A1.3 Regionale Entwicklung der Berufsausbildung
Bundesweit standen im Berichtsjahr 89 Ausbildungsstellenangebote für 100 Nachfrager/-innen zur Verfügung Übersicht A1.3-1. Damit lag die Angebots-Nachfrage-Relation, bei der in der erweiterten Fassung auch Jugendliche als Nachfrager/ -innen gezählt werden, die sich im Berichtsjahr erfolglos um eine Ausbildungsstelle bemüht hatten, ihren Ausbildungswunsch aber weiterhin aufrechterhalten,34 deutlich unter der Angebots-Nachfrage- Relation nach der bisherigen Definition. Danach käme es mit einer Angebots-Nachfrage-Relation von 101 zu einem rein rechnerisch ausgeglichenen Ausbildungsstellenmarkt.
Die Angebots-Nachfrage-Relation war im Vergleich zum Vorjahr um knapp 5 % gestiegen. Dieser Trend spiegelt sich auch auf Arbeitsagenturebene wider Tabelle A1.3-1. In 40 % aller Arbeitsagenturen hat sich der regionale Ausbildungsstellenmarkt zwar verbessert, dennoch fiel in knapp der Hälfte aller Arbeitsagenturen die Versorgung Jugendlicher mit Ausbildungsstellen weiterhin ungünstig aus.35
Im folgenden Regionalvergleich wird auf die wichtigsten Unterschiede zwischen Regionen mit einem tendenziell ausgeglichenen Ausbildungsstellenmarkt und Arbeitsagenturen mit einer sehr ungünstigen Ausbildungssituation eingegangen.
Übersicht A1.3-1 Ausgewählte Indikatoren zur regionalen Ausbildungsmarktsituation 2008
1 Betriebliche Angebots-Nachfrage-Relation = Gesamtangebot abzüglich gemeldeter außerbetrieblicher Berufsausbildungsstellen pro 100 Nachfrager/-innen nach erweiterter Definition
2 Beschäftigte in Ausbildung nach Personengruppenschlüssel 102 und 141
Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung, Statistisches Bundesamt, Bundesagentur für Arbeit
Regionen mit relativ ausgeglichener Ausbildungssituation
Ausbildungsstellenmarkt
Im Durchschnitt wurde in diesen Arbeitsagenturbezirken mit einer Angebots-Nachfrage-Relation von 96 die bundesweite Angebots-Nachfrage-Relation leicht überschritten, wobei sich in Bayern und Baden- Württemberg die höchsten Anteile dieser relativ ausgeglichenen Ausbildungsstellenmärkte finden Tabelle A1.3-1. Die Spannweite in den regionalen Ausbildungsstellenmärkten reicht von 92,3 bis 108,7. Damit stehen den Jugendlichen etwa 7 Lehrstellen mehr als im Bundesdurchschnitt zur Verfügung. Der Zuwachs der Angebots-Nachfrage-Relation gegenüber dem Vorjahr betrug im Schnitt 5,2 % und fiel damit höher aus als im Bundesdurchschnitt. Dies konnte nicht zuletzt dadurch erreicht werden, weil in diesen Arbeitsagenturen die Ausbildungsnachfrage mit 6,3 % stärker zurückgegangen war als das Ausbildungsangebot der Betriebe (1,4 %). Insgesamt verringerte sich die Zahl der Neuabschlüsse in diesen Arbeitsagenturen im Schnitt um 2,2 % bzw. um knapp 10.000 Neuverträge.
Ausbildungsangebot
Für diese Arbeitsmarktregionen war das überdurchschnittliche Angebot an betrieblichen Ausbildungsstellen charakteristisch.36 Mit einer betrieblichen Angebots-Nachfrage-Relation von 85,4 konnten über 8 von 10 Nachfragenden damit rechnen, einen betrieblichen Ausbildungsplatz zu erhalten. Der Bundesdurchschnitt lag bei einer Relation von 78. Dementsprechend niedrig fiel der Anteil außerbetrieblicher Lehrstellen aus. Bezogen auf die Abgänger/-innen aus allgemeinbildenden Schulen sinkt das betriebliche Angebot an Ausbildungsplätzen allerdings auf 69,4 pro 100 Schulabsolventen/ Schulabsolventinnen. Wie im Vorjahr lagen in diesen Regionen alle Angebots-Nachfrage-Relationen nach Zuständigkeitsbereichen über den Bundesdurchschnitten, wobei nur der IHK-Bereich und die Landwirtschaft ihr Vorjahresniveau halten konnten. Alle anderen Zuständigkeitsbereiche mussten Rückgänge im Ausbildungsstellenangebot verzeichnen.
