppen wie z. B. Geringqualifizierte oder Personen in Kurzarbeit.
E Förderstatistik der Bundesagentur für Arbeit
In der Förderstatistik werden Förderungen bzw. Teilnahmen von Personen an Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung erfasst. Gezählt werden nicht Personen, sondern Förderfälle bzw. Teilnahmen; eine Person, die in einem Zeitraum oder an einem Zeitpunkt mehrere Förderleistungen erhält, wird daher mehrfach gezählt.
Tabelle B3.1-1: Teilnahmen an Qualifizierungsmaßnahmen in den Rechtskreisen SGB III und SGB II im Jahr 2009
Förderung der beruflichen Weiterbildung (FbW)
Die Förderung von Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung nach SGB III – Arbeitsförderung – und seit 2005 auch nach SGB II – Grundsicherung für Arbeitssuchende – ist eines der wesentlichen Elemente der aktiven Arbeitsförderung. Sie soll die individuellen Chancen von Menschen am Arbeitsmarkt und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen verbessern. Dazu können Qualifikationen an geänderte Anforderungen angepasst oder bislang fehlende Berufsabschlüsse erworben werden.
In den vergangenen 10 Jahren ist die Förderung der beruflichen Weiterbildung zunächst zwischen 2000 und 2005 durch Umsteuerung des Mitteleinsatzes im Rahmen der regionalen Arbeitsmarktprogramme reduziert worden. Innerhalb der Leistungen zur Verbesserung der Qualifikation wurden zudem verstärkt Trainingsmaßnahmen nach § 48 SGB III eingesetzt. Der Rückgang von FbW-Maßnahmen setzte sich abgeschwächt bis zum Jahr 2005 fort. Ab 2006 erfolgte wieder eine verstärkte Förderung beruflicher Weiterbildung, die ihren Höhepunkt 2009 erreichte Schaubild B3.1-1 und Schaubild B3.1-2.
Im Jahr 2009 sind 618.436 Eintritte in Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung zu verzeichnen. Das ist ein Anstieg um 33,7 % gegenüber dem Vorjahr. Von den 618.436 Eintritten im Jahr 2009 entfielen 45.008 auf Maßnahmen mit Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf (das entspricht 7,3 %; 2008: 6,9 %). Der Anteil der unter 25-Jährigen bei den Eintritten betrug 2009 12 % (2008: 13,4 %); der Anteil der Ausländer / -innen lag bei 11 % (2008: 11,3 %). Langzeitarbeitslose waren mit einem Anteil von 7,8 % (2008: 12,5 %) an den Eintritten vertreten (Statistisches Bundesamt 2010i).
Die Eintritte von Frauen in FbW-Maßnahmen sind im Jahr 2009 geringer gestiegen als die Gesamteintritte Tabelle B3.1-2. Die Wirtschaftskrise führte 2009 zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit insbesondere von Männern. Nur 43 % der Arbeitslosen im Rechtskreis SGB III waren Frauen. Dies wirkte sich auch auf den Anteil der Frauen in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen aus. Die Mindestbeteiligung von Frauen nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 SGB III entsprechend ihrer absoluten und relativen Betroffenheit durch Arbeitslosigkeit wurde jedoch übertroffen (Bundesagentur für Arbeit – Eingliederungsbilanz 2009).
Die Gesamtausgabemittel im Rechtskreis SGB III für die Förderung der Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung betrugen 2009 2,3 Mrd. € (2008: 1,5 Mrd. €). Davon entfielen rund 1,3 Mrd. € (2008: 0,8 Mrd. €) aus dem Eingliederungstitel auf die Weiterbildungskosten (Lehrgangskosten, Fahrtkosten, Kinderbetreuungskosten, Kosten für auswärtige Unterkunft und Verpflegung). Dazu kommen rund 1,1 Mrd. € (2008: 0,7 Mrd. €) für die Gewährung von Arbeitslosengeld bei Weiterbildung (Bundesagentur für Arbeit 2010m).
Von der Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente, die zum 1. Januar 2009 in Kraft getreten war, waren insbesondere Maßnahmen wie die Trainingsmaßnahmen betroffen, die im SGB II bis dahin stark genutzt waren und die durch die Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung ersetzt werden. Die Nutzung der beruflichen Weiterbildung im Rechtskreis SGB II (ohne zugelassene kommunale Träger) stieg jedoch im Vergleich zum Vorjahr (Bundesagentur für Arbeit 2010l).
Um die Herausforderungen der Wirtschaftkrise zu bewältigen, wurden im Jahr 2009 zielgruppenspezifische FbW-Programme fortgeführt bzw. neu aufgelegt. Mit dem Konjunkturpaket II der Bundesregierung wurden die Fördermöglichkeiten im Programm WeGebAU auf qualifizierte Beschäftigte ausgeweitet und ein Zuschuss zu den Weiterbildungskosten bei Wiedereinstellung von Leiharbeitnehmern eingeführt. Qualifizierungsangebote für nicht aus SGB-Mitteln förderbare Bezieher / -innen von Kurzarbeitergeld wurden darüber hinaus aus ESF-Mitteln finanziert.
