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DATENREPORT ZUM BERUFSBILDUNGSBERICHT 2010

A3.3 Bedeutung und Wirksamkeit von Bildungsgängen des Übergangssystems

Die Schwierigkeiten beim Übergang von der allgemeinbildenden Schule in eine Berufsausbildung haben in den vergangenen 15 Jahren erheblich zugenommen. Viele Schulabgänger / -innen münden inzwischen nicht mehr unmittelbar in eine Berufsausbildung ein, sondern zunächst in einen Bildungsgang des Übergangssystems. Dort wird eine berufliche Grundbildung vermittelt, die in der Regel noch nicht Bestandteil einer vollqualifizierenden Ausbildung ist, sondern zu deren Vorbereitung dient. Jugendliche, die die Schule mit maximal Hauptschulabschluss verlassen haben, sind in den Übergangsmaßnahmen besonders stark vertreten. Aber auch Schulabsolventen und -absolventinnen mit mittlerem Abschluss nehmen relativ häufig hieran teil.

Die Bildungsgänge des Übergangssystems haben drei zentrale Funktionen:

  1. Sie dienen dazu, Jugendliche, die noch nicht über die erforderlichen Voraussetzungen zur Aufnahme einer Berufsausbildung verfügen, zur Ausbildungsreife zu führen.
  2. Für Jugendliche, die nach Verlassen der allgemeinbildenden Schule ihre schulischen Voraussetzungen noch verbessern möchten, bieten sie die Möglichkeit, über den Erwerb von beruflichen Grundkenntnissen hinaus nachträglich den Hauptschulabschluss oder einen höherwertigen Schulabschluss zu erreichen.
  3. Insbesondere in den letzten 10 bis 15 Jahren haben sie außerdem die Aufgabe übernommen, für ausbildungsreife Jugendliche, die aufgrund der schwierigen Lage auf dem Lehrstellenmarkt keinen Ausbildungsplatz erhalten haben, eine Überbrückung bis zum Einstieg in eine Berufsausbildung zu schaffen.

Die Bildungsgänge des Übergangssystems stehen in dem Ruf, für die Jugendlichen oftmals nur unnötige Warteschleifen zu bedeuten und teilweise sogar zu Maßnahmekarrieren ohne Perspektive zu führen. Aus der amtlichen Statistik liegen allerdings keine Angaben darüber vor, wie viele Jugendliche das Übergangssystem überhaupt durchlaufen und wie häufig im Anschluss oder später die Aufnahme einer Berufsausbildung gelingt bzw. nicht gelingt. Informationen hierüber können bisher nur im Rahmen von Stichprobenerhebungen gewonnen werden.

Auf Basis der BIBB-Übergangsstudie 2006 wurde erstmals näherungsweise ermittelt, wie hoch in den vergangenen Jahren der Anteil nicht studienberechtigter Schulabgänger / -innen war, die an einer oder mehreren Übergangsmaßnahmen teilnahmen, und wie lange diese Bildungsphasen dauerten. Darüber hinaus wurde die Wirksamkeit unterschiedlicher Bildungsgänge des Übergangssystems untersucht. Zentrale Fragen hierbei waren, wie oft ein (höherwertiger) Schulabschluss erworben wurde, ob und wann nach der Beendigung der Maßnahme die Einmündung in eine vollqualifizierende Ausbildung erfolgte und welche Faktoren die Übergangswahrscheinlichkeit und -dauer positiv oder negativ beeinflussten (vgl. Beicht 2009).

E BIBB-Übergangsstudie 2006

Hierbei handelt es sich um eine im Sommer 2006 durchgeführte Befragung von 7.230 Personen im Alter von 18 bis 24 Jahren. In computergestützten Telefoninterviews gaben die Jugendlichen retrospektiv Auskunft über ihre gesamte Bildungs- und Berufsbiografie (vgl. Beicht/Friedrich 2008). Die Daten basieren auf einer repräsentativen Stichprobe und wurden durch Gewichtung nach wichtigen Merkmalen, insbesondere Alter und Schulabschluss, an die Strukturen der Grundgesamtheit (alle Personen der Geburtsjahrgänge 1982 bis 1988) angepasst.

