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DATENREPORT ZUM BERUFSBILDUNGSBERICHT 2011

A8 Junge Erwachsene ohne abgeschlossene Berufsausbildung

Seit Beginn der 1980er-Jahre stiegen die Arbeitslosenquoten von nicht formal Qualifizierten (Ungelernten) überproportional an. Im Jahr 2005 lag die Arbeitslosenquote aller Ungelernten im Erwerbsalter bei 26 % und damit fast dreimal so hoch wie bei Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung (9,7 %). Zugleich werden zunehmend Arbeitsplätze abgebaut oder in Billiglohnländer verlagert, auf denen Ungelernte beschäftigt werden könnten (Reinberg / Hummel 2007, S. 1). In Analysen des Bundesinstituts für Berufsbildung zeigten sich bei nicht formal Qualifizierten über das gesamte Erwerbsleben hinweg deutlich geringere Erwerbsquoten als bei Gelernten (Braun u. a. 2011). Für Westdeutschland zeigt eine aktuelle Studie des Wissenschaftszentrums Berlin und der Bertelsmann Stiftung (Funcke / Oberschachtsiek / Giesecke 2010, S. 17) anhand von Mikrozensusdaten für 2007, dass bis hin zu mittleren allgemeinen Bildungsabschlüssen fast jeder vierte jüngere Ungelernte im Alter von 25 bis 34 Jahren erwerbslos war und ein weiterer nicht unerheblicher Anteil nur eine prekäre oder geringfügige Beschäftigung hatte. Ungelernte haben ein hohes Risiko, keine dauerhafte, mit Entwicklungsperspektiven verbundene Erwerbstätigkeit zu finden. Jugendliche und junge Erwachsene ohne Berufsausbildung tragen somit ein Beschäftigungsrisiko, das sowohl individuell als auch gesamtgesellschaftlich (als Ausfall von Sozialbeiträgen und Steuern) nicht hinnehmbar ist, dies auch angesichts eines sich abzeichnenden Fachkräftemangels, dem mit zeitnaher Qualifizierung begegnet werden müsste (vgl. Helmrich / Zika 2010).

Grundlage der nachfolgenden Datenauswertung sind Ergebnisse des Mikrozensus 2008.185

Tabelle A8-1: Junge Erwachsene ohne Berufsausbildung von 1996 bis 2008

Tabelle A8-1

E Nicht formal Qualifizierte (nfQ)

Unter nfQ – im nachfolgenden Text aus Gründen der sprachlichen Vereinfachung zumeist als Ungelernte bezeichnet – werden alle (erwerbsfähigen) Personen zusammengefasst, die keine (duale oder rein schulische) Berufsausbildung bzw. kein Fachhochschul- oder Hochschulstudium (oder gleichwertigen Abschluss) abgeschlossen haben, also keine „erfolgreiche, zertifizierte Teilnahme an formalen (standardisierten, staatlich geregelten oder anerkannten) Bildungsgängen“ (Gottsleben 1987, S. 1) vorweisen können. Personen mit Anlernausbildung bzw. mit einem Praktikum gelten insofern als nicht formal qualifiziert.

Da sich unter den nfQ vor allem in den untersuchten Altersjahrgängen noch eine erhebliche Zahl von Personen befinden, die ihre berufliche Ausbildung noch nicht beendet hatten oder ihre Wehrpflicht leisten, wurde bei der Auswertung der Mikrozensusdaten für nfQ die folgende (Negativ-) Definition verwendet:

Zu den Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung zählen nicht:
Schüler/-innen
Studierende
Auszubildende
Wehr- oder Zivildienstleistende und
Personen in Maßnahmen der beruflichen Fort- und Weiterbildung und Umschulung

Entwicklung von 1996 bis 2008

Die Ungelerntenquote der 20- bis 34-Jährigen stieg, vergleicht man die Jahre 1996 und 2008, bundesweit geringfügig an, von 14,7 % auf 14,9 % Tabelle A8-1. Sie blieb auch über den untersuchten Zeitraum hinweg nahezu konstant zwischen 14 % und 15 %. Der nationale Bildungsbericht 2010 (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010, S. 228) ermittelte auf Basis des Mikrozensus 2010 bei den 30- bis unter 35-Jährigen einen Anteil von 17,3 % ohne beruflichen Bildungsabschluss, bei jüngeren Altersgruppen noch weit höhere Werte. Das erklärt sich durch unterschiedliche Berechnungskonzepte – der nationale Bildungsbericht bezieht auch Personen in den Anteil Ungelernter ein, die sich noch in Ausbildung befinden oder Wehr- / Zivildienst leisten.

