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DATENREPORT ZUM BERUFSBILDUNGSBERICHT 2009

B1.2 Ergebnisse der europäischen Betriebsbefragung Continuing Vocational Training Survey 3 (CVTS3)

Im Jahr 2005 wurde die dritte CVTS-Erhebung (Continuing Vocational Training Survey) durchgeführt, die europäisch vergleichende Daten zu betrieblichen Weiterbildungsaktivitäten liefert. Deutschland befindet sich wie 1999 weiterhin im europäischen Mittelfeld. Die Unterschiede zwischen den besten und schlechtesten Ländern haben sich verringert. Die Strukturen der betrieblichen Weiterbildung haben sich bei einigen Indikatoren angeglichen.

E Continuing Vocational Training Survey (CVTS)

Die europäischen Erhebungen zur Weiterbildung in Unternehmen liefern seit 1993 in regelmäßigen Abständen für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union vergleichbare Daten zu den quantitativen und qualitativen Strukturen der betrieblichen Weiterbildung. Unter betrieblicher Weiterbildung werden dabei die vorausgeplanten und organisierten Lernformen verstanden, die vom Unternehmen vollständig oder teilweise finanziert werden. Die rein individuell finanzierte Weiterbildung von Beschäftigten wurde nicht erfasst. Erhoben wurden Daten zum Angebot und zur Nutzung der verschiedenen Formen beruflicher Weiterbildung, zu Teilnehmern und Teilnehmerinnen, Teilnahmestunden und Kosten sowie qualitative Daten zur Weiterbildungskonzeption und zum Stellenwert der Weiterbildung im Unternehmen.

An der ersten Erhebung 1993 beteiligten sich 12 Länder. Es folgten CVTS2 (1999) mit Informationen für 25 Länder und CVTS3 (2005) mit 28 Ländern. Betriebe mit 10 und mehr Beschäftigten wurden aus allen Branchen – außer der Land-/Forstwirtschaft, der öffentlichen Verwaltung, dem Militär und dem Gesundheits-, Sozial- und Bildungswesen – befragt. In Deutschland wurden die Erhebungen vom Statistischen Bundesamt und einigen Statistischen Ämtern der Bundesländer durchgeführt. In Deutschland beteiligten sich 2.857 Unternehmen an CVTS3, in Europa insgesamt über 100.000 Unternehmen.

Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) hat im Auftrag der Europäischen Kommission CVTS3 methodisch vorbereitet. Im Auftrag von CEDEFOP wertet das BIBB gemeinsam mit Céreq Marseille und Isfol Rom die Ergebnisse von CVTS3 aus, wobei die Analyse der Datenqualität eine große Rolle spielt. Darüber hinaus wurde für Deutschland eine Zusatzerhebung durchgeführt vgl. B1.3.

Zentrale Ergebnisse aus CVTS3 – wo steht Deutschland in Europa?

Die dritte europäische Erhebung zur betrieblichen Weiterbildung in Unternehmen für 2005 ermöglicht es, die Situation in Deutschland mit der in anderen europäischen Staaten zu vergleichen und zugleich Veränderungen gegenüber 1999 festzustellen. Die ersten Resultate für Deutschland wurden im August 2007 vom Statistischen Bundesamt publiziert (Schmidt 2007), im Winter 2007/2008 folgte die Veröffentlichung der europäischen Daten im Internet von 27 Ländern durch Eurostat (Behringer/ Moraal/Schönfeld 2008), wobei es sich hier um vorläufige Daten handelt, die noch einer eingehenden Qualitätsprüfung bedürfen. Die Daten für Irland waren zum Redaktionstermin des Datenreports bei Eurostat noch nicht abrufbar; somit berücksichtigt der EU-Durchschnitt von CVTS3 nicht die irischen Ergebnisse. Bei der Interpretation der europäischen Vergleichsdaten und bei einem Ranking von Staaten müssen jenseits eines Überblicks stets die nationalen Rahmenbedingungen und historisch gewachsenen Strukturen berücksichtigt werden, um falsche Schlussfolgerungen zu vermeiden.