Bei den hier vorgestellten Analyseergebnissen wurden ausschließlich die Angaben der Jugendlichen zugrunde gelegt, die bei Verlassen der allgemeinbildenden Schule maximal über einen mittleren Schulabschluss verfügten; sie werden vereinfachend als „nicht studienberechtigte Jugendliche“ bezeichnet. In den Bildungsgängen des Übergangssystems sind weit überwiegend nicht studienberechtigte Schulabgänger / -innen vertreten. Teilnehmer / -innen mit Studienberechtigung stellen dagegen eher Ausnahmen dar und wurden daher nicht einbezogen.

Gesamtumfang der Teilnahme an Übergangsmaßnahmen

Die Bildungsgänge des Übergangssystems lassen sich in folgende vier Kategorien unterteilen:

  • die berufsvorbereitenden Bildungsgänge, hierzu zählen die berufsvorbereitenden Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit (BvB) sowie das schulische Berufsvorbereitungsjahr (BVJ),
  • das Berufsgrundbildungsjahr (BGJ),
  • die teilqualifizierenden Bildungsgänge in Berufsfachschulen (BFS),
  • die betrieblichen Praktika bzw. die betriebliche Einstiegsqualifizierung65 (Praktikum / EQ).

Bei den Analysen wurde die Teilnahme an einer der genannten Maßnahmearten nur dann berücksichtigt, wenn sie nach Verlassen der allgemeinbildenden Schule erfolgte (also z. B. keine Betriebspraktika während der allgemeinbildenden Schulzeit) und vor Abschluss einer vollqualifizierenden Ausbildung stattfand (also keine Praktika oder Bildungsmaßnahmen nach der Ausbildung). Damit wurde ausschließlich die Übergangsphase von der allgemeinbildenden Schule in eine (erfolgreiche) vollqualifizierende Berufsausbildung betrachtet.

Einbezogen wurden nicht studienberechtigte Jugendliche, die mindestens 20 Jahre alt waren. In diesem Alter sollten die Übergangsprozesse in vollqualifizierende Berufsausbildung in der Regel weitgehend abgeschlossen sein.

Insgesamt nahm demnach in den vergangenen Jahren knapp ein Drittel (32 %) der nicht studienberechtigten Schulabsolventen und -absolventinnen in der Übergangsphase von allgemeinbildender Schule zu regulärer Berufsausbildung an mindestens einer Übergangsmaßnahme teil. Die größte Bedeutung hatte dabei die teilqualifizierende Berufsfachschule (BFS), die von 14 % der Schulabgänger / -innen mit maximal mittlerem Schulabschluss besucht wurde. 10 % absolvierten ein betriebliches Praktikum bzw. eine betriebliche Einstiegsqualifizierung (EQ) und9 % eine Berufsvorbereitung (BvB / BVJ); die geringste Verbreitung hatte das Berufsgrundbildungsjahr (BGJ) mit 6 %.66

Teilweise durchliefen die nicht studienberechtigten Schulabgänger / -innen nicht nur einen, sondern mehrere Bildungsgänge des Übergangssystems; die durchschnittliche Zahl pro Teilnehmer /- in lag bei 1,3 Maßnahmen. Im Durchschnitt betrug die Gesamtverweildauer im Übergangssystem je Teilnehmer / -in 17 Monate. Von dieser Zeit entfiel fast die Hälfte (47 %) auf die BFS und knapp ein Fünftel (19 %) auf BvB / BVJ. Betriebliche Praktika bzw. EQ nahmen einen zeitlichen Anteil von durchschnittlich 17 % ein und das BGJ 15 %.

Der Umfang der Teilnahme unterschied sich relativ stark nach Höhe des Schulabschlusses: Von den Schulabgängern und Schulabgängerinnen mit maximal Hauptschulabschluss besuchten 42 % zunächst einen Bildungsgang des Übergangssystems, bei einem mittleren Schulabschluss waren es nur 23 %. Die Verweildauer der Teilnehmer / -innen wich jedoch mit durchschnittlich 18 Monaten bei maximal einem Hauptschulabschluss und 14 Monaten bei einem mittleren Abschluss nicht stark voneinander ab.