Frauen waren 1996 unter den 20- bis 29-Jährigen deutlich häufiger als Männer von Ausbildungslosigkeit betroffen (16,5 % gegenüber 12,8 %). In der Folge haben sich die Ungelerntenquoten von Männern und Frauen bei unterschiedlicher Entwicklung angeglichen. Der Anteil junger Männer an den Ungelernten stieg an. 2008 betrug er 14,8 % an der gleichaltrigen Wohnbevölkerung, bei Frauen lag er bei 15,0 %. Der Ungelerntenanteil unter den jungen Erwachsenen mit ausländischer Staatsangehörigkeit fiel dabei von 40,1 % auf 35,7 %. Im gleichen Zeitraum sank die Ungelerntenquote unter den Deutschen (ohne Migrationshintergrund) von 10,5 % auf 9,6 %.

E Mikrozensus

Datenbasis der Auswertungen dieses Kapitels ist der Mikrozensus. Der Mikrozensus ist die amtliche Repräsentativstatistik des Statistischen Bundesamtes über die Bevölkerung und den Arbeitsmarkt, an der jährlich 1 % aller Haushalte in Deutschland beteiligt ist (laufende Haushaltsstichprobe). Der Mikrozensus dient der Bereitstellung statistischer Informationen über die wirtschaftliche und soziale Lage der Bevölkerung sowie über die Erwerbstätigkeit, den Arbeitsmarkt und die Ausbildung. Er schreibt die Ergebnisse der Volkszählung fort.

Insgesamt nehmen rund 390.000 Haushalte mit 830.000 Personen am Mikrozensus teil. Alle Haushalte haben beim Mikrozensus die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit (Zufallsstichprobe).

Das Frageprogramm des Mikrozensus besteht aus einem festen Grundprogramm mit jährlich wiederkehrenden Tatbeständen, die überwiegend mit Auskunftspflicht belegt sind. Darüber hinaus gibt es in vierjährigem Rhythmus Zusatzprogramme, die teilweise von der Auskunftspflicht befreit sind. Das jährliche Grundprogramm des Mikrozensus umfasst unter anderem Merkmale zur Person (z. B. Alter, Geschlecht, Staatsangehörigkeit), den Familien- und Haushaltszusammenhang sowie darüber hinaus die Merkmale Haupt- und Nebenwohnung, Erwerbstätigkeit, Arbeitssuche, Arbeits losigkeit, Nichterwerbstätigkeit, Schüler, Student, allge meiner und beruflicher Ausbildungsabschluss.

Daten zu nicht formal Qualifizierten (nfQ) im Mikrozensus

Die ab 2005 veränderte Erhebungsmethode, von der insgesamt verbesserte statistische Informationen zu Bevölkerung und Erwerbstätigkeit zu erwarten sind, hatte auch Auswirkungen auf Daten zu nfQ. Vor allem gründet das auf der Auskunftspflicht der Frage zum Berufsabschluss. In den vorangegangenen Mikrozensen war die Beantwortung freiwillig. In der Folge wurde diese Frage 2005 nur noch von 1 % der Befragten nicht beantwortet, 2004 waren es noch 9 %. Die dabei zusätzlich gewonnenen Informationen über den Berufsabschluss wirkten sich vor allem auf die Gruppe der Befragten ohne Berufsabschluss aus, sodass sich der Anteil dieser nfQ an der Bevölkerung über 15 Jahre, verglichen mit 2004, um rund 5 % erhöhte (zum Vergleich: mit beruflichem Abschluss +3 %, mit Fachhochschul- oder Hochschulabschluss +1 %) (Reinberg / Hummel 2007, S. 10). Es ist davon auszugehen, dass sich 2005 aufgrund der genaueren Erfassung auch der Anteil der nfQ bei der hier untersuchten Wohnbevölkerung der 20- bis 29-Jährigen gegenüber 2004 deutlich erhöht hat. Das hat auch Konsequenzen auf die aus den Daten gewonnene Zeitreihen. Ergebnisse ab 2005 sind nur unter Vorbehalt mit denen der Vorjahre vergleichbar.

Junge Erwachsene ohne Berufsabschluss 2008

Im Jahr 2008 sind nach Daten des Mikrozensus 2,16 Millionen junge Erwachsene im Alter zwischen 20 und 34 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung geblieben Tabelle A8-1. Damit ergab sich ein Anteil der ungelernten jungen Erwachsenen dieser Altersgruppe an der entsprechenden Wohnbevölkerung von 14,9 %. Frauen (Quote 15,0 %) waren im gleichen Ausmaß von Berufslosigkeit betroffen wie Männer (14,8 %).

