B2.1.2 Anerkennungen und Zulassungen in der Weiterbildung
Anerkennungen und Zulassungen in der Weiterbildung bildeten den Schwerpunkt der wbmonitor Umfrage 2010. Damit liegen erstmals repräsentative Daten aus Anbietersicht zu diesem Thema vor. Die Fragen bezogen sich auf die Verbreitung von Anerkennungen, deren Auswirkungen und die Bewertung des mit dem Verfahren verbundenen Ressourcenaufwandes. Auch Motive für den Verzicht auf Anerkennungen sowie allgemeine Einschätzungen zu diesen Instrumenten wurden erhoben. Erfasst wurden zudem eingesetzte Qualitätsmodelle, da sie häufig Voraussetzung für den Erwerb von Anerkennungen sind.
E Formale Anerkennungen und Zulassungen
Formale Anerkennungen und Zulassungen241 sind Instrumente der Marktregulierung in der Weiterbildung und können sich auf Anbieter als Ganzes, bestimmte Bildungsangebote oder Lehrpersonen beziehen. Sie dienen öffentlichen Stellen, aber auch privaten Organisationen als Instrumente der Qualitätssicherung und steuern den Zugang zu bestimmten Marktsegmenten.
Häufig sind Anerkennungen mit der Aufnahme in ein Finanzierungssystem verbunden. Während etwa die Erwachsenen- / Weiterbildungsgesetze der Bundesländer durch angebotsorientierte Finanzierungselemente gekennzeichnet sind, ist die Anerkennung nach der Anerkennungs- und Zulassungsverordnung Weiterbildung (AZWV) Voraussetzung für die Partizipation an dem nachfrageorientierten Finanzierungsmodell auf Basis der Bildungsgutscheine der Bundesagentur für Arbeit (BA).
Beispiele für nicht staatliche Regelungen, die v. a. den Zugang zu privaten individuellen oder betrieblichen Einnahmequellen eröffnen, sind Anerkennungen durch Berufsoder Wirtschaftsverbände für Zertifikatskurse bzw. durch Unternehmen für Produktschulungen.
Anerkennungen besitzen eine große Reichweite
Anerkennungen haben im Bereich der Weiterbildung eine große Bedeutung: 85 % der Anbieter in Deutschland verfügen über mindestens eine formale Anerkennung einer öffentlichen Stelle oder privaten Organisation. Mit 43 % ist die Anerkennung nach der Anerkennungs- und Zulassungsverordnung Weiterbildung (AZWV) der BA am weitesten verbreitet Schaubild B2.1.2-1: Das gesamte Anbieterspektrum spiegelt sich hier wider. Die nächsthäufigste Verbreitung besitzen Anerkennungen nach Erwachsenen- / Weiterbildungsgesetzen der Länder (39 %) sowie durch einen Berufs- oder Wirtschaftsverband (35 %). Unter letztere Kategorie fallen Zulassungen für die Durchführung von Fortbildungen, z. B. zum DVS Schweißer-Pass, im Bereich EBC*L – European Business Competence Licence oder Zertifikatskurse der Europäischen Prüfungszentrale (EPZ). Rund jeder fünfte Anbieter ist autorisiert, bestimmte Produktschulungen (z. B. im EDV-Bereich) durchzuführen oder besitzt eine staatliche Anerkennung als Schule bzw. (Fach-)Hochschule.
Als bundesweit geltende Regelung ist zudem die seit dem Jahr 2005 angewandte Anerkennung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) für die Durchführung von Integrationskursen von Bedeutung: 17 % der Anbieter haben eine entsprechende Zulassung. Dass sich in dieser Gruppe etwas häufiger Volkshochschulen (VHS) befinden, deckt sich mit der BAMF-Statistik, wonach Volkshochschulen im März 2010 mit rund einem Drittel der zugelassenen Kursträger die größte Anbietergruppe in diesem Segment stellten (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2010, S. 9).