Wirksamkeit von Übergangsmaßnahmen

Die nachfolgenden Analyseergebnisse konzentrieren sich auf die Berufsvorbereitung (BvB / BVJ), das Berufsgrundbildungsjahr (BGJ) und die teilqualifizierenden Bildungsgänge in Berufsfachschulen (BFS).67 Betrachtet wird ausschließlich die erste Teilnahme von nicht studienberechtigten Jugendlichen im Alter von 18 bis 24 Jahren an einem dieser Bildungsgänge des Übergangssystems, eventuell folgende weitere Übergangsmaßnahmen blieben unberücksichtigt. Die (erste) Einmündung in das Übergangssystem erfolgte in den allermeisten Fällen (87 %) innerhalb von 3 Monaten nach Beendigung der allgemeinbildenden Schule. Lediglich 5 % der Teilnehmer / -innen nahmen die erste Übergangsmaßnahme nach mehr als einem Jahr auf.

Bei Untersuchungen zur Wirksamkeit der verschiedenen Arten von Übergangsmaßnahmen ist zu berücksichtigen, dass sich die Zielgruppen68 und damit die Teilnehmerkreise deutlich unterschieden:

  • In der Berufsvorbereitung (BvB / BVJ) waren die Jugendlichen mit den ungünstigsten schulischen Voraussetzungen vertreten: Sie hatten nicht nur besonders häufig keinen Hauptschulabschluss erreicht (41 %), sondern auch die vergleichsweise schlechtesten Noten auf dem Schulabgangszeugnis. Jugendliche mit Migrationshintergrund nahmen mit 31 % einen relativ hohen Anteil ein.
  • Die Jugendlichen, die das Berufsgrundbildungsjahr (BGJ) besuchten, verfügten überwiegend über einen Hauptschulabschluss (63 %), ein Viertel besaß den mittleren Schulabschluss, und insgesamt hatten sie bessere Schulnoten. Junge Männer waren mit einem Anteil von 70 % überproportional häufig im BGJ vertreten.
  • In den teilqualifizierenden Bildungsgängen der Berufsfachschule (BFS) brachten die Teilnehmer / -innen nochmals bessere schulische Voraussetzungen mit. Relativ viele hatten einen mittleren Schulabschluss (44 %), die Übrigen meist einen Hauptschulabschluss (49 %). Ihre Schulnoten waren überwiegend recht gut. In der BFS bildeten junge Frauen die Mehrheit (56 %). Junge Migranten und Migrantinnen besuchten die BFS relativ oft, sie hatten einen Anteil von 30 %.69

Die allermeisten Jugendlichen, die in das Übergangssystem mündeten, strebten bei Beendigung der all ge meinbildenden Schule eine vollqualifizierende Ausbildung an. Über drei Viertel (77 %) hatten nach einem betrieblichen oder schulischen Ausbildungsplatz gesucht. Der Grund für die Teilnahme an der Übergangsmaßnahme war daher in den meisten Fällen, dass die Jugendlichen keine reguläre Ausbildungsmöglichkeit gefunden und dann keine andere Alternative für sich gesehen hatten. Bei BvB / BVJ traf dies auf 84 % der Teilnehmer / -innen zu, beim BGJ auf 77 % und in der BFS auf 60 %. Oft spielte allerdings zusätzlich noch ein entsprechender Rat der Arbeitsagentur eine wichtige Rolle (BvB / BVJ: 49 %, BGJ: 26 %, BFS: 13 % der Teilnehmer / -innen).