Die wichtigsten Ergebnisse aus CVTS3 werden anhand der folgenden zentralen Indikatoren beschrieben:

  1. Weiterbildungsangebot der Unternehmen
  2. Teilnahmequote an Lehrveranstaltungen
  3. Teilnahmestunden an Lehrveranstaltungen
  4. Direkte Kosten für Lehrveranstaltungen

Weiterbildungsangebot der Unternehmen

Die Weiterbildung in Unternehmen kann in Form von Weiterbildungskursen und „anderen“, insbesondere arbeitsplatznahen/arbeitsintegrierten Formen erfolgen. 69 % der deutschen Unternehmen haben 2005 betriebliche Weiterbildungsmaßnahmen angeboten – dies ist gegenüber 1999 ein Rückgang um 6 Prozentpunkte (Eurostat 2002 und Behringer/ Moraal/Schönfeld 2008). Für den Vergleich mit den Daten des IAB-Betriebspanels ist hierbei zu berücksichtigen, dass der CVTS-Erhebung ein weiterer Weiterbildungsbegriff zugrunde liegt und Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten von CVTS nicht befragt wurden. Im Unterschied zu den anderen europäischen Ländern liegt Deutschland, wie schon 1999, hinter den skandinavischen Ländern und den meisten westeuropäischen Ländern, konnte sich aber vor dem größten Teil der süd- und osteuropäischen Ländern platzieren Schaubild B1.2-1. Allerdings zogen Slowenien und Tschechien an Deutschland vorbei. Die Position im Länderranking verschlechterte sich dadurch (Platz 12 unter 27 Ländern, 1999 Platz 9 unter 25 Ländern). Der EU27-Durchschnitt liegt 9 Prozentpunkte unter dem deutschen Wert.

Klassische Formen der Weiterbildung, also Lehrgänge, Kurse und Seminare, wurden 2005 in 54 % der deutschen Unternehmen angeboten. Hier ist ebenfalls ein deutlicher Rückgang um 13 Prozentpunkte gegenüber 1999 zu verzeichnen. Deutschland nimmt somit Platz 13 unter den 27 Ländern ein und liegt damit weiterhin vor fast allen süd- und osteuropäischen Ländern, obwohl dort der Anteil an Unternehmen mit Kursen meistens anstieg. Tschechien, Slowenien und Estland allerdings konnten sich mit Anteilen zwischen 56 % und 63 % im vorderen Feld einreihen und Deutschland hinter sich lassen. Der EU27-Durchschnitt liegt 5 Prozentpunkte unter dem deutschen Wert.

Schaubild B1.2-1: Anteil der weiterbildenden Unternehmen an allen Unternehmen und Anteil der Unternehmen mit Kursen (2005, in %)

Schaubild B1.2-1
AT: Österreich; BE: Belgien; BG: Bulgarien; CZ: Tschechien; CY: Zypern; DE: Deutschland; DK: Dänemark; EE: Estland; ES: Spanien; FIN: Finnland; FR: Frankreich; GR: Griechenland; HU: Ungarn; IT: Italien; LT: Litauen; LU: Luxemburg; LV: Lettland; MT: Malta; NL: Niederlande; NO: Norwegen; PL: Polen; PT: Portugal; RO: Rumänien; SE: Schweden; SI: Slowenien; SK: Slowakei; UK: Großbritannien EU27: Ungewichteter Schnitt der EU27-Länder
Quelle: Eurostat-Datenbank New Cronos, CVTS3 (Abrufdatum 28.08.2008)

Teilnahmequote an Lehrveranstaltungen

Ein wichtiges Ziel in Europa ist die Erhöhung der Beteiligung Erwachsener am lebenslangen Lernen. Die Teilnahmequote gibt Auskunft darüber, wie hoch der Anteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist, die betriebliche Weiterbildungskurse besuchten. Bezieht man die Teilnahme an Weiterbildungskursen auf die Beschäftigten in allen befragten Unternehmen, so ergibt sich für 2005 in Deutschland eine Teilnahmequote von 30 % und im Vergleich zu 1999 ein Rückgang um 2 Prozentpunkte Schaubild B1.2-2. Deutschland liegt damit im unteren Mittelfeld (Platz 15) der europäischen Länder. Der Durchschnitt der EU27 liegt mit 33 % geringfügig über dem deutschen Wert. Die Abnahme der Teilnahmequote in Deutschland ist teilweise auf den Rückzug eines Teils der Unternehmen aus der betrieblichen Weiterbildung zurückzuführen. In den Unternehmen, die Weiterbildungskurse einsetzen, liegt der Anteil der Beschäftigten, die an betrieblicher Weiterbildung teilnehmen, bei 39 % – knapp 3 Prozentpunkte höher als 1999 und 4 Prozentpunkte unter dem EU27-Wert für 2005. Der Anteil der Unternehmen, die Kurse anbieten, ist also in Deutschland geringer geworden. In Unternehmen, die Weiterbildungsangebote machen, ist die Beteiligungsquote aber gestiegen.