Jeweils rund jede zehnte Einrichtung ist durch eine Krankenkasse zugelassener Anbieter von Kursen im Bereich Gesundheitsbildung, nach einem Bildungsurlaubsgesetz oder durch die BA für Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation anerkannt. Weitere Anerkennungen wie die Zulassung nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz, durch Berufsgenossenschaften, Akkreditierungen von Bachelor- / Masterstudiengängen sowie durch eine Landes- oder die Bundeszentrale für politische Bildung fallen dagegen quantitativ kaum ins Gewicht: Lediglich jeweils 3 bis 4 % der Anbieter verfügen über eine entsprechende Zulassung.
Schaubild B2.1.2-1:
Mehrheitlich werden Anerkennungen für verschiedene Angebotssegmente kombiniert
Fast drei Viertel (71 %) der Anbieter242 haben zwei oder mehr verschiedene Anerkennungen, ein Viertel (25 %) von ihnen verfügt sogar über mindestens vier Anerkennungen. Erwartungsgemäß spiegeln sich in der Auswahl der Anerkennungen Anbieterprofile wider. Dementsprechend gibt es eine Anbietergruppe, die vorzugsweise Anerkennungen im Bereich der allgemeinen Weiterbildung kombiniert (z. B. nach einem Erwachsenenbildungs- / Weiterbildungsgesetz eines Landes und durch das BAMF243), andere erwerben bevorzugt Anerkennungen für die Durchführung bestimmter beruflicher Weiterbildungen. Daneben gibt es jene, die schwerpunktmäßig formale, staatlich anerkannte Fortbildungsgänge anbieten, sowie eine kleinere Gruppe von Anbietern mit Anerkennungen für politische Weiterbildung.
In den neuen Ländern haben mehr Anbieter Anerkennungen
Strukturelle Unterschiede zwischen den alten und den neuen Ländern führen offensichtlich für Weiterbildungsanbieter zu einer unterschiedlichen Bedeutung von Angeboten, die durch die Arbeitsagenturen finanziert werden. Für 35 % der Weiterbildungsanbieter in den neuen Ländern sind die Arbeitsagenturen ein Hauptfinanzier, in den alten Ländern gilt dies nur für 13 % der Anbieter.244 In der Folge spielen formale Anerkennungen insbesondere nach der AZWV bei Anbietern in den neuen Ländern eine deutlich größere Rolle: Rund zwei Drittel der Anbieter (65 %) verfügen hier über diese, in den alten Ländern nur etwas mehr als ein Drittel (38 %) Schaubild B2.1.2-2. Ebenfalls wichtiger in den neuen Ländern sind Anerkennungen durch einen Berufs- oder Wirtschaftsverband. Dagegen scheint der Markt für Anbieter ohne formale Anerkennungen in den neuen Ländern nur eine randständige Bedeutung zu haben. So ist der Anteil der Anbieter ohne formale Anerkennung in den neuen Ländern mit 6 % nur fast ein Drittel so groß wie in den alten Ländern mit 17 %.
Schaubild B2.1.2-2: Verbreitung von Anerkennungen in den alten und neuen Ländern (in %, Mehrfachnennungen)
Aktuelle Verbreitung von Qualitätsmodellen bei Weiterbildungsanbietern
Voraussetzung für eine Anerkennung ist häufig der Nachweis eines Qualitätsmanagementsystems. Nach der DIN EN ISO 9000 ff. zertifiziert ist den wbmonitor- Ergebnissen zufolge aktuell mehr als ein Drittel aller Weiterbildungsanbieter in Deutschland (36 %). Diese Norm ist damit – wie bereits die wbmonitor Umfrage 2004 zeigte245 – das am häufigsten eingesetzte Qualitätsmodell in der Weiterbildung (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2005a, S. 237). Verfahren der Selbstevaluation praktiziert fast ein Viertel der Anbieter (24 %). Über verschiedene, speziell für die Weiterbildung entwickelte Qualitätssicherungs- bzw. -managementsysteme verfügt jeweils etwa jede zehnte Einrichtung. Hierzu zählen Zertifikate / Gütesiegel regionaler Zusammenschlüsse von Weiterbildungseinrichtungen (z. B. Weiterbildung Hessen e. V., Hamburger Prüfsiegel), die Lernerorientierte Qualitätstestierung in der Weiterbildung (LQW) sowie Zertifikate von Weiterbildungsverbänden.