Bei Weitem nicht alle Jugendlichen durchliefen die Bildungsgänge des Übergangssystems bis zum regulären Ende, sondern es erfolgte relativ häufig ein Abbruch der Teilnahme. Beim BGJ beendeten 12 % den Besuch vorzeitig, bei der Berufsvorbereitung (BvB / BVJ) waren es 18 % und in der BFS sogar 22 %. Häufig genannter Abbruchgrund war, dass die Maßnahme nicht zusagte bzw. nicht das Richtige gewesen sei; oft wurde eine andere Ausbildungsmöglichkeit angestrebt oder stand bereits in Aussicht. Daneben gab es noch eine Reihe anderer angeführter Abbruchgründe, wie z. B. als zu hoch empfundene Anforderungen oder Probleme mit Lehrern / Lehrerinnen.

Die Jugendlichen, die die Bildungsgänge bis zum Schluss durchführten, bewerteten den Nutzen der Teilnahme im Rückblick weit überwiegend positiv. Über vier Fünftel gaben an, dass sie gerne an den Übergangsmaßnahmen teilgenommen hätten, wobei es so gut wie keinen Unterschied zwischen den Maßnahmearten gab (BvB / BVJ: 83 %, BGJ und BFS: 84 %). Der Umfang des fachlich Gelernten wurde hingegen für die Berufsvorbereitung (BvB / BVJ) nicht ganz so häufig als groß eingeschätzt (69 %) wie für die beiden anderen Arten von Bildungsgängen (BGJ: 86 %, BFS: 88 %). Eine ähnliche Abweichung zeigte sich bei der Beurteilung des Nutzens für die eigene persönliche Entwicklung (BvB / BVJ: 70 %, BGJ und BFS: 83 %). Die Auswirkung auf den beruflichen Werdegang wurde bei allen drei Maßnahmearten – mit leichten Abstufungen – als positiv beurteilt (BvB / BVJ: 82 %, BGJ: 86 %, BFS: 88 %). Da die meisten Teilnehmer / -innen an den Übergangs maßnahmen ursprünglich eigentlich eine vollqualifizierende Ausbildung gewünscht hatten, überraschen die insgesamt sehr günstigen Bewertungen. Diese sind zum Teil damit erklärbar, dass viele Jugendliche ihre berufsbiografischen Erfahrungen für sich selbst möglichst positiv deuten möchten und daher dazu neigen, den durchlaufenen Bildungsphasen einen Nutzen zuzuschreiben (vgl. Ulrich 2008). Dennoch weisen die Ergebnisse auf eine recht hohe Akzeptanz der Übergangsmaßnahmen durch die Jugendlichen hin.

Die in den Bildungsgängen des Übergangssystems erworbenen Schulabschlüsse gelten als wichtiges Erfolgskriterium. Von den Jugendlichen, die eine Berufsvorbereitung (BvB / BVJ) oder ein BGJ regulär abschlossen, konnte sich lediglich etwa jeder Zehnte im Hinblick auf den Schulabschluss verbessern (BvB / BVJ: 12 %, BGJ: 10 %). In der Berufsvorbereitung (BvB / BVJ) holten die Teilnehmer / -innen dabei in der Regel den Hauptschulabschluss nach, im BGJ wurde häufiger auch ein mittlerer Schulabschluss erreicht. In der BFS erzielte dagegen über die Hälfte der Jugendlichen, die einen teilqualifizierenden Bildungsgang vollständig durchliefen, einen höherwertigen Schulabschluss (51 %), davon zwei Drittel einen mittleren Abschluss und knapp ein Drittel sogar einen höheren Abschluss, d. h. meist die Fachhochschulreife.

Infolgedessen waren die Unterschiede im Hinblick auf die Schulabschlüsse nach Beendigung der Übergangsmaßnahmen noch größer als vorher: So waren von den Absolventen und Absolventinnen der Berufsvorbereitung (BvB / BVJ) 28 % noch immer ohne Hauptschulabschluss, und nur 9 % hatten einen mittleren Abschluss. Nach Abschluss des BGJ hatten 7 % noch keinen Hauptschulabschluss, und 32 % verfügten über einen mittleren Abschluss. Demgegenüber besaßen von den Absolventen und Absolventinnen der BFS nun 67 % einen mittleren Schulabschluss und 16 % sogar einen höheren Abschluss.