Ausbildungsnachfrage
Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Schulabgänger/- innen aus allgemeinbildenden Schulen nur um 4,3 % und die Gesamtnachfrage nach Ausbildungsstellen um 6,3 % gesunken, obwohl die Zahl der offiziell registrierten Bewerber/-innen um 19 % zurückgegangen war. Der Anteil noch zu vermittelnder Bewerber/-innen um Berufsausbildungsstellen pro 100 Schulabgänger/-innen lag mit 6,4 % im Vergleich zu den anderen Ausbildungsmarktregionen am günstigsten. Im Gegensatz zu den anderen Arbeitsmarktregionen stand am Ende des Vermittlungsjahres jedem/jeder der noch zu vermittelnden Bewerber/-innen ein ausreichendes Angebot an unbesetzten Ausbildungsstellen zur Verfügung.
Betriebliche Ausbildungsbeteiligung
Einer der Hauptgründe für die günstige regionale Ausbildungssituation war das überdurchschnittliche Engagement von Betrieben an der Ausbildung von Jugendlichen. Zwar bildete in diesen Regionen mit 23,1 % nur knapp jeder vierte Betrieb aus, in einer Reihe von Arbeitsamtsbezirken aber fast jedes dritte Unternehmen. Gegenüber 1999 war die Ausbildungsbetriebsquote lediglich um unterdurchschnittliche 1,9 % gestiegen, da sich über 4.000 Unternehmen weniger an der Berufsausbildung beteiligten. Insgesamt war der Gesamtbestand an Betrieben um 34.000 bzw. 4 % zurückgegangen. Erwähnenswert ist zudem – verglichen mit dem Bundesdurchschnitt (6,5 %) – die etwas niedrigere Ausbildungsquote in Höhe von 6,3 %. Dies lag möglicherweise am geringen Anteil außerbetrieblicher Ausbildungsplätze in diesen Arbeitsamtsregionen und führt im Vergleich zu den anderen Arbeitsamtsbezirken zu einer Unterschätzung der Ausbildungsbeteiligung.37
Entwicklung des Fachkräfte- und Qualifikationsbedarfs
Ausschlaggebend für die Ausbildungsbereitschaft von Betrieben und Unternehmen ist der jeweilige Bedarf an qualifizierten Beschäftigten. Im Untersuchungszeitraum wiesen Arbeitsagenturen mit relativ günstigem Ausbildungsstellenmarkt im Vergleich zu 1999 mit -0,6 % bzw. 61.000 die geringsten prozentualen Rückgänge in der Beschäftigung auf. Im Bundesdurchschnitt lag der Abbau bei -2,1 % bzw. 554.000 Beschäftigungsverhältnissen. Diese starken Rückgänge zeigten sich besonders im Facharbeiterbereich, in dem es zu einem Beschäftigungsabbau von -15,5 % kam. Aber auch unter den Fachangestellten reduzierten sich die Bestände um -3 %. Nutznießer dieser Entwicklung waren offensichtlich Teilzeitkräfte, die ihre Bestände um bis zu 46 % ausbauen konnten. Dies gilt auch für hoch qualifizierte Beschäftigte, da bei den Betrieben in diesem Zeitraum mit 18 % ein hoher Bedarf an Beschäftigten mit Hochschulabschluss und mit 12,2 % bei den Fachhochschulabsolventen/Fachhochschulabsolventinnen bestand, mit offenbar günstigen Folgen für das betriebliche Ausbildungsstellenangebot. Einer der Gründe für die relativ moderaten Entwicklungen auf diesen Ausbildungsstellenmärkten waren die in großen mittelständischen Betrieben steigenden Beschäftigtenzahlen und der in Großbetrieben geringfügige Rückgang der Beschäftigtenzahlen. In allen anderen Betriebsgrößenklassen lagen zudem die Beschäftigtenrückgänge unter dem Bundesdurchschnitt. Hinsichtlich der sektoralen Entwicklung zeigen sich branchenspezifische Unterschiede: Vor allem das Baugewerbe (-35,5 %) sowie Gebietskörperschaften/ Sozialversicherung (-7,9 %) mussten überdurchschnittliche Einbrüche verzeichnen, die durch Zuwächse im Dienstleistungssektor auch nicht ausgeglichen werden konnten. Profitieren von diesem Strukturwandel konnten offensichtlich Betriebe aus Wirtschaftsbereichen, in denen der FuE-Anteil und der Akademikeranteil unter den Beschäftigten überdurchschnittlich hoch lagen. Hier erreichten das produzierende wissensintensive Gewerbe mit 3 % und das wissensintensive Dienstleistungsgewerbe mit 7,4 % hohe Zuwachsraten. Charakteristisch für die Regionen ist zudem der überproportionale Beschäftigungszuwachs und -anteil im Dienstleistungssektor.
Regionen mit sehr ungünstiger Ausbildungssituation
Ausbildungsstellenmarkt
In Arbeitsagenturen mit einer im Berichtsjahr sehr ungünstigen Ausgangssituation für Lehrstellenbewerber/- innen kamen auf 100 Nachfrager/-innen nur 82 Ausbildungsstellen Übersicht A1.3-2, Tabelle A1.3-1. Dennoch bleibt im Vergleich zu 2007 festzuhalten, dass auch in diesen Regionen 5,5 % mehr Lehrstellen angeboten wurden. Allerdings lagen die Angebots-Nachfrage-Relationen in diesen Arbeitsagenturen zwischen 74,5 und 85,8. Im Vorjahresvergleich hatten sich die regionalen Ausgangssituationen in keinem einzigen Fall verbessert.