Rund 920.000 junge Erwachsene mit Hauptschulabschuss im Alter von 20 bis 34 Jahren blieben 2008 ohne einen Berufsabschluss Tabelle A8-2. Ehemalige Hauptschüler / -innen (mit Abschluss) stellten damit mit 43 % Anteil die größte Gruppe unter den Unqualifizierten dar. Damit lag bei ihnen der Anteil Ungelernter deutlich höher als ihr Anteil an der gleichaltrigen Wohnbevölkerung. Nahezu jeder dritte Hauptschulabsolvent (29,2 %) der untersuchten Altersgruppe blieb ohne berufliche Qualifizierung. Im Vergleich zum Durchschnitt ihrer Altersgruppe befanden sich junge Erwachsene mit Hauptschulabschluss doppelt so häufig unter den Ungelernten.

Wer ohne allgemeinschulischen Abschluss blieb, erreichte auch nur in wenigen Fällen einen beruflichen Abschluss. Nur jeder sechste junge Erwachsene (16,6 %, absolut rund 86.000) konnte 2008 einen Berufsabschluss vorweisen, die Ungelerntenquote betrug 83,4 %. 432.000 junge Erwachsene blieben dabei ohne berufliche Qualifizierung. Zwar machten junge Erwachsene ohne Schulabschluss nur 3,6 % der gleichaltrigen Wohnbevölkerung aus, doch bei den Ungelernten stammte jeder Fünfte aus dieser Untergruppe (20,2 %). Demgegenüber zeigten sich unterdurchschnittliche Ungelerntenquoten bei jungen Erwachsenen mit Realschulabschluss (8,7 %) und (Fach-)Hochschulreife (6,1 %). Auch ihr Anteil an der gleichaltrigen Wohnbevölkerung lag erheblich über ihrem Anteil an den Ungelernten. Das gilt sowohl für Frauen als auch für Männer.

Deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede in den Ungelerntenanteilen traten nur bei Hauptschulabsolventen zutage. So lag die Ungelerntenquote junger Frauen dort bei 35,6 %, bei jungen Männern nur bei 24,9 %. Bei höheren Schulabschlüssen glich sich der Anteil Ungelernter an, signifikante Unterschiede zwischen den Geschlechtern zeigten sich nicht mehr. Hier zeigt sich die Bedeutung höherer Schulabschlüsse insbesondere für junge Frauen.

Schaubild A8-1 zeigt die Ungelerntenquoten in Abhängigkeit von Migrationsstatus und Geschlecht. Den höchsten Anteil an Ungelernten weisen junge ausländische Erwachsene auf. Mehr als jeder Dritte (36 %) hatte keinen Berufsabschluss, mit 5 Prozentpunkten Differenz zuungunsten junger Frauen. Verglichen mit gleichaltrigen Deutschen ist der Anteil bei jungen Ausländern fast viermal so hoch. Auch bei eingebürgerten Deutschen zeigte sich ein hoher Ungelerntenanteil, wobei der Ungelerntenanteil junger Frauen geringer ausfiel als der der Männer.

Bezieht man die schulischen Abschlüsse ein, Schaubild A8-2, so zeigte sich, dass nur bei studienberechtigten Migranten und Ausländern ein deutlich positiver Effekt höherer Schulabschlüsse erkennbar ist. Bei Abschlüssen der Sekundarstufe 1 bestehen nach wie vor erhebliche Differenzen zuungunsten von Migranten. Ein höherer Ungelerntenanteil der Migranten und Ausländer zeigte sich auch bei jungen Erwachsenen ohne Schulabschluss.

(Uta Braun, Klaus Schöngen)

Tabelle A8-2: Junge Erwachsene ohne beruflichen Abschluss im Alter von 20 bis 34 Jahren 2008

Tabelle A8-2

Schaubild A8-1: Anteil Ungelernter bei jungen Erwachsenen im Alter von 20 bis 34 Jahren nach Migrationsstatus und Geschlecht (in %)

Schaubild A8-1

Schaubild A8-2: Anteil Ungelernter bei jungen Erwachsenen im Alter von 20 bis 34 Jahren nach Migrationsstatus und Schulabschluss (in %)

Schaubild A8-2

Fußnoten

185 Über die Ergebnisse des Mikrozensus 2007 wurde im BIBB-Datenreport 2009, Kapitel A8.1 berichtet. Im Unterschied dazu steht hier die Altersgruppe der 20- bis 34-Jährigen im Vordergrund der Auswertungen.

Bibliographischer Hinweis

Internetversion des BIBB-Datenreports zum Berufsbildungsbericht 2011 - Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Hrsg.: Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn (2011).

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