Als wichtigster Maßstab für die Beurteilung der Wirksamkeit von Maßnahmen des Übergangssystems gilt die Zeitspanne bis zur Einmündung in eine vollqualifizierende Ausbildung (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008). Im Rahmen der vorgenommenen Analysen wurde die Übergangsdauer (von Beendigung der Übergangsmaßnahme bis Eintritt in eine Berufsausbildung) auf Basis von Kaplan-Meier-Schätzungen ermittelt. Dabei wurden alle Teilnehmer / -innen an den Übergangsmaßnahmen einbezogen – unabhängig davon, ob sie diese regulär abgeschlossen oder abgebrochen hatten – und es wurde ein Zeitraum von 3 Jahren nach Maßnahmeende beobachtet.70

Zunächst soll der Übergang in die betriebliche Berufsausbildung betrachtet werden, dieser ist in Schaubild A3.3-1 (linker Teil) dargestellt. Einbezogen wurden hierbei nur diejenigen Jugendlichen, die während der Übergangsmaßnahme auch einen betrieblichen Ausbildungsplatz gesucht hatten. Ein Jahr nach Beendigung einer Berufsvorbereitung (BvB / BVJ) hatten demnach 50 % der Jugendlichen eine betriebliche Ausbildung aufgenommen; bei den teilqualifizierenden Bildungsgängen der BFS waren es 57 % und beim BGJ 63 %. 3 Jahre später waren von den Absolventen / Absolventinnen mit entsprechenden Suchaktivitäten folgende Anteile in eine betriebliche Ausbildung eingemündet: BvB / BVJ: 61 %, BFS 69 %, BGJ: 83 %.

Nun soll die Betrachtung ausgeweitet werden auf den Übergang in alle vollqualifizierenden Ausbildungsformen Schaubild A3.3-1 (rechter Teil). Dabei wurde neben der betrieblichen Ausbildung auch die außerbetriebliche und schulische Ausbildung einschließlich eines Hochschulstudiums berücksichtigt. Zudem wurden nun alle Teilnehmer / -innen an den Übergangsmaßnahmen einbezogen, unabhängig davon, ob sie einen Ausbildungsplatz gesucht hatten oder nicht. Die Übergangsquoten ein Jahr nach Maßnahmeende betrugen bei der BFS 54 %, bei der Berufsvorbereitung (BvB / BVJ) 58 % und beim BGJ 65 %. Nach 3 Jahren hatten dann bei BvB / BVJ 70 %, bei der BFS 76 % und beim BGJ 81 % der Teilnehmer / -innen eine Ausbildung begonnen. Hier macht sich bemerkbar, dass von den Jugendlichen, die an einer Berufsvorbereitung (BvB / BVJ) teilgenommen oder die BFS besucht hatten, relativ viele schließlich in außerbetriebliche oder schulische Ausbildungsgänge mündeten, während nach einem BGJ verhältnismäßig oft der Einstieg in eine betriebliche Ausbildung gelang.

Es wurde auch untersucht, welche Einflussfaktoren sich auf den Übergang in eine betriebliche Ausbildung oder generell in eine vollqualifizierende Ausbildung positiv oder negativ auswirkten.71 Hervorzuheben sind folgende Ergebnisse:

  • Verfügten Jugendliche bei Beendigung der Übergangsmaßnahme über einen mittleren oder höheren Schulabschluss, so waren ihre Chancen, schnell eine betriebliche Ausbildungsstelle oder überhaupt eine vollqualifizierende Ausbildungsmöglichkeit zu finden, erheblich besser, als wenn maximal ein Hauptschulabschluss vorhanden war.
  • Bei Jugendlichen, die vor der Teilnahme maximal über einen Hauptschulabschluss verfügten, wirkte es sich positiv aus, wenn sie die Übergangsmaßnahme bis zu Ende besucht hatten (verglichen mit einem Abbruch). Und die Chancen stiegen nochmals weiter an, wenn ein (höherwertiger) Schulabschluss erreicht wurde.
  • Bei Jugendlichen, die vor der Teilnahme bereits einen mittleren Schulabschluss besaßen, traf dies dagegen nicht zu. Ob sie die Maßnahme abbrachen, zu Ende führten oder einen höheren Schulabschluss erwarben, hatte keinen nachweisbaren Effekt auf die Einmündungswahrscheinlichkeit in eine betriebliche bzw. eine vollqualifizierende Ausbildung.
  • Ein Migrationshintergrund wirkte sich generell negativ auf die Übergangschancen in eine Ausbildung aus.