Schaubild B3.1-1: Eintritte in Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nach SGB II und SGB III von 2000 bis 20101
Schaubild B3.1-2: Durchschnittlicher Jahresbestand1 in Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nach SGB II und SGB III von 2001 bis 20102
Tabelle B3.1-2: Zugang und Jahresdurchschnittsbestand in Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nach dem SGB II (ab 2005) und SGB III in den Jahren 2005 bis 20101
WeGebAU (Förderung der Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer / -innen in Unternehmen)
Im Fokus des erstmals 2006 aufgelegten Programms steht eine Anschubfinanzierung für die Weiterbildung von Geringqualifizierten und von beschäftigten Älteren, insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen, um ihnen zusätzlich Qualifikationen für den Arbeitsmarkt zu verschaffen und ihre Beschäftigungschancen und Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten bzw. zu erweitern. Im Rahmen des Konjunkturpakets II wurde der förderbare Personenkreis für einen befristeten Zeitraum erweitert.
Die Mittel für WeGebAU wurden im Rahmen des Konjunkturpaketes II finanziell aufgestockt, um einen Beitrag zum Ausbau der Weiterbildung Beschäftigter zu leisten. Im Jahr 2009 wurden 95.402 (2008:61.982) Förderungen mit einem Gesamtvolumen von 332,3 Mio. € (2008: 167 Mio. €) finanziert (Bundesagentur für Arbeit 2010m).
Das Sonderprogramm WeGebAU bietet zwei Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung:
- Zuschüsse zu Weiterbildungskosten (WK)
Gering qualifizierten oder älteren Beschäftigten, die das 45. Lebensjahr vollendet haben, erstatten die Agenturen für Arbeit bzw. die JobCenter die Lehrgangskosten und geben einen Zuschuss zu den notwendigen übrigen Weiterbildungskosten. Insbesondere Beschäftigte von kleinen und mittleren Unternehmen soll damit die Aufnahme einer Weiterbildung ermöglicht werden. Sie erhalten einen Bildungsgutschein und können damit zwischen Weiterbildungsmaßnahmen wählen, in denen Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt werden, die über ausschließlich arbeitsplatzbezogene kurzfristige Anpassungsfortbildungen hinausgehen (Rechtsgrundlagen: § 77 Abs. 2 SGB III, § 417 SGB III). Im Rahmen des Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland (Konjunkturpaket II) wurden die Förderungsmöglichkeiten zum 01.02.2009 und befristet bis 31.12.2010 um die Personengruppe der Arbeitnehmer / -innen erweitert, deren Berufsabschluss mit einer Ausbildungsdauer von mindestens 2 Jahren mindestens 4 Jahre zurück liegt und die in den letzten 4 Jahren nicht an einer mit öffentlichen Mitteln geförderten beruflichen Weiterbildung teilgenommen haben (Rechtsgrundlage: § 421t Abs. 4 SGB III) Tabelle B3.1-3.
- Förderung mit Arbeitsentgeltzuschuss (AEZ):
Für die Qualifizierung ungelernter oder gering qualifizierter Arbeitnehmer / -innen erhält der Arbeitgeber einen Zuschuss zum Arbeitsentgelt für weiterbildungsbedingte Ausfallzeiten sowie eine Pauschale zu den Sozialversicherungsbeiträgen. Die Zuschüsse können bis zur Höhe des Betrages erbracht werden, der sich als anteiliges Arbeitsentgelt einschließlich des darauf entfallenden pauschalierten Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag für weiterbildungsbedingte Zeiten ohne Arbeitsleistung errechnet. Die Höhe des AEZ kann für Zeiten ohne Arbeitsleistung bis zu 100 % betragen (Rechtsgrundlage: § 235c SGB III).
Die Förderung nach §§ 235c und 77 Abs. 2 SGB III ist nicht begrenzt auf zum anerkannten Berufsabschluss führende Weiterbildungen; es können auch Personen gefördert werden, die eine Teilqualifikation erwerben.
Aufgrund der längeren Verbleibs bei abschlussorientierten Maßnahmen ist der Anteil von Maßnahmen mit Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit 14,4 % im Jahr 2009 (2008: 14 %) im Bestand deutlich höher als bei den Zugängen mit 4,6 % (2008: 4,5 %). Der höchste Anteil abschlussorientierter Maßnahmen entfällt 2009 mit 19,5 % im Bestand auf die Maßnahmen zur Förderung der Weiterbildung Geringqualifizierter.