Schaubild B1.2-2: Anteil der Teilnehmenden an betrieblichen Weiterbildungskursen in allen Unternehmen und in Unter nehmen mit Kursen (2005, in %)

Schaubild B1.2-2
AT: Österreich; BE: Belgien; BG: Bulgarien; CZ: Tschechien; CY: Zypern; DE: Deutschland; DK: Dänemark; EE: Estland; ES: Spanien; FIN: Finnland; FR: Frankreich; GR: Griechenland; HU: Ungarn; IT: Italien; LT: Litauen; LU: Luxemburg; LV: Lettland; MT: Malta; NL: Niederlande; NO: Norwegen; PL: Polen; PT: Portugal; RO: Rumänien; SE: Schweden; SI: Slowenien; SK: Slowakei; UK: Großbritannien EU27: Ungewichteter Schnitt der EU27-Länder
Quelle: Eurostat-Datenbank New Cronos, CVTS3 (Abrufdatum 28.08.2008)

Teilnahmestunden an Lehrveranstaltungen

Ein Indikator für die Intensität der betrieblichen Weiterbildung ist die Anzahl der Kursstunden je Teilnehmerin und Teilnehmer. Er spiegelt den zeitlichen Aufwand pro Jahr und Teilnehmer/-in wider. 2005 haben die Beschäftigten in deutschen Unternehmen ebenso wie 1999 durchschnittlich 9 Stunden pro Jahr an Weiterbildungskursen teilgenommen Schaubild B1.2-3. Im europäischen Vergleich konnte Deutschland seine Position leicht verbessern (Platz 12, 1999 Platz 13), da sich in einigen Ländern wie Norwegen oder Großbritannien, die 1999 vor Deutschland lagen, die Stundenzahlen verringert haben.

Deutschland liegt somit genau auf dem EU27- Durchschnittswert. Betrachtet man die Weiterbildungsstunden je Teilnehmer/-in, ergeben sich für Deutschland in 2005 30 Teilnahmestunden und ein Anstieg um 3 Stunden. Während es 1999 nur 3 Länder gab (Großbritannien, Tschechien und Slowenien), die die deutsche Stundenzahl von 27 Stunden je Teilnehmer/-in unterboten, konnte Deutschland diesmal eine größere Zahl von Ländern hinter sich lassen und reiht sich auf Position 11 unter den 27 Ländern ein und liegt 3 Prozentpunkte über dem EU27-Durchschnittswert.

Schaubild B1.2-3: Weiterbildungsstunden in Kursen je Beschäftigten und je Teilnehmer/-in (2005)

Schaubild B1.2-3:
AT: Österreich; BE: Belgien; BG: Bulgarien; CZ: Tschechien; CY: Zypern; DE: Deutschland; DK: Dänemark; EE: Estland; ES: Spanien; FIN: Finnland; FR: Frankreich; GR: Griechenland; HU: Ungarn; IT: Italien; LT: Litauen; LU: Luxemburg; LV: Lettland; MT: Malta; NL: Niederlande; NO: Norwegen; PL: Polen; PT: Portugal; RO: Rumänien; SE: Schweden; SI: Slowenien; SK: Slowakei; UK: Großbritannien EU27: Ungewichteter Schnitt der EU27-Länder
Quelle: Eurostat-Datenbank New Cronos, CVTS3 (Abrufdatum 28.08.2008)