Schließlich wurde untersucht, welche typischen bildungs- und berufsbiografischen Verläufe sich in den ersten beiden Jahren nach der Teilnahme an einer der drei untersuchten Arten von Übergangsmaßnahmen feststellen lassen.72 Die drei identifizierten Verlaufstypen und die Personengruppen, die einen solchen Werdegang häufig aufweisen, lassen sich wie folgt skizzieren:

Verlaufstyp 1: Es gelang ein schneller Übergang in eine betriebliche Ausbildung
Die Suche nach einem betrieblichen Ausbildungsplatz war rasch erfolgreich, meist konnte sofort nach Beendigung der Übergangsmaßnahme mit der Ausbildung begonnen werden, und diese wurde in der Regel dauerhaft durchlaufen. Insgesamt war knapp die Hälfte (47 %) der Absolventen / Absolventinnen einer (ersten) Übergangsmaßnahme diesem Verlaufstyp zuzuordnen. Sie verfügten bei Maßnahmeende häufig über einen Hauptschulabschluss (45 %), relativ oft aber auch über einen mittleren (42 %) bzw. höheren Schulabschluss (6 %); nur vergleichsweise selten lag noch kein Hauptschulabschluss vor (7 %). Ein Viertel der Jugendlichen hatte einen Migrationshintergrund.

Verlaufstyp 2: Die Einmündung in eine nicht betriebliche Ausbildung erfolgte relativ rasch
Meistens wurde nach der Übergangsmaßnahme bald eine außerbetriebliche bzw. schulische Berufsausbildung aufgenommen. Manchmal gab es auch etwas längere Such- oder Wartezeiten, oder es wurde z. B. noch an einer weiteren Übergangsmaßnahme teilgenommen. Die begonnene Ausbildung wurde dann in der Regel auf Dauer fortgeführt. Ein solcher Verlauf zeigte sich bei knapp einem Viertel (23 %) der Jugendlichen nach Maßnahmeende. Relativ viele von ihnen (17 %) hatten noch nicht den Hauptschulabschluss erreicht. 36 % besaßen einen Hauptschulabschluss, 42 % einen mittleren Abschluss und 5 % einen höheren Schulabschluss. Jugendliche mit Migrationshintergrund waren mit 16 % nur unterdurchschnittlich repräsentiert.

Verlaufstyp 3: Der Übergang in eine vollqualifizierende Ausbildung glückte nicht oder war (noch) nicht beabsichtigt
Hier erfolgte in den ersten 2 Jahren nach der (ersten) Übergangmaßnahme größtenteils keine Einmündung in eine Berufsausbildung, und wenn doch, wurde diese nach sehr kurzer Zeit wieder abgebrochen. Meistens wurde eine weitere Übergangsmaßnahme besucht oder eine Erwerbstätigkeit aufgenommen. Häufig blieben die betreffenden Jugendlichen aber auch zu Hause, entweder weil sie nach einer Ausbildungs- oder Arbeitsmöglichkeit suchten oder aus familiären bzw. privaten Gründen.73 Knapp ein Drittel (31 %) der Absolventen / Absolventinnen war diesem überwiegend sehr problematischen Verlaufstyp zuzurechnen. Von ihnen waren 25 % bei Maßnahmeende noch ohne einen Hauptschulabschluss. 39 % verfügten über den Hauptschulabschluss, 33 % über einen mittleren und 3 % über einen höheren Schulabschluss (3 %). Junge Migranten und Migrantinnen waren mit 42 % weit überproportional vertreten.