Ein Fünftel aller Weiterbildungsanbieter verfügt derzeit über kein Qualitätszertifikat, Qualitätssicherungsmodell oder Qualitätsmanagementsystem. Gegenüber 2004 ist dies ein deutlicher Rückgang. Damals waren noch knapp 60 % der befragten Anbieter aus dem Segment der beruflichen Weiterbildung nicht zertifiziert, wobei jedoch über 30 % dieser Anbieter von Planungen für die Einführung eines Qualitätssicherungssystems berichteten, bei 18 % war hierüber noch keine Entscheidung gefallen, und 13 % der Anbieter beruflicher Weiterbildung wollten zu jener Zeit noch ganz darauf verzichten (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2005a, S. 237).
Weiterbildungsanbieter nutzen je nach Einrichtungstyp unterschiedliche Verfahren zur Qualitätszertifizierung. Nach der ISO-Norm lassen sich häufiger private, betriebliche und wirtschaftnahe Anbieter anerkennen (wirtschaftsnahe Einrichtungen 66 %, gemeinnützig tätige private Einrichtungen 58 %, betriebliche Bildungseinrichtungen 55 %), öffentlich Finanzierte dagegen deutlich seltener ([Fach-] Hochschulen und Akademien 4 %, VHS 17 %). Dafür findet die Selbstevaluation großen Zuspruch von (Fach-)Hochschulen und Akademien (64 %) sowie von beruflichen Schulen (49 %). Zertifikate regionaler Zusammenschlüsse von Weiterbildungseinrichtungen werden besonders häufig von Einrichtungen der Kirchen, Parteien, Gewerkschaften, Stiftungen, Verbänden oder Vereinen für das Qualitätsmanagement genutzt, während die Lernerorientierte Qualitätstestierung (LQW) sowie EFQM (European Foundation of Quality Management) überdurchschnittlich oft von Volkshochschulen genutzt werden (34 % bzw. 18 %). Über ein Zertifikat eines nationalen Weiterbildungsverbandes verfügen am häufigsten kommerziell tätige private Anbieter (13 %). Wirtschaftsnahe Anbieter sind öfter durch einen anderen nationalen Verband zertifiziert (12 %) und fallen ebenso wie gemeinnützig tätige private Einrichtungen durch einen überdurchschnittlich hohen Einsatz von Qualitätsmanagementsystemen (fast 90 %) ins Auge.
Die Mehrheit der Anbieter in den neuen Ländern ist nach DIN EN ISO 9000 ff. qualitätszertifiziert
In den neuen Ländern betreiben fast alle Weiterbildungsanbieter Qualitätsmanagement, um die Leistung der Organisation zu standardisieren und zu optimieren. Dazu nutzen sie Verfahren der Selbstevaluation oder lassen sich dies durch anerkannte Zertifikate bestätigen. Nur 9 % der Anbieter verzichten darauf Schaubild B2.1.2-3. In den alten Ländern ist der Anteil der Anbieter ohne QM-System mehr als doppelt so groß (22 %). Dies dürfte u. a. darauf zurückzuführen sein, dass prozentual weniger Anbieter von öffentlichen Finanziers abhängig sind, bei denen die Mittelvergabe oft an einen Qualitätsnachweis gebunden ist (s. o.).