Übersicht A1.3-2 Ausgewählte Indikatoren zur regionalen Beschäftigungs- und Arbeitsmarktsituation 20071 sowie -entwicklung seit 1999
1 Beschäftigtendaten zum Stichtag 31.12.2008 stehen erst ab August 2009 zur Verfügung
2 Berechnungen zu Beschäftigtenbeständen grundsätzlich ohne Beschäftigte in Ausbildung
Quellen: Beschäftigtenstatistik Bundesagentur für Arbeit, Stichtag jeweils 31.12.
Ausbildungsangebot
Damit fiel im Berichtsjahr auch das Angebot an betrieblichen Ausbildungsstellen sehr gering aus: 100 Nachfragern standen nur etwa 71 betriebliche Lehrstellen zur Verfügung, 7 Ausbildungsplätze weniger als im Bundesdurchschnitt. Dementsprechend hoch war der Anteil außerbetrieblicher Ausbildungsstellen, die zur Zusatzversorgung der Jugendlichen angeboten werden mussten. Deren Anteil an den gemeldeten Berufsausbildungsstellen belief sich auf 14 %. Gemessen an der Versorgung der Abgänger/ -innen aus allgemeinbildenden Schulen sinkt der Anteil betrieblicher Lehrstellen auf 55 pro 100 Schulabsolventen/- absolventinnen. Die Angebots- Nachfrage-Relationen nach Zuständigkeitsbereichen lagen grundsätzlich unter dem Bundesdurchschnitt. Insbesondere ausbildungsintensive Bereiche wie der IHK- und Handwerksbereich, aber auch der öffentliche Dienst konnten angesichts der Nachfrage der Jugendlichen kein adäquates Angebot machen.
Ausbildungsnachfrage
Infolge der mit 12,4 % unterdurchschnittlich zurückgehenden Bewerberzahlen und obwohl im Berichtsjahr die Gesamtnachfrage nach Ausbildungsstellen mit 6 % ähnlich stark abgenommen hatte wie in den anderen Ausbildungsregionen, führte die nur leichte Abnahme des Gesamtangebots um 0,8 % zu keinem rechnerischen Ausgleich auf dem Ausbildungsstellenmarkt. Auf 100 noch zu vermittelnde Bewerber/ -innen kamen 15,4 unbesetzte Ausbildungsstellen. Im Bundesdurchschnitt beträgt die Vergleichszahl 10,6. Der Anteil der beim Arbeitsamt registrierten Bewerber/-innen an den Schulabgängern und Schulabgängerinnen liegt – bei einem Bundesdurchschnitt von 68,1 % – mit 78,4 % vergleichsweise hoch. Dies liegt zum einen daran, dass in einem beträchtlichen Umfang Altbewerber/-innen aus den vergangenen Jahren weiterhin als Bewerber/-innen auftreten und die Arbeitsagenturen bei der Suche nach einer Ausbildungsstelle öfters eingeschaltet werden.
Betriebliche Ausbildungsbeteiligung
Trotz einer überdurchschnittlichen Beteiligung von Betrieben an der Ausbildung änderte dies nichts an der schwierigen Ausgangssituation in diesen Regionen. Hier waren wie in den Vorjahren 24,9 % der Betriebe bereit, Jugendliche als Auszubildende aufzunehmen, gegenüber 1999 eine Steigerung der Ausbildungsbetriebsquote um 2,6 %. Auch die Ausbildungsquote lag über dem Bundesdurchschnitt: Von 100 Beschäftigten hatten 6,6 % Jugendliche einen Ausbildungsvertrag, 4,4 % mehr als 1999.38
Entwicklung des Fachkräfte- und Qualifikationsbedarfs
Im Vergleich zu den anderen Ausbildungsmarktregionen und zum Bundesdurchschnitt ist der Bestand an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in diesen Arbeitsagenturbezirken im Vergleich zu 1999 mit 4 % stark zurückgegangen, insbesondere bei Facharbeitern und -angestellten. Aber auch bei den ungelernten Arbeitskräften sind überdurchschnittliche Rückgänge zu verzeichnen. Die Entwicklungen in den nach Qualifikationsgruppen unterschiedenen Beschäftigtenbeständen wiesen keine Auffälligkeiten auf. Der wichtigste Unterschied liegt darin, dass in diesen Ausbildungsmärkten vor allem Großbetriebe Beschäftigung abgebaut haben und große mittelständische Betriebe nicht wie in den anderen Arbeitsmarktregionen deutlich zulegen konnten. Besonders betroffen waren in diesen Regionen Beschäftigte im produzierenden Gewerbe und bei den Fertigungsberufen. Auch konnten Betriebe aus dem wissensintensiven Gewerbe nicht dieselben Zuwachsraten verzeichnen wie Betriebe in den anderen Regionen.
(Klaus Troltsch)