Direkte Kosten für Lehrveranstaltungen

Der finanzielle Aufwand der Betriebe ist ein bedeutsamer Indikator bei der Analyse der betrieblichen Weiterbildung. Die Gesamtkosten für Weiterbildungskurse setzen sich aus den direkten Kosten (Zahlungen an externe Weiterbildungsanbieter, Personalkosten für eigenes Weiterbildungspersonal, Raum- und Materialkosten, Reisekosten der Teilnehmer/-innen), den Personalausfallkosten der Teilnehmer/-innen und Umlagen oder Beiträgen an Fonds sowie Zuschüssen oder finanzieller Unterstützung für betriebliche Weiterbildung zusammen (vgl. hierzu auch Lenske/Werner 2009, S. 10 f.). Im Jahr 2005 wandten die Unternehmen in Deutschland im Durchschnitt 237 € an direkten Kosten je Beschäftigten für Weiterbildungskurse auf. Gegenüber 1999 ist dies ein deutlicher Rückgang um 23 % – bei unveränderter Zahl der durchschnittlichen Weiterbildungsstunden je Beschäftigten und in nominaler Betrachtung (also ohne Berücksichtigung der Inflation). Die Gesamtkosten betrugen 504 € – dies ist ein nominaler Rückgang von knapp 8 %. Je Teilnehmer/-in entstanden direkte Kosten von 797 € und Gesamtkosten von 1.697 € (Rückgang um 26 €). Für den europäischen Vergleich werden KKS-Beträge (Kaufkraftstandards) verwendet, um die Unterschiede im Preisniveau zwischen den einzelnen Ländern auszugleichen. Die KKS-Umrechnungsfaktoren geben dabei an, wie viele nationale Währungseinheiten derselbe Umfang an Waren und Dienstleistungen in den einzelnen Ländern kostet (Stapel/Pasanen/Reinecke 2004). Deutschland erreichte bei den direkten Kosten je Beschäftigten Platz 9 und je Teilnehmer/-in Platz 6 und konnte seine Position von 1999 halten bzw. geringfügig verbessern, da auch in vielen anderen Ländern die Investitionen in die Weiterbildung der Beschäftigten zum Teil deutlich zurückgegangen sind Schaubild B1.2-4.

Schaubild B1.2-4: Direkte Kosten je Beschäftigten in allen Unternehmen und je Teilnehmer/-in (2005, in KKS)

Schaubild B1.2-4
HU: Ungarn; IT: Italien; LT: Litauen; LU: Luxemburg; LV: Lettland; MT: Malta; NL: Niederlande; NO: Norwegen; PL: Polen; PT: Portugal; RO: Rumänien; SE: Schweden; SI: Slowenien; SK: Slowakei; UK: Großbritannien EU27: Ungewichteter Schnitt der EU27-Länder
Quelle: Eurostat-Datenbank New Cronos, CVTS3 (Abrufdatum 28.08.2008)

Fazit: Betriebliche Weiterbildung – Deutschland weiterhin nur im europäischen Mittelfeld

Im Jahr 2005 boten in Deutschland weniger Unternehmen als 1999 ihren Beschäftigten betriebliche Weiterbildungen an, und weniger Beschäftigte haben an betrieblicher Weiterbildung teilgenommen. Die Unternehmen, die weiterbildungsaktiv waren, ließen aber mehr Beschäftigte an Weiterbildung teilhaben und stellten dafür auch mehr Lernzeit je Teilnehmer/-in zur Verfügung. Trotzdem investierten die Unternehmen insgesamt pro Teilnehmer/-in nominal weniger Geld in Weiterbildung, was sich insbesondere bei den direkten Aufwendungen für die Lehrveranstaltungen (Kursgebühren etc.) niederschlägt. Insgesamt deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass betriebliche Weiterbildung in Deutschland stagniert bzw. sogar rückläufig ist. Auch im europäischen Vergleich kann Deutschland weiterhin nur einen Platz im Mittelfeld der europäischen Länder einnehmen und liegt hinter den skandinavischen und den westeuropäischen Ländern zurück. Bei einigen Indikatoren können sogar einige osteuropäische Länder an Deutschland vorbeiziehen. In Europa insgesamt sind die betrieblichen Weiterbildungsaktivitäten stagnierend bis rückläufig. Die Süd- und vor allem die Osteuropäer holen dabei deutlich auf, während die West- und vor allem die Nordeuropäer an Boden verlieren. Die Strukturen der betrieblichen Weiterbildung haben sich in Europa, bezogen auf die hier präsentierten Indikatoren, zwischen 1999 und 2005 stark aneinander angeglichen.

(Bernd Käpplinger, Dick Moraal, Gudrun Schönfeld)

Bibliographischer Hinweis

Internetversion des BIBB Datenreports zum Berufsbildungsbericht 2009 - Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Hrsg.: Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn (2009).

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