Auch die Nachfrage nach einzelnen Qualitätszertifikaten variiert zwischen den alten und den neuen Ländern. Die ursprünglich aus der Wirtschaft stammende DIN-Norm EN ISO 9000 ff. erreicht in den neuen Ländern eine doppelt so große Verbreitung wie in den alten Ländern und wird dort von der Mehrheit der Anbieter genutzt (58 % versus 31 % in den alten Ländern). Aber auch die speziell für Weiterbildungseinrichtungen entwickelte Lernerorientierte Qualitätstestierung (LQW) findet sich in den neuen Ländern mit 14 % häufiger als in den alten Ländern (10 %). Dagegen besitzen Zertifikate regionaler Zusammenschlüsse von Weiterbildungseinrichtungen (13 % versus 7 %) sowie das Verfahren der European Foundation of Quality Management (EFQM) (8 % versus 2 %) in den alten Ländern eine größere Verbreitung.
Schaubild B2.1.2-3: Qualitätsmodelle von Weiterbildungsanbietern in den alten und neuen Ländern (in %, Mehrfachnennungen)
Hohe Kosten und bürokratische Verfahren sind die häufigsten Gründe für den Verzicht auf Anerkennungen
Nur eine Minderheit von bundesweit 15 % aller Weiterbildungsanbieter setzt nicht auf Anerkennungen, um in einem bestimmten Marktsegment agieren zu können. Die Verzichtsgründe liegen häufig im Bereich der Kosten:246 Zu hohe Gebühren bzw. Beiträge für eine Zulassung führen 82 % der betreffenden Anbieter als Verzichtsgrund an. Fast ebenso vielen (78 %) ist der Personalaufwand und mehr als zwei Dritteln (69 %) sind die sonstigen Kosten zu hoch. Aber auch die als kompliziert geltenden Antragsverfahren (75 %), eine Ausrichtung auf andere Marktsegmente (74 %) sowie eine fehlende regionale Nachfrage (68 %) werden häufig genannt. Für knapp die Hälfte der Anbieter (47 %) sind die Voraussetzungen für Anerkennungen nicht erfüllbar. Ein als zu groß angenommener Wettbewerb auf durch Anerkennungen geschützten Märkten spielt dagegen nur für eine Minderheit der Anbieter eine Rolle (29 %).
Anbieter akzeptieren Anerkennungen als Instrumente der Qualitätssicherung
Gut drei Viertel der Anbieter (27 % stimmen voll zu, 50 % stimmen eher zu) sehen Anerkennungen als wichtige Instrumente zur Qualitätssicherung.247 Und eine deutliche Mehrheit (40 % stimmen eher nicht zu, 43 % stimmen überhaupt nicht zu) spricht sich dagegen aus, Anerkennungen durch private Stellen vergeben zu lassen. Offenbar wird dieses Feld überwiegend als originär staatliche Aufgabe betrachtet, die nicht dem Markt bzw. kommerziellen Interessen überlassen werden sollte. Diese Einschätzungen sind unabhängig vom Einrichtungstyp, dem Standort sowie von Erfahrungen mit Anerkennungen.