Schaubild A3.3-1: Entwicklung der Einmündungswahrscheinlichkeit in eine betriebliche bzw. vollqualifizierende Berufsausbildung bei nicht studienberechtigten Teilnehmern und Teilnehmerinnen an einem (ersten) Bildungsgang des Übergangssystems (kumulierte Einmündungswahrscheinlichkeit in %)

Schaubild A3.3-1

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Das Übergangssystem hat in den vergangenen Jahren sowohl von der Zahl der Teilnehmer / -innen als auch vom zeitlichen Umfang her erhebliche Bedeutung erlangt. Dies gilt vor allem für Jugendliche, die bei Beendigung der allgemeinbildenden Schule maximal über einen Hauptschulabschluss verfügten. Von ihnen mündeten über zwei Fünftel (42 %) zunächst in eine Übergangsmaßnahme, gegenüber weniger als einem Viertel (23 %) bei denjenigen mit einem mittleren Schulabschluss. Die durchschnittliche Verweildauer im Übergangssystem betrug pro Teilnehmer /- in 18 Monate (bei maximal Hauptschulabschluss) bzw. 14 Monate (bei mittlerem Schulabschluss).

Die Teilnehmer / -innen an den Übergangsmaßnahmen verfügten im Durchschnitt über erheblich ungünstigere schulische Voraussetzungen im Vergleich zu den Jugendlichen, die ohne eine solche Maßnahme einen Ausbildungsplatz erhielten. Sie hatten weit häufiger keinen Schulabschluss oder einen Hauptschulabschluss und zudem auch deutlich schlechtere Schulnoten.

Die teilqualifizierenden Bildungsgänge der Berufsfachschulen (BFS) boten vor allem den Schulabgängern / Schulabgängerinnen mit Hauptschulabschluss eine gute Perspektive für das Erreichen eines höherwertigen Schulabschlusses. Dies traf – allerdings in einem geringeren Umfang – auch auf Schulabsolventen und -absolventinnen mit mittlerem Abschluss zu, sie erwarben hier teilweise die Fachhochschulreife. Insgesamt erreichte die Hälfte der Jugendlichen nach dem Besuch der BFS einen höherwertigen Schulabschluss. Dagegen konnte bei der Berufsvorbereitung (BvB / BVJ) und dem Berufsgrundbildungsjahr (BGJ) nur etwa jede / jeder Zehnte den Schulabschluss verbessern.

Insgesamt ist festzustellen, dass nach der Teilnahme an einem Bildungsgang des Übergangssystems nur relativ wenige Jugendliche sehr rasch in eine vollqualifizierende Ausbildung einmündeten. Über einen längeren Zeitraum gesehen gelang der Übergang in eine Ausbildung dann jedoch einem großen Teil.

Allerdings haben schätzungsweise 20 % bis 30 % der Teilnehmer / -innen selbst nach 3 Jahren noch keine Berufsausbildung aufgenommen. Hier zeigen sich problematische Verläufe: Diese Jugendlichen besuchten häufig weitere Übergangsmaßnahmen, jobbten, waren arbeitslos oder aus privaten Gründen zu Hause. Die Gefahr, auf Dauer ohne Ausbildung zu bleiben und somit keine tragfähige Integration ins Erwerbsleben zu erreichen, war für diese Jugendlichen sehr groß (vgl. Beicht / Ulrich 2008b).

Folgendes sind die wesentlichen Schlussfolgerungen aus den Befunden:

  • Für Jugendliche, denen die für eine Ausbildung erforderlichen Voraussetzungen nicht durch die allgemeinbildende Schule vermittelt werden konnten, haben Bildungsmaßnahmen im Übergangssystem eine unverzichtbare Funktion. Dies gilt insbesondere für die berufsvorbereitenden Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit (BvB) und das schulische Berufsvorbereitungsjahr (BVJ). Viele Jugendliche werden durch diese Maßnahmen erst in die Lage versetzt, erfolgreich eine Berufsausbildung zu durchlaufen.
  • Für Jugendliche, die nach Beendigung der allgemeinbildenden Schule noch einen höherwertigen Schulabschluss erreichen wollen, haben teilqualifizierende Bildungsgänge ebenfalls eine wichtige Funktion, die in vielen Fällen auch erfolgreich erfüllt wird. So erwirbt mehr als die Hälfte der Absolventen / -innen von teilqualifizierenden Berufsfachschulen einen höherwertigen Schulabschluss.
  • Wenn jedoch Jugendliche die erforderlichen Voraussetzungen für eine Berufsausbildung besitzen und eine solche auch anstreben, dann bedeutet ihre (unfreiwillige) Teilnahme an Bildungsmaßnahmen des Übergangssystems nur eine Notlösung und „verlorene“ Zeit. Denn eine Anrechnung der Übergangsmaßnahmen auf eine nachfolgende Ausbildung erfolgt nur selten.

