B3.3 Begabtenförderung berufliche Bildung
Förderungsfähiger Personenkreis und förderfähige Weiterbildungen
Die Begabtenförderung berufliche Bildung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung bietet seit 1991 besonders leistungsfähigen jungen Berufstätigen mit einer dualen Berufsausbildung und seit 1999 auch Absolventinnen und Absolventen bundesgesetzlich geregelter Fachberufe im Gesundheitswesen einen finanziellen Anreiz zur Weiterbildung.
Voraussetzung für eine Aufnahme in die Begabtenförderung berufliche Bildung ist der Nachweis einer überdurchschnittlichen beruflichen Qualifizierung durch
- das Ergebnis der Berufsabschlussprüfung mit mindestens 87 Punkten oder besser als „gut“ oder
- die besonders erfolgreiche Teilnahme an einem überregionalen beruflichen Leistungswettbewerb oder
- den begründeten Vorschlag eines Betriebes oder der Berufsschule.
Die Regelförderdauer beträgt 3 Kalenderjahre, der Förderhöchstbetrag beläuft sich auf 5.100 €. Förderfähig sind
- anspruchsvolle Maßnahmen zum Erwerb beruflicher Qualifikationen,
- die Vorbereitung auf Prüfungen der beruflichen Aufstiegsfortbildung,
- die Teilnahme an anspruchsvollen Bildungsmaßnahmen, die der Entwicklung fachübergreifender und allgemeiner beruflicher oder sozialer Kompetenzen oder der Persönlichkeitsbildung dienen, und seit 2008
- berufsbegleitende Studiengänge, die auf eine Ausbildung oder Berufstätigkeit der Stipendiatin / des Stipendiaten fachlich / inhaltlich aufbauen.
Die Begleitforschung zum Förderprogramm führt Adressatenanalysen (Stipendiatenstrukturanalysen) durch und kann kontinuierlich Auskunft darüber geben, wen die Begabtenförderung erreicht und ob die sektorale, soziale sowie regionale Zusammensetzung der Geförderten mit den Zielsetzungen des Programms übereinstimmt. In einem zweiten Untersuchungsschwerpunkt werden die Lernthemen analysiert, die Stipendiatinnen und Stipendiaten der Begabtenförderung berufliche Bildung in einem bestimmten Programmjahr wählen (Maßnahmenanalysen).
E Angaben zur Begabtenförderung berufliche Bildung
Grundlage für die Analysen zur Stipendiatenstruktur sind jedes Jahr die Stammblätter von neu in die Förderung aufgenommenen Personen (2009: n = 6.111). Diese geben Auskunft über den erlernten Beruf und Ausbildungsbereich, die schulische Vorbildung, das Geschlecht, die Staatsangehörigkeit und die Länderzugehörigkeit der Neustipendiatinnen und -stipendiaten. Die Maßnahmenanalysen basieren auf den jährlichen Förderanträgen (2009: n = 11.312). Diesen sind die Themen der Kurse, für die Fördermittel beantragt werden, sowie die Kosten jeder einzelnen Maßnahme zu entnehmen.
Ausgewählte Untersuchungsergebnisse
Wer wird gefördert?
Im Startjahr 1991 wurden über 1.700 dual ausgebildete besonders leistungsfähige junge Menschen durch knapp 130 für die Berufsbildung zuständige Stellen in die „Begabtenförderung berufliche Bildung“ aufgenommen. Für diese Stipendiatinnen und Stipendiaten der ersten Stunde standen Fördermittel in Höhe von (umgerechnet) rd. 5,1 Mio. € für eine berufliche und persönliche Weiterbildung bereit. Knapp 20 Jahre später, im Jahr 2009, haben mehr als 6.100 talentierte berufstätige Personen von beinahe 280 Kammern und zuständigen Stellen ein Weiterbildungsstipendium erhalten. Der Haushaltsansatz dafür belief sich auf 20 Mio. €, hatte sich also gegenüber dem Anfangsbetrag vervierfacht. Rund 10 % der Neuaufnahmen 2009 haben eine Ausbildung in einem bundesgesetzlich geregelten Fachberuf des Gesundheitswesens besonders erfolgreich abgeschlossen.
Im Jahr 2009 gelangten 6.111 Stipendiatinnen und Stipendiaten aus 233 dualen Ausbildungsberufen und aus 16 bundesgesetzlich geregelten Fachberufen im Gesundheitswesen neu in die Begabtenförderung. Von allen 348 dualen Ausbildungsberufen (Stand Oktober 2008) sind damit zwar nur zwei Drittel im Förderprogramm vertreten. Allerdings haben 95,6 % der erfolgreichen Prüfungsteilnehmer / -innen des Jahres 2008 einen dieser 233 Berufe erlernt. Nur 18 der im Jahr 2009 nicht in der Begabtenförderung vorkommenden dualen Ausbildungsberufe hatten 2008 mehr als 200, 60 Ausbildungsberufe hingegen weniger als 50 Absolventinnen und Absolventen. Bei den meisten der im Jahr 2009 nicht im Förderprogramm erscheinenden Berufe handelt es sich also um sogenannte Splitterberufe. Aus 16 von 17 förderfähigen bundesgesetzlich geregelten Fachberufen im Gesundheitswesen wurden im Jahr 2009 – in unterschiedlicher Stärke – Stipendiatinnen und Stipendiaten für die Begabtenförderung rekrutiert.