Die Auswirkungen von Anerkennungen für die Einrichtungen variieren erheblich
Welche Auswirkungen ergeben sich für die Qualität, die Angebote und Organisationsprozesse, das Personal, und wie wird der wirtschaftliche Nutzen von Anerkennungen bewertet? wbmonitor hat hierzu die Einschätzungen und Beobachtungen der Befragten eingeholt, die diese der Einführung einzelner Anerkennungen in ihrer Einrichtung zuschreiben.248 Exemplarisch werden nachfolgend die Ergebnisse zu den bundesweit gültigen Anerkennungen nach der AZWV sowie durch das BAMF für Integrationskurse dargestellt.249
Die meisten Anbieter mit Anerkennung nach der AZWV beobachten Verbesserungen der Organisations- sowie Lehr- / Lernprozesse
Die Einführung der Anerkennungs- und Zulassungsverordnung Weiterbildung (AZWV) löste im Jahr 2004 die Anerkennung der Anbieter durch die örtlichen Arbeitsämter ab. Zu diesem Zeitpunkt war der Markt durch erhebliche Einbrüche bei der Finanzierung von Weiterbildung für Arbeitslose gekennzeichnet (vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung 2005). Die BA hatte die Anzahl der Förderfälle seit 2002 mehr als halbiert. Danach stabilisierte sich die Situation wieder. Auf eine moderate Steigerung der Förderfälle in den Jahren 2008 und 2009 folgte 2010 wieder ein Rückgang der Förderfälle um 7 % (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2010g, S. 62 und 2010f, S. 83). Insgesamt hat sich die Wettbewerbssituation für die Anbieter verschärft, zunächst infolge der rückläufigen Zahl der Förderfälle und dann zusätzlich mit der Einführung der Bildungsgutscheine, die dem Interessenten die freie Wahl der Bildungseinrichtung ermöglichen (vgl. BIBB Datenreport 2010, Kapitel B2.1.2).
Unabhängig von ihrem Standort berichten Anbieter mit einer AZWV-Anerkennung mehrheitlich von Verbesserungen in den Bereichen Qualität (56 %)250 und Organisationsprozesse (65 %) Schaubild B2.1.2-4. Positive Auswirkungen auf die Themenvielfalt oder die technische Ausstattung werden jeweils nur von etwas mehr als einem Drittel bzw. einem Viertel der Anbieter beobachtet.
Hinsichtlich der Wirkungen der AZWV auf das Personal sticht die zugenommene Arbeitsverdichtung der Mitarbeitenden hervor (61 %). Weniger als die Hälfte der Einrichtungen berichtet von der Beschäftigung zusätzlichen Personals infolge der AZWV-Anerkennung (45 %). Eine Beeinträchtigung der pädagogischen Arbeit durch mit der Anerkennung verbundene Pflichten sehen 43 % der Anbieter, Aufgabenverschiebungen zwischen den Personalgruppen teilten rund 40 % der Anbieter mit. Wichtigstes wirtschaftliches Motiv für eine Beantragung der Anerkennung nach der AZWV ist die Erfüllung von Bedingungen wichtiger Kundengruppen (87 %), wobei hier nicht die Teilnehmenden selbst gemeint sind, sondern die Vorgaben des Finanziers der Weiterbildung.
Schaubild B2.1.2-4: Auswirkungen der Anerkennung nach der AZWV (in %, Mehrfachnennungen)
Wirtschaftliche Vorteile für Weiterbildungsanbieter infolge der Anerkennung durch das BAMF für Integrationskurse
Die Anerkennung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) für Integrationskurse wurde im Jahr 2005 eingeführt und eröffnet den Anbietern Zugang zu einem expandierenden Markt mit zum Teil verpflichtenden Angeboten für Zuwanderer, die überwiegend staatlich finanziert werden. Im Jahr 2008 wurde ein Höchststand von 9.219 be gonnenen Integrationskursen mit 121.000 neuen Teilnehmen den erreicht. Erst 2010 kam es zu deutlichen Rückgängen im Fördervolumen (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2010, S. 1). 17 % der befragten Anbieter sind in diesem Segment tätig.
Vor diesem Hintergrund sind auch die überwiegend positiven Bewertungen der wirtschaftlichen Auswirkungen der Anerkennung auf die Einrichtungen zu sehen Schaubild B2.1.2-5: 80 % der Anbieter mit BAMF-Anerkennung konnten wichtige Finanzierungsquellen erschließen, und für 60 % eröffnete sie den Zugang zu einem neuen Markt. Fast alle gaben an, dass die Anerkennung eine Bedingung wichtiger Kundengruppen ist (93 %). Die überwiegende Mehrheit berichtet von mehr Teilnehmenden (83 %), einer höheren Wertschätzung bei den Adressaten (72 %) und einer verbesserten Auslastung (74 %).