Untersuchungen des IAB haben gezeigt, dass WeGebAU- Mittel vor allem von Betrieben mit gemischten Qualifikationsgruppen beantragt werden, während die Nachfrage sowohl von Betrieben mit einem hohen Anteil von ungelernten Beschäftigten als auch mit nur Qualifizierten geringer ist. Auch werden Kleinstbetriebe mit weniger als 10 Beschäftigten mit der Förderung nicht gut erreicht (vgl. Lott / Spitznagel 2010).
Tabelle B3.1-3: Sonderprogramm „WeGebAU“ – Zugang und Bestand 2007 bis 20091
FbW- und ESF-geförderte Qualifizierung während der Kurzarbeit
Während einer Qualifizierung in der Kurzarbeit gab es 2009 folgende Fördermöglichkeiten Tabelle B3.1-4:
- FbW-Förderung für gering qualifizierte Bezieher / -innen von Kurzarbeitergeld
- ESF-BA-Programm für qualifizierte Bezieher / -innen von Kurzarbeitergeld
Tabelle B3.1-4: FbW- und ESF-geförderte Qualifizierung während der Kurzarbeit 2009
Förderung beruflicher Weiterbildung während des Bezuges von Kurzarbeitergeld (KuG)
Im Programm „Fbw während KuG“ wird seit 2009 die Weiterbildung von gering qualifizierten Bezieherinnen und Beziehern von Kurzarbeitergeld gefördert. Im Jahr 2009 wurden dafür ca. 31,6 Mio € ausgegeben (Bundesagentur für Arbeit 2010m).
ESF-finanzierte Qualifizierung für Bezieher/ -innen von Kurzarbeitergeld
Der Personenkreis der förderungsfähigen Teilnehmer / -innen an Qualifizierungsmaßnahmen, die Kurzarbeitergeld (KuG) beziehen, wurde 2009 ausgeweitet. Seit 01.01.2009 sind neben den Bezieherinnen und Beziehern von Transferkurzarbeitergeld auch die von konjunkturellem und saisonalem Kurzarbeitergeld in die ESF-Förderung einbezogen. Die Förderung ist befristet bis 31.03.2011. Die Höhe der Förderung ist abhängig von der Art der Qualifizierung, der Betriebsgröße und dem förderungsfähigen Personenkreis. Die Antragstellung erfolgt durch den Arbeitgeber, die Maßnahmen müssen für das Bildungsgutscheinverfahren zertifiziert sein. Eine Förderung ist nur im KuG-Zeitraum möglich.
Laut Geschäftsbericht der BA wurden im Jahr 2009 Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung in Höhe von 3,6 Mrd. € aus dem Eingliederungstitel geleistet (0,7 Mrd. € mehr als 2008). Dennoch blieben fast 600 Mio. € verfügbare Mittel des Eingliederungs titels ungenutzt, weil insbesondere die Weiterbildungs förderung für Kurzarbeiter und Leiharbeitnehmer in geringerem Umfang als veranschlagt in Anspruch genommen wurde (Bundesagentur für Arbeit 2010m).
Für die Weiterbildung während Kurzarbeit werden Gründe für die geringere Nutzung sowohl in der rechtlichen Komplexität als auch in organisatorischen Herausforderungen aufseiten der Betriebe und Bildungsträger gesehen. Die Kurzfristigkeit bei der Identifizierung des Weiterbildungsbedarfs und bei der Zulassung und dem Angebot passender, AZWVzertifizierter Maßnahmen und die Durchführung des Bildungsgutscheinverfahrens stellen Hürden für eine größere Inanspruchnahme dar.
2010 werden die Eintritte in Maßnahmen beruflicher Weiterbildung nach bisherigem Datenstand um ca. 25 % auf rund 485.800 zurückgehen Schaubild B3.1-1, in den neuen Ländern geringfügiger als in den alten Ländern. Beim Jahresdurchschnittsbestand (2009: 198.104; 2010: 189.528) Schaubild B3.1-2 fallen die Veränderungen geringer aus. Insbesondere in den neuen Ländern wird der Bestand 2010 kaum zurückgehen. Wie sich Veränderungen bei den Eintritten auf die Bestandszahlen auswirken, hängt von der Dauer der bewilligten Maßnahmen ab.
Da auch weiterhin Geringqualifizierte schlechtere Arbeitsmarktchancen haben und gleichzeitig ein Fachkräftemangel prognostiziert wird, wird ab 2010 mit der „Initiative zur Flankierung des Strukturwandels“ (IFlaS) der in einzelnen Bereichen und Regionen erkennbare Strukturwandel durch geeignete, auch längerfristige Qualifizierungen unterstützt. IFlaS führt die Zielsetzung der Initiative zur Qualifizierung Geringqualifizierter in modifizierter Form fort. Dafür stehen 2010 350 Mio. € aus dem Eingliederungstitel zur Verfügung (Bundesagentur für Arbeit 2010a). In IFlaS sollen Maßnahmen gefördert werden, die den Erwerb von anerkannten Berufsabschlüssen bzw. von Teilqualifikationen ermöglichen.
(Katrin Gutschow)