(Ursula Beicht)

Fußnoten

65 Zu beachten ist, dass das „Programm zur Einstiegsqualifizierung Jugendlicher“ erst im Oktober 2004 aufgelegt wurde. EQ-Maßnahmen sind daher in der BIBBÜbergangsstudie 2006 relativ gering repräsentiert.

66 Der für BvB / BVJ errechnete Anteil erscheint angesichts der in der Statistik ausgewiesenen hohen Eintrittszahlen allerdings eher zu gering, der Anteil für das BGJ dagegen zu hoch. Der Grund hierfür liegt wahrscheinlich zum einen in der Untererfassung bildungsschwächerer Jugendlicher, was auch durch die Gewichtung nicht vollständig ausgeglichen werden konnte, zum anderen aber auch darin, dass die Maßnahmearten von den Befragten vermutlich nicht immer treffend zugeordnet werden konnten. Insgesamt dürften die Ergebnisse eher eine „Untergrenze“ darstellen.

67 Die betrieblichen Praktika bzw. die Einstiegsqualifizierung (EQ) werden ausgeklammert, da hier die Inhalte und die Art der Vermittlung wesentlich weniger formalisiert sind und zudem der zeitliche Umfang stark variiert; sie sind daher weder untereinander noch mit den anderen Maßnahmearten unmittelbar vergleichbar.

68 Vgl. hierzu Beicht 2009, S. 2.

69 Klare Unterschiede zeigten sich insgesamt bei einem Vergleich mit den Jugendlichen, denen die Einmündung in eine vollqualifizierende Ausbildung ohne eine Übergangsmaßnahme gelang. Diese Jugendlichen waren in der Schule eindeutig am erfolgreichsten, sie hatten erheblich öfter einen mittleren Schulabschluss und bessere Schulnoten als die Teilnehmer / -innen an den Bildungsgängen des Übergangssystems.

70 Der Vorteil von Kaplan-Meier-Schätzungen ist, dass auch Teilnehmer / -innen in die Analyse einbezogen werden konnten, die zum Befragungszeitpunkt noch nicht den gesamten Beobachtungszeitraum von 36 Monaten nach Maßnahmeende durchlaufen hatten (zensierte Fälle). Eine genaue Beschreibung des Verfahrens findet sich z. B. in Beicht / Ulrich 2008a, S. 181 ff.

71 Im Rahmen von statistischen Erklärungsmodellen (Cox-Regression) lassen sich Determinanten identifizieren, die – unter Kontrolle der jeweils anderen Einflussgrößen – einen eigenständigen Effekt auf die Übergangsrate haben, diese also erhöhen oder vermindern. Zu den genauen Ergebnissen der einzelnen Regressionsmodelle siehe Beicht 2009, S. 10 ff.

72 Dies erfolgte im Rahmen einer Sequenzmusteranalyse unter Anwendung der Optimal-Matching-Technik mit anschließender Clusterung. Zum Verfahren vgl. z. B. Beicht / Ulrich 2008a.

73 Ein kleiner Teil der betreffenden Jugendlichen (13 %) besuchte unmittelbar nach der Übergangsmaßnahme oder später die Fachoberschule oder ein Fachgymnasium, oft allerdings, weil kein Ausbildungsplatz gefunden worden war.

Bibliographischer Hinweis

Internetversion des BIBB-Datenreports zum Berufsbildungsbericht 2010 - Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Hrsg.: Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn (2010).

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