Eine Ausweitung der Angebotsformen sowie des Themenspektrums wurde noch von 68 % bzw. 53 % der Anbieter beobachtet, andere Auswirkungen auf die Bereiche Qualität der Lehr- / Lernprozesse und Organisation beobachtete aber nur noch eine Minderheit (jeweils 41 %). Dagegen sind Konsequenzen für das Personal deutlich weiter verbreitet: Fast alle Einrichtungen nahmen eine Arbeitsverdichtung für die Mitarbeitenden wahr (91 %). 79 % der Anbieter stellten auch zusätzliches Personal ein. Auswirkungen auf die Tätigkeitsbereiche der verschiedenen Beschäftigtengruppen berichtet eine Mehrheit der Anbieter: 60 % sehen mit der Anerkennung verbundene Pflichten, die die pädagogische Arbeit beeinträchtigen; viele sagen, dass es Aufgabenverschiebungen gibt und Verwaltungspersonal Beratungsaufgaben und einfache pädagogische Tätigkeiten übernimmt (63 %) oder pädagogischem Personal Managementaufgaben übertragen werden (58 %).
Die Relation von Aufwand und Nutzen erscheint häufig als unangemessen
Für den Erwerb einer Anerkennung ist in der Regel ein Verfahren zu durchlaufen, das einen gewissen Personaleinsatz erfordert, zum Teil werden Gebühren fällig, und oft muss ein Qualitätsmanagementsystem nachgewiesen werden. Je nach Anerkennung sind für den Erhalt regelmäßige Reakkreditierungen erforderlich. wbmonitor fragte nach der Beurteilung des Ressourcenaufwandes für die Zulassung unter Berücksichtigung des Nutzens. Auch hier beziehen sich die Ergebnisse auf die Anerkennungen nach der AZWV und durch das BAMF.
Den Personalaufwand für den Erwerb ihrer Anerkennung nach AZWV beurteilen zwei Drittel (67 %) der betreffenden Anbieter als (eher) unangemessen, hinsichtlich der Beiträge bzw. Gebühren sind es sogar drei Viertel (78 %)251. Hierin dürfte sich widerspiegeln, dass nur rund die Hälfte der Anbieter wirtschaftliche Vorteile als Folge der Zulassung sieht. Dies korrespondiert mit Ergebnissen der letztjährigen Umfrage, wonach Anbieter, die Bildungsgutscheine akzeptieren, Aufwand und Kosten für die AZWV-Zertifizierung im Vergleich zum Ertrag teilweise als unverhältnismäßig hoch einschätzten (vgl. BIBB-Datenreport 2010, Kapitel B2.1.2). Nennenswerte Differenzen zwischen Anbietern unterschiedlicher Art oder Größe zeigen sich nicht, was auch damit zusammenhängen dürfte, dass die Gebühren mit der Einrichtungsgröße steigen.
Anbieter mit BAMF-Zulassung sehen eine deutlich bessere Aufwand-Nutzen-Relation: Die Gebühren / Beiträge werden „nur“ von 41 % der betreffenden Anbieter als (eher) unangemessen beurteilt. Dies ist dennoch ein hoher Anteil, wenn man berücksichtigt, dass nach vorliegenden Informationen für die Zulassung selbst keine Gebühren erhoben werden. Beim Personalaufwand bewerten mit 56 % mehr als die Hälfte der Anbieter den Ressourcenaufwand als (eher) unangemessen, und zwar insbesondere diejenigen, die negative Auswirkungen auf das Personal beobachten.
(Meike Weiland, Deutsches Institut für Erwachsenenbildung)
Schaubild B2.1.2-5: Auswirkungen der Anerkennung durch das BAMF für Integrationskurse (in %, Mehrfachnennungen)