Frauen waren – bezogen auf ihren Anteil bei den erfolgreichen Prüfungsteilnehmenden – in der Begabtenförderung bisher stets überrepräsentiert. Von den 2009 Aufgenommenen waren insgesamt 52,0 % weiblich, von den Absolvierenden 2008 (mit einer dualen Berufsausbildung – ohne externe Prüfungsteilnahmen – und einem Gesundheitsfachberuf zusammengenommen) jedoch nur 45,6 %. Dieses Verhältnis variiert zwischen den Ausbildungsbereichen. So ist etwa in Industrie und Handel mit 49,9 % die Hälfte der Neuaufnahmen weiblich, bei den erfolgreichen Prüfungsteilnehmenden 2008 aber nur 41,4 %; im Handwerk steht einer Frauenquote von 32,9 % bei den in 2009 erstmals Geförderten eine solche von nur 24,5 % bei den Ausbildungsabsolventen des Vorjahres gegenüber.
Die allgemeinbildenden Schulabschlüsse der 2009 in die Begabtenförderung aufgenommenen Stipendiatinnen und Stipendiaten sind kein Spiegelbild der schulischen Vorbildung aller Ausbildungsanfänger / -innen des Jahres 2008. Von den Neuaufnahmen 2009 mit einer dualen Berufsausbildung verfügten 6,5 % über einen Hauptschulabschluss, von den Ausbildungsanfängerinnen und -anfängern 2008 jedoch 33,0 %. 48,8 % der Neustipendiatinnen und -stipendiaten hatten einen mittleren Bildungsabschluss erworben, in der Bezugsgruppe 42,9 %. Über eine (Fach-)Hochschulzugangsberechtigung schließlich verfügten von den 2009 in die Förderung Aufgenommenen 44,7 %, von allen Auszubildenden im ersten Ausbildungsjahr 2008 jedoch nur 20,7 %. Hauptschulabsolventinnen und -absolventen sind in der Förderung schon immer ebenso stark unterrepräsentiert, wie die Gruppe der Hochschulzugangsberechtigten überrepräsentiert ist Schaubild B3.3-1.
Schaubild B3.3-1: Schulische Vorbildung von Stipendiatinnen und Stipendiaten der Aufnahmejahrgänge 2000 bis 2009 (einschließlich bundesgesetzlich geregelter Fachberufe im Gesundheitswesen: Angaben in %)
Was wird gefördert?
Fast zwei Drittel aller im Jahr 2009 beantragten Maßnahmen konzentrierten sich auf drei Themenbereiche: handwerklich-technische (24,4 %) und kaufmännische (20,7 %) Weiterbildungen sowie Lehrgänge zum Thema Gesundheit (18,9 %). Es folgten Sprachkurse (überwiegend im muttersprachlichen Ausland) mit einem Anteil von 10,3 %.
Das Weiterbildungsverhalten in der Begabtenförderung unterscheidet sich beträchtlich zwischen den Geschlechtern und Bildungsgruppen (allerdings ist auch die Berufswahl vom Geschlecht und der schulischen Vorbildung beeinflusst).
- Stipendiaten wählen häufiger Lehrgänge mit handwerklich-technischen Themen sowie zu neuen Informations- und Kommunikationstechniken; Stipendiatinnen wiederum sind führend bei Lernthemen aus dem Bereich des Gesundheitswesens, bei kaufmännischen Weiterbildungen und bei Sprachkursen.
- Geförderte mit Hauptschulabschluss bevorzugen Maßnahmen handwerklich-technischen Inhalts. Hochschulzugangsberechtigte Stipendiatinnen und Stipendiaten favorisieren dafür Weiterbildungsthemen aus dem kaufmännischen, fremdsprachlichen und Gesundheitsbereich.
Zur Aufstiegsfortbildung zählt im Förderprogramm die Fortbildung zu Meistern, Technikern (= handwerklichtechnische Aufstiegsfortbildung), Betriebswirten, Fachkaufleuten und Fachwirten (= kaufmännische Aufstiegsfortbildung). Im Programmjahr 2009 ist der Anteil von Maßnahmen, die auf Prüfungen dieser Fortbildungsvarianten vorbereiten, mit 36,2 % praktisch ebenso hoch wie im Vorjahr Schaubild B3.3-2.
Seit 2008 sind neu im Ensemble förderfähiger Maßnahmen berufsbegleitende Studiengänge. Mit 3,8 % aller Anträge war 2009 der Anteil dieser Weiterbildungsvariante bereits fast doppelt so hoch wie im Jahr davor. Ein berufsbegleitendes Studium mithilfe der Begabtenförderung berufliche Bildung wurde allerdings fast ausschließlich von Stipendiatinnen und Stipendiaten mit (Fach-)Hochschulreife nachgefragt. 9 von 10 Förderanträgen für diese Form der Fortbildung stammen von dieser Bildungsgruppe. Ein Studium ohne „klassische“ Studienberechtigung hat also auch in der Begabtenförderung berufliche Bildung, Sparte Weiterbildungsstipendium, immer noch Seltenheitswert.
(Richard Fauser, Forschungsstelle für Informationstechnische Bildung, Konstanz)
Schaubild B3.3-2: Aufstiegsfortbildung 2000 bis 2009 und (seit 2008) berufsbegleitendes Studium (Angaben in %)